Bemerkenswert

Und jetzt wieder in den Süden (Albanien 2024_2)

Und Ihr fahrt tatsächlich nach Albanien? Habt Ihr denn keine Angst? Es soll ja furchtbar touristisch und teuer geworden sein. Und die Straßen sind ja so schlecht.

Nun, wir finden es seltsam, dass die Menschen das meiste über ein Land wissen, die noch niemals dort gewesen sind. Und das, was sie wissen, ist meist etwas Negatives. Wir haben bislang die Erfahrung gemacht, dass die Menschen hier freundlich und ehrlich sind, dass die meisten Straßen in gutem Zustand sind (es gibt sogar eine hervorragend Straße durchs Gebirge, die noch nicht einmal Google Maps bekannt ist. Unsere Landkarte kennt sie aber – ein hoch auf die analoge Welt in diesem Fall). An der Küste ist es tatsächlich touristisch und teurer geworden aber im Landesinneren ist die Welt noch größtenteils in Ordnung.

Um auf das Ende unseres letzten Beitrags zurückzukommen – wir sind tatsächlich ein paar Tage geblieben und haben relaxt.

Aber dann waren wir endgültig aufgebrochen und wollten das alte Himare  oben auf dem Berg besuchen. Zuerst nochmal schnell im Hauptort einkaufen

und dann hoch zum alten Ort. Ein Mann möchte uns Tickets verkaufen – 300 Lek pro Person – erzählt uns dann aber, dass er in Köln gelebt hatte und wir als Deutsche jetzt einen Freundschaftspreis von 500 Lek für zwei Personen bekommen. Ob man für den Besuch von Alt Himare nun wirklich Tickets gebraucht hat oder ob unser albanischer Freund nur geschäftstüchtig war, wissen wir nicht wirklich…

Bei unserem Rundgang stellen wir fest, dass die Idylle des Ortes auf alle Fälle den Eintrittspreis wert ist. Die Krönung ist allerdings die Aussicht von der Terrasse des Cafes Butterfly.

Nach unserem Besuch wollen wir noch tanken – angeblich geht das Bezahlen hier auch mit Kreditkarte. Also Tank voll machen. Das Kreditkartengerät funktioniert allerdings nicht – der Tankwart denkt, dass es am Akku liegt aber auch das Ladegerät bringt keinen Erfolg. Am Ende bezahle ich mit Bargeld, der Tankwart bedankt sich und meint “ Sorry, made in Albania“ und lacht. Auf dem Weg nach Qeparo kommen wir noch einmal an der Festung Porto Palermo vorbei. Und dieses Mal bleiben wir stehen und klettern den kleinen Hügel hoch, um die Festung zu besichtigen.         

Dann fahren wir weiter in Richtung Süden bis Qeparo und auf der Straße, die Google Maps nicht kennt, in die Berge. Bis 1000m schraubt sich die Straße nach oben.  Auf der Höhe gibt es sogar einen Campingplatz, der aber gerade noch auf den erwarteten Touristenansturm vorbereitet wird – und wir wollen ja auch nicht übernachten, sondern die Bergstraße und die Niviceschlucht genießen.

Die Schlucht von Nivice – auch Nivica Canyon genannt – ist ein grandioser und kilometerlanger Canyon, an dem wir entlang fahren und den wir an der schmalsten und flachsten Stelle überqueren. Die Fahrt ist echt beeindruckend – die gefahrenen Kilometer sind gar nicht viel, die Zeit, die wir brauchen ist erheblich.

Schließlich stoßen wir bei Tepelene wieder auf  eine große Straße, die nach Gjirokaster führt. Entlang der Straße gibt es mehrere Übernachtungsmöglichkeiten, die sich Campingplätze nennen aber in Wirklichkeit Stellplätze sind, die dem Übernachtungsgast die Möglichkeit bieten, die Geräusche der mehrspurigen Hauptstraße intensiv zu genießen. Der Family Camping liegt gut zwei Kilometer im Hinterland. Alles ist blitzsauber, es ist ruhig und das zugehörige Restaurant bietet bestes Essen zu fairen Preisen an. Wenn wir dort nicht bleiben, sind wir selbst schuld.

Und auch einen Taxiservice zur Altstadt gibt es zu allem Überfluss. Da steht einem Besuch des berühmten Städtchens Gjirokaster nichts mehr im Weg.

Wir nutzen am nächsten Tag den Taxiservice und lassen uns ins Zentrum bringen. Die Straße endet an der Zufahrt zu einer großen Tiefgarage. Diese Tiefgarage und andere nicht stilechte Bauten haben schon fast dazu geführt, dass Gjirokaster (oder auch Gjirokastra, wie es manchmal geschrieben wird) wieder von der UNESCO Weltkulturbe-Liste gestrichen wird. Für einen ganz normalen Samstag ist Gjirokaster sehr gut von Touristen besucht und man glaubt es kaum, was man alles als Souvenir anbieten kann.

Und ganz oben auf dem Berg  gibt es dann noch die Festung, ohne deren Besichtigung man Gjirokaster nicht wieder verlassen sollte.

Beim Schlendern durch die Altstadt fällt immer wieder der für Albanien überraschend hohe Sicherheitsstandard bei Technik und Verkehr auf….

Wir übernachten noch einmal auf dem Family Camping und freuen uns am Lichtermeer der Stadt in der Dunkelheit

Heute ist Sonntag, wir sagen ‚Tschüss Family Camping‘ und gehen erstmal einkaufen. Wie — am Sonntag? Natürlich können wir hier am Sonntag einkaufen – die Geschäfte sind gut besucht, der Bäcker führt eine imposante Auswahl an Brot, an süßen und herzhaften Beweisen seiner Handwerkskunst.

Anders als in anderen Regionen Albaniens ist Trinkwasser hier überhaupt kein Problem. Es kommt aus den Bergen und steht an der Straße, die zum Abzweig ins Vjosatal führt, jedermann zur Verfügung. An den Zapfstellen haben sich auch kleine Snackbars und Händler, die lebende Forellen, Olivenöl, Honig, Marmelade, Kräuter und Tees anbieten, angesiedelt.

Ab jetzt geht’s an der Vjosa, einem der letzten Wildwasserflüsse Europas entlang in Richtung Permet – manchmal auch nicht nur entlang, sondern auch auf abenteuerlichen Brücken über den Fluss.

An den Vjosa-Wasserfällen, die neben, durch und unter zwei Restaurants durchplätschern, legen wir noch einen  Fotostopp ein.

Auch hier hat ein Händler seinen Stand aufgebaut und versucht deutlich überteuerten Honig und allerlei Tand anzubieten.

Auf dem Weg zum Naturcamping Permet fahren wir noch kurz in den Ort Permet. Dieser Ort mit dem markanten Felsen macht einen sehr sauberen, aufgeräumten Eindruck. Fast schon wie  ein Kurort.

Beim Naturcamping – ‚it’s very basic‘ sagt uns die Betreiberin – wollen wir wieder ein paar Tage bleiben und eventuell probieren, in der Vjosa zu baden. Mehr davon im nächsten Beitrag.

Bemerkenswert

Und jetzt wieder in den Süden (Griechenland-Albanien 2024_1)

Irgendwann im Klima bedingt zu warmem aber dennoch grauen und trüben Winter 2023/24 sahen wir eine Dokumentation über Griechenland mit Sonne, Wein, schönen Landschaften, netten Tavernen und vielem mehr. Und da haben wir nicht lange nachgedacht, das Handy gezückt und uns auf die Suche nach einer passenden Fährpassage nach Griechenland gemacht. Und das ist gar nicht so einfach. Zu teuer, unmögliche Zeiten, kein Platz für unseren Rudolph oder oder oder. Letztendlich wurden wir fündig und buchten Venedig nach Igoumenitsa für den 3.April. Auf dem Weg nach Venedig machten wir Halt auf dem Panoramastellplatz am Großvenediger

und übernachteten nach der Fahrt durch die teilweise verschneiten Alpen noch einmal auf dem von heftigen Regenschauern etwas aufgeweichten Camping Fusina am Hafen von Venedig.

Mit der Lefka Ori, die in letzten Monaten zweimal auf neue Eigentümer umlackiert worden war, stachen wir am nächsten Tag in See und erreichten Igoumenitsa gut 25 Stunden später. Nur ganz wenige Fahrzeuge hatten diesen Hafen gewählt; die meisten wollten nach Patras.

Einkaufen war etwas schwierig, da die ersten kleinen Dörfchen noch ihren Mittagsschlaf hielten und erst abends wach werden wollten. Also haben wir uns am Kalami Beach niedergelassen und für Umsatz in der Taverne gesorgt.

Gleich 4 Tage haben wir die Sonne, die Ruhe, das 18° kalte Meer und die Leckereien in der Taverne genossen. Unser nächstes Ziel – Butrint- liegt bereits in Albanien. Butrint, das sind ein Amphitheater, eine Basilika, ein paar kleinere Tempelchen und Häuschen und natürlich die Festung auf dem Hügel. Die Anlage hatte man vor über 2500 Jahren begonnen zu bauen; mittlerweile ist das Ensemble natürlich schon wieder größtenteils verfallen, hat es aber geschafft, zum Unesco Weltkulturerbe befördert zu werden.

Diverse Reiseführer und Beiträge warnen vor starkem Andrang in Butrint und  raten daher zu einem Besuch möglichst früh am Tag. Wir haben zwei Dinge nicht getan: erstens haben wir uns nicht mit der sehr klapprigen Fähre 50m für 14€ über den Kanal schippern lassen, sondern sind um den Butrintsee herumgefahren

und zweitens haben wir uns von den Horrormeldungen bezüglich des Besucherandrangs nicht einschüchtern lassen und waren am frühen Nachmittag am Ticketschalter aufgetaucht. Außer dem Ticketverkäufer und uns war niemand sonst zu sehen. Der Vollständigkeit halber sollte ich natürlich noch darauf hinweisen, dass es selbstverständlich überhaupt kein Problem gewesen war, für Rudolph einen ausreichend großen Parkplatz direkt am Eingang zu finden. Ein paar Dinge von  unserer Fahrt nach Butrint muss ich natürlich auch noch loswerden. Noch in Griechenland schlängelte sich eine ca 80cm lange und 3cm dicke Schlange auf der sonnenerwärmten Straße. Ich hielt an und fotografierte das Reptil aus dem Fenster heraus. Und das war wahrscheinlich schlau gewesen, denn die hochgiftige Europäische Hornotter hatte sich wohl in ihrer Freiheit von uns eingeschränkt gefühlt und versucht Rudolphs Vorderrad durch mutige Drohgebärden aus ihrem Revier zu vertreiben. Da ja eigentlich wir in ihren Lebensraum eingedrungen waren, wollten wir auch nicht weiter bei der Straßenüberquerung stören und sind dann  vorsichtig an dem Tier vorbei gefahren.

Am Grenzübergang nach Albanien gab es keinerlei Wartezeit, lediglich Ausweis und Fahrzeugschein wurden kontrolliert und dann stand einer Einreise ins Land der Skipetaren nichts mehr im Weg. Bereits wenige Kilometer nach der Grenze konnten wir uns in einem kleinen Krämerladen albanische Simkarten kaufen und waren eine knappe Stunde später wieder im Netz zu finden, so dass ich schon bald anfangen konnte, diesen Beitrag zu verfassen.

Eigentlich wären wir auch gerne für unser Abendessen in der Nahe von Butrint geblieben, denn für den Feinschmecker hält diese Gegend die rund um Butrint gezüchteten Muscheln bereit.

Muschelzucht

Aber es kam anders. Die Stadt Ksamil kam für uns als Übernachtungsplatz gar nicht in Frage. Auf der Fahrt durch die Stadt hatten wir den Eindruck durch eine einzige, riesige Baustelle zu fahren und das war nun wirklich wenig idyllisch. In Saranda war es nicht viel besser mit dem Unterschied, dass es hier die hässlichen Betonbettenburgen immerhin schon bis zum Rohbau oder sogar etwas weiter geschafft hatten. Also auch wenig einladend.

Die armen Touristen, die für den Sommer einen mediterranen, romantischen Strandurlaub in einer der beiden Städte buchen, sind bereits heute zu bedauern (zumindest nach unserem Empfinden für attraktive Urlaubsorte)

Also fahren wir weiter in Richtung Norden in der Hoffnung, doch noch einen etwas besseren Übernachtungsplatz zu finden. Die Straße windet sich in vielen Kurven den Berg hinauf und siehe da, plötzlich passieren wir oberhalb von Borsh ein Panoramarestaurant, das uns von unserer Reise in 2015 verdächtig bekannt vorkommt. Also erstmal stoppen und Abendessen und die grandiose Aussicht genießen.

Unten am Strand sehen wir ein weißliches größeres Fahrzeug. Ich zoome mit meiner Kamera das Fahrzeug groß – und: das kann ja wohl nicht wahr sein – das ist das Fahrzeug unserer Wohnmobilfreunde, die wir vor einigen Jahren im Donaudelta kennen gelernt hatten. Dann scheint sich ja auch die Suche nach einem Übernachtungsplatz erledigt zu haben. Runter zum Strand, Weinflasche rausholen und Wiedersehen feiern bis es zu kalt wird um draußen zu sitzen. Ja am Wasser wird es abends zu dieser Jahreszeit wirklich kühl – auch wenn man in Albanien ist und einem ein rekordverdächtiger Sonnenuntergang präsentiert wird. Der Tag beginnt wieder mit Tieren. Insgesamt 5 Esel besuchen uns und unsere Freunde und holen sich ihre Streicheleinheiten ab.

Unser Übernachtungsplatz (gaaanz hinten) von oben gesehen

Ebenfalls von der letzten Reise in 2015 war uns noch ein Restaurant in Erinnerung geblieben, das am Hang hinauf seine Gasttische auf kleinen Terrassen zwischen kleinen Wasserfällen aufgestellt hat. Und – schon wieder eine Überraschung: da bin ich gestern Abend vorbeigefahren und habe es gar nicht gemerkt. Also müsse wir heute nochmals 4km zurück fahren, um unsere Fotos zu machen. Essen gehen können wir dort aus zwei Gründen nicht: erstens wird zwischen den Wasserfällennoch kräftig renoviert und zweitens hatten wir ja gerade erst gefrühstückt.

So, Fotos sind gemacht, dann steuern wir mal den Llogarapass an. Wir fahren an der Festung von Porto Palermo auf einer Insel vorbei. Gegenüber ist der Hang mit hunderten von Agaven bedeckt.

Ein Stückchen weiter finden wir eines von Enver Hodshas U-Boot-Verstecken. Wie groß muss die Angst dieses Diktators wohl gewesensein, wenn er neben solchen U-Boot-Verstecken auch noch zigtausend Bunker bauen ließ.

In zickzack Serpentinen fahren wir ständig bergauf und dann wieder ein Stückchen bergab, begleitet von immer wieder großartigen Ausblicken und durch am Hang klebende Dörfer auf den Llogarapass hoch.

Beim Blick nach unten auf den Ort Dhermi hat sich seit dem letzten Mal auch einiges geändert. Die Ortsgröße hat sich verdoppelt, die zweite Hälfte, die damals noch einsamer Strand war, ist jetzt Baustelle für zig Appartmenthäuschen. Landschaft gibt’s nur noch wenig.

Wir beschließen, wieder nach unten bis Himare zu fahren und beim kleinen Camping Moskato einzukehren. Überall entlang der Straße sind Bienenstöcke zu finden – also müssen wir natürlich lokalen Honig mitnehmen.

Auch Moskato hat sich verändert; es ist doppelt so groß, es gibt jetzt perfekte Sanitäranlagen und sogar ein Restaurant. Da müssen wir doch gleich mal eine sehr gut zubereitete Dorade testen. Vielleicht bleiben wir noch ein paar Tage.

Bemerkenswert

In den Westen – Bretagne – Frühjahr 2023 (DLBF 23_8)

Den nächsten Stopp legen wir in Plougonvelin ein. Dort gibt es einen Stellplatz mit Meersicht, ein Fort und Sandstrand. Plougonvelin liegt auf einer Landnase, nach Brest ist es nicht mehr weit. Hatten wir in den ersten Wochen der Reise noch etwas kühles und insbesondere windiges Wetter, so wäre uns heute Wind mehr als willkommen – es ist sommerlich heiß geworden. Auf unserem Spaziergang zum Fort Bertheaume finden wir einen idyllischen Sandstrand in einer Bucht. Eine recht überschaubare Anzahl von Urlaubern tummelt sich am Strand und auch hier müsste man ein ganzes Stück ins Wasser hineinlaufen, um richtig schwimmen zu können ohne mit den Knien am Meeresboden entlang zu schrammen.

Die Bunkeranlagen von Fort Bertheaume haben noch geschlossen – es ist ja aus der Sicht der Franzosen immer noch Vorsaison. Also wandern wir um die Batterie de Bertheaume herum bis zum Übergang zu einem Felsen, auf dem die eigentliche alte Festung – also das Fort liegt. Das Fort beherbergt jetzt einen Abenteuerspielplatz für Erwachsene, bei dem man gegen  Gebühr auf wackeligen Seilbrücken laufen, an steilen Felswänden entlang klettern oder an einem Seil über das Meer schweben kann. All das passiert heute nicht; denn auch für diesen Abenteuerspielplatz hat die Saison noch nicht begonnen. Daher beschränken wir uns darauf, von einer Bank auf den Klippen aus in die Weite des blau glitzernden Meeres zu schauen und ein paar Taucher zu beobachten.

Auch an diesem Tag zieht sich unser Abendessen wieder sehr in die Länge – es gibt nochmals Garnelen und bevor man in den Genuss des Fleisches kommt, ist ja erstmal arbeitsintensive Entfernen der Schalen angesagt. (Vielleicht dauert es ja auch nur bei uns so lange, weil wir Garnelen selten essen und daher das ‚Entschalen‘ noch nicht besonders virtuos beherrschen).

Durch Brest fahren wir am nächsten Tag nur durch, was bei der Größe der Stadt auch einige Zeit in Anspruch nimmt. Wir kommen am Hafen vorbei, in dem ein riesiges Kreuzfahrtschiff liegt, das tausenden von Urlaubern die Schönheit der Bretagne vom Meer aus nahe bringen möchte. Wir fahren zwar gerne mit dem Schiff aber uns genügt eine Fährüberfahrt und wir können uns überhaupt nicht vorstellen, mit 3000 anderen Touristen in einem schwimmenden Hotel zu reisen.

Rund 40 Kilometer später erreichen wir die imposante Pont de Terenez. Auch diese Brücke ist als Hängebrücke konzipiert und macht mit der aufgehängten Spannweite von 285m einen architektonisch besonders extravaganten Eindruck, weil sich die Brücke in einer Kurve über die Aulnemündung schwingt. Mit bester Aussicht auf die Brücke findet sich daher auch ein Café.

Kurz bevor wir die anspruchsvolle Architektur der Brücke erreicht hatten, waren wir bei beeindruckender Natur vorbeigefahren – ein kompletter Hügel war mit tausenden von dunkelblauen Fingerhutpflanzen bewachsen – eine derart große Fläche nur mit Fingerhut bewachsen, hatten wir zuvor auch noch nicht gesehen.

Am Nachmittag erkunden wir zum ersten Mal Morgat. Es ist Sonntag und an manchen Stellen erscheint es uns als hätten sich ziemlich viele Einwohner aus dieser Gegend vorgenommen, heute den Sonntag am langen Strand von Morgat zu verbringen. Auch die Restaurants und Cafès sind gut besucht.

Die Nacht wollen wir auf der gegenüberliegenden Seite der Landzunge auf dem Campingplatz „Füsse hinter dem Wasser“ verbringen, was nichts anderes heißt als dass man gegen Aufpreis einen Platz direkt am Meer bekommen kann, auf dem man aber das Meer wegen hoher Hecken nicht sehen kann.  Der Pointe de Penhir, eine Gedenkstätte und eine besonders schöner Aussichtspunkt wird der Plan für den nächsten Tag. Auf dem Weg dorthin machen wir noch einen Stopp an einer Steinsetzung und einer seltsamen Ansammlung von Türmen. Die Steinsetzung erinnert etwas an Stonehenge im Kleinformat und ist am Ortsende von Camaret sur Mer zu finden.

Freunde hatten uns geraten, nicht bis ganz zum Pointe de PenHir zu fahren, sondern etwas weiter vorne zwischen Camaret sur Mer und dem Pointe de PenHir zu parken und dann auf den Klippen zum Aussichtspunkt zu laufen. Also parken wir etwas windschief gegenüber dem Memorial zum Gedenken an die Atlantikschlachten im letzten Weltkrieg. Riesige Anker stehen als Sinnbild vor dem Museum und der Bunkeranlage Kerbonn. Auf der einen Seite ist es bedrückend, dass der letzte Weltkrieg überall an der bretonischen Küste präsent ist, auf der anderen Seite sind wir glücklich, dass wir mit dieser Zeit nichts zu tun haben und hoffen, dass die Menschen doch mit der Zeit etwas vernünftiger werden. Durch den ukrainisch russischen Krieg wird diese Hoffnung allerdings deutlich zurückgedrängt und auch wenn sie nicht so oft erwähnt werden; so gibt es ja noch manch andere Region, in der Menschen leben, die völlig unfreiwillig in Auseinandersetzungen unterschiedlicher Völker oder Volksgruppen geraten sind.

Dem Tipp unserer Freunde folgend, wandern wir also auf den Klippen entlang zu Pointe den PenHir und können jetzt bestätigen, dass der Klippenpfand zwar ein sehr steiniger Trampelpfad ist aber unbeschreiblich schöne Ausblicke aufs Meer zulässt. Letztendlich wird das Ganze natürlich durch die 270° Aussicht am Pointe den PenHir selbst getoppt.

Am Nachmittag dann beziehen wir Quartier auf einem Stellplatz wieder in Morgat, das im Gegensatz zum Vortag fast verlassen wirkt.

Tankstellen, Stellplätze ja sogar der Pizzaverkauf sollen in Frankreich ohne Personal funktionieren. Die Betonung liegt dabei auf „sollen“. Für den Stellplatz muss ich an einem Automaten ein Konto eröffnen, um übernachten zu dürfen. Der Automat erweist sich als bockig, als er mir immer wieder unterschiedliche Fehlermeldungen ausspuckt, um mich an der Zufahrt zum Stellplatz zu hindern. Erst nach telefonischer Kontaktaufnahme mit der englisch sprechenden Hotline können wir das Rätsel lösen. Der Automat verdaut beim KfZ-Kennzeichen auch Umlaute, bei Namen weigert er sich aber strikt, Umlaute zu akzeptieren und versucht seinem Unmut mit den erwähnten Fehlermeldungen Ausdruck zu verleihen. Die Dame an der Hotline konnte jedenfalls das „Umlaut–U“ Problem lösen und ich letztendlich doch meinen Übernachtungsplatz beziehen. Jetzt bin ich stolzer Besitzer einer weiteren Karte, die mich als Kontoinhaber bei einer Campingorganisation ausweist und mir Zugang zu ein paar hundert weiteren Stellplätzen derselben Organisation ermöglichen SOLL. Mal sehen…

Glücklicherweise konnte das administrative Problem noch so rechtzeitig gelöst werde, dass wir den Anlegeplatz für die Abfahrt der Boote zu den Grottes Crozon ohne Probleme erreichen können. Für die Bootsfahrt zu den Meeresgrotten Grottes Crozon hatten wir uns bereits am Vortag noch zwei Plätze für den heutigen Nachmittag nach Ende der Ebbe reserviert.

42 Personen passen in das Ausflugsboot, das uns in einer 50-minütigen Fahrt die Schönheit der Meeresgrotten erschließen soll. Eine junge Französin erklärt unglaublich engagiert während der ganzen Tour, was wir sehen und auf was wir achten sollen. Zumindest vermuten wir dies, weil der Vortrag leider auf Französisch gehalten wird und wir an dieser Stelle bestenfalls freundlich lächeln können aber nichts verstehen. Nichtsdestotrotz sind die Grotten beeindruckend, in manche fahren wir sogar hinein und können die unterschiedlichen  Felsschichten genau inspizieren.

Nach diesem schönen Ausflug lassen wir uns in einem Restaurant mit Meerblick mit einem leckeren Abendessen und Cidre verwöhnen.

Auf der Fahrt nach Douarnenez kommen wir durch den eher unscheinbaren Ort Sainte-Marie du Menez-Hom mit einer ebenso unscheinbar wirkenden Dorfkirche. Aber so unscheinbar scheint die Kirche nicht zu sein, denn bereits mehrere Kilometer vor dem Ort wird mehrfach darauf hingewiesen, dass die Chapelle Sainte Marie geöffnet sei. Offenbar handelt es sich um eine Wallfahrtskirche, die auf uns völlig überraschend nach dem Eintreten mit besonders prachtvoller Innenausstattung empfängt.

Übrigens völlig unabhängig von Höhlen Stränden oder Ähnlichem noch einmal der Hinweis, dass Ortsnamen in der Bretagne immer zweisprachig – Französisch und Bretonisch – auf den Wegweisern stehen. Dabei sind die Namen sich manchmal sehr ähnlich und unterscheiden sich nur in einem oder wenigen Buchstaben, manchmal weisen die beiden Ortsnamen aber überhaupt keine Ähnlichkeit auf.

Auch hat der eine oder andere Franzose wohl ausreichend Humor, um Verkehrszeichen etwas lebendiger zu gestalten… und die Obrigkeit nimmt es scheinbar gelassen hin und lässt die verzierten Verkehrszeichen auch dauerhaft stehen.

Bis das Port Musée in Douarnenez um 14.00 Uhr öffnet, haben wir an diesem heißen Sommertag noch ein wenig Zeit und genießen erstmal leckeres aber schnell dahin schmelzendes Eis mit Blick auf den Fjord und die am Yachthafen aufgestapelten Häuser in ‚bevorzugter Wohnlage‘.

Wenn man für das Schiffsmuseum Port Musée Eintrittskarten kauft, erhält man Zugang sowohl zum Freigelände mit mehreren Arbeitsschiffen als auch zum auf der anderen Straßenseite liegenden Museumsgebäude mit einer Vielzahl unterschiedlicher Exponate und passenden Erklärungen dazu. Auf den Arbeitsschiffen darf man sich frei bewegen und kann so auch gerne ausprobieren, wie eng und steil die Treppen auf derartigen Schiffen sind – das ist mit Sicherheit bei ordentlichem Seegang eine besondere Herausforderung.

Im Museumsgebäude dann sind Boote unterschiedlichster Bauart zu finden. Besonders hat uns ein aus Schilf geflochtenes rundes Wasserfahrzeug aus Vietnam gefallen, das eher an eines meiner Brotkörbchen zuhause erinnert aber einen Durchmesser von deutlich mehr als einem Meter hat. Moses könnte vielleicht in so einem Körbchen gelegen haben…

Auf einem zur Saison angeblich überfüllten aber noch fast leeren Municipal Camping in Plovan erfreuen wir uns wieder einmal an den günstigen Übernachtungspreisen und einem wunderschönen Sonnenuntergang.

Nachdem die Sonne untergangen ist, stöbern wir in unserem diversen Reiseführer und in Google Maps und meinen, dass wir Concarneau mit dem ‚Städtchen in der Stadt‘ oder besser auf der Insel einen Besuch abstatten sollten. Unweit des Hafens können wir tatsächlich einen Parkplatz für Rudolph ausmachen und machen uns auf zur Festung. Die Sonne brennt herunter – es ist mittlerweile richtig Sommer geworden. Direkt neben dem Hafen betreten wir durch ein steinernes Tor eine eigene Welt. Auf der Insel sind nicht nur ein paar Häuschen, nein hinter dem Tor erstreckt sich eine Einkaufs- und Restaurantgasse und selbst ein Freilufttheater ist am Ende der Gasse, bevor wir hoch zur Festungsmauer steigen und auf der Mauer entlang den Gastgärten wieder zurück zum Steintor laufen.

Ein wenig durstig erreichen wir später wieder unseren Rudolph. Eine Kaffeepause nicht direkt in der Stadt, sondern bei einem Chateau im Schatten eines Parks wäre doch genau richtig. Das Chateau Keriolet, das auch mehrfach ausgeschildert ist und sich in der Nähe befindet, soll es werden. Vom ersten Blick im Park macht das Chateau einen sehr würdevollen Eindruck. Näher heran darf man allerdings nur mit einer bezahlten Führung, auf deren Start wir noch eine Zeitlang warten müssten. „Na so interessant ist das Schloss nun auch wieder nicht…“ denken wir uns und lassen uns vor dem Park – wie geplant – an einem Tisch im Schatten zwischen den Bäumen nieder und freuen uns über einen erfrischend kalten Kaffee Frappes aus Rudolphs Kühlschrank.

Nur ein paar Kilometer weiter soll es wieder ein Chaumiers-Dorf geben – Kerascoet. Romantische Chaumiers durften wir ja schon einmal in der Normandie betrachten. Jetzt tauchen wieder die mit Reet gedeckten Traumhäuser auf und zu allem Überfluss liegt direkt am Dorf auch noch ein Campingplatz. Das erleichtert die Entscheidung über den Übernachtungsplatz natürlich sehr.

Wir schlendern durch das Dörfchen und lassen uns mit zwei unterschiedlichen Galettes und Cidre im Garten der Creperie des Dorfes verwöhnen. Der Tag endet weiter im ‚Verwöhnmodus‘ im sehr schönen überdachten Swimmingpool des Campingplatzes.

