Wir üben Urlaub…

„… aber Urlaub ist doch eine Zeit, in der man nichts machen muss – das braucht man doch nicht üben!“ Grundsätzlich richtig, was wir da gehört hatten – aber auch wenn man aufhören möchte zu rauchen oder wenn man abnehmen möchte muss man eigentlich NUR weniger machen als zuvor und trotzdem ist es nicht ganz einfach. Also haben wir uns einmal überlegt, was wir mitnehmen möchten und müssen, wenn wir längere Zeit unterwegs sind und haben Leben im Wohnmobil ausprobiert. Leben im Wohnmobil heißt an dieser Stelle, dass wir nicht nur gefahren sind und übernachtet haben, sondern richtig gelebt haben. Wir haben uns also Gedanken gemacht, wie wir unsere Wäsche waschen werden, wir haben in den vergangenen zwei Wochen zweimal Brot gebacken und und und. Scheint alles zu funktionieren – und wir haben natürlich ein paar schöne Plätze gefunden, die wir Euch nicht vorenthalten wollen.

Wie immer,versuchen wir Autobahnen und Schnellstraßen auf unserem Weg -dieses Mal in den Norden Deutschlands – zu meiden, denn nur an den kleineren Straßen findet man Sehenswertes, was nicht überall bekannt ist. So finden wir bei strahlendem Sonnenschein den Museumsbahnhof Dürrenwaid, vor dem ein blitzblank restaurierter Schienenbus auf seinen Einsatz wartet. An diesem Bahnhof fühlt man sich schnell mal 50 und mehr Jahre in der Zeit zurückversetzt.

Weiter geht’s mit Schwimmen und Relaxen an den Plothener Teichen, rekordverdächtigem Sonnenuntergang an der Elbe bei Dessau und kleiner Stadtbesichtigung von Oranienburg (wir haben immer ein gelbes Schloss gesucht, das wir schon vor ein paar Jahren besucht hatten – bis wir dann herausgefunden haben, dass dieses Schloss  in OranienBAUM und nicht in OranienBURG ist 🙂 )

Immer weiter in den Norden geht’s und wir landen zunächst auf einem fast leeren Campingplatz in schönster Natur mit eigenem Badesee in der Nähe von Neustrelitz. Die Natur ist so präsent, dass wir sogar zwei Weißkopfseeadler über uns kreisen sehen und die typischen Pfeiflaute von Adlern hören dürfen. Weißkopfseeadler in Deutschland? – vor diesem Erlebnis hätte ich wahrscheinlich gewettet, dass man diese Vögel höchsten 1500km weiter nördlich oder in den Hochalpen finden kann aber nicht in  dem sehr eng besiedelten Deutschland. In Mirow am gleichnamigen See schlendern wir durch den Schlosspark und stellen fest, dass die Liebesinsel sich zwar in idyllischer Lage befindet aber nur auf einer harten Steinbank zum Verweilen einlädt.

Wir lassen unseren Blick über den See schweifen und sind von einem Gefährt, das aus einem Fantasyfilm stammen könnte und einem schwimmenden Wohnmobil überrascht. Tatsächlich kann man hier sein Wohnmobil auf eine Art Ponton verladen und so mit dem eigenen „Hausboot“ die weit verzweigten und miteinander verbundenen Seen erkunden.

Unsere Begeisterung für Wasserromantik hält an und so ist die Hubbrücke in Plau am See unser nächstes Ziel. Die Hubbrücke wird bei Bedarf hochgezogen, um den Sportbooten den Zugang zum Hafen zu ermöglichen.

Zu unserem Erstaunen stellen wir fest, dass die Brücke bewohnt ist – auf einem der Gegengewichte hat eine Taube ihr Nest eingerichtet. Das heißt, dass das Nest hinter ein Gitter nach unten fährt, wenn die Brücke sich hebt und so neugierige Touristen kein Risiko für den Brutvorgang mehr sein können. Fährt die Brücke nach unten, wandert das Gegengewicht wiederum für lästige Touristen unerreichbar nach oben. Diese Taube hat sich Technik im Zusammenleben mit Menschen sehr elegant zu Nutze gemacht.

Timmendorf Strand auf der Insel Poel(nicht zu verwechseln mit dem berühmten Timmendorfer Strand) verwöhnt uns bei leckerem Fisch am Hafen mit einem grandiosen Sonnenuntergang.