In der Nähe von Carnac soll es eine besonders große und sehenswerte Steinsetzung geben. Carnac liegt auf unserem Weg, daher wollen wir uns diese Sehenswürdigkeit nicht entgehen lassen. Und es scheint wirklich eine Sehenswürdigkeit zu sein, denn die vielen Besucher aus unterschiedlichsten Regionen und Ländern werden auf einem richtig großen Parkplatz empfangen, von dem aus auch ein typisches Touristenbähnle startet. Puh – ganz schöner Rummel. Wir nutzen nicht das Bähnle, sondern unsere Füße und machen uns auf zu den besten Plätzen, um die paar hundert gesetzten Hinkelsteine auch passend ins Bild zu setzen. Die meisten Steine stehen mit immer gleichen Abständen in Reih und Glied neben der nächsten ebenso aufgebauten Steinreihe. Was genau der Sinn der Steinreihen ist und insbesondere von woher und wie unsere Vorfahren die Steine hierher gebracht haben, ist wohl noch nicht genau geklärt. Ebenso wenig, wie die Frage, warum gerade hier die Steine aufgestellt wurden. Wenn es sich auch nur um grob behauene Steine handelt, so ist dieser Blick in die weite Vergangenheit interessant und irgendwie mystisch.

Wieder in der Gegenwart zurück fahren wir 2 Stunden später über die Pont Suspendu de La Roche-Bernard, eine weitere der vielen Hängebrücken in Frankreich zu der Region rund um Guérande, der Region, in der die unterschiedlichsten Qualitäten von Meersalz gewonnen werden. Hier werden wir auf unserer Tour auch zum letzten Mal das Meer sehen, hatten wir vermutet. Ich sage vermutet, weil wir lediglich das MEERWASSER in  den Salztümpeln sehen – das Meer beginnt erst in der Ferne. Im Ausstellungs- und Verkaufsgebäude werden die unterschiedlichen Salzqualitäten auch zu ebenso sehr unterschiedlichen Preisen angeboten, ebenso wie die dazu passenden Salzmühlen und allerlei anderer Touristentand. Ein paar Päckchen Salz finden auch den Weg in unseren Kofferraum, der ja auch schon Cidre, Wein, bretonische Kekse, Fleischpasteten und Bier beherbergt – und ehrlich gesagt auch langsam an seine Kapazitätsgrenzen kommt, was unter anderem auch an dem voluminösen Spielzeug-Lkw liegt, der für einen unserer Enkel vorgesehen ist.

Von Guérande geht es dann im Wesentlichen an der Loire entlang in Richtung Tours. Natürlich kommen wir an dem einen oder anderen Schloss vorbei aber die Schlösser der Loire wollen wir uns für eine Extrareise aufheben. Die Pont de Langeais ist schon wieder eine sehenswerte Hängebrücke – diesmal bereits 1849 fertiggestellt – und überquert die Loire eben beim namensgebenden Ort Langeais.

Wir haben nicht gezählt, wie viele Flüsse und Fjorde wir schon auf Hängebrücken überquert haben aber es waren viele. In noch weit größerer Anzahl haben wir Kreisverkehre umrundet – sicher gut 1000 – und nochmals ein paar hundert Mal häufiger sind wir über Fahrbahnerhöhungen, die zum Langsam Fahren in den Ortschaften erziehen sollen, gehüpft. Das ist eben Frankreich.

Das Tal der Loire ist in dieser Gegend tief eingeschnitten, so dass die Bewohner z.B. von La Fontaine die steilen und hohen Felswände einfach ausgehöhlt haben und ihre Häuser ganz oder teilweise in den Berg gebaut hatten. Damit konnten Baukosten gespart werden und der begrenzte Platz entlang der Loire konnte auch optimal genutzt werden. Diese Form der Architektur war für uns auch neu aber erscheint doch recht reizvoll, solange man nicht unbedingt um sein eigenes Haus ganz herumlaufen möchte und sich damit zufrieden gibt, zwar Blick auf die Loire zu haben aber doch nur von einer Himmelsrichtung Sonne zu bekommen.

Wir können die Häuser sogar zweimal betrachten, denn der angepeilte Übernachtungsplatz war schon komplett besetzt und wir müssen wieder ein Stück zurück und nach Villandry mit dem gleichnamigen Schloss ausweichen. Auf dem Stellplatz von Villandry wird es kurz vor Mitternacht noch einmal hell und laut, denn auf der gegenüber liegenden Loireseite ist ein richtig tolles Feuerwerk der Höhepunkt des Abends.

Zum Schloss Villandry sind es vom Stellplatz nur ein paar hundert Meter, so dass wir dieses Schloss schon mal vor der geplanten Schlössertour besichtigen wollen. Genau genommen wollen wir nicht ins Schloss gehen, sondern die phantasievoll angelegten Gartenanlagen besuchen. Sprießen in Schlossgärten meistens die unterschiedlichsten Blumen um den Gärten Farbe zu verleihen, so sind es hier oft Gemüse- und Salatpflanzen, mit denen die bunten Ornamente im Garten angelegt sind. Wir sind begeistert und fragen uns, ob die Pflanzen wohl nach einiger Zeit dann auch auf einem Markt verkauft werden. So und ab jetzt werden unsere Tagesetappen etwas größer, denn wir sind eigentlich schon auf dem Heimweg.

Das heißt selbstverständlich nicht, dass wir jetzt hunderte von Kilometern einfach die Straßen und Autobahnen entlangdonnern, sondern wir suchen uns einen Weg, der uns vielleicht doch noch zu der einen oder anderen Attraktion führt. Also übernachten wir erstmal in Chatillon sur Loire neben einigen Hausbooten und freuen uns über wieder einmal über einen beeindruckenden Sonnenuntergang.

Die Attraktion ist dann die aus dem Jahre 1896 stammende Kanalbrücke von Briare. Die Kanalbrücke ist eine 662m lange Trogbrücke, die zum Canal lateral a la Loire gehört und die Loire überquert. Dieser Kanal ist wiederum einer der 4 aufeinanderfolgenden Kanäle, auf welchen man es schafft, vom Ärmelkanal aus kommend über Paris und Lyon bis zum Mittelmeer auf dem Wasser zu fahren.

Ja und jetzt fehlt eigentlich nur noch eine Attraktion auf unserer Reise – eine Attraktion, die schon seit einigen Jahren auf unserer Ziele der Ziele, die wir irgendwann einmal besuchen wollen, steht. Es ist die Mittelalterburg Guédelon,ungefähr 150km südöstlich von Paris. An dieser Burg wird seit 1997 mit mittelalterliche Werkzeugen gebaut, so dass der Besucher authentisch nachvollziehen kann, man vor einigen hundert Jahren gebaut hat. Man findet kein modernes Werkzeug auf der Baustelle aber alle Handwerke, die zum Bau einer Burg benötigt werden. Es gibt, Steinmetze, Steinbrecher, Stellmacher, Schmiede Zimmerleute, Ziegelbrenner, Töpfer, Seiler Müller und vielleicht noch einige mehr, an die ich mich im Moment nicht erinnern kann. Eines gibt es auf der Baustelle nicht, wie man den Informationstafeln entnehmen kann: Abfallbehälter, denn damals wurde alles verwertet und es gab somit keinen Abfall. Der Besucher kann die bereits fertig gestellten Räumlichkeiten der Burg besichtigen oder den mit Menschen betriebenen Kran auf der Baustelle bestaunen. Wir besuchen die Burg an einem Wochentag und stellen fest, dass sich diese Attraktion besondere Beliebtheit erfreut. Die Parkplätze sind bereits gut gefüllt und viele Kinder und Erwachsene versuchen sich auf der Baustelle vorzustellen, wie das Leben im Mittelalter wohl gewesen sein könnte.

Unsere große durch Luxemburg, Belgien und die französische Normandie und Bretagne gehende Reise ist jetzt wirklich fast am Ende und wir verabschieden uns bis zum nächsten Mal noch mit ein paar Bildern vom Rosengarten in Zweibrücken, den wir mit Freunden aus der Pfalz noch auf dem Heimweg besichtigt haben. Das Ziel der nächsten Reise ist noch ungewiss – wir müssen ja jetzt erstmal die überwältigenden Eindrücke dieser Reise verarbeiten.

Bemerkenswert

In den Westen – Bretagne – Frühjahr 2023 (DLBF 23_7)

Wir erinnern uns: Rudolph wollte plötzlich neues Öl haben und ich hatte die Kontrollmeldung als unbegründet eingestuft. Irgendwie grüble ich immer weiter über das Problem nach und kann nicht glauben, dass fehlender Öldruck (der ja zu schweren Motorschäden führen kann und auch eine Fahrt von 60km wahrscheinlich nicht zugelassen hätte) sich nur mit einer höflichen Meldung zum Ölwechseln meldet. Mehrere MByte Recherche im Internet überzeugen mich, dass es sich wohl nur um eine nicht zurück gesetzte Serviceanzeige handelt. Und siehe da, ich finde sogar eine Vorgehensweise, wie man selbst und ohne Diagnosecomputer, die Serviceanzeige resetten kann.

Ob diese Aktion irgendwelche negativen Auswirkungen nach sich zieht, probieren wir auf einem Ausflug am nächsten Tag aus. Aber zunächst soll Rudolph ausruhen und wir wollen Morlaix erkunden. Um die Pointe schon einmal vorwegzunehmen: Seit dem Resetten  gab es auf den nächsten fast 3000km  bis nach Hause noch keine weiteren Warnmeldungen und Rudolph fährt wie ein junger Gott. Also war alle Aufregung umsonst gewesen.

Zur Erkundung von Morlaix radeln wir vom Campingplatz auf der Streuobstwiese in die Stadt. Das Erste, was uns auffällt ist, dass künstlerisches Graffiti hier wohl nicht nur geduldet, sondern sogar erwünscht ist. Einige Brückenpfeiler sind so künstlerisch besprüht oder vielleicht sogar bemalt, dass selbst Albrecht Dürer neidisch geworden wäre und in der Stadt selbst arbeitet ein Künstler auf einer Hebebühne schon am nächsten Kunstwerk an einer Hausfassade.

Auch die Gartenarchitekten der Stadt Morlaix scheinen eine besondere künstlerische Begabung zu haben. Am Straßenrand, auf Verkehrsinseln und an Kreisverkehren blüht es überall üppig und farbenfroh. Quer über die Stadt führt ein römisch anmutendes, hohes und beeindruckendes Viadukt, das aber wohl nicht aus der Römerzeit stammt, sondern etwas neuer sein muss, denn es wird von der französischen Bahn befahren. Eine kleine Ruhezone mit Liegestühlen rundet das Bild der gemütlichen Stadt mit den malerischen alten Häusern ab.

Für Tag 2 in Morlaix ist der Ausflug zum rund 20km entfernten riesigen Hügelgrab Barnenez vorgesehen. Morlaix liegt an einem Meeresfjord und der Weg nach Barnenez führt an der Küste entlang. Natürlich kommen wir genau dann bei der Sehenswürdigkeit an, als die Dame an der Kasse ihre Mittagspause antreten möchte und uns für eineinhalb Stunden vertröstet. Wir spazieren oberhalb vom Hügelgrab in eine Art Minidorf mit nur wenigen Häusern und enorm hohen blau blühenden Pflanzen. Eine Bewohnerin des Dorfes erklärt uns , dass es sich um Viperinen handelt als wir versuchen, die großen Pflanzen auf ein Foto zu bringen, was uns nicht richtig gut gelingt, weshalb wir auf die Bilder im botanischen Garten von Roscoff ein wenig später verweisen. Vom Strand aus haben wir einen Blick auf die Ille Noire mit ihrem Leuchtturm und das Chateau du Taureau, das in seiner Geschichte auch schon als einigermaßen ausbruchsicheres Gefängnis gedient hatte. Heute ist es Museum und als Tourist kann man sich auf einer Bootsfahrt hinschippern lassen.

Als der Ticketschalter nach eineinhalb Stunden wieder öffnet, kaufen wir uns zwei Tickets und erkunden das Gelände um das riesige Hügelgrab. Es gibt offenbar 11 Grabkammern – eine der 11 Kammern ist für Besucher zugänglich. Außer Steinen ist in der Grabkammer nichts weiter zu sehen.

Auf dem Umfeld haben sich Künstler mit Skulpturen und insbesondere auf große Platten geschriebenen Lebensweisheiten verewigt. Nach dem Besuch des mehrere tausend Jahre alten Hügelgrabs fahren wir noch ein wenig an der Küste in Richtung Norden bis zum weißen Strand von Saint Samson. Am Chateau weht die bretonische Flagge und wir wandern durch die Dünen zu einem Punkt, der durch seine Felsen am Ufer sehenswert ist. Einer der scheinbar von Riesen aufeinandergestapelten Steinen nennt sich le Coeur – das Herz – und wenn man es weiß, kann man auch einen der Gesteinsbrocken als herzförmig erkennen.

Natürlich gibt es auch hier Bunker aus dem letzten Weltkrieg. Eben überall dort, wo die Aussicht aufs Meer besonders gut ist.  Auf dem Rückweg nach Morlaix versuchen wir in einem der Küstendörfer – in Le Dourduff- zum Essen zu gehen. Das gelingt uns leider nicht, da der wirklich kleine Ort nur über ein Café verfügt, das geschlossen ist und sonst gibt es nur noch eine Firma, die mit Austern handelt aber ebenfalls geschlossen hat. Also müssen wir selbst in unserer fahrbaren Küche Hand anlegen. Ortsnamen, so nehmen wir es hier bewusst wahr, werden in französischer und bretonischer Sprache angegeben. Da wir unser Technikproblem am Rudolph scheinbar gelöst haben, brechen wir am Dienstag nach Pfingsten nicht zur Werkstatt auf, sondern fahren ein Stück zurück, um die „Rosa Granitküste“ zu besuchen, die wir ja ausgelassen hatten, um möglichst schnell nach Morlaix zu kommen.

Der Weg zurück an die Granitküste führt über St. Michel en Greve mit einem kilometerlangen weißen Sandstrand. Das Wasser ist erstaunlich warm, was wahrscheinlich daran liegt, dass es überhaupt nicht tief ist, weil der Strand nur minimal ins Meer abfällt. Wenn man also schwimmen gehen wollte, müsste man eine längere Wanderung über den Strand unternehmen, um ans Wasser zu gelangen und dann eine weitere Wanderung, um zu einer Wassertiefe zu gelangen, die auch schwimmen ermöglicht. Wir genießen den Mittag am Strand und wandern nicht zum Schwimmen.

Die als Sehenswürdigkeit empfohlene Straße, die an der Granitküste entlangführt, beginnt etliche Kilometer weiter bei Perros-Guirec. Wir fahren der sehr rauen und felsigen Küste entlang. Überall ragen riesige Felsen aus dem Wasser – es sieht ein wenig aus wie an der Algarve; nur haben die Felsen hier eine andere Farbe. Ein paar Felsen liegen auch in den Vorgärten der Häuser – die Felsen sind teilweise deutlich größer als das Haus des Gartenbesitzers – so muss man sich in der Bretagne echte Steingärten vorstellen.

Die Ortschaften, durch die wir fahren sind auch ähnlich gut touristisch erschlossen und vermarktet wie an der Algarve. Ja, die Landschaft ist beeindruckend aber der Trubel ist es ebenfalls, weshalb wir uns nicht länger in einem der belebten Orte aufhalten wollen. Wir biegen auf die Ile Grande (große Insel) ab und lassen den sehr schön gelegenen und preiswerten Gemeindecampingplatz am Wasser ein paar Euro verdienen. Der Platz liegt auf einer Halbinsel an drei Seiten von Wasser umgeben. In der Lagune liegen die Boote der Austernfischer gerade auf dem Trockenen. Den Tag beenden wir mit einem Spaziergang zu einem verfallenen Haus in der Abendsonne (zum Glück hatten wir den Spaziergang nicht auf den nächsten Morgen mit stark bedecktem Himmel verschoben) und gönnen uns zum Abendessen unsere Artischocken mit Weinsoße und dazu einen schmackhaften Cidre – der Sonnenuntergang passt perfekt dazu.

Am nächsten Tag befahren wir jetzt zum zweiten Mal die Straße nach Morlaix, weil der Weg nach Roscoff zum botanischen Garten eben über Morlaix führt. Der botanische Garten ist heute für einen Besuch gerade richtig, weil die vielen bunten Blüten das Grau des Himmels etwas lebendiger machen. Und da sind auch wieder die nahezu 4m hohen Viperinen, neben denen ein Mensch ein wenig winzig wirkt.  Diese Pflanzen würden wir auch gerne in unserem Garten haben und das scheint der botanische Garten gewusst zu haben, denn neben dem Tickethäuschen werden Pflanzen zum Verkauf angeboten. Auch Viperinen, die allerdings nicht 4 m hoch, sondern nur 10cm hoch in Blumentöpfen stecken kann man für 2 Euro pro Stück kaufen. Zwei Töpfe wandern in unser Gewächshaus – genau genommen in Rudolphs Duschraum – und dann beginnen wir mit der Erkundungstour des Gartens. Wir kommen nur sehr langsam voran, weil links und rechts des Weges derart viele Blüten an unterschiedlichen Pflanzen in allen Farben und Formen nur darauf warten, von uns fotografiert zu werden.

Und für die Nacht wählen wir einen Luxuscampingplatz mit Swimming Pool in Saint Pol de Leon, auf dem wir windgeschützt zwischen Hecken aber vom Rudolph aus mit Aussicht auf den Damm zur Sankt Anna Insel übernachten können. Obwohl ja immer noch Vorsaison ist, hat das Restaurant ‚Mary Stuart‘ geöffnet und wir lassen uns bretonisch verwöhnen. Auch hier sind wir der Meinung, dass die Freundlichkeit des Servicepersonals und der Geschmack und die Qualität des Essens die aufgerufenen Preise rechtfertigen.

Für Woche 7 unseres Ausflugs in den Westen Frankreichs sind noch zwei Sehenswürdigkeiten vorgesehen. Einmal das Dorf Meneham mit einem zwischen Felsen eingeklemmten Haus und einmal das Ensemble aus zwei Leuchttürmen und einer teilweise verfallenen Abteikirche in Saint Mathieu. In Meneham dreht sich alles um Felsen. Aus den wenigen alten Häuschen hat man Ferienwohnungen und ein Museum gemacht, in dem die Geschichte des Ortes erklärt wird. So erfahren wir, dass die Einwohner des Ortes wohl im Wesentlichen davon gelebt haben, die Wracks der an den Felsen der Küste zerschellten Schiffe zu bergen und das gefundene Hab und Gut zu verkaufen. Auch das zwischen zwei Felsen eingeklemmte Häuschen ist Teil des Museums geworden.

Obwohl der Tag eigentlich etwas trübe war, verabschiedet er sich doch wieder mit einem ansehnlichen Untergang auf dem Campingplatz de la Greve Blanche.

Am nächsten Morgen müssen wir selbstverständlich noch einmal Rast machen, um den höchsten, ganz aus Granit gebauten Leuchtturm Europas – den Phare de l’Île vierge – in unser fotografisches Reisegepäck zu packen.

Von unserm nächsten Übernachtungsplatz aus machen wir eine Wanderung auf den Klippen zum westlichsten Punkt Frankreichs – dem Pointe de Corsen. Die Ausblicke von den Klippen aufs Meer sind umwerfend schön. Jetzt sind wir tatsächlich am „Ende Frankreichs“ angekommen, wehalb die Region auch Finistere – Ende der Welt heißt. Würde man sich von hier aus auf dem Seeweg nach Westen aufmachen, würde man nach 3500km in Neufundland ankommen – dazwischen ist nur Wasser.

Fast hätte ich es vergessen: Auf dem Weg nach Saint Mathieu statten wir dem Menhir de Kerloas noch einen Besuch ab. Es handelt sich um einen fast 10m hohen Hinkelstein, der offenbar magische Kräfte hat. Reiben Männer ihren Kopf an dem Stein, dann wird die Wahrscheinlichkeit für männlichen Nachwuchs erhöht, reiben Frauen ihren Kopf am Stein, so werden sie die Führungsrolle im Haushalt behalten. Na, wer’s glaubt…

Ohne die magischen Kräfte des Hinkelsteins herausfordern zu wollen, rollen wir nach Saint Mathieu, was wir am späteren Nachmittag erreichen. Es könnte jetzt den Eindruck erwecken, dass wir jeweils weite Strecken zurücklegen, wenn wir Sehenswürdigkeiten erst am Nachmittag erreichen. Aber der Eindruck ist falsch. Die während des Tages zurückgelegten Strecken sind nicht übermäßig weit aber wir fahren eben erst am späten Vormittag los. Nicht nur zwei Leuchttürme und eine Kirchenruine sind in Saint Mathieu zu bewundern, sondern auch das Marinedenkmal Cenotaphe Saint Mathieu.

Den interessanten Tag beenden wir mit in Knoblauchöl gebratenen Garnelen.

Bemerkenswert

In den Westen – Normandie – Frühjahr 2023(DLBF 23_5)

Bevor wir abreisen machen wir noch eine kurze Wanderung von unserem Stellplatz zum Panoramarestaurant, das oberhalb des Strandes liegt, sowie durch den Ort Saint Jouin Bruneval. Am Panoramarestaurant treffen wir einen Globetrotter, der auch mit einer Art Wohnwagen unterwegs ist. Allerdings wird der Wohnwagen mit einem elektrisch angetriebenen Liegefahrrad gezogen. Das Liegefahrrad hat ein Dach, auf welchem ebenso wie auf dem Dach des Wohnwagens Solarpanel angebracht sind, die den Strom für die zwei Elektromotoren  des Fahrrads liefern. Das Ganze ist „Marke Eigenbau“ aber aus unserer Sicht echt nachhaltig. Der Fahrer war schon in ganz Europa mit dem Vehikel unterwegs gewesen, erzählt er uns. Eine interessante Begegnung.

Der Blick vom gut besuchten Panoramarestaurant ist natürlich auch nicht zu verachten.

Auf den Klippen entlang und dann zum Dorf laufen wir. Das Dorf ist nicht überragend fotogen aber ein ehemaliges Chateau, vielleicht war es auch mal ein Hotel oder eine Kirche gewesen ist dem Verfall und dem Bewuchs von Pflanzen und sogar Bäumen freigegeben. Es würde sich sicherlich gut für die Produktion eines einen Mystery-Thrillers eignen.

Aber jetzt steuern wir wirklich die große Hängebrücke über die Seine, die Pont de Normandie an.

Die Pont de Normandie ist tatsächlich der absolute Kracher in Sachen Hängebrücke. Unbeschreiblich wie die Fahrbahn an den über 250m hohen Pfeilern hängt. Trotz der stattlichen Größe von Rudolph kommen wir uns auf der Brücke eher klein vor, obwohl wir nach der zweitgrößten Fahrzeugklasse für die Brückenmaut abgerechnet werden. 

Mehrfach sind wir schon von Freunden, die uns mit ihren Normandiekenntnissen auf den richtigen Pfad lenken wollen, darauf hingewiesen worden, dass wir unbedingt zu dem bildschönen Ort Honfleur fahren müssen. Also müssen wir das wahrscheinlich auch tun. In Honfleur, das sich wirklich als schönes Städtchen herausstellt, gibt es einen Wohnmobilstellplatz etwas außerhalb des Stadtzentrums, auf dem sich sage und schreibe 200 Fahrzeuge tummeln dürfen. In diesem Falle suchen wir keinen idyllischen Platz, sondern eine Möglichkeit, Rudolph zu parken – mit Blick auf die Pont de Normandie – und uns einen Stadtrundgang zu ermöglichen. Um den kleinen Hafen herum scharen sich viele pittoreske Häuschen, unendlich viele Brasserien, Restaurants Bars und natürlich Geschäfte, in welchen man Calvados kaufen kann. Einige dieser Touristeneinrichtungen nutzen auch wir.

Auf dem Rundgang genehmigen wir uns ein Eis, kaufen einen Calvados und nehmen am Abend in einem Restaurant am Hafenbecken Platz, um uns Muscheln und ein Stück Fleisch, das als Steak beschrieben ist, schmecken zu lassen. Tatsächlich stellt sich das Steak als waschechter und gut zubereiteter Zwiebelrostbraten heraus. Die Muscheln in Camembertsoße sind ebenfalls vorzüglich. Ein besonderes Kleinod in Honfleur ist der Jardin du Tripot, ein zwischen alten Häusern versteckt gelegener kleiner Park, in dem die Zeit neben blühenden Pflanzen einfach still steht.

Auf dem Riesenparkplatz verbringen wir eine überraschend sehr ruhige Nacht. Am nächsten Morgen kommt das Bäckerauto hupend vorbei und bietet frisches Baguette, Croissants etc. an.

Frisch gestärkt wollen wir Trouville besuchen. Trouville soll ein eher mondänes Seebad sein. Na mal sehen. Zumindest gibt es an der Promenade schon mal eine Poissonerie, die gar nicht so viele unterschiedliche Fische anbietet, dafür aber umso mehr Muscheln, Austern und Krustentiere. Ein Stückchen weiter finden wir nach ein paar schicken Hotels im alten Stil das Spielcasino. Scheint zu stimmen, dass Trouville nicht auf den Urlauber ausgerichtet ist, der ein preiswertes Pauschalurlaubsschnäppchen gemacht hat. Irgendwie wirken die Fischstände doch magnetisch auf uns.

Auf dem Rückweg schlagen wir zu. Wir kaufen uns Jakobsmuscheln und Wellhornschnecken (Bulots). Irgendwelche Schnecken hatte ich bislang einmal in meinem Leben gegessen – Bulots noch nie. Die Bulots werden verkauft, nachdem sie schon in einer würzigen Soße gekocht worden sind. Ja und was soll ich sagen; ich würde nicht jeden Tag Bulots essen wollen aber ab und zu wäre eine echte Option. Erst drei Wochen später erfahren wir, dass wir mit dem Kauf der Jakobsmuscheln Glück gehabt haben; denn ab 15. Mai sollen sie nicht mehr geerntet werden, damit sich der Bestand regenerieren kann.

Der Besuch von Trouville dauert nicht lange und schon für die 14.00 Uhr Führung stehen wir bei der Calvadosbrennerei Chateau de Breul vor der Tür.  Auf einer gut einstündigen Führung in englischer Sprache erfahren wir detailliert wie die einzelnen Arbeitsschritte bei der Herstellung des Apfelschnapses sind und lernen die verschiedenen in einem Park liegenden Gebäude des Chateaus kennen. Die Herstellung des Calvados passt perfekt in das Ambiente des Geländes. Natürlich können wir nicht einfach weiterfahren ohne im eleganten Shop ein wenig eingekauft zu haben.

Noch immer säumen die typischen reetgedeckten Häuschen unseren weiteren Weg und noch immer staunen wir über die oftmals riesigen Kirchen in sehr kleinen Dörfern.

Zumindest denken wir, dass die Kirchen groß geraten sind, bis wir in Lisieux vor der Kathedrale der Heiligen Therese stehen. Diese Kathedrale ist ausgesprochen gewaltig und im Gegensatz zu vielen anderen Kirchen, die wir gesehen hatten, ist sie noch nicht einmal 100 Jahre alt. So weit wir die Geschichte verstanden haben, hatte der damalige Papst bei der Finanzierung etwas mitgeholfen. Genauso gewaltig, wie die Kathedrale von außen wirkt, geht es auch innen weiter. Wir bewundern immer wieder die besondere Fähigkeit der Kirche, sich allmächtig in Szene zu setzen.

Ganz anders tritt da das Wasserschloss Chateau Saint Germain de Livet auf. Wir genießen die Sonne und die Ruhe in dem in vielen Farben leuchtenden Garten. Auch ein schneeweißer und ein blauer Pfau leuchten hier um die Wette. Die Idylle des Parks zeigt noch einmal die Lebensart der Franzosen.

Und dazu gehören auch Käse und Wein. Wein ist noch im Kofferraum aber Käse könnten wir uns eigentlich in Livarot oder Camembert besorgen. Die Käserei in Livarot kann man besichtigen und den dort hergestellten Livarotkäse natürlich auch kosten – und kaufen. Auf dem Rundgang durch die Käserei sehen wir die Mitarbeiter von Graindorge die riesigen Behälter mit der Käsegrundmasse befüllen und an anderer Stelle wieder entleeren. Und wir sehen wie tausende von Käselaiben auf Verpackung und Verkauf oder Versand warten.

Im angeschlossenen Käseladen probieren wir nicht nur den typischen Livarot, sondern auch einige andere Arten wie z.B. den Neufchatel oder auch einen Camembert. Ein paar Käseschachteln wandern in unsere Einkaufstasche und danach in den Kühlschrank, der von da an deutlich mit intensivem Geruch auf seinen Käseinhalt hinweist. In dem ein paar Kilometer weiter liegenden Käsedorf Camembert gibt es auch einen Käseladen, der neben ein paar anderen Produkten aus der Region wie Salami, Cidre auch den Käse aus Livarot verkauft und das Sortiment um einige Camemberts bereichert. Also bereichern wir unseren Kühlschrank noch um ein paar weitere Gerüche aus Camembert. Wieder zurück am Meer lassen wir uns für zwei Tage am kilometerlangen Omaha Beach auf dem am langen Wochenende fast ausgebuchten Campingplatz nieder.

 In der ganzen Region erinnern nicht nur Plakate mit den Helden der Invasion in die Normandie, sondern auch Bunker, Militärmuseen und Relikte von künstlichen Hafenanlagen vor Arromanches an den 6.Juni 1944 und die Erfolge der Alliierten.

Wir beschäftigen uns mit der Planung der Weiterreise und stoßen auf das Chateau de Chanteloup ohne zu wissen, was uns dort erwartet. Wir rechnen mit einem Chateau, das man vielleicht nur von außen fotografieren kann aber kurz vor der Ankunft wundern wir uns über die gute Ausschilderung und einen auf einer Wiese angelegten riesigen Parkplatz. Hier muss irgendetwas los sein. Und tatsächlich; an diesem Wochenende findet das Frühlingsfest auf dem Gelände des Chateaus statt. Allerlei zu essen und trinken, Kunstgewerbe, Schmuck Blumen und selbst lebende Hühner werden rund um das Chateau angeboten. Ich entscheide mich heute für Andouilette vom Grill und lerne, dass es sich um eine etwas unförmige Wurst handelt, die mit den Innereien des Schweins gefüllt ist. Die Wurst wird nicht übermäßig gewürzt, so dass der Geschmack und Geruch der Innereien besser herauskommt. Für mich schmeckt die Wurst nicht ganz so gut wie unsere heimischen Bratwürste – in etwa so wie es auf dem Bauernhof riecht.

Nach der Andouilette ist unser nächstes Highlight der Mont St. Michel – aber dieses Highlight werde ich erst im nächsten Bericht beschreiben.

Bemerkenswert

In den Westen – Normandie – Frühjahr 2023(DLBF 23_4)

In Oye Plage lernen wir, dass nicht nur Pisa mit einem schiefen Turm aufwarten kann. Ein Beobachtungsturm aus dem zweiten Weltkrieg ist in erhebliche Schieflage geraten und zählt jetzt zu einer fragwürdigen Sehenswürdigkeit von Oye Plage.

Wesentlich empfehlenswerter als Weltkriegsrelikte zu bestaunen, ist eine Wanderung durch die Dünen von Oye Plage. Selbst für Rollstuhlfahrer nutzbare hölzerne Wege führen durch die Dünen – rechts und links der Wege wächst und duftet wilder Rucola. Wir genießen erstmal den Spaziergang bis zum langen Sandstrand und wie man das als Urlauber so macht, sammeln wir Muschelschalen und prüfen – zumindest mit den Füssen – wie warm das Meerwasser schon ist. Unser subjektives Empfinden war, dass das Wasser sicher 16°C hatte und damit wärmer als die Luft war.

Auf einem der wenigen Stellplätze im Camping Oye Plage verbringen wir für kleines Geld eine ruhige Nacht und steuern durch Calais nach etwas längerer Fahrstrecke das Schloss und den Ort Hardelot an. In Frankreich ist der 8.Mai ein Feiertag, weil am 8. Mai 1945 der zweite Weltkrieg zu Ende ging und die Welt somit vom Nationalsozialismus befreit worden war. Viele Franzosen nutzen den Tag für Ausflüge aber das Schloss Hardelot bleibt wie an jedem Montag trotzdem geschlossen, so dass wir es nur von außen betrachten können und den liebevoll angelegten Garten genießen können.

Und weil wir dann schon mal mit unseren Fahrrädern unterwegs sind, sind wir gespannt, ob der Ort Hardelot  ebenso liebevoll angelegt ist. Reingefallen. Hardelot macht auf uns den Eindruck als sei hier ein Urlaubsresort mit wenig Geld und wenig Fingerspitzengefühl aus dem Boden gestampft worden. Es wurde weniger Wert auf ansprechende Architektur gelegt und mehr darauf, dass möglichst viele Appartements in der ersten Reihe an der Strandpromenade Meerblick haben, was dann zu Lasten der Gebäude in der Zweiten und dritten Reihe geht.

Nach dieser Erfahrung  folgen wir dem Rat eines Wohnmobilisten, den wir in Belgien getroffen hatten und der uns den Campingplatz in den Dünen empfohlen hatte. Tatsächlich stehen wir in den Dünen und haben von unserem erhöhten Sitzplatz im Rudolph freie Sicht aufs Meer. Interessiert beobachten wir wie enorm weit das Meer bei Ebbe am Abend zurückgewichen ist und hören dann die zurückgekommenen Wellen in der Nacht bei Flut kräftig rauschen.

Vom Dünencamping in Camiers sind es gerade mal 24 Kilometer bis zu den Robbenstränden (Plage de Phoques) bei Berck. In einiger Entfernung zum Strand parken wir bei einem Sportplatz und laufen in Richtung Strand. Je näher wir kommen, umso mehr Menschen bewegen sich wie wir in dieselbe Richtung. Es ist Mittagszeit und Ebbe. Jede Menge Robben räkeln sich auf den Sandbänken in der Sonne, manche wechseln auch mal den Platz nach einer kurzen Erfrischung im Meer.

Noch nie hatten wir so nah so viele Robben gesehen. Mit zurück kommender Flut wird eine Sandbank nach der anderen überschwemmt und die Robben verlegen ihren Mittagsschlaf immer wieder auf Sandbänke, die noch nicht überschwemmt sind. Nach knapp zwei Stunden sind fast alle Sandbänke unter Wasser, die Robben sind soweit gewandert, dass man sie kaum noch sehen kann und damit ist die Attraktion vorbei. Die „professionellen“ Robbenbeobachter packen ihren Riesenobjektive, die auf ebenso riesigen Stativen stecken, wieder ein und verschwinden wie die Robben. Oberhalb von Le Treport, dem Städtchen mit den 3 Häfen, soll es einen Stellplatz mit Panoramablick geben. Das ist fast richtig, denn bis zum Rand der Klippen sind es noch ein paar Meter aber dennoch ist das Panorama nicht weit.

Und was noch attraktiver ist, ist der Funiculaire, eine gläserne Standseilbahn, mit der man vom Panoramaplatz in die Altstadt hinunterfahren kann.

Und genau das tun wir, schlendern durch die Gassen und bleiben erstmal in der Fischhalle hängen. Eine große Auswahl von frischem Fisch, Krustentieren, Muscheln und Schnecken wird auch noch in der letzten halben Stunde der Öffnungszeit angeboten. Die Restaurants am Hafen machen ab 18.00 Uhr eines nach dem anderen auf und wir wollen jetzt einmal typisch französisch essen gehen. Es gibt Muscheln in feiner Soße und eine Auswahl von 5 verschiedenen Fischen und Krustentieren in einer SahnesoßeGenau genommen, war es das erste Mal für mich, dass ich frische Muscheln gegessen hatte.

Die nächste Sehenswürdigkeit soll die Stadt Rouen mit ihrer Kathedrale sein. Die Location „Stadt“ und Rudolph sind oftmals eine Kombination, die zu nicht einfach zu lösenden Parkplatzproblemen führt. Laut unserer App soll es am Kai entlang Parkplätze geben, die eventuell auch für Wohnmobile geeignet sind. Genau an diese Stelle hinzukommen, ist zwar nicht ganz einfach aber tatsächlich ist in der langen Schlange der parkenden Autos genau ein Parkplatz frei, in den Rudolph auch hineinpasst. Der Parkplatz liegt nur wenige hundert Meter zur Innenstadt, in der auch der Uhrturm zu finden ist, entfernt. Wir marschieren los, landen in einem kleinen Park und dann vor der imposanten Kathedrale. In einem Café lernen wir  nicht nur, was ein Cafe Gourmand ist, sondern auch, dass Apfelsorbet mit Calvados ausgesprochen lecker ist und danach verlangt, mindestens eine Flasche Calvados von der Reise mit nach Hause zu bringen.

Tatsächlich finden wir im Berufsverkehr auch wieder aus dem Großstadtdschungel von Rouen  heraus und steuern entlang der Seine Jumiege an, das mit der Abtei Jumiege, (teilweise bereits Ruine) aufwartet. Als wir unseren Übernachtungsplatz erreichen und dann ein paar hundert Meter zurück ins Dorf zur Abtei laufen, müssen wir dort feststellen, dass die Anlage für heute schon geschlossen hat. Nichtsdestotrotz können wir die imposanten Mauern auch von der Straße aus in der Abendsonne fotografieren – wir sind damit auch zufrieden und verzichten auf einen Intensivbesuch am nächsten Tag.

Irgendwann müssen wir die Seine in Richtung Süden überqueren und schlagen die Richtung zur Pont de Normandie ein. Bevor wir über das schwer beeindruckende Bauwerk rollen können, überqueren wir erst noch die Pont de Brotonne – ebenfalls eine riesige Hängebrücke.

Auf der Route de Chaumiers – Chaumiers sind kleine typische Häuschen mit einem reetgedeckten Dach – geht es weiter Richtung Westen. Auf kleinen und teilweise engen Straßen, halten wir immer wieder an, um die pittoresken Häuschen zu fotografieren. Bei einem Stopp werden wir sogar gefragt, ob wir das Haus, vor dem wir gerade stehen, kaufen wollen. Es ist zwar zu verkaufen aber kein Chaumier – also lehnen wir nicht nur aus diesem Grund ab. Immer weiter geht es die Seine entlang. In Alzier machen wir trotz Regen nochmals einen Fotostopp für die schönen Häuser, weil wir ja nicht wissen, dass das nächste Dorf an der Ministraße, Vieux Port, wie ein reines Museumsdorf wirkt, bei dem es nur reetgedeckte Häuschen gibt.

Leider gibt es auch jede Menge Schilder, die das Parken von Fahrzeugen über 3,5t untersagen, so dass wir die Schönheiten aus dem Fenster fotografieren. Danach weichen die beschaulichen Häuschen den Raffinerien und Industrieanlagen. Bei Regen laufen wir auf einem Stellplatz in Quillebeuf ein. Zum Wasser tanken braucht man hier Jetons, die man ein paar hundert Meter weiter in einem Laden bekommen kann. Bei strömendem Regen beschließen wir nicht nur, keine Jetons zu holen, sondern auch weiterzufahren in Richtung Le Havre. Im Port Jerome nehmen wir die kostenlose Fähre über die Seine, damit wir auf der kostenpflichtigen Pont de Normandie später wieder auf die Südseite der Seine kommen können.

Aber zunächst geht es nochmals ein Stück in Richtung Norden zum Touristenmagneten Etretat. Halb Frankreich scheint sich an diesem Tag vorgenommen zu haben, Etretat zu besuchen. Parkplatz für Rudolph – Fehlanzeige. Aber so schnell geben wir nicht auf und fahren knapp drei Kilometer bis zum nächsten Dorf, in dem ganz locker ein Parkplatz zu finden ist. Wir packen unsere Räder aus und lassen uns von der viel gelobten Tourenapp Komoot eine Fahrradroute nach Etretat zeigen. Zuerst geht es immer weiter nach unten bis zu einem Strand.

Von dort aus bietet die App einen Pfad nach Etretat an, der bestenfalls von sehr geländegängigen und mutigen Eseln bezwungen werden kann. Für Fahrräder in keinster Weise geeignet. Also zurück zur Hauptstraße und rein nach Etretat – kein Problem mit dem Fahrrad. An der Strandpromenade findet sich so ziemlich jedes Business, das Touristen erfreut. Es werden Andenken, lokale Spezialitäten wie Calvados oder Cidre, Eis, Crepes, Muscheln etc. verkauft. Wir können uns nur schwer vorstellen, wie ungleich größer der Trubel sein kann, wenn es Richtung Hochsaison geht. Wir schlendern den Strand entlang, fotografieren das große Felsentor und ein paar schmucke Gässchen. Dann machen wir uns wieder auf den Weg in das absolut ruhige Dorf, in dem unser Rudolph steht.

Oberhalb vom neuen Hafen von Saint Jouin Bruneval übernachten wir auf einem ruhigen kostenlosen Plätzchen, nachdem wir in den Hafen heruntergelaufen waren und auf der Terrasse eines Restaurants in der Abendsonne gegessen hatten. Auch der neue Hafen ist mit einem riesigen – im Moment noch leeren Parkplatz – für Touristenmassen in der Hochsaison ausgelegt. Der Strand ist recht einladend; einzig der Duft von Rohöl, das offenbar in diesem Hafen angelandet wird, ist doch so gut wie allgegenwärtig und lässt die Strandromantik nicht vollständig aufkommen.

Bemerkenswert

In den Westen – Belgien – Frühjahr 2023(DLBF 23_3)

Von Redu aus fahren wir der Maas entlang während die Sonne immer mehr herauskommt. In einem Vorort von Dinant halten wir für einen kurzen Fotostopp der hoch über der Maas verlaufenden Charlemagne Brücke- auf der Maas tummeln sich Ausflugsschiffe mit Touristen, die die Sonne genießen.

In Dinant, der Stadt des Saxophons quetschen wir uns durch schmale Gässchen und durch die schmale Durchfahrt zwischen zwei Felsnadeln. Alles nochmal gut gegangen.

Wir sind auf dem Weg zu den Wassergärten von Annevoie, einem Schlossgarten mit Wasserspielen, die alle ausschließlich durch die Wasserkraft, also ohne Pumpen, betrieben werden. Obwohl der Frühling auch hier erst sehr zaghaft angefangen hat, müssen wir schon darauf achten, dass nicht zu viele bereits verblühte Tulpen auf unseren Bildern landen.

Die Rückfahrt führt uns noch einmal durch Dinant. Hier ist richtig etwas los; die Menschen sitzen in Straßencafés und freuen sich über das wärmere Wetter. Auf Parkplatzsuche gehen wir in dieser gut besuchten Stadt erst gar nicht, freuen uns aber ausnahmsweise darüber, dass der Verkehr immer wieder zum Erliegen kommt; denn dann können wir einige Eindrücke  – insbesondere die bunten Saxophone – im Vorüberfahren fotografieren.

Auf einem sehr schlichten aber sauberen Campingplatz in Givet, bereits in Frankreich, übernachten wir für sage und schreibe € 7,18.

Für den Ausflug zum Fort du Charlemont, das auf einem Felsen über der Stadt thront, bleiben wir noch einen Moment in Frankreich. Es gibt laut Internet Parkplätze in der Zitadelle von Charlemont, die Durchfahrtshöhe durch das oder die Tore ist allerdings auf 3m begrenzt; also für Rudolph ungeeignet. Wir suchen uns einen Parkplatz unweit der Ortsgrenze, von dem aus laut Google und auch die App  Komoot ein Fußweg am Felsen entlang hoch zur Zitadelle führt. Den Fußweg gibt’s aber nicht mehr bzw. er ist an zwei Stellen durch ein abgesperrtes Tor gesichert. Also laufen wir denselben Weg wieder zurück zu Rudolph und versuchen entlang der Fahrstraße hinauf zur Zitadelle einen Platz zu finden. Etwas schief stehend bleibt Rudolph zurück, während wir die steile Straße zur Zitadelle hoch wandern. Der neuere Teil der Zitadelle gleicht einer etwas heruntergekommenen Kaserne  und war wohl auch so genutzt worden – einige Gebäude stehen leer.

Etwas weiter hinten in der Anlage beginnt hinter dem Tickethäuschen der alte Teil der Verteidigungsanlage. Die Sonne scheint, es duftet nach frisch gemähtem Rasen und die sehr wenigen Besucher erfreuen sich so wie wir an der Stille und am Panoramablick auf das Tal der Maas an diesem 1. Mai.

Obwohl an Montagen Kultureinrichtungen, Schlösser Burgen und Museen normalerweise geschlossen sind, hoffen wir, dass durch den Feiertag diese Regelung nicht angewendet wird und würden uns über das geöffnete Eisenbahnmuseum in Treignes – wieder zurück in Belgien – freuen. Nach einer kleinen Pause vor dem mittelalterlichen Städtchen Hierges

haben wir Glück in Treignes. Das Eisenbahnmuseum ist geöffnet und vor dem Museum für Oldtimerlokomotiven haben sich auch ein paar Auto-Oldtimer eingefunden, die offenbar einen gemeinsamen Feiertagsausflug machen.

Selbst Dampfzugfahrten werden noch angeboten. Eine gute halbe Stunde dampft der Museumszug auf teils wackeligen Schienen von Treignes nach Mariembourg. Wir fühlen uns in die Vergangenheit versetzt und können eigentlich gar nicht verstehen, warum heute die Züge mit der 10-fachen Geschwindigkeit zu Geschäftsterminen fahren müssen, die eigentlich auch online erledigt werden könnten. Von Mariemborg zurück nach Treignes  fahren wir ratternd in einem gut 50 Jahre alten Schienenbus.

Dafür, dass Museen an Montagen geschlossen haben, hatten wir einen sehr interessanten und abwechslungsreichen Tag erlebt und kostenlos übernachten darf man auch vor dem Museumsbahnhof.

Was will man mehr. Nach einer ruhigen Nacht steht heute ein Besuch der Neptungrotten auf dem Plan. Beim Verlassen der Gemeinde Treignes springt uns noch ein Brunnen mit zwei offenbar leicht angetrunkenen Skulpturen vor die Kamera.

Ich nutze den kurzen Fotostopp und buche gleich Online die Tickets für die Neptungrotten. Viel zu früh für die Führung kommen wir an aber in der Sonne können wir gut relaxen bis die Führung in französischer Sprache beginnt – daher sind die Infos des Führers für uns nur ausländische Geräusche aber wir genießen trotzdem die kleine Wanderung durch die Tropfsteinunterwelt und natürlich die mit Musik untermalte Bootsfahrt auf den unterirdischen Kanälen.

Warum ein kleines Dorf wie Cerfontaine einen gut ausgestatteten Wohnmobilstellplatz zu sehr zivilen Preisen anlegt, erschließt sich uns nicht aber um hier zu übernachten, müssen wir das auch nicht wissen. Nach dem Naturerlebnis in der Unterwelt soll es jetzt für uns wieder etwas Technik sein. Es handelt sich um das Schiffshebewerk in Thieu am Canal du Centre. Genau genommen sind es 5 Schiffshebewerke. 4 am alten Kanalabschnitt, die sich die gesamte Hubhöhe zusammen mit zwei Schleusen untereinander aufteilen, und eines am neuen Kanalabschnitt, das den gesamten Hub von 73m auf einmal schultert. Soweit wir recherchieren konnten, ist es wohl eines der höchsten Schiffshebewerke der Welt.

Am alten Kanal spazieren wir entlang und beobachten wie in der Ferne am großen Hebewerk der Trog mit dem verladenen Schiff gerade nach unten fährt. Wir sitzen auf einer Bank und werden, wie so oft, von einem vorbeikommenden Radfahrer angesprochen. Mit meinem einzigen französischen Satz mache ich ihm klar, dass wir uns nicht auf Französisch unterhalten. Das macht nichts. Er entschuldigt sich für sein schlechtes Englisch und wir unterhalten uns prächtig über die verschiedensten Themen. Wir erfahren unter anderem, dass der wallonische Teil Belgiens zu den ärmeren Gegenden gehört, der flandrische Teil zu den deutlich reicheren. Nach sicher einer halben Stunde, kennen wir die Lebensgeschichte des Radfahrers, der mit seinem 17-jährigen Sohn unterwegs ist (der im Übrigen für den wiederhergestellten Top-Zustand des Fahrrades verantwortlich ist) und er wünscht uns noch eine schöne Weiterreise. Neben zwei Hausbooten (eines blitzblank herausgeputzt aus England; der Eigentümer hat sogar seinen Morgan für Ausfahrten mit dabei – das zweite braucht noch etwas Renovierung und hat die Piratenflagge gehisst) übernachten wir am Kai und machen uns am  nächsten Tag in die Stadt Kortrijk auf.

Mitten in der Stadt gibt es einen Wohnmobilstellplatz, von dem aus alle Sehenswürdigkeiten fußläufig erreichbar sind. Der große Markt mit buntem Treiben in vielen Cafés und Brasserien an diesem sonnigen Tag ist ebenso attraktiv. Wie der Begijnenhof aus alter Zeit – eine Anlage, die einem Kloster ähnlich war dessen Bewohner – die Begijnen – der festen Überzeugung waren, dass die Frauen, die nicht hier lebten, ein eher liederliches Leben führten.

Neben dem historische Kortrijk gibt es aber auch das Kortrijk mit moderner Architektur, elegant gestalteten Brücken und nicht zuletzt einer metallenen über dimensionalen Frau, die sich in einem Grünstreifen räkelt.

Den Tag in Kortrijk beenden wir mit sehr schmackhaftem Essen in einem nepalesischen Restaurant, die dritte Woche unserer Reise beenden wir am kommenden Tag mit einem Besuch in dem Städtchen Veurne, das uns mit seiner St. Walburga Kathedrale und dem malerischen Marktplatz beeindruckt.

Aus der Sporthalle neben dem neu angelegten Womo-Stellplatz dringt bis fast Mitternacht Discomusik. Wir lernen am nächsten Tag, dass heute wie auch schon am Vortag hier die belgischen Meisterschaften im Discodance stattfinden. Das erklärt auch die mit aufwändigen Kostümen bekleideten Mädchen aller Altersklassen, die hier um die besten Plätze wetteifern.

Bemerkenswert

In den Westen – Luxemburg – Belgien – Frühjahr 2023 (DLBF23_2)

Unsere Wanderung auf den Berg zur Burg macht Lust auf Mehr und da liegt es nahe, dass die nächste Wanderung im beeindruckenden Mullerthal stattfinden soll. Das Wetter passt auch aber unser Navi möchte uns partout nicht durch die Straße im Mullerthal zum Parkplatz fahren lassen. So etwas beeindruckt uns zunehmend weniger und kurz vor der Felsspalte Perekop stellt sich heraus, dass auf einen 3,30m hohen Felsvorsprung hingewiesen wird. Und weil Rudolph mit 3,35m Höhe im Navi gespeichert ist, hatte das Navi auch völlig korrekt uns vor Schaden bewahrt. Was das Navi nicht wusste, ist, dass der Felsvorsprung ganz leicht umfahren werden konnte, weil er nur einen halben Meter in die Fahrbahn ragte. Also Parken und danach Hochklettern in der schmalen Felsspalte Perekop.

Oben angekommen, können wir von einer Art Kanzel  ins Tal blicken (man fühlt sich irgendwie wie auf dem bekannten Bild am Bug Titanic).

Der Weg führt wieder zur Straße und weiter zum Amphitheater (Huelle). Die Sonne kommt heraus, der Bach plätschert leise vor sich hin, wir kommen an Moos bewachsenen Wänden und kleinen Felsnischen vorbei, in welchen die Wanderer Steinmännchen aufgebaut haben – es herrscht im wahrsten Sinne des Wortes Sonntagsstimmung in diesem superschönen Tal.

Das Amphitheater erreicht man direkt nach Durschreiten einer Höhle. Das Amphitheater ist ein Höhleneingang, der als Bühne für Theateraufführungen genutzt wird – gegenüber der Höhle sind die Sitzreihen für sie Zuschauer – eben wie in einem Amphitheater.

In Consdorf bleiben wir zur Übernachtung und stärken uns mit Kniddelen und Flammkuchen mit Ziegenkäse. Nahe Consdorf öffnet die Fromagerie am nächsten Morgen, so dass der regionale Käse zu uns in den Kühlschrank wandern kann. Auf der Weiterfahrt nach Luxemburg machen wir noch einen kurzen Stopp in La Rochette, um das gleichnamige Schloss zu fotografieren. Das Schloss ist genau genommen eine Ruine und daher bleibt es bei einem Foto von unten im Dorf.

Es gibt viele Portugiesen in Luxemburg; deshalb ist ein kleiner Laden mit portugiesischen Produkte nicht überraschend. Tatsächlich werden hier viele Produkte angeboten, die wir aus Portugal kennen und noch einige mehr, die wir wahrscheinlich in Portugal nicht ausreichend wahrgenommen hatten. In die Stadt Luxemburg fahren wir auf mehrspuriger Straße kilometerlang an sich ähnelnden modernen Bürogebäuden vorbei, die meist Banken und  Versicherungen beherbergen.

Für die Besichtigung der Stadt brauchen wir einen Platz, um Rudolph abzustellen. Dies stellt sich als besondere Herausforderung heraus. In vielen Straßen ist das Befahren mit Fahrzeugen mit mehr als 3,5t Gewicht nicht gestattet und selbst wenn man sich auf manchen Großparkplätzen großzügig über die 3,5t-Regel hinwegsetzen würde, bekäme man keinen Parkplatz. Nach fast zwei Stunden geben wir auf und fahren den etwas außerhalb der Stadt gelegenen Campingplatz an. Dort lernen wir, dass wir völlig umsonst in der Stadt auf Parkplatzsuche waren. Im Land Luxemburg sind nämlich alle öffentlichen Verkehrsmittel von jedermann kostenlos benutzbar. Nur wenn man im Zug in der 1. Klasse reisen möchte, muss man etwas bezahlen. Das Nahverkehrsnetz ist bestens ausgebaut, der Bus fährt im 10-Minutentakt 300m vom Campingplatz entfernt in die Innenstadt und bringt uns an der Haltestelle Fondation Pescatore zum Ascenseur Panoramique. Die Fondation Pescatore im gleichnamigen Park ist genau genommen ein Altersheim, dass von Herrn Pescator gestiftet worden war. Der Baustil erinnert eher an ein Schloss – über die Kosten, die beim Bewohnen des Altersheims anfallen würden, ist uns nichts bekannt.

Wir sind noch in der Oberstadt, fahren aber gleich mit dem kostenlosen 70m hohen Panoramalift in die Unterstadt.

Ober-und Unterstadt kommen uns wie zwei Welten vor; Oberstadt quirlig – Unterstadt eher idyllisch und ruhig. Wir würden jedenfalls lieber in der Unterstadt wohnen. Durch schmale Gassen laufen wir in Richtung Kasematten und zum Tor unter der Schlossbrücke.

Folgt man dem Weg nach oben auf die Schlossbrücke, bittet sich der Ausblick auf das moderne Europaviertel mit dem europäischen Gerichtshof auf der gegenüberliegenden Flussseite.

Wieder so ein krasser Gegensatz zwischen den Stadtteilen. Wir stellen fest, dass die Luxemburger offenbar ‚bleiwe wolle wat se sin‘ und beenden unsere Tour durch die Innenstadt mit vielen exklusiven Geschäften in der Fußgängerzone am Standbild der goldenen Frau und der Cathédrale Notre-Dame.

Das Bergwerksmuseum in Esch hat grundsätzlich geöffnet – aber nicht zwischen 12.00 Uhr und 13.00Uhr; und es ist gerade 12.15Uhr. Also schlendern wir schon mal etwas über das frei zugängliche Außengelände und relaxen bis um 13.00 Uhr in der Sonne. Ein Mitarbeiter des Museums kommt vorbei und schließt die Gebäude auf. Und nicht nur das; er führt uns durch die Ausstellung und erklärt uns alles detailliert und sehr anschaulich. Eine Gruppe von Bergbauenthusiasten hegt und pflegt das Museum und möchte es auch noch erweitern – z.B. den Zugang zu einem Stollen ermöglichen. Bei unserer kostenlosen Privatführung erfahren wir alles über Geschichte und Schicksale des Eisenerzbergbaus in Esch.

Natürlich  füttern wir nach dieser engagierten Führung die Spendenkasse des Museums. Bei strahlendem Sonnenschein besteigen wir wieder unseren Rudolph und lassen uns zum Städtchen Bouillon bringen. Mit Aussicht auf die Festung hat die die Stadt Bouillon einen kostenlosen Übernachtungsplatz für Wohnmobile angelegt, der zwar etwas schwer zu erreichen ist aber landschaftlich schön und ruhig liegt. Wir lernen, dass es auch überdimensionale Rasenroboter gibt, die ganze Fußballplätze bearbeiten können.

Für den kommenden Tag ist eine Wanderung auf die Festung und in die Stadt selbst vorgesehen.

Wir schleppen uns zur Zugbrücke der Festung und lernen, dass eine weitere Besichtigung mit einem Obulus von €15.— pro Person verbunden ist. Schwupps reduziert sich das übergroße Interesse am Mittelalter und weicht einem Spaziergang durch das liebliche südländisch anmutende Städtchen. Die Menschen sitzen in der Sonne und genießen Bier oder Kaffee; da machen wir mit – allerdings mit leckerem Eis. Bouillon liegt in der Semoisschleife und wird offenbar gerne von Kanuten befahren, was mehrere Kanuverleihpunkte vermuten lassen.

Oberhalb der Stadt auf dem Berg befindet sich der Aussichtsturm mit Namen Belvedere. Wir scheuchen Rudolph in die Nähe und 112 Stufen später haben wir besten Blick auf die Semoisschleife und auf Bouillon. Wirklich toll.

Uns fällt übrigens schon seit einiger Zeit auf, dass wir in den Ortschaften von Passanten immer gegrüßt werden – unabhängig davon, ob es sich um Einheimische oder ebenfalls Urlauber handelt. Da fühlt man sich willkommen und wohl. Wir verlassen Bouillon und folgen der Semois. Die alte Steinbrücke über die Semois ist unter Anderem gebaut worden, um die weiter hinten im Tal liegende Abtei Notre-Dame de Clairefontaine besser erreichen zu können. Und warum muss eine einsam gelegene Abtei mit einer guten Straße erschlossen werden. Klar, weil die Abtei Käse produziert, Bier braut und noch einige weitere Dinge im Hofladen verkauft. Einziges Problem; der Hofladen hat geschlossen und macht erst in ein paar Stunden wieder auf.

Ein paar hundert Meter später probieren wir noch eine neue, von der EU finanzierte Hängebrücke über die Semois aus. Leider hat sich Nieselregen eingestellt und so beschränken wir unsere Wanderung auf „einmal über die Brücke gehen und wieder zurück“.

Heute ist Brückentag, denn es soll bei Vresse eine historische Steinbrücke und eine aus Weiden geflochtene Brücke geben. Das ist etwas Besonderes, was wir uns anschauen wollen. Vresse ist ein Künstlerdorf, was man gleich am Ortseingang an den vielen Skulpturen sehen kann, die dort ausgestellt sind.