Nur ein Stückchen weiter östlich, in der Nähe von Kühlungsborn glauben wir, den Bahnsteig 9 3/4 aus Harry Potter gefunden zu haben. Die Museumsbahn Molli hält völlig überraschend irgendwo zwischen Wiese und Acker an einem einsamen Bahnsteig – tatsächlich gibt es natürlich einen ganz einfachen Grund dafür: nicht nur Molli hält dort an (die Station heißt offiziell ‚Wittenbeck‘ und nicht ‚Bahnsteig  9 3/4‘), sondern auch jede Menge Wohnmobile können zwischen Museumsbahn und Ostseestrand auf mehreren Wiesen übernachten – ein idealer Ausgangspunkt also, um Strandleben zu genießen und Ausflüge mit dem Zug nach Kühlungsborn oder Bad Doberan zu machen.

Da ich selbst ja immer noch im Berufsleben stecke, müssen wir uns langsam mal wieder auf den Heimweg machen. Mehr als 200km bis 250km wollen wir nicht an einem Tag fahren (so soll es auch in Zukunft bis auf einige Ausnahmen bleiben). Also mit dem Finger  auf der Karte 200km nach Süden gefahren und siehe da, man kommt in der Nähe des Arendsees heraus. Am Arendsee liegt auch der malerische Ort Arendsee mit einer von ausgesprochen schönen Häusern gesäumten Ortsstraße. Tatsächlich haben die meisten dieser alten Häuser auf der Rückseite einen Zugang zum See, den man auch auf einem 9km langen Rundweg erwandern oder erradeln kann. So und jetzt kommen wieder zwei Tipps: Einmal ist diese Reise offenbar die Reise der ungewöhnlichen Wasserfahrzeuge, denn wir sehen auf dem See einen Mississippiraddampfer als Ausflugssschiff seine Runden drehen. Der zweite Tipp dreht sich ums Essen oder genauer gesagt eher ums Genießen. Fischer Klages hat am Seerundweg einen mehr als idyllischen Garten, einen Miniladen und auf der gegenüberliegenden Seite des Wegs einen Biergarten, in dem man die Fische verzehren kann, die man noch warm vom Räuchern im Lädchen persönlich von Fischer Klages bekommt. Weil der Ort so idyllisch ist und die Fische auf der Zunge zergehen, war über den Fischer wohl schon ein- oder zweimal im Fernsehen berichtet worden.

Nach zwei Tagen  fahren wir eine ganze Zeit sehr langsam hinter einem Wohnmobil Marke Eigenbau her. Als wir es überholen ist klar, warum es nur langsam vorankommt. Das Fahrgestell stammt aus den Fünfzigern und das Internet belehrt mich, dass ich gerade einen LKW mit 90 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 66km/h überholt habe – so schnell wie heutzutage wollte oder konnte wohl niemand in den Fünfzigern unterwegs sein. Der Fahrer strahlte jedenfalls hinter seinem Riesenlenkrad eine ausgesprochen freundliche Zufriedenheit aus.

Freunde alter Krimis erinnern sich sicher noch an den Edgar Wallace Film „Der schwarze Abt“ aus dem Jahre 1963. Im Shop des Klosters Jerichow, in dem man den Verkauf von Kerzen, Bibeln und esoterischen Büchern vermutet, wird aber ein Bier mit dem Namen „Der schwarze Abt“ verkauft. Dass man sich unmöglich in einem Klostershop befinden kann, sondern eher im Polizeipräsidium oder vielleicht sogar in der Pathologie, vermutet man spätestens dann, wenn man das zweite Bier mit Namen „Mord und Totschlag“ im Regal stehen sieht. Ich habe mal von jedem eine Flasche gekauft, um die kriminelle Wirkung zu testen. Mein Urteil: ein leicht süßlich schmeckendes, süffiges schwarzes Bier. Warum die beiden Namen so kriminell sind, habe ich noch nicht herausgefunden – ich bin jedenfalls beim  Genuss der Biere am Leben geblieben.

In den nächsten Tagen haben wir via Dessau wieder die Heimat angesteuert. Das war vor knapp 3 Wochen – ich hänge also mit meiner Berichterstattung etwas hinterher.

Heute ist mein letzter Arbeitstag in meinem Leben gewesen und morgen geht’s los nach Griechenland, um den Sommer noch etwas zu verlängern. Anreise ist über die Dolomiten und Ravenna und dann mit der Fähre nach Patras geplant. Ich werde berichten – bis bald!

Hinterlasse einen Kommentar