Zum Glück sieht man die Regentropfen auf den Fotos nicht, die wir von den unterschiedlichen Kunstwerken schießen. Doch nach ein paar Minuten hört der Regen auf und die Sonne kommt sogar etwas hervor. Wir wandern über die historische Brücke und dann am Fluss entlang, in der Hoffnung, die geflochtene Weidenbrücke zu finden. Mehrere Apps zeigen uns nach ein paar Kilometern, dass wir eigentlich davor stehen müssten. Aber da ist nichts. Der Reiseführer sagt, dass die Brücke jedes Jahr neu aufgebaut wird; daher vermuten wir, dass wir einfach zu früh dran sind und die Flechter noch nicht aktiv waren.

Wieder zurück im Ort finden wir in einem gläsernen Lokschuppen den Nachbau einer  Lokomotive von 1835, die hier gefahren sein muss.

Nach der erfolglosen Wanderung wollen wir uns stärken und lassen uns auf ein Bier in der Dorfbrasserie nieder. Auf der Karte stehen auch die Trapistenbiere aus dem Kloster. Zwei verschiedene gibt es. Wir ordern von jeder Sorte eines und stellen fest, dass die Bierpause auf nüchternen Magen wohl nicht so sehr schlau war. Eins der Bier hat 9,2% Alkohol, das zweite gar 11,3%. Die Trapisten wissen, wie man „nahrhaftes Bier“ braut.

  Etwas besäuselt machen wir uns auf in das nächste malerische Ardennendorf Laforet. Hier gibt nicht nur die Nachbildung einer zeltähnlichen Behausung, die offenbar von mobilen Metzgern genutzt wurde, sondern auch den Legendenweg.

Am Legendenweg entlang sollen mehrere Märchenfiguren als Skulpturen dargestellt sein. Die erste, die wir antreffen, ist die „Weiße Frau“, die zwischen zwei Bäumen hängt – ein paar weitere folgen noch.

Für die Übernachtung haben wir uns einen Campingplatz in Bohan ausgesucht. Der Platz liegt wieder am Fluss nach mehreren anderen, wenig einladend wirkenden Campingplätzen und einer abgebrochenen Brücke. Die Brücke hatte einst mit einer Art Straßenbahnstrecke Bohan mit dem Nachbardorf verbunden und war im zweiten Weltkrieg einmal von den Franzosen und nach dem Wiederaufbau aus Holz von den Deutschen zerstört worden. Danach hatten die Einwohner die Lust am Wiederaufbau verloren und seitdem ist die Brücke als Ruine zu bestaunen.

Als ebenfalls malerisches Ardennendorf wird Redu beschrieben und soll noch eine Besonderheit aufweisen: in mehreren Häusern Redus (und auch davor) soll es Regale mit antiquarischen Büchern geben. Klingt idyllisch, einen Stellplatz soll es auch geben; also auf nach Redu. Tatsächlich findet man an jeder Ecke ein Antiquariat und da an unserem Besuchstag sogar der Tag der offenen Tür für Handwerksbetriebe stattfindet, kann man beim Papiermacher zuschauen und in seiner Ausstellung sehen, was man alles aus Papier machen kann. Nicht nur Schreibpapier, auch Lampenschirme oder sogar Marionetten. Und auch der Minisupermarkt von Georgette hat geöffnet.

Es ist Wochenende und die Besucher des kleinen Dorfes wollen es sich gut gehen lassen und kehren bei den verschiedenen Brasserien jeweils auf der Terrasse ein und lassen sich Kaffee oder Bier schmecken. Wir erwarten bei einer Außentemperatur von 8°, dass nicht nur unser Bier kühl bleiben wird und statten einer Brasserie einen Innenbesuch ab, bevor wir den Tag langsam beenden.

Bemerkenswert

In den Westen – Main – Rhein – Eifel Frühjahr 2023 (DLBF23_1)

Für den Sonntag nach Ostern ist unsere Abreise geplant. Wir haben lange genug auf wärmeres Wetter gewartet (ohne besonderen Erfolg).  Im Vorfeld haben wir uns die französische Umweltplakette für unseren Rudolph besorgt und ihn auch gleich für drei Umweltzonen in Belgien registriert. Dass jedes Land und in Belgien sogar einzelne Städte unterschiedliche Vorschriften für umweltkonformes Reisen haben, zeigt, dass die EU perfekt funktioniert – oder doch nicht? Die Administration hatten wir also hinter uns gebracht, Rudolph ist mit den in Frankreich erforderlichen Aufklebern zur Warnung vorm „Toten Winkel“ verziert worden und schon sind wir unterwegs. Es geht in Richtung Main, wo wir in Bürgstadt einmal übernachten und natürlich in eine der Heckenwirtschaften zum Wein einkehren wollen. Der Wein ist lecker, der „Wurstkranz“ mit Sauerkraut mindestens genauso gut.

Bürgstadt mit knapp 4500 Einwohnern ist nicht nur wegen der vielen Winzer bemerkenswert, sondern auch für die Tatsache, dass es in dem kleinen Ort immerhin 4 Metzger und 2 Bäcker gibt – in vielen Dörfern sieht es auf diesem Gebiet weniger attraktiv aus.

Und jetzt mal ehrlich: wer weiß, dass es in Deutschland Geysire gibt? Es handelt sich um zwei Kaltwassergeysire, die eben nicht durch heißes Wasser sprudeln, sondern durch den Druck von Kohlensäure. Funktioniert ungefähr so wie wenn man eine Mineralwasserflasche öffnet, die man vorher geschüttelt hatte. Den touristisch gut vermarkteten Geysir findet man in Andernach. Ein riesiger Wohnmobilstellplatz (der sich wegen der vielen auf der anderen Rheinseite vorbeifahrenden Güterzüge als nicht ganz so idyllisch herausstellt, wie seine Lage vermuten lässt) ist der ideale Ausgangsplatz für den Besuch des Geysirzentrums und der Schiffspassage zum Geysir auf der Halbinsel Namedy Werth. Das Besucherzentrum ist wie ein Bergwerk aufgebaut, mit einem Fahrstuhl kann man 4000m in die Tiefe fahren (oder steht das vielleicht nur an der Lifttür? – denn die Fahrt dauert gerade mal 15 Sekunden).

Nachdem wir uns über die Funktionsweise von Kalt- und Warmwassergeysiren und die Bohrung von Tunneln informiert hatten, bestiegen wir das Fahrgastschiff Namedy und wurden in ein paar Minuten zum Geysir geschippert. Der Geysir sprudelt ungefähr alle zwei Stunden und schießt dann bis zu 60 Meter in die Höhe.

Nach ein paar Minuten ist der Spuk vorbei und die staunenden Touristen dürfen wieder die Rückreise zum Anlegeplatz Andernach antreten. Wir klettern gleich noch auf das Bollwerk am Ufer, das zum Gedenken an Kriegsgefallene errichtet worden war.

Über den unterirdischen Wasserdruck hatten wir ja jetzt genug gelernt, so dass unser nächstes Ziel der Laacher See – ein Kratersee in der Vulkaneifel ist. An einem Ende des Sees können wir die Hinterlassenschaft eines Pfalzgrafen bestaunen. Der hatte nämlich im Jahre 1095 das Kloster Maria Laach spendiert. Das Kloster ist auch noch in Betrieb und wird geschickt touristisch vermarktet mit Bioladen, eigener Gärtnerei und natürlich einem Laden, in dem man alles bekommen kann, was über Geschichte und Bedeutung des Klosters informiert oder zuhause an den Besuch des Klosters erinnern soll.

Ebenfalls am Seeufer gibt es einige Stellen, an welchen man erkennen kann, dass es hier einmal aktive Vulkane gegeben hat und es unter dem See immer noch ein wenig brodelt. Es steigen nämlich permanent Gasblasen, die sogenannten Mofetten auf.

Auf Google Maps finden wir unweit des Laacher Sees den Hinweis auf den Lydiaturm, der einen beeindruckenden Rundumblick bieten soll. Also kraxeln wir die 125 Stufen bis zur Aussichtsplattform hoch und genießen die Aussicht, die bei richtig sonnigem Wetter eventuell noch besser sein könnte.

Eigentlich suchen wir den Parkplatz, um zur Genovevahöhle wandern zu können. Bei Google existiert der Parkplatz, in der Realität hat er sich irgendwo versteckt. Also besuchen wir die Genovevahöhle nicht, sondern finden die Ettringer Höhlen. Die Höhlen sind in das bröselige Gestein aus Bimsstein und Vulkanasche gegraben worden, um den Dorfbewohnern Zuflucht vor Luftangriffen im Krieg zu gewähren.

Auf den Bildern im Internet sieht das nächste Ziel, Schloss Bürresheim, recht ansprechend aus – und weit weg ist es auch nicht – also nichts wie hin. Leider kann man das Schloss nur von Donnerstag bis Sonntag besichtigen und heute ist Mittwoch; dennoch macht es sich mit dem Schlossgarten im Vordergrund richtig gut in unserer Fotosammlung und eigentlich ist ja auch nicht so wichtig, wann welcher Graf welche Frau geheiratet oder verlassen hat. Und wenn man doch etwas mehr vom Schloss sehen möchte, müsste man sich entweder den Märchenfilm „Rumpelstilzchen“ oder „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ anschauen. Beide Filme sind teilweise auf Schloss Bürresheim gedreht worden.

Die Sonne wird intensiver, so dass der nächste Spazierweg uns in Mayen zur teilweisen Nachbildung eines Römerforts führen soll. Ein Stück Mauer mit Zinnen und eine Wachturm sind originalgetreu aufgebaut worden und viele Hinweistafeln erklären, wie sich das Leben der Römer damals hier auf dem Hügel abgespielt hatte. Außer uns hat niemand Interesse an den Fragmenten des Bauwerks und dem Summen der ersten Bienen in den Schlehensträuchern. Sehr erholsam. Das Schieferwerk nebenan hat schon Feierabend.

Auf dem Weg zum zweiten Kaltwassergeysir in Wallenborn machen wir einen kleinen Umweg durch einen Stadtteil von Mayen namens Alzheim. Diesen Namen möchte ich unbedingt fotografieren, wenn ich mich vielleicht auch später nicht mehr erinnern kann, warum ich den Namen fotografiert hatte…. (Der Ortsname ist übrigens aus der Zusammenziehung von zwei Ortsnamen entstanden und hat nichts mit der gleichnamigen Gedächtnisschwäche zu tun).

Der Geysir in Wallenborn unterscheidet sich in jeder Hinsicht von dem in Andernach. Er sprudelt nur 3 bis 4 Meter hoch, der Eintrittspreis ist niedriger, es gibt kein Infomationszentrum und der Ausbruch findet dafür ca. alle 30 Minuten statt. Der Kosename des Geysirs ist „Brubbel“

Etwas südlich von Wallenborn haben wir uns einen Übernachtungsplatz in Deudesfeld ausgesucht. Ein Seniorenclub hat einen Wohnmobilstellplatz gebaut mit allem, was der Wohnmobilist braucht. Und dazu ist der Platz auch noch kostenlos. Schön, wenn Senioren so viel Initiative zeigen und etwas bewegen und nicht nur der vergangenen Berufszeit nachhängen oder zuhause sitzen und sich vor dem Fernseher langweilen.

Wir schlafen prächtig und stellen am nächsten Morgen fest, dass es einerseits regnet und andererseits die Temperatur bis auf nahe dem Nullpunkt gefallen ist. Ein Tag also, der nicht unbedingt zu einer Wanderung oder einer Radtour einlädt. Aber da das durch sein Bier bekannte Städtchen Bitburg nicht weit ist, könnte eine Brauereibesichtigung doch ein sinnvoller Plan sein. Im Internet kann man sich für eine Führung anmelden, selbst für Rudolph findet man um die Brauerei herum einen Parkplatz und das Personal begrüßt uns sehr freundlich zu der Führung durch die Erlebniswelt Bitburger Bier. Man lernt die einzelnen Arbeitsschritte kennen und hat spätestens am Ende der Führung begriffen, dass Bitburger Bier ausschließlich mit den besten Zutaten und dem höchsten Qualitätsstandard gebraut wird. Im Anschluss an die Führung werden die Gäste in die Bitburger Lounge zur Verkostung eingeladen.

Unser Eindruck ist, dass man sich in Bitburg sehr große Mühe gegeben hat, um den Gästen der Brauerei eine ansprechende Führung zu bieten. Mit kurzem Stopp an der Burg Rittersdorf (endlich mal ein bedeutungsvoller Name für eine Burg)

wählen wir den Campingplatz Utscheid, der in einem schmalen Tal liegt als Nachtquartier. Die Betreiber sind ausgesprochen freundliche Holländer, alles ist sauber – wir fühlen uns unter den wenigen Gästen wohl und schlafen am rauschenden Bach gut bis in den sonnigen Morgen. So, aber jetzt geht’s wirklich raus aus Deutschland – zunächst nach Luxemburg.

Nein, nicht in die Stadt Luxemburg, sondern erstmal nach Vianden im Großherzogtum Luxemburg, was etwas nördlich der Stadt Luxemburg liegt. Das Schloss Vianden ist DIE Sehenswürdigkeit des kleinen Ortes. Auch wir sind der Meinung, dass das Bauwerk und die dazu passende Lage auf den Felsen wirklich sehenswert sind. Oberhalb des Ortes besteht die Möglichkeit an einem Stausee (der nur erschreckend wenig gefüllt ist) von einem Aussichtsturm aus den Stausee und die darum liegende Landschaft zu bewundern.

Bis zum Nachmittag hält die Sonne, dann wechseln sich Wolken mit kleinen Schauern und Sonnenschein ab – manchmal scheint auch während des Schauers die Sonne. Direkt an der Flusspromenade können wir unser Übernachtungsquartier aufschlagen

und beim Spaziergang in das alte Örtchen Vianden kommen zum Glück nur ein paar Tropfen herunter. Ein ausgesprochen gelungener erster Tag im Großherzogtum.   Der nächste Morgen begrüßt uns mit Sonnenschein und lädt uns zu einer Wanderung auf Schloss Vianden ein. An der Promenade entlang durch den Ort und steil hinauf zum Schloss führt der Weg. Bei 10€ Eintritt kommen wir erst nochmal ins Grübeln, holen uns dann aber zwei Eintrittskarten. Und um die Pointe vorwegzunehmen: am Ende der Besichtigungstour sind wir fest davon überzeugt, dass der Eintrittspreis mehr als gerechtfertigt ist.

Mit ausgetüftelten Multimediainformationen wird unter anderem auf einer Panoramaleinwand in realistischen Bildern gezeigt, wie sich die Gebäude im Laufe der Jahrhunderte verändert hatten und das Städtchen um die Burg entstanden war. Die Wohn- und Schlafräume sowie die Küche sind so eingerichtet, dass man glaubt einer der Burgbewohner habe nur gerade mal für ein paar Erledigungen den Raum verlassen.

Der Besuch war ein voller Erfolg, die Geschichte des Schlosses (eigentlich sieht es mehr nach BURG aus) wird einem kurzweilig und interessant nahegebracht und nicht zu vergessen: vom Schloss hat man auch einen guten Blick zum einzigen Sessellift in Luxemburg, der die Touristen nach 6 Minuten Fahrt auf einem Aussichtshügel mit Imbiss ausleert.

 Wir entscheiden uns noch einmal für eine Nacht direkt an der Promenade der Our und planen am Nachmittag die nächsten Etappen.

Bemerkenswert

Schweden Herbst 2022 Teil 3

Auch auf Reisen können wir nicht jeden Tag nur Natur und Kultur genießen. Manchmal müssen wir einen Wasch- und Putztag einschieben. Und so wagen wir es, einen Riesenberg zu waschen und trotz der immer mehr werdenden Wolken an einer langen Leine aufzuhängen. Natürlich könnten wir auch den Wäschetrockner nutzen aber stilechter und umweltfreundlicher ist beim Campen eben eine Wäscheleine. Und wir haben Erfolg; kurz bevor es anfängt zu regnen ist die Wäsche Dank des Windes schnell getrocknet.

Und dann freuen wir uns – so seltsam es klingen mag – auf den Tag des Schrottplatzes. Es soll einen Schrottplatz im Wald geben, der es mittlerweile zu einem offiziellen Freilandmuseum geschafft hat. Der Platz nennt sich einfach Autofriedhof (Bil Kyrkogard) und liegt in der Nähe von Ryd – also fast 70 Kilometer Fahrt (mit dem sonnenbetankten Elektroauto) warten auf uns. Auf ungefähr zwei Drittel der Strecke kommen uns immer mehr Oldtimer aus den 50er bis 70er Jahren entgegen. Das kann kein Zufall sein. Und schon sehen wir, dass auf der Trabrennbahn von Tingsryd heute ein Veteranenmarkt stattfindet, an dem wir nicht einfach vorbeifahren wollen. Aufpolierte alte Autos werden zur Schau gestellt und an vielen Marktständen werden Ersatzteile verkauft, um die Veteranen auch standesgemäß reparieren zu können. Bei den Fahrzeugen handelt es sich natürlich erstmal um alte Volvos aber den größten Teil machen die amerikanischen Straßenkreuzer aus vergangener Zeit aus. Die meisten Händler, die an den Ständen stehen, sind Typen, die auch gerade aus einer Holzfällerhütte oder einsamen Werkstatt in Kanada gekommen sein könnten. Abgegriffene Baseballmütze, oftmals lange Bärte, kariertes Wollhemd und eine Hose, die sicher schon einige Wochen ohne Waschunterbrechung in der Werkstatt im Einsatz gewesen ist. Diese Typen lieben es einfach zu schrauben und altes Fahrzeugkulturgut am Leben zu erhalten. Die Fahrzeuge, die uns entgegen gekommen waren, hatten die Autoshow schon verlassen, der Markt wird in 2 Stunden enden aber es sind noch mehr als genügend Fahrzeuge, die wir bewundern können, auf dem Trabrennbahngelände. Langsam schlendern wir durch die Stände, an denen Felgen, Scheinwerfer, Kupplungen für Autos oder auch  Motorräder angeboten werden, die schon Jahrzehnte nicht mehr gebaut werden.

Wie eine Parade rollen die Fahrzeugschönheiten (nun gut, manche sind auch metallicgrün mit ebenso grüner Innenausstattung oder ganz in Pink gehalten…) an uns vorbei, bis sich der Markt gegen 15.00 Uhr langsam immer mehr leert.

Nach den mit viel Liebe erhaltenen Karossen machen wir uns nun auf zu den Karosserien, die ohne jegliche Liebe seit Jahrzehnten weitläufig in einem Wald vor sich hin rosten. Es handelt sich um das Erbe eines Tüftlers, der einmal Maschinen zum Torfabbau gebaut hatte und so nebenbei auch Autos repariert hatte. Die nicht mehr Reparierbaren hatte er auf seinem Waldgrundstück

stehen gelassen – und man sagt, dass er umweltfreundlich und peinlich genau darauf geachtet hat, dass Öle und Treibstoffe nicht mehr in die Natur gelangen konnten, bevor er die Fahrzeuge Wind und Wetter überlassen hatte.

  Mehrere Initiativen hatten auch unter Androhung von Strafen versucht, den Tüftler dazu zu bewegen, die Autowracks ordentlich zu entsorgen. Der Tüftler war arm und hätte die Strafe niemals zahlen können. Nach einigen Jahren war dann ein Gemeindemitglied auf die Idee gekommen, die verstreuten Autowracks zur Touristenattraktion zu machen, um auch ein paar Fremde in die Gegend zu locken. Und tatsächlich, am Spätnachmittag dieses Sonntags stehen mindestens 25 Fahrzeuge aus mehreren Nationen auf dem Besucherparkplatz des Bil Kyrkogards.

Auf der Rückfahrt zum Campingplatz fällt uns im Augenwinkel eine uralte Steinbrücke auf aber die genaue Betrachtung heben wir uns für den nächsten Tag auf, an dem wir unseren Familienbesuch beenden wollen und sehr wahrscheinlich auf der Weiterfahrt nochmal an der Brücke vorbeikommen.

Es ist die wirklich schöne Blidingsholmsbrücke an der 120, die aus dem beginnenden 19.Jahrhundert stammt. Aber auch schon viel früher – im Mittelalter – wurde an dieser Stelle mit Netzen, die an Gestellen befestigt in den Fluss gehängt wurden, Aale gefangen. Heute passiert das immer noch mit unveränderter Technik. Einige Kilometer weiter biegen wir in eine kleine Straße ab, weil wir den als Sehenswürdigkeit gekennzeichneten Ort in der Sagengegend sehen wollen. Die Straße wird immer kleiner, der Punkt, an dem die Sehenswürdigkeit sein soll, liegt eigentlich schon seit ein paar hundert Metern hinter uns, da taucht auf der rechte Straßenseite Gärdslevargens Koja, die Ruine eines Einsiedlers, der der Sage nach mit dem Teufel einen Deal gemacht hatte, bei dem er einen Menschen ermorden sollte, auf. Spektakulär ist die Ruine nicht, die Sage ist eigentlich spektakulärer.

In einem hölzernen Informationskasten gibt es eine Landkarte zum Mitnehmen, in der noch ca. 40 weitere Orte aus dem Sagenreich mit ihren Geschichten eingezeichnet sind. Wir fahren nicht auf der Straße zurück, auf der wir gekommen waren, sondern versuchen auf der kleinen Straße weiterzukommen, um nach gut 6 Kilometern eine weitere Wassermühle zu besichtigen. Es ist die Skvaltkvarnmühle, die trotz ihres diesjährigen 200jährigen Geburtstags wegen der Sommerhitze in diesem Jahr leider komplett im Trocknen steht.

Eine Brücke, eine Einsiedlerhütte mit Teufelssage und eine trockene Wassermühle sind für diesen Tag schon auf unserer Liste, da kann doch eigentlich nur noch ein stillgelegter Granitsteinbruch fehlen. Auf dem Svarta Bergen-Gelände wird einem das Leben der Steinbrucharbeiter nähergebracht.

Es gibt Steinbruchmaschinen und auch die Kräne zu besichtigen, die den abgebauten Granit gleich verladen hatten. Für einen Besuch im Café sind wir etwas spät dran, es hat für den heutigen Tag schon geschlossen – macht nichts, Kaffee haben wir ja immer in unserer rollenden Hotelküche dabei. Der ehemalige Steinbruch ist mittlerweile mit Wasser vollgelaufen und somit ein künstlicher See. Der in der Nähe liegende Hjärtasee ist ein natürlicher See und bietet am Badeplatz einen geradezu idealen Übernachtungsplatz, an dem wir die langsam untergehende warme Herbstsonne gerade noch genießen können.

Wir sind über Nacht ganz alleine – kurz vor Einbruch der Dunkelheit fliegen noch ein paar Kranichschwärme laut diskutierend über uns in Richtung Winterquartier im Süden (eigentlich genauso wie die Rentner).

Erst am Morgen kommen die Gassigeher der umliegenden Häuser und Orte mit ihren Hunden zum ersten Waldspaziergang des Tages. Nachdem sich alle Hundebesitzer davon überzeugt haben, dass wir wahrscheinlich ganz harmlos sind und wir ausgiebig gefrühstückt haben, wollen wir in die IKEA-Stadt Älmhult, um dort das IKEA-Museum zu besichtigen. Fährt man durch die Stadt, ist es unmöglich, nicht an einer IKEA-Institution vorbeizukommen. IKEA-Kaufhaus, IKEA-Testlabor, IKEA-Verwaltung, IKEA-Museum und und und…

IKEA gibt  sich familienfreundlich und hat sogar Parkplätze speziell für Familien vorgesehen. Der erste Stock des Museums ist gerade im Umbau entschuldigt sich der Mann am Ticketverkauf und verkauft uns für jeweils 5,— pro Person (Seniorentarif ab 60!) die Tickets. Zuerst und auch am Ende des Rundgangs  kommt der Besucher natürlich durch den IKEA-Souvenirshop, in dem man sicher für Groß und Klein ein Andenken an den Museumsbesuch findet – und wenn es im Zweifelsfall die berühmten Teelichte sind. Wir lernen, dass durch die Gründung von IKEA der Verkauf von Möbeln in Schweden kräftig durcheinandergewirbelt wurde, weil IKEA plötzlich Möbel für Jedermann anbot, während vorher ein Großteil der Möbel nur für die höheren Einkommensschichten erschwinglich waren.

Auch erfahren wir, wie die Anordnung der Möbel und Geräte in einer ergonomisch idealen Küche sein sollte und dass das Design der IKEA-Produkte in einem demokratischen Prozess nicht nur von einem Chefdesigner, sondern mit Mitspracherecht mehrerer Mitarbeiter festgelegt wird. So ist das eben in Schweden.

Selbstverständlich gibt es auch ein preiswertes Restaurant, in dem die allseits bekannten Hackfleischbällchen (Köttbullar), gebratener Hering mit Kartoffelbrei und Preiselbeermarmelade, Lachsspezialitäten und Krabbenbrötchen angeboten werden. Ebenfalls selbstverständlich ist, dass hier Selbstbedienung herrscht und Kaffee und Saft, sowie Brot und Butter kostenlos sind.

Wir verlassen Älmhult in Richtung Westen über einen Kreisverkehr, an dem gefühlt Wegweiser zu allen Nationen stehen.

An einer ehemaligen Papiermühle sind historische Mühlsteine ausgestellt, mit denen die Holzschnitzel zu Papier vermahlen worden sind, ebenso wie eine riesige Eisentrommel, in der der Holzbrei gekocht wurde und man kann sich den Traum erfüllen, einmal im Führerstand einer Dampflokomotive zu stehen.

An solchen Stellen müssen wir immer eine Fotopause machen – ebenso müssen wir bremsen und umdrehen, nachdem wir etwas zu spät den Hinweis auf die alte Mühle von Knäred entdeckt hatten. Irgendwie werden wir eben doch immer wieder von Mühlen angezogen. Auf dem Weg zur Mühle findet sich auch eine Mini-Brauerei, bei der wir uns nicht sicher sind, ob dort noch Bier gebraut wird – einen Biergarten gäbe es auf alle Fälle noch. Um diese Jahreszeit und dann noch an einem Wochentag ist der Biergarten ebenso geschlossen wie das Mühlencafé und das Mühlengebäude selbst. Also ist nur Besichtigung von außen möglich, na und einmal müssen wir natürlich über die Hängebrücke über den Mühlfluss gehen, die gleichzeitig auch der Beginn eines Rundwegs ist.

Na und wo sollten wir übernachten? – Da kann es nur eine Antwort geben: zusammen mit einem Elch. Wir entscheiden uns also für den Campingplatz „Den Sovande Älgen“ in Majenfors, was übersetzt „der schlafende Elch“ heißt. Wir sind definitiv der einzige Gast auf dem parkartigen Gelände und stellen am nächsten Morgen überrascht fest, dass wir als kleines Gastgeschenk ein frisch gebackenes knuspriges Brot auf dem Tischchen vor unserem Auto finden. Sehr freundlich! Und Steinpilze gibt’s auf der Wiese noch dazu.

Auf dem Weg zur Westküste lockt uns noch ein Eintrag in einem Reiseführer, der uns zu einem 4000 Jahre alten Ganggrab führen soll. Wir tippen die angegebenen Koordinaten ein und landen dann irgendwo auf einer Straße zwischen Äckern und Wiesen. Also nochmal von vorne und von der anderen Seite anfahren und siehe da, es gibt jetzt sogar einen Wegweiser – und – wir landen wieder zwischen Wiesen. Ein älterer Mann mit Hund kommt auf der Straße entgegen und ‚rettet‘ uns. Er zeigt auf einen mit Gras überwucherten Fußweg, der zu ein paar Bäumen führt. Parkplatz gibt es nicht, also bleiben wir in einer Ausweichstelle stehen und laufen zu der spektakulären 4000 Jahre alten Sehenswürdigkeit. Sie sieht aus wie ein kleiner Graben (wahrscheinlich der Gang), über den ein paar Steinplatten gelegt wurden. Laut der Beschreibungstafel sind hier über mehrere Jahrhunderte immer wieder Tote begraben worden. Das Interessante an Tolarps Ganggrift ist aber die Frage, wie die schweren Steinplatten wohl dorthin transportiert worden sind und das ist scheinbar wie auch beim Pyramidenbau ein Rätsel.

Von Tolarps Ganggrift sind es noch gut 30 Kilometer bis Skallkrokens Hamn, wo man auch mit dem Wohnmobil direkt am Meer übernachten und angeblich spektakuläre Sonnenuntergänge beobachten kann. Das wollen wir sehen und fahren über Tylösand an der Küste entlang. Bei Tylösand scheint der eine oder andere Bewohner in seinem Leben gute Geschäfte gemacht zu haben. Wir passieren einen riesigen Golfplatz und untypisch extravagante Villen in bester Lage. An einem der nächsten Tage werden wir feststellen, dass auch die Preise im lokalen ICA Supermarkt deutlich höher sind als in anderen ICA Supermärkten. So funktioniert angepasstes Marketing!

Der Skallkroken Wohnmobilstellplatz ist so beliebt, dass man den Platz im Internet im Voraus reservieren und bezahlen muss. Als wir am Vortag gebucht hatten, waren gerade noch zwei der 10 Plätze frei. Der Platz liegt aber auch wirklich schön, so dass wir beschließen, sogar noch einen weiteren Tag dort zu bleiben. Und der gepriesene Sonnenuntergang tritt tatsächlich ein.

Am nächsten Tag müssen wir ohnehin auf eine andere Platznummer wechseln, weil unser Platz schon vergeben ist; daher wollen wir erstmal eine kleine Rundfahrt unternehmen. Wer unseren Bericht bislang verfolgt hat, ahnt es schon – der erste Stopp ist wieder eine Mühle. Dieses Mal ist es die Särdals Kvarn, eine große Windmühle, die von Don Quichote persönlich bekämpft wird.

Der romantische Gastgarten gehört zum Restaurant in der Mühle, das laut einer Hinweistafel als Gourmetrestaurant bekannt ist. Das können wir leider nicht testen, da das Restaurant natürlich – wie viele Restaurants in dieser Jahreszeit – nur an Wochenenden geöffnet hat. Wir können uns aber gut vorstellen, wie man in lauen Sommernächten im Garten genießen kann, was Küche und Keller zu bieten hat.

Auf Google Maps ist das Fröllinge Slott vermerkt. Also auf zum Schloss. Gerade mal knapp 3 Kilometer kommen wir und werden schon  durch den Hinweis auf Enets Naturreservat wieder ausgebremst. Die Sonne scheint, wir haben Zeit, also biegen wir ab, suchen uns einen Parkplatz und wandern in Richtung Meer. Offenbar ist das Naturreservat ein Seevogelparadies, denn einige der wenigen Besucher sind mit großem optischen Gerät ausgestattet und versuchen, Seevögel in dem Gebiet mit den Wiesen und rundlichen Felsbrocken mit ihren Kameras einzufangen. Die Gegend ist ansprechend aber nicht überwältigend, der Spaziergang tut uns gut.

Aber jetzt fahren wir wirklich zum Fröllinge Slott. Am Schloss gibt es keinen Besucherparkplatz, was schon der erste Hinweis auf Privatbesitz sein könnte. Die Hunde, die uns im Grundstück entlang der Straße laut bellend verfolgen, wollen wohl auch mitteilen, dass wir besser wieder gehen sollten, weil man in das Schloss sowieso nicht hereinkommt. Wenigstens ein Foto wollen wir von dem bereits im Jahre 1439 erwähnten Schloss mitnehmen. Es ist tatsächlich in Privatbesitz.

Wir machen uns auf den Weg zurück und bei Haverdal ist es uns so, als wären wir hier vor vielen Jahren schon einmal gewesen. Tatsächlich kurz vor dem Strand ist der mystisch anmutende Kiefernwald, in dem die Bäume alle seltsam verdreht gewachsen sind. Da waren wir schon einmal gewesen und der Wald kommt uns heute wieder wie aus einem Märchen vor.

Bereits am Vorabend hatten wir an unserem Übernachtungsplatz Leute beobachtet, die trotz erfrischender Temperaturen im Meer am Hafen von Skallkroken baden gegangen sind. Und auch heute kommt ein alter Mann im Bademantel von zwei Stöcken gestützt ganz langsam mit weiblicher Begleitung die Mole entlang geschlichen, lässt den Bademantel fallen und wirft sich ins Meer. Seine Begleiterin – wir sind uns nicht ganz sicher, ob es die Frau oder die Tochter ist – sagt uns, dass der Schwimmer gerade eine Temperatur von 15°C gemessen hat, hier jeden Tag zum Baden kommt und bereits 91 Jahre alt ist. Respekt!

Nur noch einmal übernachten und dann holt uns tt-line wieder von Trelleborg nach Deutschland. Wir fahren zur ganz im Süden Schwedens gelegenen Halbinsel Falsterbo. Falsterbo ist durch seine feinsandigen, langen und weißen Sandstrände bekannt. Im Falsterbo Camping Resort, das jetzt in der Nachsaison Übernachtungen zu attraktiven Preisen anbietet, nisten wir uns ein und machen uns bei Sonnenschein sofort auf den Weg zum Strand. Die Reiseführer haben nicht zu viel versprochen – der Strand ist wirklich beeindruckend schön und das sonnige Herbstwetter passt perfekt zur Szenerie.

Pünktlich um 9.25Uhr am nächsten Morgen läuft die Fähre mit Namen Robin Hood aus dem Hafen von Trelleborg aus. Die Verladung war, wie immer bei skandinavischen Fähren, entspannt und wir sitzen bei der Abfahrt bereits im Restaurant und lassen uns ein leckeres Frühstück vom Buffet schmecken.

In Rostock angekommen steuern wir die nächste Tankstelle an und nehmen erleichtert den im Vergleich zu Schweden 0,35€ niedrigeren Dieselpreis zur Kenntnis. Die nächste Übernachtung ist wie auch schon auf der Hinfahrt am Fleesensee und noch zwei weitere Übernachtungen genehmigen wir uns in Rastenberg in Thüringen (es fällt uns immer schwer, einfach nach Hause zu fahren und so eine Reise zu beenden…). Auf dem Weg scheint, nach Schiffen und Autos, das nächste Verkehrsmittel auf sich aufmerksam machen zu wollen. Die Bahn. In der Nähe von Prignitz an der B107 stoßen wir auf den Museumsbahnhof der Pollobahn direkt neben der Straße. Einige Männer beschäftigen sich gerade mit der Restaurierung der alten Wagons und wir kommen ins Gespräch. Die Männer erzählen gerne von ihrer Arbeit und den vielen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, bis sich in den Sommermonaten an bestimmten Tagen ein Museumszug in Bewegung setzen darf und kann. Da wir bislang bei Museumsbahnen nur zahlender und genießender Fahrgast gewesen waren, sind die Infos für uns sehr interessant und wir beschließen, dass wir die nächste Reise in den Norden so legen, dass wir die Museumsbahn auch mal in Betrieb sehen können. Einige Kilomter weiter südlich in Benndorf kurz vor Leipzig stehen einige angerostete Lokomotiven an einem ehemaligen Bahnhof. Die Lokomotiven warten noch (vergeblich) auf ihre Restaurierung in der MaLoWa Werkstatt, die damit wirbt, dass sie alles was auf Schienen steht, auch zum Laufen bringt. Hier sind also die Eisenbahnmonteure nicht nur ehernamtlich zu Gange.

Noch eineinhalb Stunden Fahrt (leider mit Stau) und wir haben unser Tagesziel Rastenberg erreicht. Ein paar Kilometer von Rastenberg entfernt liegt der Ort Wiehe, der auf mehreren Hinweistafeln im Umkreis Werbung für eine Modellbahnanlage macht. Ohne die Hinweistafeln würden wir den 1500-Einwohnerort niemals zur Kenntnis genommen haben. Also radeln wir bergauf und bergab nach Wiehe zur Modellbahnanlage und sind zunächst über den Eintrittspreis von 12.–€ pro Person einigermaßen überrascht. Aber wer hätte auch schon in dem kleinen Örtchen ein 12.000m² großes Ausstellungsgelände erwartet. In den unterschiedlichen Ausstellungsräumen stehen Modellbahnanlagen mit unterschiedlicher Spurweite und detailtreuen Landschaftsnachbildungen von Thüringen bis zum Mount Rushmore in den USA.

Der Betreiber, ein Privatmann, hat auch eine Chinaabteilung eingerichtet, in er wir die Nachbildung der tönernen Armee finden.

Wir kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und haben am Ende unserer Rundtour durch die Hallen volles Verständnis für den zunächst überraschenden Eintrittspreis. Als Hintergrundinformation sei für die Modellbahnfreunde gesagt, dass auf den Anlagen nur analoge Technik mit Reedkontakten und Relais zur vollautomatischen Steuerung des Zugbetriebs verwendet wird. Mit dem Blick auf die Fassade von Schloss Wiehe und dem Lichtspiel der schräg stehenden Sonne in der Allee, die zum Schloss führt, beenden wir nun endgültig unsere Reise und rollen die letzten 300 Kilometer zurück nach Hause.

Bemerkenswert

Schweden Herbst 2022 Teil 2

Nach dem erfrischenden Bad am Morgen im Meer schlagen wir wieder den Weg in Richtung Norden an der Ostküste ein und haben uns als Ziel Kristianopel ausgesucht. Kristianopel war in alter Zeit von einer 6m hohen Mauer umgeben, um sich von den Angriffen der Dänen zu schützen. Heute ist von den Angriffen natürlich nichts mehr übrig geblieben, von der Mauer ist noch ein 2-3m hoher Rest übrig geblieben. Auch um den Campingplatz auf der kleinen Halbinsel verläuft die Mauer. Das bedeutet, dass die meisten Camper – von den wenigen, die um diese Jahreszeit noch übrig sind – das Meer aus ihren Fahrzeugen nur erahnen können. Wir, in unserer erhöhten Sitzposition im Rudolph haben über die Mauer freie Sicht aufs Meer. Der Mini-Ort hat die stolze Zahl von 88 Einwohnern. Eine von ihnen führt den Krämerladen, der hier Handelsbod heißt, was so viel wie Handelshütte bedeutet. Hier bekommt man von frischem Brot über Käse, Konserven, Obst und Gemüse, Milch, Waschmittel, Getränke alles, was man zum täglichen Leben braucht – inklusive Briefmarken und Zeitschriften. Lotto kann man natürlich auch spielen. Ansonsten sind im Ort eine alte Kirche und ein paar pittoreske Häuschen, 2 Cafés, der kleine Hafen und ein Leuchtfeuerkorb sehenswert.

Der Leuchtfeuerkorb war die Vorstufe des Leuchtturms. Wie an einem Ziehbrunnen hängt dabei der metallene Korb, in dem Holzscheite brennen und so den Schiffen den Weg in den Hafen weisen.

Nur wenige Kilometer nördlich von Kristianopel folgen wir einem Wegweiser mit der Aufschrift „Fredstenen“. Einerseits ist Fredstenen als Sehenswürdigkeit gekennzeichnet andererseits heißt einer unserer Enkel Fred. Also MÜSSEN wir dorthin. Vor einer alten Mühle finden wir eine aufrecht stehende Steinplatte mit eingemeißeltem Text zu Gedenken an den Frieden mit Dänemark im Jahre 1645, der offenbar hier in Bröms geschlossen worden war. Es ist also ein Friedensstein.

Die alte Mühle steht offen, man kann sie betreten, wenn man den Mut hat auf den bedenklich federnden Fußboden zu treten und sogar die Treppe in den ersten Stock zu besteigen. Das Mahlwerk existiert noch aber die Mühle macht insgesamt den Eindruck als wäre die Renovierung nicht mit ein paar Baumarktsbesuchen und ein paar Wochenendarbeitseinsätzen erledigt…

Trotzdem ist die Mühle ein schönes Fotomotiv für unsere Reise. Der Bauernhof, der der Mühle gegenüber liegt, hat eine Gardsbutik; das heißt so viel wie Hofladen. Auf selbstgemachtes veganes Eis in unterschiedlichen Geschmackssorten wird angeboten – da können wir nicht widerstehen. Aber das Eis kommt erstmal ins Gefrierfach und wir ziehen weiter in Richtung Norden an der Küste entlang. In Bergkvara soll es einen Womostellplatz geben, den wir kurz besichtigen wollen, falls wir in Zukunft in dieser Gegend einmal übernachten wollen. Nun ja, zum Übernachten ist der Platz o.k. aber er würde es nicht in die Liste der 1000 Orte schaffen, die man unbedingt in seinem Leben besucht haben sollte. Der alte Segler, der an der Seenotrettungsstation festgemacht hat, ist da schon eher ein Extrafoto wert.

Auch am Hafen von Bergkvara könnte man ohne jegliche Infrastruktur gegenüber vom Campingplatz übernachten. Der kleine Hafen, an dem ein Schild darauf hinweist, dass man jetzt in einem Schengenstaat angekommen sei (warum ist der Hinweis gerade hier in dem Minihafen?), ist mit Blumenkübeln etwas aufgepeppt worden, verleitet aber auch nicht zum Längeren Verweilen; insbesondere wenn der Wind gerade auffrischt, die Temperatur sinkt und es anfängt zu regnen.

Eine kleine Insel in Sichtweite würde optimal geeignet sein, einen Endzeitszenario-Film zu drehen. Die Insel ist ausschließlich von hohen Bäumen komplett ohne Blätter bewachsen. Ob das Aussehen der Bäume eine Folge der Sommerhitze ist oder ob die vielen Misteln in den Baumkronen jegliche Lebenskraft ausgesaugt haben, wissen wir nicht – irgendwie gruselig ist es auf alle Fälle.

Direkt neben der E22 ist in GoogleMaps der Nostalgimacken als historische Sehenswürdigkeit verzeichnet – offenbar eine Privatsammlung von Gegenständen der letzten 40-60 Jahre. Wir haben nur die Koordinaten aus Google und fahren natürlich prompt erstmal auf der E22 an der „Sehenswürdigkeit“ vorbei. Die kleine Straße, die in eine Wohnsiedlung abzweigt, wäre der richtige Weg gewesen. Wieder einmal genießen wir, dass wir mit Rudolph problemlos auf kleinstem Raum umdrehen können. Der Nostalgimacken beherbergt in einem Garten ein altes Telefonhäuschen, eine Zapfsäule aus alten Tagen, ein paar Schilder und wenn man genau hinsieht, fände man auch noch ein Autowrack, das bereits seit einigen Jahrzehnten von wuchernden Sträuchern festgehalten wird. Die Sammelleidenschaft ist in Schweden, so wie wir es erleben, deutlich weiter verbreitet als in Deutschland. Scheinbar könnte man den Sammelgarten auch offiziell besichtigen, denn sonst wäre das Schild mit Aufschrift „Stängt“ (=geschlossen) gar nicht notwendig.

Heute reiht sich ein Stopp an den nächsten. Gute 5 Kilometer weiter soll es laut dem auf Sehenswürdigkeiten hinweisenden Schild mit Kringel in Söderakra eine interessante Kirche geben. Wie meistens in Schweden ist die Kirche schlicht eingerichtet. Besonderen Wert legt man in Söderakra aber darauf, dass sich auch die jüngsten Gemeindemitglieder in der Kirche wohlfühlen, denn direkt hinter den Kirchenbänken stehen ein paar Tische mit Spielzeug für die Kinder. Und an der Anschlagtafel wird auf das Babysingen  für die 0 bis 1jährigen hingewiesen. Kannten wir bislang auch noch nicht.   

Immer mehr nähern wir uns dem Wohnort unseres Sohnes, wo wir die nächsten Tage auf dem Campingplatz Törestorp verbringen wollen. Im Vorfeld war nicht ganz klar gewesen, ob der Platz tatsächlich nach dem 1. September noch geöffnet hat – die Informationen in verschiedener Apps und Webseiten waren teilweise – wie sich herausstellt, falsch. Geöffnet bis Ende September, sehr schön am See Törn gelegen mit nagelneuen Sanitäranlagen und nach einem belebten Sommer jetzt fast menschenleer. Die Platzgebühr inkl. allem Komfort ist sogar niedriger als auf manchem einfachen Stellplatz. Für diesen Platz können wir eine klare Empfehlung abgeben.

Der erste Ausflug mit Enkel führt uns nach dem ca. 15Kilometer entfernten Emmaboda. Emmaboda ist ein Ort mit rund 5000 Einwohnern, der an diesem Samstag zu einem Markt einlädt. 225 Aussteller, die alles nur Vorstellbare verkaufen sowie über 20000 Besucher werden erwartet. Neben den Verkaufsständen in mehreren Straßen gibt es für Klein und Groß auch Karussells und andere Jahrmarktsattraktionen. Trotz des Events geht es in Emmaboda nicht hektisch zu, den Parkplatz für ein Wohnmobil zu finden ist überhaupt kein Problem, der zentrale Ticketverkauf für die Fahrgeschäfte ist gut organisiert; man kann in bar, mit Karte oder mit dem in Schweden typischen Zahlverfahren SWISH bezahlen. SWISH funktioniert allerdings nur mit schwedischer Telefonnummer und schwedischem Bankkonto – also nicht für uns. Also ist erstmal Karussell fahren angesagt,

bevor wir nochmals 30 Kilometer weiter bei Grönasens Elch-und Nutztierpark ankommen, denn Schweden ohne Elche geht gar nicht. 13 Elche, ein paar Ziegen, Kaninchen, Hühner und Schweine tummeln sich auf dem Gelände. Immer wieder gibt es Aussichtsplattformen, von welchen aus die Besucher angestrengt nach den imposanten Tieren im Gelände suchen, während sich die heute überhaupt nicht kamerascheuen Elche Ihre Mittagspause ein paar Meter weiter direkt neben des Besucherwegs machen.

Nach ausgiebiger Beobachtung aller Tiere fahren wir wieder zurück zum Campingplatz und erleben – wie auch an mehreren anderen Tagen – Traumstimmungen am See.

Unsere Fahrräder sollen natürlich auch nicht unbenutzt im Rudolph liegen bleiben. Also planen wir bei Sonnenschein eine Radtour um den See. Wir kommen zunächst an einer alten Holzhütte vorbei, in der Flachs für die Leinengewinnung getrocknet und verarbeitet wurde.

Vor einem typisch falunroten Schwedenhaus fällt uns ein Stein mit seltsamen Runen auf, der wohl noch aus der Wikingerzeit stammt oder zumindest an die Wikingerzeit erinnern soll. Leider finden wir keine Erklärung für die Schriftzeichen und auch Google muss passen und kann uns nur erklären, dass es ein Runenstein ist.

Auf Schotterwegen kommen wir immer wieder in kleinste Ansiedlungen mit bildschönen Schwedenhäusern oder treffen auch mal junge Ringelnattern, die sich auf dem warmen Weg richtig wohl fühlen.

Auch eine Wassermühle ist wieder dabei, wenn auch der Mühlbach bis auf ein Rinnsal ausgetrocknet ist. An die Mühle selbst kommt man nur mit dem Teleobjektiv heran, was offenbart, dass das Gebäude auf eine großzügige Renovierung bislang vergeblich gewartet hat.

Während der Rundtour hat sich der Himmel immer weiter zugezogen, es ist kälter geworden und dunkle Wolken deuten darauf hin, dass eine längere Picknickpause vielleicht doch nicht die beste Idee ist. Nach 27 Kilometern wieder am Campingplatz angekommen, stellen wir fest dass die Sorge um das Wetter unbegründet war. Das Wetter ändert sich hier sehr schnell, manchmal zum Guten, manchmal zum weniger Guten.

Der nächste Familienausflug ist nach Karlskrona ins Marinemuseum geplant. Karlskrona ist ungefähr 40 Kilometer entfernt, die Sonne scheint und dieses Mal benutzen wir ein Elektroauto. Da die schwedische Regierung mit dem Museum auch etwas Werbung für die Marine machen möchte, ist der Eintritt frei. Im Außenbereich liegen zwei Kriegsschiffe und ein beeindruckender Dreimaster vor Anker.

Im Innenbereich erfährt man viel über die Geschichte der Seefahrt, findet detailtreu nachgebildete Modelle von Seglern und kann in einem  Unterwassertunnel beobachten, welche Fische und Krebse sich um das Museum herum eingemietet haben.

In voller Größe stehen in einer Halle zwei U-boote. Eines aus dem Jahr 1912 und ein neueres, in das man hineingehen kann. „Gehen“ ist vielleicht das falsche Wort, denn an mehreren Stellen  muss sich der Besucher durch enge Luken zwängen.

Das Leben auf einem U-boot ist schon sehr beengend und sicher nicht für Menschen geeignet, die in kleinen, abgeschlossenen Räumen Angst bekommen. Selbst einen Blick in die Torpedorohre kann man werfen. Alles sehr beeindruckend, wenn man für einen Moment vergisst, dass diese Wunderwerke der Technik nur gebaut werden, um entweder anderen Menschen Leid zuzufügen oder aber Menschen mit kriegerischer Gesinnung in die Schranken zu verweisen.

Nichts mit Technik oder Seefahrt hat unser Besuch in der warmen Herbstsonne in der Kaffeestuga auf der südlichen Halbinsel von Karlskrona zu tun. Die Kaffeeterrasse im Wämopark liegt einfach idyllisch und auch das Innere der Stuga strahlt eine besondere Gemütlichkeit aus.

Ein sehr interessanter Ausflug nach Karlskrona geht nach unserer Rückkehr mit leckeren Räucherfischspezialitäten zu Ende. So kann es gerne weitergehen.

Bemerkenswert

Schweden Herbst 2022 Teil 1

Es geht auf Ende August zu und uns zieht es wieder in den Norden.

Viele hatten uns erzählt, dass sie ihren Urlaub am Gardasee, in Kroatien, Spanien oder Griechenland verbringen. Wenn es bei uns schon sehr heiß und trocken ist, dann – so denken wir uns zumindest – müssen wir nicht in Richtung Süden fahren, um noch etwas mehr Hitze und Trockenheit zu genießen. Aber auch auf dem Weg nach Thüringen, wo wir ein paar Tage ausspannen und das unter Denkmalschutz stehende Schwimmbad in Rastenberg ausgiebig nutzen, Thüringer Bratwürste grillen und ganz viel quatschen, sehen die Maisfelder und Wiesen eher erbärmlich vertrocknet aus.

Im Rastenberger Schwimmbad ist das Kabinen-Guck-Museum eine echte Sehenswürdigkeit. In den ehemaligen Kabinen findet der Betrachter, der durch die kleinen Fenster schaut, Szenen aus der Geschichte des Bades.

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist das Zeltkino, das schon etliche Jahre auf dem Buckel hat aber immer noch von einer älteren Frau regelmäßig betrieben wird.

Der nächste Stopp soll Rheinsberg auf der Mecklenburgischen Seenplatte sein. Bei beginnendem Regen nisten wir uns auf dem Campingplatz in Warenthin ein. Der Platz versprüht etwas den Charme der ehemaligen DDR, liegt am See und ist eigentlich ganz gemütlich. Auch die Waschbärmama mit ihre 3 Kindern, die am Wasser entlang marschiert, fühlt sich hier wohl.

Der nächste Tag bleibt trocken, so dass wir mit dem Rad einmal um den See fahren und die Gegend erkunden können. Erster Stopp: der Rheinsberger Obelisk mit Blick auf das Schloss Rheinsberg, in dem Friedrich der Große seine Jugendjahre verbracht hatte.

Am Schloss gibt es auch einen (wahrscheinlich) schönen Schlosspark. Ich sage wahrscheinlich, weil Radfahren im Park verboten ist. Also schieben wir unsere Räder die ersten Meter durch den Schlosspark, solange bis eine aufmerksame Bürgerin uns ohne Gruß unfreundlich anschnautzt und uns darüber aufklärt, dass auch das Mitführen von Fahrrädern verboten wäre und wir unsere Räder am Parkeingang abstellen sollen, weil wir sonst Schwierigkeiten bekommen, wenn jemand von der Schlossverwaltung uns „erwischt“. Elektrofahrräder unbewacht am Eingang stehen zu lassen, ist uns zu heiß. Bevor wir noch mehr obrigkeitstreue deutsche Bürger, durch unser Verhalten dazu auffordern „ihrer Pflicht nachzugehen“ geben wir den Parkbesuch auf und versuchen, uns den schönen Seiten Rheinsbergs zu widmen.

Rheinsberg selbst ist ein nettes, kleines, etwas auf Tourismus ausgerichtete Städtchen. Ein wenig außerhalb hat man dem Tourismus das Hafendorf „Precise Resort“ gebaut. Viele kleine Ferienhäuschen reihen sich aneinander; alle am Wasser und somit mit Zugang zu den Booten der Ferienhausnutzer.

Gegenüber den Ferienhäusern hat der Tourist auch die Möglichkeit, in einem riesigen Hotel in einem vom Nutzen dominierten Baustil seine Ferien zu verbringen. Die Idee des Hafendorfs ist kommerziell geschickt geplant aber dann doch für uns nicht so ansprechend. Jedem das Seine. Während der Umrundung des Sees kommt die Sonne immer mehr heraus. Lufttemperatur ist 20°, Wassertemperatur des Sees ist 22°, da ist die Entscheidung einfach: wir gehen schwimmen.

Die Weiterfahrt führt uns am nächsten Tag nach Silz am Fleesensee, wo wir uns gleich wieder in die Fluten stürzen, bevor wir uns im Restaurant der Landpension mit Womostellplatz im Garten ein leckeres Abendessen schmecken lassen.

Auf der Fahrt hatten wir noch einmal bei einem Fischer an der Müritz für einen Snack Pause gemacht und gelernt, dass es auf den Seen  nicht nur komfortable Hausboote mit Motor gibt, sondern auch Minihausboote mit Pedalantrieb.

Die sehen irgendwie exotisch aus, bieten aber trotzdem Schlafplätze für zwei Personen. Völlig ohne Störungen können wir am kommenden Vormittag die letzten 90 Kilometer bis Rostock  zum Hafen zurücklegen. Kurz vorm Hafen tanken wir noch einmal zu deutschen Preisen; in Schweden ist Diesel 30 bis 40 Cent pro Liter teurer. Der CheckIn zur Fähre „Peter Pan“ erfolgt komplett elektronisch ohne Personal.

Wir verlassen Rostock pünktlich um 12.00 Uhr und verfolgen die erste Seemeile am Strand von Warnemünde vorbei vom Sonnendeck der Peter Pan aus.

Sechseinhalb Stunden später trudeln wir ebenfalls fast pünktlich im Hafen von Trelleborg ein.

Da der Eigentümer der Wiese am südlichsten Punkt Schwedens sich mit der Gemeinde noch nicht einigen konnte, ob einer der beliebtesten Übernachtungsplätze für Wohnmobile in der Nähe des Fährhafens  auch weiterhin genutzt werden kann, fahren wir ein Stück landeinwärts und übernachten mit schönem Sonnenuntergang bei einem Bauernhof auf einer Wiese, die in den nächsten Tagen zum Spargelfeld umgeackert werden soll.

Vom zukünftigen Spargelfeld machen wir uns auf zu einer Schlössertour. Doch zunächst finden wir eine ehemalige Tankstelle, die als eine Art Freilandmuseum erhalten worden ist.

In Schweden – so haben wir die Erfahrung gemacht – findet man nicht selten Privatleute, die irgendwelche Kuriositäten sammeln und der Allgemeinheit zur Anschauung zur Verfügung stellen.

Das erste Schloss heißt Jordberga und ist eigentlich ein stattlicher Herrensitz, der in einem Nebengebäude eine Biermanufaktur beherbergt. Auch um verträumte Hochzeitsbilder in einem Schlosspark zu bekommen, empfiehlt sich das Schloss Jordberga; ebenso wie für Konferenzen in einem anderen Nebengebäude (nicht in der Brauerei!). Besichtigung des eigentlichen Schlosses ist nicht möglich, da es sich in Privatbesitz befindet.

Schloss Svaneholm ist das nächste Schloss, das gar nicht weit von Jordberga entfernt zu finden ist. Svaneholm beherbergt ein Restaurant, das jeweils sonntags ein Brunchbuffet anbietet. Bei schönem Wetter ist das Buffet im Schlosshof sicher ein Genuss. Da wir nach Beendigung der Brunchzeit ankamen, begnügten wir uns im Schlosshof mit einem Kaffee bei zur Umgebung passender Musik.

Nach unserer Übernachtung kurz vor Ystad, der Stadt der Wallanderkrimis, setzen wir die Schlössertour fort.

Der Baustil von Schloss Marvinsholm ist eines Schlosses würdig; leider kann nur der Park aber nicht das Schloss besichtigt werden.

Auch Schloss Snogeholm ist wegen der derzeitigen Renovierungsarbeiten nur von außen zu besichtigen. Grundsätzlich könnte man in einem der 46 Hotelzimmer übernachten.

Schloss Snogeholm

Nicht weit vom Schloss entfernt haben wir die Möglichkeit neben einem mit einem verdörrten Baumstamm gekennzeichneten Parkplatz ein Landschaftslaboratorium zu besichtigen. In der Snogeholms Strövomrade wird die Tauglichkeit verschiedener Landschaftsgestaltungen untersucht – ein schöner Platz für eine Kaffeepause.

Nach so viel Kultur wenden wir uns wieder der Natur zu und machen uns in die Apfelregion Kivik auf. In Kivik findet immer im Sommer zu Ehren des Apfels ein riesiger Markt statt. Jetzt um diese Jahreszeit ist das Markttreiben schon lange vorbei und nur noch die vielen Stromanschlüsse auf dem weitläufigen Gelände lassen die Größe des Marktes erahnen.

Vom Campingplatz zum Meer sind es nur ein paar hundert Meter. Am Sandstrand schlendern wir entlang bis zu einem Bunker und nehmen ein ausgiebiges Sonnen- und Windbad.

Der Wind ist dabei einigermaßen tückisch, denn man merkt nicht, wie man eigentlich durch die Sonne verbrannt wird. Abends wollen wir die Gegend etwas genauer erkunden und schwingen und auf unsere Räder. Am Strand entlang durch den Altort von Kivik, vorbei am Badehotel im alten Stil erreichenn wir in der warmen Abendsonne den kleinen Hafen. Um 18.00Uhr macht die Fischräucherei zu aber es ist ja erst 17,58Uhr. Der Besuch der Räucherei garantiert ein hervorragendes Abendessen mit Makrele und Lachs.

Als wir den Laden verlassen, scheint die Abendsonne zwar immer noch aber es haben sich extrem dunkelblaue Wolken dazu gesellt. Das geht nicht mehr lange gut denken wir uns, fangen die pittoreske Stimmung mit der Kamera ein und wollen unsere Runde beende, bevor es zu regnen anfängt. Aber so schnell wie die dunklen Wolken aufgezogen sind, so schnell verziehen sie sich auch wieder. Trocken kehren wir auf den Campingplatz zurück, der von lautem Vogelgeschrei erfüllt wird. Wirklich mehrere hundert Krähen sind auf der Suche nach dem besten Schlafplatz in den hohen Bäumen. Hin und her und wieder zurück fliegen die riesigen Vogelschwärme mindestens 45 Minuten lang bis es immer dunkler wird und die Vögel bis auf wenige, die immer noch nach dem idealen Schlafplatz suchen, sich zur Ruhe begeben haben.

Es wird richtig kalt draußen, so dass auch wir uns im warmen Rudolph zur Ruhe begeben, um am nächsten Tag weiter die Küste entlang in Richtung Norden zu fahren. Doch bevor es losgeht tuckert ein blitzblank herausgeputzter Volvo – aus dem Baujahr 1958 sagt uns der Eigentümer – an uns vorbei, die Dinger scheinen unverwüstlich zu sein.

Ohne Besuch in der alten Mosterei von Kivik können wir Kivik auf gar keinen Fall verlassen. Die historische Mosterei bietet alle Arten von Getränken, Marmeladen und Chutneys an, die man aus Äpfeln und Birnen machen kann. Die Vielfalt geht über einfachen Apfelsaft bis zu unterschiedlichsten Qualitäten von Cidre. Ein bisschen Platz ist ja noch im Womo – und der wird für die Flaschen und Gläser aus der Mosterei genutzt.

Weiter Kilometerlange Sandstrände säumen den Teil der Ostküste, an dem wir entlangfahren. Also biegen wir zunächst mal zum Strand von Rigeleije ab und finden neben einem Restaurant, das natürlich geschlossen hat ein altes Fischerhäuschen. Trotzdem das Restaurant geschlossen hat, sitzen im Gastgarten ein paar Leute – es duftet nach leckerem Essen. Die Schweden gehen gerade wieder mal ihrer Lieblingsbeschäftigung nach und machen Picknick.

Weiter geht’s nach Norden. In Ahus waren wir im vergangenen Jahr schon gewesen und fahren daher dieses Mal auf der Umgehungsstraße daran vorbei und nach weiteren ca. 20 Kilometern landen wir in Tosteberga Hamn und beziehen einen idyllischen Wiesenplatz in der warmen Nachmittagssonne. Eigentlich wollen wir am nächsten Tag schon weiterfahren aber es kommt anders und wir quatschen den ganzen Tag mit unserem Nachbarn über tausend Themen – und das braucht viiiiiel Zeit.

Trotz eindringlicher Warnungen vor Igeln und Biergenuss und einer Weisheit für über uns fliegende Vögel erreichen wir Sölvesborg, das mit zwei Sehenswürdigkeiten aufwartet.

Ein Wahrzeichen ist die 760m lange Fußgänger- und Fahrradbrücke, die zweite Sehenswürdigkeit ist das Schloss mit angrenzendem Schlosspark. Wieder einmal gibt es keinerlei Probleme, ein Fahrzeug von der Größe Rudolphs in der Nähe einer Sehenswürdigkeit – in diesem Fall am Schloss- zu parken. Irgendwie ist hier in Schweden alles ein wenig einfacher und gelassener – oder liegt es daran, dass wir in der Nachsaison reisen? Nicht weit entfernt vom Schlosspark mit den Resten der alten Solvesburg schwingt sich die längste Fußgänger- und Fahrradbrücke Europas mit ihren 3 Bögen elegant von Ufer zu Ufer – perfekt.


Nicht nur zum Übernachten, sondern auch um noch einmal in der Ostsee schwimmen zu gehen haben wir uns den kleinen Hafen von Torsö ausgesucht. Außer uns möchte niemand mehr übernachten; schwimmen gehen die Bewohner allen Alters aus dem Ort allerdings mit Begeisterung. Überhaupt macht der Ort einen sehr friedlichen und gemütlichen Eindruck – hier würde man gerne leben. Das Wasser hat am Nachmittag noch gut 20°C und am nächsten Morgen Dank veränderter Strömung nur noch 18°C. Von beiden Temperaturen lassen wir uns nicht davon abhalten, zum Sandstrand zu marschieren und uns in der Ostsee zu erfrischen. Mit dieser Erfrischung beenden wir den ersten Teil unserer Reise.

Bemerkenswert

Wackelige Felsen und stabiler Leuchtturm am Südkapp – Norwegen Süd (Skandinavien 2022 Teil7)

Der Mittsommertag ist immer der Freitag, der dem längsten Tag im Jahr am nahesten ist – in diesem Jahr der 24. Juni. Dieser Tag beginnt in Skandinavien ganz normal aber ab der Mittagszeit ist jegliches Handeln auf den Mittsommerabend ausgerichtet. Für uns beginnt Tag bei strahlend blauem Himmel mit einer Radltour zum Eigeroy Fyr, einem Leuchtturm, der laut Bildern im Internet sehenswert erscheint. Wir hatten uns für die Räder entschieden, weil es eine Begrenzung auf 3,5t bei der Zufahrtstraße zum Parkplatz für die Wanderung zum Leuchtturm gibt. Und das ist auch gut so, denn die Straße ist an einigen Stellen wirklich nicht für größere Fahrzeuge ausgelegt. Ab dem Parkplatz, führt ein gut angelegter Wanderweg, der auch mit dem Fahrrad befahrbar ist (wenn es einem nichts ausmacht, dass man ab und zu absteigen muss um sich durch die mit Federkraft selbst schließenden Viehgatter zu schlängeln).

Irgendwann geht’s dann nur noch zu Fuß auf die Klippen weiter, wo man oben mit überragender Aussicht und kräftigem Wind belohnt wird.

Eigentlich ist der Wind angenehm aber doch tückisch, weil man nicht mehr wahrnimmt, wie die Sonne herunterbrennt; das lernen wir aber erst am Abend. Jetzt saugen wir erstmal den weiten Blick aufs Meer in uns auf und machen uns dann auf den Rückweg und zu einer Sehenswürdigkeit namens Hvalkjeften, was übersetzt Walkiefer heißt. Es soll sich nach Auskunft einer freundlichen Norwegerin um eine Felsformation handeln, die irgendwie an einen Walkiefer erinnern soll – aber nur wenn man an der richtigen Stelle in die richtige Richtung blickt. Ja, und das ist nicht so einfach, denn wo nun dieses „Bild des Walkiefers“ zu sehen ist, ist nicht weiter ausgeschildert. Der Zustrom von Touristen, die das Naturphänomen sehen wollen ist auf uns selbst begrenzt und daher versuchen wir an jeder Ecke den vermeintlichen Walkiefer zu entdecken. Ganz ehrlich, wir können heute nicht sagen, ob wir ihn gefunden haben oder nicht – so sind Mythen eben.

Von unserem Stellplatz aus beobachten wir (wieder bei Sonne und Wind) später das geschäftige Treiben an der nahen Bucht am Platz des Mittsommerfestes. Eine in Judoanzügen gekleidete Gruppe führt Tänze im Meer auf, ein großes Zelt war aufgestellt worden und immer mehr Menschen strömen in Richtung des aus Holzpaletten aufgestapelten Turmes, der dann später als Sonnwendfeuer in Flammen aufgehen soll. Kurz vor 19.00 Uhr – denn auf Dunkelheit zu warten wäre ja vergeblich – brennt der aufgestapelte Turm lichterloh und leider brennen auch unsere Gesichter aufgrund der vielen Sonne während des Tages.

Das Mittsommerspektakel ist bereits kurz nach 21.00 Uhr vorbei, das Zelt wird abgebaut, ein Traktor schiebt die glühenden Überreste des Holzstapels zusammen.

Einige Touristen, die gerade auf dem Weg nach Norden sind und hierher aus Kristiansand über die als lohnenswerte Straße Fv44 gekommen sind, berichten wie eng und kurvenreich diese Straße ist und welche Abenteuer sie schon bis hierher bestanden haben. Der besagte Straßenabschnitt liegt ja noch vor uns und so sind wir gespannt, was uns wohl erwarten wird. Auf den ersten rund 40 Kilometern in Richtung Süden zum Ruggestein können wir nichts Spektakuläres über den Straßenverlauf berichten. Die Straße verläuft landschaftlich schön immer wieder durch Felsen hindurch und ist zwar nicht großzügig ausgebaut aber aus unserer Sicht (insbesondere mit der Erfahrung aus der 520 ) eher harmlos.

Der Ruggestein heißt übersetzt „Wackelstein“, soll angeblich ganze 74 Tonnen wiegen und sich bewegen lassen. Tatsächlich gelingt es mir mit etwas Kraft, den Stein um ca. 2 Zentimeter hin und her zu wackeln. Da fühlt man sich doch gleich wie mit übermenschlichen Kräften ausgestattet.

Auf der abenteuerlich in den Fels gehauenen Fv44 steuern wir die nächste Sehenswürdigkeit an, die Hellaren.

Würden die zwei einfachen Holzhäuser einfach irgendwo stehen, würden sie keinerlei Beachtung finden. Aber da diese Häuser sich unter einem gigantischen Felsvorsprung Schutz gesucht haben, sind sie eine Sehenswürdigkeit.

Und ein paar Meter weiter stoppen wir noch einmal, um die Trallebanen zu fotografieren. Die Trallebanen ist eine Art Materialaufzug auf Schienen, der steil nach oben führt. Theoretisch könnte man auf den Schwellen der sicher schon lange nicht mehr genutzten Bahn – ein Wägelchen steht noch am Ende der Schienen – nach oben zum Berg Flad klettern, um die Aussicht auf den Fjord zu genießen aber wir sind ja gerade erst auf der Straße von oben mit Blick auf den Fjord gekommen. Was letztendlich mit der Bahn transportiert worden war, konnten wir bislang leider nicht recherchieren.

Wir haben uns für heute in den Kopf gesetzt, in Kirkehamn auf der Insel Hidra zu übernachten. Also gehen wir zunächst weiter auf die Suche nach den risikoreichen Stellen auf der Fv44 – finden aber nach wie vor nur eine Straße, die zu unserer Freude die Landschaft sehr geschickt in Szene setzt ohne uns in irgendwelche Bedrängnis zu bringen. Wir biegen kurz vor Flekkefjord nach Kvellestrand ab und hoffen, dass wir noch eine Fähre auf die Insel Hidra bekommen. Alles kein Problem, wir erwischen die Fähre und lassen uns Dank unserer Fährenkarte für nur ein paar Euros zum Fähranleger nach Launes auf der Insel Hidra schippern.

Auf einer kleinen Straße bringen wir die letzten 6 Kilometer bis Kirkehamn hinter uns. Am Hafen haben sich schon einige Wohnmobile eingefunden – ausnahmslos Norweger. Es ist 18.00 Uhr und wir erfahren, dass wir zum Skalldyrfestival eine Stunde zu spät kommen sind. Dieses Festival findet einmal im Jahr statt und die Gäste haben die Möglichkeit, am ganzen Nachmittag für einen festen Betrag ihren Hunger mit Schalentieren; also Krebsen, Krabben etc. zu stillen. Dass wir dafür zu spät gekommen sind, ist natürlich schade und uns bleibt nichts anderes übrig als zum Abendessen am Wasser zu grillen.

Eigentlich auch nicht schlecht. Wir wollen uns nach dem Essen gerade noch auf ein Bierchen neben unseren Rudolph setzen, da spricht uns eine Norwegerin auf Englisch an, dass wir doch auf keinen Fall alleine sitzen und uns mitsamt unseren Stühlen zu ihren Freunden gesellen sollten. Dort wird Musik gemacht; einer der Freunde hat ein Akkordeon dabei, seine Frau spielt E-Gitarre und man versichert uns, dass sie gerne in Deutschland Urlaub machen und Deutsche auch in Norwegen gerne gesehen sind.

Wir dachten eigentlich, dass das große Zelt am Ende des Hafens ein Überbleibsel des Schalentierfestivals sei aber wir hatten uns getäuscht. Immer mehr Menschen steuern das Zelt an, aus dem dann ab 22.00 Uhr bis spät in die Nacht richtig gute Musik strömt.

In Kirkehamn werden offensichtlich alle Festivitäten rund um Mittsommer gelegt und man kann so von einer Fete in die nächste purzeln; denn Mittsommer ohne ausreichend Alkohol ist eher undenkbar…   Kirkehamn ist ja schon ziemlich weit im Süden Norwegens, so dass wir zwar in der Zeit um den längsten Tag des Jahres liegen es aber dennoch um Mitternacht fast ganz dunkel wird und sich die Lichter der Häuser am Hafen romantisch im Wasser spiegeln.

Am nächsten Tag nehmen wir denselben Weg zurück von Kirkehamn zur Fähre, biegen nach der Überfahrt auf die E39 ein, überqueren bei Feda auf der imposanten Fedafjord-Hängebrücke den gleichnamigen Fjord um gleich nach der Brücke im knapp 2 Kilometer langen Teistedaltunnel und nach einem kurzen Tageslichtabschnitt im 3 Kilometer langen Vetlandtunnel wieder zu verschwinden.

Fedafjord-Brücke

Leider ist von dem schönen Abendhimmel nichts übrig geblieben; es nieselt trübe vor sich hin und man fühlt sich eher in den November als in den Hochsommer versetzt. Jeder Leuchtturm ist ein wenig anders, weshalb wir uns den Lista Fyr auch noch anschauen wollen. Aber aufgrund des regnerischen Wetters kann man den Lista Fyr, der nun wirklich so aussieht, wie man sich einen Leuchtturm vorstellt, noch nicht einmal richtig fotografieren. Bis zur Leuchtkuppel hoch zu kraxeln, um dann die nicht vorhandene Aussicht zu genießen, verkneifen wir uns und lassen uns im Hafen von Borhaug direkt am Hafenbecken nieder.

Das Wetter wird besser – na ja, sagen wir mal, trockener – so dass wir ohne Regen bis zum Ende der ewig langen Hafenmole wandern können.

Nach einer ruhigen Nacht und wieder besserem Wetter geht die Reise über Farsund und immer möglichst nahe  an der Küste verlaufenden Sträßchen wieder Richtung E39. Im Augenwinkel sehe ich einen Hafen mit seltsam anmutenden Schiffen an der Halbinsel Halmsund. Das müssen wir näher erkunden. Egal von welchem Winkel aus wir die Schiffe ansehen; uns kommt kein zündender Gedanke, was der Nutzen sein könnte. Nebenbei bemerkt machen die Schiffe auch den Eindruck als wären sie bereits an ihrem Lebensabend angekommen.

Auf einem menschenleeren Firmengelände in einer Riesenhalle beschäftigt sich gerade ein einsamer Mann mit der Beladung seines Lkw. Holzplatten und Paletten sind in der Halle gespeichert. Der Mann erklärt mir freundlich in gebrochenem Englisch, dass er mit den Schiffen nichts zu tun hat und keine Ahnung hätte, zu welchem Zweck sie gebaut worden waren. Ein paar hundert Meter weiter freut sich ein Mitarbeiter in einem Handel für Fischer und Sportboote über mich als neuen Kunden. War wohl nichts – ich stelle wieder die Frage nach dem Zweck der Schiffe und er sagt, dass – soweit er weiß – es sich um Schiffe zur seismologischen Untersuchung des Meeresbodens handle. Also eventuell hochtechnisierte Suche nach Bodenschätzen. Die Schiffe liegen wohl schon eine Zeitlang vor Anker und er wüsste auch nicht, ob sie je wieder verwendet werden sollen oder gar abgewrackt werden. Im Nächsten Fjord, soll es auf alle Fälle noch mehr von den futuristisch aussehenden Forschungsschiffen geben. Die App MarineRadar spuckt als Zweck nur „Forschungsschiff“ aus und nennt 2011 als Baujahr und Nassau auf den Bahamas als Heimathafen. Für Baujahr 2011 sehen die Schiffe reichlich – na sagen wir mal „gebraucht“ aus.

Wir bleiben immer noch südlich der E39 auf den kleinen Straßen bis wir in Baly Brygge ankommen. Baly Brygge macht auf uns den Eindruck eines etwas sterilen, für den Tourismus aus dem Boden gestampften Ortes mit größtenteils nagelneuen Ferienhäusern inklusive Bootshäusern anstatt Garagen, einem unromantischen Hotel mit vielen Meerblick-Zimmern und dem Restaurant „Under“.

Das Restaurant macht von außen den Eindruck als sei ein Betoncontainer versehentlich ins Meer gerutscht. Tatsächlich ist der Betonklotz absichtlich ins Meer gerutscht, damit ein Teil unter der Wasseroberfläche liegt und den Gästen das Dinieren auf höchstem Niveau aber unterhalb der Wasseroberfläche ermöglicht.

Das Restaurant öffnet nur abends und bietet, soweit wir im Internet recherchieren konnten, ausschließlich ein 18-gängiges Menü zu einem Preis an, der für zwei Personen alternativ auch eine weitere Reparatur unseres Rudolph ermöglicht hätte. Getränke kommen noch dazu. Also nix mit Krabbenbrötchen oder Lachs in Dillsauce. Wir sind uns nicht einmal sicher, ob das Restaurant zu dieser Zeit überhaupt geöffnet hätte; denn die Tür war versperrt und es gab keinerlei Hinweis auf Tischreservierung etc. Also brauchen wir unsere Reisekasse nicht noch weiter strapazieren und beschränken uns darauf, die Videos zum Bau und Bilder über das Innenleben des Restaurants in einem Informationskiosk zu betrachten.

Gerade mal um eine Felsnase herum wacht ein überlebensgroßer aus Moos und anderem Grünzeug gebauter Hund über den Zugang zu einer Galerie in einem Holzhäuschen.

Die Galerie besteht aus sehr wenigen Bildern – eigentlich muss man Werken sagen, denn ein Screenshot auf hinterleuchtetem Glas zeigt z.B. den Schiffsverkehr aus der MarineRadar-App im Nachtmodus und kann doch nicht einfach als „Bild“ bezeichnet werden – sieht aber dennoch ansprechend interessant aus. Leider können wir hier kein Foto anbieten.

Von den Ohrenquallen und den Spiegeleiquallen haben wir sehr wohl Fotos, denn diese beiden Quallenarten tummelten sich in Großfamilien entlang der nahen Bootsstege.

Die meisten Reiseführer empfehlen dringend den Besuch des Lindesnes Fyr, eines Leuchtturms, der sich diesmal an der südlichsten Spitze Norwegens befindet. Vor dem Leuchtturm erstreckt sich ein riesiger Parkplatz, auf dem man gegen Gebühr auch mit dem Wohnmobil übernachten darf – sofern noch ein Platz frei ist.

Die Touristen strömen in Scharen, bevölkern das Besucherzentrum mit angeschlossenem Cafe und Souvenirshop. Mit dem Lösen der Eintrittskarte darf man auf das Gelände des Leuchtturms und auch in den Leuchtturm selbst. Da der Leuchtturm, wie üblich, an exponierter Lage mit guter Sicht aufs Meer gebaut wurde, hatten sich während des zweiten Weltkriegs auch noch ein paar Bunker dazu gesellt.

Wenn auch durch den Leuchtturm das Südkapp gekennzeichnet wird, so ist er für uns, die südwärts reisen, anders als für die meisten anwesenden Touristen, einfach ein weiterer Leuchtturm. Da die Saison in Norwegen gerade begonnen hat, ist dieser Leuchtturm für die Reisenden, die gerade in Kristiansand mit der Fähre angekommen sind, eines der ersten Sehenswürdigkeiten in dem Land mit den schroffen Küsten und eben den vielen Leuchttürmen.

Der Parkplatz übt für uns bezüglich der Übernachtung keine übermäßige Anziehungskraft aus, weshalb wir noch einmal 30 Kilometer zu einem ruhigen Campingplatz fahren, wo wir die idyllische Abendstimmung genießen dürfen.

Im Hafen von Kristiansand erleben wir einen Mix aus einem alten Dreimastsegler, einem in modernster Architektur gebauten Verwaltungsgebäude, einem völlig überdimensionierten Kreuzfahrtschiff für 6600 Passagiere und 1500 Besatzungsmitglieder und einem fast nagelneuen Katamaran, der auch große Wohnmobile und Sattelschlepper in seinem Maul wie kleine Fische einsaugt und uns mit 51.000 PS nach Dänemark bringen soll.

Die Überfahrt mit gut 65km/h findet für uns inklusive  Snackbuffet in der Lounge unterhalb der Brücke statt.

Vom Hafen Hirtshals in Dänemark sind es bis nach Hause mehr als 1100 Kilometer, so dass wir noch ein paarmal Zwischenstation machen. Der erste Stopp ist in Aarhus, der zweite dann in Gadebusch auf einem Wohnmobilstellplatz, den wir im vergangenen Jahr als erste Besucher nach der Eröffnung genutzt hatten. Stolz zeigt uns der Betreiber, was sich seit dem vergangenen Jahr geändert hat. Es gibt jetzt neue Sanitäranlagen, man kann auf der Wiese richtig schön im Grünen stehen, kann den Pavillon zum Grillen nutzen oder wenn einem danach ist auch Wein oder hochwertiges Hundefutter kaufen.

Nicht zuletzt könnte man theoretisch nach der Besichtigung seines fast 30 Jahre BMW-Cabrios sogar eine Ersatzpflugschar oder andere Teile für landwirtschaftliche Maschinen kaufen, denn das ist eigentlich das Hauptbusiness des sympathischen Stellplatzbetreibers.

Ganze 25 Kilometer weiter in Richtung Süden entdecken wir eine gigantische Halle, die teilweise auf hohen Stelzen steht. Es ist die Ganzjahres-Skihalle Alpincenter bei Wittenburg.

Wir kommen gerade aus einem Land, in dem wir auf den aus dem Schnee gefrästen Straßen gefahren waren, mit Skilangläufern, die den in höheren Lagen noch reichlich vorhandenen Schnee zur sportlichen Betätigung nutzten, mit Temperaturen, die selten an die 20°C-Marke herangekommen waren und stehen jetzt bei 30°C vor einem Gebäude mit Adresse „Zur Winterwelt“, das mit hohem Energieaufwand auch das Skierlebnis im Sommer ermöglicht. Jedem das Seine denken wir uns und Schmunzeln über den Wegweiser zum Alpincenter…

Nach einem weiteren Stopp in Thüringen steht noch der Besuch der Enkelkinder, die Oma und Opa nach fast zwei Monaten endlich wiedersehen wollen, an und dann geht’s mit den unterschiedlichsten Eindrücken einer äußerst abwechslungsreichen Reise wieder nach Hause, wo wir beim Sortieren der Unmengen Fotos die Tour noch einmal Nacherleben können.

Und das war die ganze Reise

Bemerkenswert

Ausgebremst und dann unters Meer – Norwegen (Skandinavien 2022 Teil 6)

In Sauda können wir beim Frühstück am Meer beobachten, wie ein riesiger Frachter mit zwei Bugsierschiffen in Richtung Anleger des Sauda Schmelzwerks geschoben wird, wo mit der Ladung des Frachters dann hochwertige Manganlegierungen hergestellt werden.

Bei der Weiterfahrt bleiben wir der 520 treu, die jetzt aber wieder zur „harmlosen“ Uferstraße geworden ist. Kurz bevor wir zum kleinen Fähranleger von Ropeid abbiegen – der nach unserem Eindruck nur noch selten in Betrieb ist – passiert dann wieder etwas Unerwartetes.

Rudolph macht mit der gelben EDC-Kontrollleuchte auf sich aufmerksam, reduziert die Motorkraft auf ein Minimum und versucht sich bei einer Maximalgeschwindigkeit von 30km/h von irgendeinem Wehwehchen zu erholen. Für mich als Fahrer ist das weniger erholsam als vielmehr erschreckend. Also lassen wir uns langsam zum Fähranleger rollen, machen den Motor aus und befragen das Internet, was wohl unser Problem sein könnte. EDC steht für „Electronic Diesel Control“ und verwaltet die optimale Mischung aus Luft und Diesel für den Antrieb. Wesentlich schlauer bin ich mit diesen Informationen auch nicht geworden. Also tue ich das, was jeder andere Laie auch tun würde; ich starte den Motor einfach neu und siehe da, die Kontrollleuchte ist erloschen, der Motor läuft rund und wir fahren vom Fähranleger wieder zurück zur Kreuzung der 520 mit der 46. Blöde Elektronik denken wir uns und sind froh, dass Rudolph wieder zu alter Frische zurückgefunden hat und jetzt auf der 13 weiterrollt. Unser Plan war, uns mit ein paar Fjordüberquerungen nach Westen vorzuarbeiten und dann mit der langen Fähre von Arsvagen nach Mortvika und Richtung Stavanger zu fahren. Das wären laut Google 162 Kilometer. Nach ca. 10 Kilometern wird unser Plan allerdings erneut durch die EDC Leuchte und Leistungsschwund ausgebremst. Glück im Unglück haben wir, weil uns das Problem in Norwegen ereilt – in einem Land, in dem der Sicherheitsabstand immer eingehalten wird. In Deutschland wären die mit wenigen Metern Abstand hinter uns Fahrenden bei der plötzlich absackenden Geschwindigkeit schon laut hupend und schimpfend in das Heck von Rudolph gekracht – was das Problem auch nicht gelöst hätte. Entweder – so überlegen wir – ist uns Rudolph böse, dass wir seine Verstimmung beim ersten Mal nicht ernst genommen hatten oder wir sind ein Opfer der Trolle geworden, die ja angeblich nur darauf warten, irgendjemandem einen Streich zu spielen. Da wir nicht wissen, wie oft uns die Elektronik noch ausbremsen wird oder ob wir dann irgendwann komplett stehen bleiben, scannen wir das Internet vorsichtshalber nach der nächsten IVECO Werkstatt, die in einem Vorort von Stavanger sein soll und täglich um 15.30Uhr schließt. Bis dorthin sind es noch gut 110km Landstraße – es ist jetzt 13.45Uhr – also heute nicht zu schaffen. Daher steuern wir den schön im Grünen und am Meer gelegenen Stellplatz in Halandsosen an, genießen den Abend und hoffen, dass Rudolph und/oder die Trolle so gnädig gesonnen sind, dass wir am nächsten Tag die IVECO-Werkstatt erreichen können.

Noch mindestens zwei oder drei Mal werden wir durch EDC schlagartig vom sportlich sprintenden Rentier zum kränklich humpelnden Rentier. Auf der Fähre von Nesvik nach Hjelmeland steht neben uns ein uralter Citroen 2CV Kombi, der aus Frankreich kommend die Welt erkunden möchte und den wir noch ein paarmal wiedersehen werden. Trotzdem der alte 2CV extrem schwach motorisiert ist, kann er uns an der nächsten Steigung locker überholen, weil wir mal wieder in den Kriechgang zurückgeschaltet wurden. Ein touristisches Highlight und eine besondere Herausforderung für unser lahmendes Rentier liegt noch vor uns – der Ryfylketunnel, der uns unter dem Meer durch nach Stavanger bringen soll. Der Ryfylketunnel wurde erst vor zwei Jahren eröffnet, ist 14,4 Kilometer lang und verläuft an der tiefsten Stelle 291m unter der Meeresoberfläche. Damit ist er der längste und tiefste Straßentunnel der Welt. Wir sehen zwar das Risiko des nächsten EDC-Problems mitten im Tunnel (es wäre sicher eine interessante Bereicherung unserer Reise, wenn wir Pannenhilfe im Tunnel bräuchten), wollen aber doch nicht auf die Fähre ausweichen, weil wir mit der Tunneldurchfahrt (wenn keine Probleme auftreten) deutlich schneller als mit der Fähre in der Werkstatt sein würden.

Im Tunnel können wir sogar den französischen Oldtimer Weltenbummler wieder überholen und folgen bei strömendem Regen unserem Navi zu IVECO. Zumindest denken wir das, bis wir in wenig besiedeltem Gebiet in einer Sanddünenlandschaft plötzlich nahe am Meer sind. Mist – Anstatt IVECO als Ziel einzugeben, hatte ich einen Campingplatz angeklickt, den wir NACH dem Werkstattbesuch anfahren wollten. Und so nähern wir uns unaufhaltsam der Schließung der Werkstatt an diesem Freitag schaffen es aber doch noch, 45Min. vor dem für die Mechaniker beginnenden Wochenende auf den Werkstatthof zu rollen. Sehr kundenorientiert kümmert sich auch gleich ein Mechaniker mit seinem Computer um Rudolph. Der Computer spuckt als Ergebnis aus, dass eventuell irgendetwas mit dem Turbolader nicht stimmt. Ein Schubgestänge für die Verstellung des Turboladers wird geschmiert, die Mechaniker wünschen uns viel Glück bei der Weiterfahrt und gehen ins Wochenende. Wir hoffen, dass das Problem erledigt ist, und lassen uns jetzt zum zweiten Mal zum Campingplatz Oelberg führen. Der Regen prasselt herunter und wir stellen uns auf das erstbeste Stück Wiese. Ein Erkundungsspaziergang am Abend führt uns zu einem Bunker aus dem zweiten Weltkrieg, der oben auf einer Felsnase mit strategischer guter Sicht gebaut worden war.

Ab diesem Zeitpunkt werden wir immer wieder die noch verbliebenen und nicht kaputt zu kriegenden Forts und Bunker an der Westküste Norwegens als trauriges Erbe des Krieges finden. Der nächste Tag beginnt mit Sonne und wir wechseln erstmal den Platz, um unser Lager dann direkt hinter den Dünen aufzuschlagen. Wir entscheiden uns für einen Ausflug, der als ausgewiesener Wanderweg um die Felsnase herum empfohlen ist. Wir kraxeln Klippen hinauf, stapfen mit den Weidekühen durch sumpfige Wiesen und überklettern Weidezäune – aber wir genießen auch die schönen Blicke auf dem Rundweg.

 Am darauffolgenden Sonntag biegen wir gerade vom Campingplatz auf die Straße, da sehen wir auf einer Wiese gegenüber eine Vielzahl alter VW-Busse und VM-Käfer. Der VW-Klubb veranstaltet hier ein Treffen und das müssen wir natürlich in unserer Kamera mit nach Hause nehmen.

Der Himmel verfärbt sich schon wieder gefährlich in Richtung dunkelblau aber wir lassen uns davon nicht beeindrucken und steuern die drei im Felsen steckenden Riesenschwerter in Stavanger an.  Das Monument „Sverd i Fjell“ soll an das Jahr 872 erinnern, in dem Harald Schönhaar Norwegen zu einem Königreich geeint hatte. Das Denkmal selbst symbolisiert mit den drei Schwertern Frieden, Einheit und Freiheit und ist erst im Jahre 1983 entstanden. Für das obligatorische Foto suchen wir vergeblich nach einem Parkplatz – keine Chance, denn an diesem Wochenende findet ebenfalls zum Gedenken an das Jahr 872 hier ein Wikingerfest statt und die Norweger strömen trotz mittlerweile heftigem Regen aus allen Richtungen heran. Für mein Erinnerungsfoto parke ich einfach kurz neben der Straße, nehme patschnasse Kleidung in Kauf und stapfe durch tiefe Pfützen, um das ersehnte Erinnerungsfoto zu bekommen. Noch nie hatte ich derart nasse Bilder geschossen.

Das Wikingerfest können wir aufgrund des nicht vorhandenen Parkplatzes und wollen wir auch aufgrund des Wetters nicht besuchen. Wir starten daher wieder und wollen in Richtung Süden an der Nordseeküste entlang fahren. Leider hatten sich doch wieder die Trolle eingeschlichen und schalteten nach wenigen Kilometern erneut die EDC-Kontrollleuchte mit dem bekannten Leistungsverlust an. Wir überlegen, ob es Sinn macht, zu versuchen, möglichst weit in den Süden zur nächsten IVECO-Werkstatt in der Nähe  von Kristiansand zu kommen, geben den Plan aber nach dem nächsten „Trolleingriff“ nach 30 Kilometern auf. Zurück zur Werkstatt in Stavanger sind es 40 Kilometer, bis nach Kristiansand knapp 200 Kilometer. Also wieder zurück. Im Industriegebiet direkt vor der Werkstatt übernachten wir und leisten uns als einziges echtes Highlight an diesem Sonntag eine hervorragende Pizza bei einem Spaziergang rund um unseren „idyllischen“ Übernachtungsplatz.

Bei Öffnung der Werkstatt am Montagfrüh um 7.00 Uhr stehen wir  wieder auf der Matte und  der Norweger an der Kundendienstannahme meint: „then we have to do something“. Er schiebt uns am selben Tag ein und um die Mittagszeit herum ist die Ursache gefunden. Ein Luftschlauch am Turbolader ist aufgerissen, die Luft entweicht bei Belastung und gelangt nicht mehr in den Motor.

Da das Ersatzteil nicht verfügbar ist und eine Bestellung 2 Tage dauern würde, bietet uns der Mechaniker an, den identischen Schlauch aus dem Vermietfahrzeug der IVECO-Werkstatt auszubauen und bei mir einzubauen. Um 13.30 Uhr ist der Spuk vorbei – die Trolle ziehen wahrscheinlich beleidigt ab, weil sie nicht gewonnen hatten – unsere Reisekasse ist um 500€ leichter geworden und Rudolph kann wieder tief durchatmen und bietet auch Leistung ohne Ende. Der Mechaniker konnte sich zwar den Schaden nicht richtig erklären aber letztendlich deuteten die vielen nadelartigen Einstiche in den Schlauch, die dann zum Aufreißen unter Druck geführt hatten, nicht auf das Werk von Trollen sondern eher von einem Marder hin. Wahrscheinlich hatten wir den Schaden schon lange im Gepäck und bei den anstrengenden Berg- und Talfahrten hatte der Schlauch eben irgendwann den Geist aufgegeben. Wir sind jedenfalls froh, dass wir wieder nach Stavanger zurückgefahren waren und jetzt noch knapp 10 Tage Sightseeing in Südnorwegen vor uns hatten.

Nochmals steuern wir den Campingplatz Oelberg an – die Strecke ist uns ja mittlerweile wohlbekannt – sehen auf dem Weg eine Neubausiedlung, bei der an einem Hang eine maximale Anzahl von (wahrscheinlich teuren) Häusern mit Meerblick gebaut worden waren und erholen uns von dem Schrecken bei strahlendem Sonnenschein am Strand.

Die weiteren „bahnbrechenden“ Ereignisse sind, dass Almut Seetang findet, der das Aussehen von grünen extrem langen Spaghetti hat und in einiger Entfernung mal wieder ein Kreuzfahrtschiff vorbei zieht.

Auf dem Nordsjövegen folgen wir dem Hinweis auf einen uralten Friedhof bei Bore. Nun ja, von dem Friedhof sind noch eine frisch gemähte Wiese und ein paar wenige in der Wiese liegende Grabsteine übrig. Der Ort ist idyllisch aber es ist schon etwas Phantasie gefragt, um sich hier ein Kulturdenkmal vorzustellen…

Ein Stück später, in einsamer landwirtschaftlich genutzter Landschaft fallen uns riesige Hallen auf. „Industrie mitten in der Landschaft?“ grübeln wir. Nein, wir sind in der Region angekommen, in der die schmackhaften (und die schmecken wirklich gut) norwegischen Tomaten wachsen. Natürlich in Gewächshäusern und natürlich mit künstlicher Beleuchtung, damit der Ertrag auch in den weniger lichtintensiven Monaten gesichert werden kann.

So, und ab jetzt weisen immer häufiger Leuchttürme auf die nahe Küste hin. Der Obrestad Fyr („Fyr“ steht für Feuer oder Leuchtfeuer) ist der erste und dabei auch ein Leuchtturm, der nicht die erwartete hohe, runde Form hat. Neben einem verschachtelten Haus, in dem es auch eine Gebetsstube gibt, findet sich die Glaskuppel auf dem eckigen Turm das Zeichen dafür, dass es sich um einen Leuchtturm handelt. Denn beim ersten Hinsehen, erweckt das Gebäude den Eindruck einer Kirche mit teilweise verglaster Kirchturmspitze. Für 50 NOK pro Person führt uns ein Mann durch das Gebäude, zeigt uns den großen Dieselmotor zur Stromerzeugung und zur Erzeugung des Luftdrucks für das Nebelhorn und erklärt einiges zur Geschichte des Leuchtturms.

Über eine schmale, steile und gedrehte Treppe dürfen wir auch ganz nach oben zur Glaskuppel mit den zu Linsen geschliffenen Scheiben, um das Licht auch möglichst weit draußen für die Schiffsführer sichtbar zu machen und sie vor Berührung mit den Felsen vor der Küste zu bewahren.

Noch einmal lassen wir uns von unserem Reiseführer zum Besuch eines alten Friedhofs ein paar Kilometer überreden. Es ist der alte Friedhof von Varhaug. Wenn man deutsche Friedhöfe kennt, dann kann man nur wenige Gemeinsamkeiten erkennen. Der Friedhof ist noch ein Betrieb, auf einer Seite reihen sich in einer Wiese neuere Grabsteine  und auf der anderen Seite, neben dem Kirchlein, das gerade mal 12 Trauergästen einen Sitzplatz anbieten kann, stehen uralte Metallkreuze mit weitem Abstand in der Wiese. Richtige Gräber mit angehäufelter Erde und bunten Bepflanzungen sind scheinbar nicht üblich.

Aus dem am Leuchtturm noch trüben Wetter wird jetzt wieder heftiger Regen, so dass wir zunächst im „Café Rudolph“ eine  kleine Nachmittagspause einlegen – in der Hoffnung, dass das Wetter nicht unter dem Einfluss der Trolle steht und bald wieder freundlicher wird. Eine der von uns genutzten Stellplatz-Apps preist den kleinen Madland Hafen als geeigneten und kostenlosen Übernachtungsplatz an. Der Hafen wirkt verlassen und mit den dunklen Wolken auch etwas mystisch. Ein niederländisches Wohnmobil steht schon da; daneben gibt es noch ein einigermaßen ebenes Stück Wiese, welches wir uns aussuchen. Im Laufe des Abends kommen immer wieder ein paar Männer angefahren, die ihre Boote zu Wasser lassen um fischen zu gehen. Nur noch von Hobbyfischern würde der Hafen genutzt, weshalb übernachtende Wohnmobile auch nicht stören, erzählt man uns.

Zu der Zeit als noch richtige Fischkutter den Hafen angelaufen hatten, war wohl auch einmal sehr schlechtes Wetter gewesen, denn ein paar hundert Meter neben dem Hafen liegt der vor sich hin rostende Bug eines Fischkutters. Der Kapitän hatte wohl weder Leuchtfeuer noch Nebelhörner wahrgenommen oder der Sturm war einfach so stark gewesen, dass der Fischkutter sich nicht mehr steuern ließ. Das Wrack liegt, dem Grad der Verrostung nach zu urteilen, schon einige Jahrzehnte auf der Wiese, die eigentlich den dort weidenden Schafen vorbehalten ist.

 Bis auf die Rettungsaktion eines einwöchigen Kalbes, das zwischen die Felsbrocken auf der Weide geklettert war und von selbst nicht mehr herauskam, sind aus dem kleinen Hafen von Madland keine weiteren spektakulären Ereignisse zu berichten. Mit dem Leuchtturm von Kvassheim, nur wenige Kilometer weiter südlich, präsentiert sich uns wieder ein Gebäude, das so gar nicht das typische Klischee eines Leuchtturms bedient. Es könnte sich auch um ein kleines Industriegebäude oder ein landwirtschaftliches Lagerhaus handeln, wenn da nicht an der Seitenwand ganze 4 Nebelhörner montiert wären und auf dem Dach eine Art Panoramafenster mit der Lichtquelle richtig Meer blicken würde. Das Leuchtgebäude liegt an einem kleinen Fischerhafen und wird von uns als einer der weniger attraktiven Leuchtfeuer abgehakt.

Es ist der letzte Schultag in Norwegen, vom Schulgelände neben dem riesigen und menschenleeren Sandstrand von Bursand quäkt eine Stimme, die das Abschlusssportfest organisiert aus einem Lautsprecher, die Sonne scheint wieder – ein echter Relaxtag.

Nahe dem Hafenörtchen Sirevag findet sich das gleichnamige Küstenfort ebenfalls aus der Zeit des zweiten Weltkriegs. Ein riesiges Felsengelände ist komplett mit Gängen durchlöchert und oben drauf finden sich ein Paar Betonkuppeln  mit Sehschlitzen in Richtung Meer. Nicht auszudenken, wieviel Sinnvolles man mit dem vielen Geld, das hier für Felslöcher ausgegeben worden war (die auch noch niemals genutzt worden waren), hätte erreichen können. Aber die vermeintliche Intelligenz der Menschen fordert wohl immer wieder hohe Ausgaben, um Streit und Kampf zu finanzieren. Eigentlich seltsam.

Wenn man nicht auf die Verteidigungsanlage sondern nur auf den Hafen und das weite Meer blicken möchte, sollte man sich um eine der mit gläsernen Balkons versehenen Panoramawohnungen in Sirevag bemühen.

An der alten Bahntrasse kurz vor Egersund schlagen wir dann auf einem Wanderparkplatz unser Nachtquartier auf. Nur 8 Kilometer sind es auf der alten Bahntrasse nach Egersund. Also packen wir unsere Fahrräder aus und freuen uns auch eine gemütliche Radltour auf der sicherlich ebenen Bahntrasse. Weit gefehlt. Immer dann, wenn die neue Bahnstrecke einen Teil der alten Trasse nutzt, wird unser Weg steil nach oben über den Berg verlegt – so dürfen wir auf den wenigen Kilometern eine Berg-und Talbahn mit vielen steilen Anstiegen und Abfahrten nutzen, bis wir in der Altstadt von Egersund mit pittoresken Holzhäuschen und reichhaltig vorhandenen Baustellen ankommen.  Wir nutzen denselben Weg zurück und machen kurz Rast am alten Bahnhof, der offensichtlich zur typischen Urlaubszeit der Norweger nach Mittsommer zu einem Cafe- oder Biergarten erwachen wird. Tische und Bänke stehen schon auf der Wiese und warten auf die Mittsommerfeierlichkeiten am nächsten Tag.

Bemerkenswert

Mal oben, mal unten – Norwegen (Skandinavien 2022 Teil 5)

Vom in dieser Jahreszeit noch wenig besuchten Campingplatz Utladal brechen wir in Richtung Laerdal auf. Wir wissen, dass in der Nähe von Laerdal mit 24,5km Länge der längste Straßentunnel der Welt beginnt. Auch wenn es nur ein Tunnel ist, sollte man das Erlebnis „Tunnel“ einmal mitgemacht haben. In Laerdal selbst gibt es den Altort und daher legen wir zunächst mal einen Stopp zur Besichtigung ein. Liebevoll renovierte alte Holzhäuser laden zu einem Spaziergang ein. Manche der Häuser sind verziert; so auch das altehrwürdige „Hotel Laerdal“. Ein paar Ecken weiter kann man sehen, wie nüchtern und – zumindest für uns – wenig einladend man mit viel Beton ein neues Hotel bauen kann, das keinerlei Flair ausstrahlt und so aussieht, wie tausende anderer Hotels auf der Welt. Wahrscheinlich sind wir einfach etwas zu romantisch.  

Laerdal zieht aber offenbar, wenn es nach den Autos geht, auch Reichtum an, denn die Bentleys, Porsches, Ferraris und Lamborghinis geben sich hier ein Stelldichein, das wir nicht erwartet hätten.

Bei mäßigem Wetter waren wir in Laerdal angekommen aber das Wetter hatte sich vom ersten Schritt in Laerdal an gebessert, so dass wir jetzt, nach einer sonnigen Kaffeepause und einem ausgiebigen Erfahrungsaustausch mit einem Ehepaar, das wir auf dem Rundgang durch Laerdal kennen gelernt hatten, beschließen, noch etwas Kultur zu genießen. Wir fahren zur ältesten Stabkirche Norwegens, der Kirche von Borgund und kommen gerade noch rechtzeitig vor der Schließung an. Und wer steht wieder neben uns auf dem Parkplatz, das Ehepaar aus Laerdal und so wird auch die Besichtigung wieder eine „gemeinsame Aktion“. Wir hätten uns also in Laerdal gar nicht verabschieden müssen. Ein Zimmermann aus Deutschland erklärt uns, dass mit den  namensgebenden Stäben der Kirche die tragenden Pfeiler gemeint sind, die jeweils komplett aus einem Baumstamm geschnitten sind. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge wurde das Bauholz im Winter 1180/1181 gefällt. Von außen ist die Kirche mit Pech vorm Wetter geschützt – offensichtlich sehr erfolgreich, denn die Kirche hat als eine von ehemals über 1000 Stabkirchen mit weiteren 27 Kirchen die Jahrhunderte überlebt.

Die E16, eine wichtige Ost-West-Verbindung in Norwegen verläuft durch mehrere Tunnel. Parallel zu den Tunnels existieren aber immer noch die  alten Straßenabschnitte, die um die untertunnelten Berge herumführen. An einem Parkplatz an einer dieser Straßenabschnitte fast ohne Verkehr parallel zum Seltatunnel nisten wir uns für die Nacht ein und hören nur das Rauschen des Flusses, der wenige hundert Meter entfernt von uns in einem gewaltigen Wasserfall herunterkracht.

Und wer ist auch auf dem Parkplatz, natürlich Erika und Walter, das Pärchen, das wir in Laerdal getroffen hatten. Später am Abend werden wir von den beiden noch zu einem Wein eingeladen und tauschen dann Adressen und Telefonnummern aus mit der festen Absicht, den Kontakt auch in Deutschland nicht abreißen zu lassen.

Am nächsten Tag geht’s nach OBEN – wir steuern die Aurland-Passstraße an, die erst seit wenigen Tagen nach der Wintersperre wieder geöffnet worden ist. Mal sehen, was uns da oben erwartet. Das Wetter spielt mit, die Sonne scheint. Der Wegweiser sagt uns, dass wir nach 43 Kilometern in Aurland ankommen werden, welche Eindrücke wir unterwegs haben werden, wissen wir noch nicht. Die Verkehrsdichte auf der Straße kann man am besten mit den mitten auf der Straße ausruhenden Schafen beschreiben.

Wir fahren in sattem Frühlingsgrün einen Fluss entlang, das Navi zeigt einen stetigen Anstieg. Schon kurze Zeit später wechselt die Farbe Grün zu Weiß. Rechts und links der Straße stehen noch hohe Schneewände. Die Straße ist eng, so dass Anhalten zum Fotografieren nicht immer möglich ist. Aber am Flotvatnet gibt’s einen Parkplatz, so dass wir den Wasserfall, der über eine steile Felswand in den See stürzt, erwandern und natürlich auch fotografieren können.

Der Wind weht kalt. Ein paar Kilometer später ist die Passhöhe erreicht; Zeit für eine Kaffeepause mit überragendem Panoramablick aus unserem rollenden Cafe und wieder angenehmen Temperaturen im Sonnenschein.

Jenseits der Passhöhe haben wir das Gefühl, immer mehr in den Sommer zu fahren; beim Stegastein, einer gläsernen Aussichtsplattform mit wirklich atemberaubendem Blick über den Aurlandsfjord, strahlt die Sonne warm. Und wir scheinen gerade zum richtigen Zeitpunkt am Stegastein angekommen zu sein, denn nicht nur Touristen mit ihren PKW und Wohnmobilen parken hier, sondern auch ca. 20 blitzblank herausgeputzte Oldtimer verschnaufen hier von der Auffahrt aus Aurlandsvangen. Fast alles sind in Amerika hergestellte Fahrzeuge aus den 30er Jahren.

Wir freuen uns , dass wir wieder einmal zufällig zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort waren, denn 10 Minuten später machen sich die Oldtimer schon wieder weiter in Richtung Passhöhe auf und wir können in Ruhe den überwältigenden Ausblick von der gläsernen Plattform genießen.

Nach den letzten Serpentinen laufen wir in Aurlandsvangen ein und tanken erstmal, denn der Dieselpreis liegt bei „günstigen“ €2,29. Wir übernachten auf dem schön gelegenen Campingplatz und machen uns am nächsten Morgen auf zur Durchfahrt des Laerdaltunnels.

Eigentlich fahren wir so wieder zurück nach Laerdal aber wir wollen einfach einmal wieder durch den längsten Straßentunnel fahren. Ca. 5km nach Einfahrt in den Tunnel weitet sich die Tunnelröhre zu einer Art riesigen Grotte, die blau beleuchtet ist und den Eindruck einer Eishöhle vermittelt. Hier darf man sogar stehen bleiben (und fotografieren), was eine Gruppe Ferrarifahrer auch tut, bevor sie mit lautem Getöne umdrehen und wieder zurückbrausen. Im Laufe des Tunnels kommen noch zwei weitere „Eisgrotten“, die letztendlich auch dazu einen Beitrag leisten, die Fahrer aus der eintönigen Dunkelheit wieder aufzuwecken.

Wir waren ja in die verkehrte Richtung gefahren; daher drehen wir nach Verlassen des Tunnels wieder um, um die Tunneldurchfahrt noch einmal von der anderen Seite zu genießen. Grundsätzlich sind Tunnels in Norwegen keine Seltenheit und am Ende unserer Reise werden wir durch deutlich mehr als 50 oder 60 Tunnels gefahren sein und wer denkt, dass ich dabei jede kleine Eisenbahnunterführung mitgezählt habe, dem sei gesagt, dass nur Tunnels mit mehreren hundert Metern Länge und oftmals sogar mehreren Kilometer Länge gezählt wurden. Als wir nach der Rückfahrt in Aurlandsvangen wieder aus dem Tunnel fahren und an unserer Tankstelle vom Vortag vorbeikommen, ist der Dieselpreis um stolze €0,40 gestiegen – Glück gehabt.

Der nächste Stopp ist im Ort Flam, dem Ausgangspunkt der berühmten Flamsbahn, die ohne Zahnradunterstützung von Meereshöhe in Flam nach Myrdal in einer Höhe von 866m fährt. Auf halbem Weg ist ein Fotostopp an einem Wasserfall und eine Elfe singt mystische Lieder für die Touristen. Die Bahn bewirbt sich selbst mit dem Slogan „One oft he world’s most beautiful train journeys.“ Trotzdem lassen wir uns dieses Spektakel entgehen, weil wir es einerseits schon einmal vor vielen Jahren erlebt hatten und weil die Wolken den Regen irgendwie nicht am Himmel festhalten konnten und so die Bahnfahrt ein paar Punkte auf der Beliebtheitsskala nach unten gerutscht war.

Im Hafen finden wir neben dem vor sich hinrussenden Kreuzfahrtschiff MS Deutschland, das in 39 Folgen „Traumschiff“ seit 1999 die Hauptrolle gespielt hatte, den Hinweis auf das erste vollelektrische Schiff, dessen Batterien in nur 25 Minuten wieder aufgeladen sind und immerhin eine Reichweite von 40 nautischen Meilen (rund 70km) hat.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass auch wir auf einigen rein elektrisch betriebenen Fähren über die Fjorde transportiert wurden. Die armdicken Kabel an den Anlegern waren nicht zu übersehen.

Am Parkplatz des Viking Valleys in Gudvangen, in dem die Wikingerwelt lebendig dargestellt werden soll, beschränken wir uns auf ein paar Fotos der von den Felswänden herunter stäubenden Wasserfälle und ein Softeis – das Leben der Wikinger müssen wir für €21.- pro Person nicht unbedingt sehen.

Etwas zu früh im Jahr versuchen wir festzustellen, wann die nächste Fähre durch das Weltnaturerbe Näroyfjord nach Kaupanger fährt und lernen, dass der Fährbetrieb erst in ein paar Wochen beginnt. Also machen wir uns wieder auf eine Bergfahrt, diesmal zum Stalheim Hotel. Das Hotel war ursprünglich aus Holz gebaut und ist dreimal abgebrannt, bevor man den genialen Einfall hatte, die vierte Version zumindest teilweise aus Beton zu bauen. Die Terrasse des Hotels bietet einen sehr schönen Ausblick in ein grünes Tal – heute allerdings nur, wenn man strömenden Regen mag.

Wir folgen dem Hinweis zum Skjervsfossen (Skjervswasserfall), aber das Wetter lädt nicht zu eine längeren Spaziergang ein – selbst der Troll, der im nahegelegenen Ort Granvin das Jaunsenhotel bewacht, hat schon seinen Schirm aufgespannt.

Durch den 7,5km langen Vallaviktunnel, an dessen Ende sich im Tunnel sogar ein Kreisverkehr befindet und der durch das mit 23m Höhe höchste Tunnelportal der Welt auf die imposante Brücke über den Hardangerfjord überleitet, fahren wir in Richtung Kinsarvik.

Von dort aus wollen wir mit der  Fjordfähre zunächst nach Utne  und von dort aus nach Kvanndal. Der ursprüngliche Plan wäre eine Übernachtung auf dem hoch über dem Sörfjord gelegenen Campingplatz Lofthus mit Aussicht sowohl auf den Fjord als auch auf  den Folgefonngletscher und einen der am höchsten herabstürzenden Wasserfälle zu übernachten aber das Wetter rät uns, den Plan wegen schlechter Sicht eher fallen zu lassen. Also zweimal Fähre fahren bis Kvanndal und dann weiter in Richtung Westen über die ebenfalls imposante Fyksesundbrücke in Richtung Norheimsund.

Warum Norheimsund? Ganz einfach dort findet man den Steindalsfossen. Diesen Wasserfall sollte man besuchen, weil man hinter dem Wasserfall durch die Felsen laufen kann und das ist ja nun wirklich nichts Alltägliches.

Das Städtchen Norheimsund mischt unterschiedlichste Baustile und wie es scheint, können durch die geschickte Bebauung wirklich viele Bewohner den Meerblick am Hardangerfjord genießen. Norheim besitzt sogar einen Stadtstrand, der bei unserem Besuch aber menschenleer war, weil bei knapp über 10°C Lufttemperatur und strömendem Regen noch nicht einmal die Norweger Lust verspürten, baden zu gehen, obwohl niedrige Temperaturen oder Regen oftmals kein Hinderungsgrund für ein Bad im Meer sind.

Vielleicht sollte ich bei dieser Beschreibung der lokalen Wetterlage einmal erwähnen, dass Freunde und Verwandte zur selben Zeit unter einer Hitzewelle in Deutschland mit bis zu 38°C litten. Ich überlasse es dem Leser darüber zu urteilen, wer nun zur rechten Zeit am rechten Ort war.

Natürlich wollen wir nicht denselben Weg, den wir gekommen waren, auch wieder zurückfahren. So fahren wir auf der 576 und der 48 in Richtung Süden bis nach Gjermundshamn, von wo aus die Fähren nach Arsnes und Varaldsoy ablegen. Zuerst übernachten wir noch auf einem nagelneuen Stellplatz in Royrane und verbringen eine wunderbar ruhige Nacht am See.

Wir wollen in Gjermundshamn nach Arsnes.

Ach ja, ich vermute mal, dass in keinem Reiseführer zu finden ist, dass man bereits auf dem Weg nach Norheimsund an einem Rastplatz vorbeikommt, dessen Toilettenhäuschen so künstlerisch gestaltet ist, dass es als Kulisse in der Verfilmung von „Herr der Ringe“ dienen könnte und dass man – sehr zur Freude unserer Enkelkinder – auf dem Weg von Norheimsund  nach Gjermundshamn durch einen Ort namens „OMA“ kommt. Für uns sind das zwei Erlebnisse, die die Reise noch etwas abwechslungsreicher gemacht haben, auch wenn sich vielleicht sonst niemand dafür interessiert oder die beiden Orte überhaupt wahrnimmt.

Vielleicht werden auch die immer wieder nahe des Ufers befindlichen runden Netzgebilde der Fischzuchtfarmen nicht bewusst wahrgenommen – aus unserer Sicht wird auch mit diesen Bildern das Land Norwegen beschrieben.

Direkt neben der Straße kommt der Furebergsfossen herunter und duscht die vorbeikommenden Fahrzeuge.

  In Sunndal erweckt ein alter Segler und ein kleines ganz im alten Stil renoviertes Hotel unsere Aufmerksamkeit. Wenn wir nicht unseren Rudolph dabei hätten, wäre eine Übernachtung in diesem Hotel sicher ein besonderes Erlebnis.

Wir übernachten ein paar Meter weiter direkt am Meer und beglückwünschen unseren Campingnachbarn zum Anglerglück. Er hat einen wirklich schön gezeichneten Fisch am Haken. Leider, so erklärt er uns, hat der Fisch – ein Petermännchen – eine Rückenflosse und einen Dorn auf dem Kiemendeckel, die außerordentlich spitz sind und bei Berührung leicht stechen können. Dabei wird ein Gift freigesetzt, das extreme allergische Reaktionen mit heftigen Schmerzen auslösen kann, die sogar zum Tod durch Herzstillstand führen können. Unser Nachbar muss nun versuchen, sein Anglerglück ohne sich zu verletzen vom Angelhaken zu bekommen, um den Fisch dann wieder irgendwie ins Meer bugsieren zu können.

Ich habe tatsächlich noch nie in meinem Leben geangelt und überlege nun, ob ich wirklich eine besondere Schwäche zeigen würde, wenn ich Fisch auch zukünftig im Fischgeschäft kaufen würde….

Wenn das Gebirge gerade keinen Schatten auf den Folgefonngletscher wirft, kann man von hier unten eine der Gletscherzungen sehen, die sicher noch vor wenigen Jahren leicht zu erwandern gewesen wäre. Jetzt hat sich die Gletscherzunge schon so weit zurückgezogen, dass sie nur noch durch eine Klettertour erreichbar ist.

Das ist uns zu anspruchsvoll und so genießen wir den Abend in der lange nicht untergehenden Sonne am Wasser.

Die lange nicht untergehende Sonne wird auch bis Mitternacht von den Bauarbeitern genutzt, die wenige hundert Meter vor Sunndal eine neue Tunnelröhre bauen. An einem Ende des zukünftigen Tunnels wird schon reichlich Gestein aus der Röhre geholt, am anderen Ende ist noch kein Loch gebohrt und das zukünftige Tunnelportal nur auf den Felsen mit Farbe aufgesprüht.

Auch einen Tunnel konnten wir bislang noch nicht in seinem Entstehungsprozess sehen und freuen uns daher, dass wir wieder einmal zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort waren.

In einem langen Tunnel unterqueren wir den Folgefonngletscher, um von Odda aus auf schmaler Schotterstraße zum Parkplatz des Buerbreen zu fahren. Auch der Buerbreen ist schon so weit zurückgegangen, so dass man ihn ohne Kletterei nicht mehr erwandern kann. Die vorgeschlagene mehrstündige Wanderung würde nur ermöglichen, dem Gletscher etwas näher zu kommen. Also drehen wir nach ein paar herangezoomten Fotos um,

hoffen dass auf der schmalen Straße niemand entgegenkommt, was leider nicht in Erfüllung geht und den entgegenkommenden belgischen Fahrer eines VW-Busses trotz möglicher Ausweiche (die er aus irgendeinem Grund nicht nutzen will) ins Schwitzen bringt. Letztlich haben wir das Problem dennoch gemeinsam lösen können. Da wir ja jetzt mal wieder OBEN waren, ist die nächste Sehenswürdigkeit, der gewaltige Latefossen an der E13 kurz nach dem Sandvesee wieder unten zu bestaunen.

Und wir wären nicht im gebirgigen Norwegen, wenn es danach auf der E 134 nicht wieder nach oben ins Skigebiet Röldal ginge. Vor den verlassenen Hallen, die im Winter die Skifahrer aufsaugen, um sie mit allerlei Aufstiegshilfen zu den besten Abfahrten zu bringen, kommen wir mit einem Norweger ins Gespräch, der uns voller Stolz seinen Ur-Bulli (noch mit geteilter Frontscheibe) vorführt, den er wieder vollständig restaurieren will – was auch dringend notwendig zu sein scheint.

Irgendwie ziehen uns kleine Straßen und dabei insbesondere kleine Passstraßen magisch an. Wir biegen daher auf die 520 ab ohne zu wissen, wie sehr dort unsere Begeisterung für kleinste Passstraßen „belohnt“ werden wird. Eigentlich hätte es uns stutzig machen sollen, wenn unser Navi mir partout keinen Weg über die 520 anbieten wollte. Auf fast 800m Höhe mit Schneewänden links und rechts der Straße, die für den Rudolph schon nicht großzügig bemessen war, passiert etwas völlig Unerwartetes. Uns kommt ein 40t-Sattelschlepper entgegen.

Und ein paar Kilometer weiter kommt der nächste an einer noch engeren Stelle entgegen.

Noch nie hatte Rudolph so eng (max. 10cm Abstand) mit einem anderen Fahrzeug gekuschelt – ohne sich dabei zu verletzen. Aber mit einigen Malen Vor und Zurück in einer kleinen Ausweiche haben wir es dann doch geschafft und sind danach auf die Stelle der Straße weiter zugefahren, die mein Navi gerne vermieden hätte. Die Staumauer eines künstlichen Sees, auf der die Straße maximal 2,70 breit war. Für Rudolph mit seinen 2,30m Breite geht’s gerade noch, für den Fahrer des Sattelschleppers, der ja auch zwangsläufig drübergefahren sein muss, war es wohl noch ein Stück anspruchsvoller gewesen.

Am Ende des Tages landen wir in Sauda am Meer bei der Motorbootvereinigung und haben einen prima Ausblick auf die Schiffe, die in den Hafen von Sauda einlaufen.

Bemerkenswert

Nordkapp kann jeder – Norwegen (Skandinavien 2022 Teil 4)

Wir verabschieden uns von unserer Nachbarmöwe und dem überdimensionalen (wahrscheinlich namensgebenden) Metallfisch am Ortausgang, nutzen die vorzügliche und kostenlose Ver- und Entsorgungsstation, umrunden den Vanylvsfjord und steuern auf einer Halbinsel in Richtung Vestkapp.

Vom Nordkapp weiß man, dass man dort einmal gewesen sein muss – warum eigentlich? Meistens hüllt sich das Nordkapp in Nebel und beschränkt die Aussicht und letztlich ist es ein großer Parkplatz. Daher wollen wir herausfinden, wie es um das Vestkapp steht, von dem ich noch nie gehört hatte.

Das Wetter ist einigermaßen trüb aber trocken, wir biegen in die kleine, steile Bergstraße ab, die laut Wegweiser zum Vestkapp führt. Rudolph gibt sein Bestes, um den Parkplatz am Restaurant mit Panoramafenstern zu erreichen. Am Restaurant angekommen, stehen wir im Nebel mit nur 10m Sichtweite – also wie am Nordkapp.

Wenige Minuten trotzen wir Nebel, Wind und Kälte (4°C) und genießen den ‚spektakulären Rundumblick‘. Nichts wie weg entscheiden wir und lassen uns mit lauter Motorbremse wieder nach unten bis zur Hauptstraße rollen. Wir biegen zum letzten Dorf an der Straße, nach Honningsvag ab. Selbst das Dorf hat denselben Namen wie das letzte Dorf vorm Nordkapp. Da wir wieder unterhalb des Nebels sind, legen wir einen kurzen Stopp auf einem Parkplatz mit Sicht auf Honningsvag ein. Wir hören tierische Pfiffe und Schreie. Das sind doch Adler. Tatsächlich kreisen mehrere Adler, die offenbar irgendwo in der Felswand wohnen über uns. Mit voll ausgefahrenem Zoomobjektiv fangen wir sie in unserer Kamera ein.

Das war ein tolles Erlebnis nach dem ‚Panoramadebakel‘. Auf einem Minicampingplatz, der von Schweizern geführt wird und nur wenige Kilometer vom Vestkapp entfernt ist, beziehen wir unser Nachtquartier. Es gibt Schafe, Ziegen, Lamas und einen aufmerksamen Hund. Die kleinen Lämmer bekommen noch das Fläschchen, wobei Almut freudig mithilft und ich alles mit der Kamera festhalte. Wann hat man schon einmal Gelegenheit, selbst kleine Lämmer zu füttern.

Am nächsten Morgen trauen wir unseren Augen kaum – strahlend blauer Himmel, die weiße Kuppel, das Wahrzeichen des Vestkapps, die wir im Nebel noch gar nicht gesehen hatten, ist selbst von hier unten erkennbar. Also gibt es Frühstück in der Sonne und danach nochmals eine Fahrt auf der kleinen Straße bis zum Parkplatz am Restaurant.

Es ist Pfingstsonntag, das Restaurant wird erst um 12.00 Uhr öffnen und daher ist der Parkplatz bis auf ein weiteres Fahrzeug noch leer. Der Rundumblick ist bei diesem Sonntagswetter wirklich phänomenal. Wenn man nach Westen blickt, kommt laut Landkarte außer Wasser nichts mehr, bis man im Süden von Grönland ankommt. Ein tolles Erlebnis.

Auf der Weiterfahrt wird auf mehreren knallig bunten Schildern mitten in der Landschaft Bella’s Thai Mat angekündigt. Wir biegen in das Grundstück zum Imbisstand ein und lernen von Bella, dass auch Prinz Haakan schon bei Ihr gegessen hat – ganz ohne Leibwächter. Bellas Essen ist übrigens durchaus zu empfehlen.

Das nächste Highlight ist die Fahrt auf der RV15, dem Strynevegen. Nach den ersten Kehren erreicht man den Oystebrufoss an einem Parkplatz, von dem ein kleiner Pfad mit Geländer zu der besten Aussicht auf den laut herabtosenden Wasserfall führt.

Die 258 – also der alte Strynevegen über das Fjell – würde kurz danach abzweigen, ist aber leider wegen noch andauernder Wintersperre nicht befahrbar. Auf der RV15 geht’s durch mehrere kilometerlange Tunnel durch den Berg bis zur Abzweigung der 63, die zum Geirangerfjord hinunter und zum Nibbevegen auf den 1476m hohen Aussichtsberg Dalsnibba hinaufführt. Die Sonne scheint strahlend, so dass wir uns für den Aussichtsberg entscheiden. Die Straße ist gebührenpflichtig, so dass wir für den Genuss einer aus dem Schnee gefrästen Straße und den Panoramablick um 27.—Euro erleichtert werden. Aber ehrlich gesagt, ist die Straße außerordentlich ansprechend und die Aussicht vom  Dalsnibba auf den 7km entfernten Geirangerfjord, in dem sich immer ein paar Kreuzfahrtschiffe tummeln, ist wirklich überwältigend.

Das nächste Highlight wartet schon auf uns – eine gerade heruntergekommene Lawine hat die Zufahrt der 63 zurück zur RV15 versperrt. Etwa 25 Fahrzeuge vor uns ist die Straße mit Schneemassen zugeschüttet. Wir drehen um – ja das geht mit dem Rudolph auch auf kleineren Straßen – und fahren zurück zur Abzweigung des Nibbevegens. Über den Geirangerfjord auszuweichen macht keinen Sinn, weil der Weg uns einen zu langen Umweg bescheren würde. Also versuchen wir herauszufinden, ob und wann die Lawine geräumt sein würde. Das Statens Vegvesen, die Straßenverkehrsgesellschaft – so sagt man uns – veröffentlicht jeweils Updates zu allen Störungsmeldungen im Internet. Aber eben nicht hier an unserem Aufenthaltsort. Anders als fast überall in Norwegen, gibt es hier vor dem Hotel weder Telefon- noch Internetempfang. Also warten wir geduldig, bis ein Arbeiter, der seinen Feiertagsurlaub unterbrechen muss, auftaucht und sich mit einem mit Schneeketten bewehrten Radlader auf den Weg zur Lawine macht. Nach knapp 3 Stunden ist der Spuk vorbei und wir können die frei geräumte Straße wieder passieren, um zurück auf die RV15 zu kommen.

Am Billingen Pensjonat, dass im vorvorigen Jahrhundert eine Käserei war, finden wir an einem Wildwasserfluss einen wunderschönen Übernachtungsplatz. Am nächsten Morgen unternehmen wir eine Wanderung zu einer alten Holzbrücke, die auch schon um 1600 existiert hatte, dann aber vor ca. 30 Jahren zusammengebrochen ist und vor 15 Jahren originalgetreue wieder aufgebaut worden war.

Von einer früheren Reise erinnern wir uns, dass ein Stück weiter unten an der RV15 der Pollfoss (Wasserfall) auftauchen müsste. Dazu gehört auch ein Hotel, das außen wie drinnen wie aus dem Jahre 1900 anmutet.

Das Hotel hat geöffnet, die Außenterrasse wird gerade renoviert; also beschränken wir uns auf einen kurzen Blick in das Hotelinnere und schießen ein paar Bilder.

Wieder ein Stück weiter auf der RV15 erscheint uns an den Donfoss Stromschnellen ein riesiger Campingplatz auf den Felsen direkt am Fluss mit Swimmingpool und Dachterrasse erwähnens- und fotografierenswert. Hier sind wir schon wieder soweit hinuntergefahren, dass die Blätter an den Bäumen wieder normale Grüße haben.

Die Straße RV55 zweigt in Lom von der RV15 ab, heißt mit bürgerlichem Namen Sognjefjellsvegen und ist Nordeuropas höchste Passstraße mit einer Höhe von 1434m. Das klingt nicht besonders berauschend aber man sollte dazu wissen, dass die Vegetation auf dieser Höhe hier im Norden in etwa einer Höhe von 2500m in den Alpen entspricht. Die Straße beginnt in lieblicher Landschaft und führt uns zunächst zur Elveseter (das ist die Elfenalm) und einer riesigen Steinsäule mit eingemeißelten Bildern aus der Sagenwelt. Es handelt sich um die Wilhelm Rasmussen Sagensäule direkt bei der Elfenalm.

Einige Kilometer weiter auf 1071m Höhe folgen wir dem Hinweis auf einen Aussichtspunkt an der Jotunheimen Fjellstube.

Auf 1409m Höhe zeigen Skilangläufer ihr Können. Wir vermuten, dass es sich eventuell um Sportler aus der Nationalmannschaft handelte, da vor dem Sognefjells-Skicenter auch ein Mannschaftsbus und ein Kamerawagen zu finden war. 

Letztendlich kommen wir auf 1400m Höhe zum Ende unserer Tour für diesen Tag und quasseln – zunächst in der warmen Abendsonne, dann eingehüllt in dicker Jacke, mit anderen Reisenden bis spät am Abend bei ein paar Bierchen bis es uns um 23.00Uhr bei 10°C etwas zu frisch wird und wir gerne in den beheizten Rudolph umsteigen.

Am nächsten Morgen ist von der Sonne nichts mehr übrig, ein Mitarbeiter der Berghüttenbetreuung macht sich mit seinem Skidoo auf den Weg zur Arbeit und wir tuckern weiter zwischen Schneewänden die RV55 hinunter bis zum Abzweig zum Tindevegen.

Der Tindevegen ist eine Mautstraße, die vom Sognefjell über einen weiteren Passübergang nach Oevre Ardal führt. Die Straße ist relativ klein aber gut befahrbar. Auf der Passhöhe fragt uns der Fahrer eines entgegenkommenden Wohnmobils, ob die Straße in gutem Zustand und gut befahrbar ist. Natürlich bejahen wir und erst auf den letzten Kilometern kurz vor Oevre Ardal verstehen wir, warum er gefragt hatte.

Am Ende des Tindevegens reiht sich eine steile und enge Kehre an die andere und fordert das fahrerische Können schon etwas heraus. Noch bevor wir ganz unten in Oevre Ardal angekommen sind, füllen wir unsere Trinkwasservorräte mit reinstem Bergwasser (getestet!!!) auf und schwenken dann ins Utladal, um uns bei ein paar Fotos vom Hjellefoss den feuchten Nebel des Wasserfalls nicht nur um die Nase wehen zu lassen.

Bemerkenswert

Norwegen ist erreicht (Skandinavien 2022 Teil 3)

Nach unserem Aufenthalt in Sysslebäck am Klarälven erreichen wir bald die Grenze zu Norwegen. Dass es sich um die Grenze zu Norwegen handelt, erfährt man nur, wenn man in den Rückspiegel schaut und dort das Schild mit „Riksgrense Sverige“ entdeckt. Auch das halb verfallene erste Haus auf norwegischer Seite deutet eher nicht auf das Betreten des reichsten Landes in Europa hin.

Nach kurzer Fahrt erreichen wir am Tyskensee eine Art Feriendorf mit einem Rastplatz, an dem wir in der Sonne erst mal Pause machen und den Frühling genießen.

Bei Velta überschreiten wir einen Fluss und auch hier – wie oft in Norwegen oder Schweden – wird die Idylle mit Blumenschmuck hervorgehoben.

Wir fahren an der Glomma entlang, die (oder der Glomma?) immer breiter wird und spiegelglatt ist wie ein See. Eine Brücke spiegelt sich ganz deutlich im Wasser und ab Evenstad fahren wir auf einem kleinen Sträßchen entlang dem permanenten Spiegelbild.

Kurz hatten wir überlegt, ob wir uns den Parkplatz einer alten Holzkirche als Übernachtungsplatz wählen sollen aber irgendwie kam uns das so vor, als würden wir auf dem Präsentierteller stehen und um Besichtigung bitten.

Über eine kleine Schotterstraße rumpeln wir zum Fluss herunter und untersuchen die Gegend nach einem netten Plätzchen. Ein Bewohner eines etwas oberhalb liegenden Bauernhofs, der uns natürlich sofort entdeckt hat, versucht mir zu erklären, dass es eigentlich ungünstig wäre, am Wasser zu stehen, weil vielleicht Traktoren vorbeikommen oder sogar Wasser aus dem Fluss holen wollen. Die von uns bevorzugte Stelle ist aber breit genug für Rudolph und mindestens zwei Traktoren und so versichere ich dem Mann, dass er keine Bedenken haben muss, weil ich jederzeit wegfahren könnte, wenn weiterer Platzbedarf wäre. Ich frage mich, wie diese in höflichem Ton geführte Diskussion wohl in Deutschland verlaufen wäre…

Später am Abend können wir die über der Glomma untergehende Sonne ausgiebig genießen – ohne störende Traktoren.

Regentropfen, die auf unser Dach prasseln wecken uns nach ruhiger Nacht am nächsten Morgen. Das Wetter ist mit dunklen Wolken wenig einladend – na ja; gerade gut um ein Stück Strecke zu machen. Eigentlich wollten wir parallel zur E3 wieder mal auf kleiner Straße fahren aber irgendwie hatte die passende Abzweigung verpasst und bin direkt auf der E3 gelandet. Für norwegische Verhältnisse ist die E3 sehr intensiv genutzt und wir wundern uns über die Riesentrucks, die scheinbar noch nichts von norwegischen Geschwindigkeitsbeschränkungen gehört haben, weil sie einfach dahindonnern, obwohl Geschwindigkeitsüberschreitungen auch in Norwegen richtig teuer werden können. Nach einigen Kilometern stellt sich heraus, dass es vielleicht gar nicht so schlecht war, dass wir auf der E3 gelandet sind. An Bäumen befestigte bunte Geweihe und nicht zuletzt ein ca. 10m hoher glänzender Stahlelch heißen uns im Elchreich willkommen. Der Stahlelch steht unübersehbar an einem Rastplatz, glänzt wie frisch geputzt und muss natürlich nicht nur von uns, sondern auch von anderen Touristen trotz Regen von allen Seiten fotografisch eingefangen werden.

Den Jutulhugget, einen riesigen Canyon, finden wir auf der Landkarte vermerkt und machen ihn zu unserem nächsten Ziel. An der Zufahrt zu der Schotterstraße, die zum Jutulhugget Naturreservat führt, hält uns ein überdimensionaler Holztroll eine Infotafel, auf der keine Infos zu finden sind, vor die Nase. Den Troll hatten wir schon vor mehr als 10 Jahren auf einer Reise fotografiert; also wird uns der Canyon wahrscheinlich auch bekannt vorkommen.

Dem Regen trotzend balancieren wir auf den nassen Felsen in Richtung Schlucht.

Trotz schlechten Wetters ist der Anblick sehr imposant. Der Canyon liegt gut 30km nördlich von Atna, so dass wir diesen Streckenabschnitt aus zwei Perspektiven betrachten können, weil wir ja eigentlich in Atna zum Friisvegen, einer 1158m hohen Passstraße abbiegen wollten. Also wieder zurück in Richtung Atna und hoch auf den Friisvegen. Bei echt nasskaltem Wetter kommt für diese Passstraße nur mäßige Begeisterung auf. Immer höher geht’s und immer kleiner werden die Blätter an den Bäumen.

Für einen Moment hatte wir die Idee, in einer der Nebenstraßen zu übernachten aber entweder war der Weg schon fast schlammig oder wir stünden in einer wirklich öden Landschaft. Nein, das kann nicht das Ziel sein. Wir rollen auf der anderen Seite der Passhöhe am noch im Winterschlaf befindlichen Masaplassen Touristsenter vorbei wieder hinunter in wirtlichere Gegenden.

Und siehe da, extra für unsere Fotos der Ringebu Stabkirche kommt die Sonne nochmal heraus bevor wir in Ringebu auf dem Campingplatz – bei wieder beginnendem Regen und Straßenlärm von der viel befahrenen E6 – den Tag ausklingen lassen.  Die Stabkirche von Ringebu ist komplett aus Holz gebaut. Der älteste Teil datiert aus dem Jahr 1220, das Querschiff ist 1630 dazugekommen. Es ist schon erstaunlich, wie lange diese Holzkirchen die Witterung überdauern ohne nennenswerten Schaden zu nehmen.

Für den kommenden Tag haben wir uns etwas Unaussprechliches vorgenommen – die Kvitskriuprestene – das sind Erdpyramiden, die entstehen, wenn viele Jahre der Regen weiches Gestein auswäscht und eine Pyramide mit einem schweren Stein obendrauf solange stehenbleibt, bis die Pyramide so dünn wird, dass das Gebilde zusammenbricht. So ist es einigen der Erdpyramiden in den letzten Jahrzehnten schon ergangen, wie Bilder von vor 20 und vor 30 Jahren an der Infotafel belegen. Glücklicherweise sind noch ein paar Kvitskriuprestene übrig, so dass sich unser steiler Anstieg und das Erklettern der langen Holztreppe gelohnt hat. Man erreicht den Parkplatz für die Sehenswürdigkeit nach Entrichten einer Gebühr mit Kreditkarte an einer Schranke über mehrere km enger unbefestigter Piste. Entgegenkommen sollten dabei idealerweise nicht allzu viele Fahrzeuge.

Bezüglich Wasserfällen sind wir ja noch nicht sehr verwöhnt. Daher halten wir auf dem Rückweg von den Erdpyramiden auf der E6 kurz vor Otta an, um einen – wie wir denken – beeindruckenden Wasserfall zu fotografieren. Wir konnten ja nicht ahnen, dass dieser Wasserfall im Vergleich zu den noch folgenden einen geradezu lächerlichen Eindruck macht.

Der nächste Wasserfall an der E136 – der Skogagrovafoss ist nicht so tosend, dafür stürzt das Wasser umso höher im freien Fall herunter – auch nicht schlecht.

Wir übernachten an einer Straße, die um einen Berg herumführt, der heute im Vagstrandtunnel durchfahren werden kann. Daher ist auf dieser kleinen Straße so gut wie kein Verkehr mehr und wir freuen uns auf eine ruhige Nacht. Zum Frühstück kommt das Kreuzfahrtschiff AIDAperla auf dem Weg nach Andalsnes vorbei.

Leider schwächelt das Wetter wieder etwas, weshalb wir nach der Fahrt über die elegant geschwungene Tresfjordbrücke nur einen Spaziergang zu drei weiteren sehenswerten Brücken unternehmen.

Es sind die Straumenbrücken bei der Stadt Skodje; eine neue und zwei alte. Die älteste aus dem Jahr 1916 war bei ihrer Eröffnung sogar die größte Steinbrücke in Nordeuropa. Im Vergleich zur neuen Straumenbrücke macht die heute nur für Fußgänger freigegebene Brücke einen sehr gemütlichen, pittoresken Eindruck.

Leider müssen wir auch einen Teil des Tages für einen Werkstattbesuch nutzen, da irgendwas an der Lenkgeometrie unseres Rudolphs nicht stimmt. Genau genommen, ist das Problem schon seit Kauf vorhanden und niemand hatte es bislang vollständig beseitigen können. Da wir natürlich unangemeldet in der IVECO-Werkstatt auftauchen, möchte uns der Mann an der Serviceannahme trotzdem helfen und findet tatsächlich einen Mitarbeiter, der bereit ist, sich unseren Rudolph noch am selben Tag NACH DIENSTSCHLUSS vorzunehmen. Der Mechaniker ist der erste, der die Ursache erkennt und in knapp 3 Stunden beseitigt. Berechnet hat er uns sogar nur eine Stunde Arbeitszeit – diese Form der Kundenorientierung ist weit überdurchschnittlich und als wir gegen Abend zufrieden vom Werkstattgelände rollen, bezweifeln wir, dass so eine Aktion in Deutschland so einfach möglich gewesen wäre. Der Mechaniker freute sich übrigens sehr über eine Flasche unseres italienischen Rotweins, die wir noch übrig hatten. Bei der Kaffeepause vor dem Werkstattbesuch hatten wir Gelegenheit eine namenlose, nur noch mit einem Spanngurt zusammengehaltene, Wassermühle in unserer Kamera zu speichern – sogar der Mühlstein war noch im Mühlenhäuschen vorhanden.

Wir quartieren uns auf einem Campingplatz ein; die Rezeption ist nicht besetzt aber man kann eine Nummer anrufen. Die Dame am anderen Ende meint, dass ich mir einen Platz suchen sollte und sie dann SPÄTER mit mir Kontakt aufnehmen würde. Auch bis nach 11.00Uhr am nächsten Vormittag war der Zeitpunkt „Später“ offenbar noch nicht eingetreten, so dass wir uns hiermit für die kostenslose Gastfreundschaft bedanken. Unser gespartes Geld setzen wir für die Fährüberfahrt von Sulesund nach Hareid ein, die Dank unserer vor der Reise besorgten Fährenkarte auch für Fahrzeuge von der Größe Rudolphs nur ein paar Euro kostet.

Am Fjord entlang fahren wir bis wir bei Gurskoya eine Werft entdecken, in der gerade ein Schiff der Hurtigruten wieder auf Vordermann gebracht wird. Da müssen wir natürlich für ein paar Erinnerungsfotos von der Hauptstrasse abbiegen, denn so etwas sieht man ja nicht alle Tage.

Hurtigrutenschiffe fahren übrigens mit Biogas!!

Und schon landen wir bei der nächsten Fähre von Arvik nach Koparneset. Während die Bezahlung bei der ersten Fähre über eine kleine Box an unserer Frontscheibe, die Signale zur Identifizierung unseres Fahrzeugs beim Einfahren auf die Fähre sendet, erfolgte, werden jetzt auf der zweiten Fähre Fahrzeug und Kennzeichen von einem jungen Mann mit dem Handy fotografiert. Zwei Tage später erhalten wir per Mail die korrekte Rechnung – wieder nur ein paar Euro, weil die Box mit unserer Discount-Fährenkarte verbunden ist.

Die Gastfreundschaft in Norwegen spüren wir heute gleich noch einmal, indem wir den kostenlosen Wohnmobilstellplatz am Hafen von Fiska benützen dürfen. Wir sind an diesem Tag das einzige Fahrzeug und nur eine brütende Möwe leistet uns wenige Meter neben Rudolph völlig unerschrocken Gesellschaft.

Bemerkenswert

Von Öland in den Norden – Schweden (Skandinavien 2022 Teil 2)

Auf dem Rückweg vom Glaskunstmuseum kommen wir bei einem kleinen Schwedenhäuschen vorbei, das laut der überdimensionalen Schilder vorm Haus die beste Glaskunst beherbergt. Aus dem Dachfenster ruft uns ein älterer Mann auf Schwedisch zu, dass wir unbedingt hereinkommen müssen. Ich erkläre mit meinem einzigen schwedischen Satz, dass ich ihn nicht verstehe, worauf er sofort auf Deutsch umschaltet. Also gehen wir herein. Der gebürtige Kufsteiner erklärt uns für fast jeden ausgestellten Gegenstand, mit welcher Glastechnik er entstanden ist. Auch für das schwedische Königshaus hätte er schon gearbeitet und alle seine Werke sind Unikate und handsigniert. Aus unserer Sicht ist die Signatur nichts von übermäßigem Wert, da wir von ihm als Künstler noch nie gehört hatten. Aus seiner Sicht und insbesondere aus der Sicht der Preise, die er für seine Kunst aufruft, scheint die Signatur allerdings nahezu unbezahlbar zu sein. Nach seinen langen Erklärungen, verlassen wir ihn wieder, ohne etwas gekauft zu haben. Darüber ist er wenig begeistert. Wir genießen noch den warmen Frühlingsabend und machen uns am nächsten Tag in Richtung Insel Öland auf den Weg. Öland ist die Insel der Windmühlen. Angeblich gibt es noch um die 400 der verhältnismäßig kleinen und im Ganzen in den Wind drehbaren Exemplare. Zum Glück kann man auch in einige Mühlen hineingehen und so finden wir bei finsterem Himmel und kaltem Regen Schutz in den Mühlen mit der alten Mühlenmechanik.

Der Regen lässt nach und wir wagen, für eine Besichtigung zur Burg Ismanstorp aus dem Jahre 1634 abzubiegen. Mit viel Phantasie kann man sich vorstellen wie groß die heute komplett zerfallene Anlage wohl einmal gewesen ist.

Nur sehr wenige Besucher werden heute durch die Burg angezogen und noch weniger – genau genommen nur wir selbst – werden von der Kaffeestuga angezogen. Bei knisterndem Kaminfeuer erfreuen wir uns an Kaffee und einem Ministück Schokoladenkuchen mit einem Topping aus Sonnenblumenkernen.

An der Ostküste Ölands, in Bödahamn (Hafen von Böda) übernachten wir auf einem fast leeren Stellplatz.

Mit Freude stellen wir fest, dass der nächste Tag ein echter Frühlingstag ist und selbst das Meerwasser hat bereits 16°. Wieder einmal folgen wir einem der häufigen Hinweisschilder auf irgendwelche Sehenswürdigkeiten und landen bei einem Freiluftmuseum mit einem nachgebildeten Haus aus der Eisenzeit.

Leider kann man es noch nicht besichtigen, weil wir ja noch in der Vorsaison sind.

Ein echtes Highlight auf Öland ist der Küstenweg, der sich über 30 Kilometer an der Westküste entlangschlängelt. Das kleine Sträßchen beginnt bei eigentümlichen Felsformationen bei Byrum – den Raukarfelsen.

Entlang der Küstenstraße reihen sich verlassene Fischerdörfer,

wilde Steilküstenabschnitte, Wacholderheide und ein Meer der in den Alpen geschützten Küchenschellen.

Der nächste Fischerhafen ist Sandvik mit Schwedens größter Windmühle, die mittlerweile ein (derzeit geschlossenes) Restaurant ist, einem Geschäft mit Fischleckereien und einem Fischrestaurant direkt am Hafen, auf dessen Terrasse wir unseren Abend im Sonnenschein beschließen. Bis zum Sonnenuntergang dauert es noch ein wenig aber es lohnt sich.

Der Rest des Küstenwegs wartet noch einmal mit pittoresken aber unbewohnten Fischerdörfchen und seltsamer Steinmännchenkunst auf.

Durch die Ruinen des Schlosses Borgholm lassen wir uns mit einem elektronischen Guide auf unserem Handy führen, der uns detailliert über die Familienstreitereien der Eigentümer über mehrere Jahrhunderte informiert.

Irgendwie schaffen es Menschen nicht, in Frieden miteinander zu leben. Eigentlich schade, obwohl die Menschen ja von sich behaupten, die Krönung der Schöpfung zu sein. Na ja, Tiere kann man zu diesem Thema ja nicht befragen…

Bevor wir uns weiter in den Norden aufmachen, schauen wir nochmal bei unserem Sohn vorbei es gibt leckeren Quiche und einen langen Abend am Lagerfeuer. Echte Wildnisidylle.

Mehr oder weniger senkrecht nach Norden tuckern wir nun und kommen am komplett aus Holz gebauten Omberg Touristhotel vorbei zum Omberg Naturreservat am Vätternsee.

Zum Glück haben wir an diesem schönen Abend noch die Idee, einen steilen Pfad hinunter zum See zu gehen, um an einem Aussichtspunkt den Sonnenuntergang zu erleben.

Warum zum Glück? Am nächsten Morgen ist der Himmel wolkenverhangen, die Schweden kommen scharenweise, um an diesem arbeitsfreien Himmelfahrtstag Picknick zu machen und werden ebenso scharenweise kurz danach von Regengüssen zu anderen Freizeitbeschäftgungen überredet. Manche harren erstaunlich lange an den Picknicktischen aus bis der Regen doch zu heftig wird.

Und was machen wir? Der Besuch der Festung Vadstena kann ja auch bei Regen stattfinden aber der Regen ‚spielt nicht mit‘ und so können wir die von außen imposante Festung durch eine Toreinfahrt in den Innenhof trocken betreten. Wenn man nicht wüsste, dass der Innenhof zu der Festung gehört, würde man ihn für einen einfachen Parkplatz auf einem Hinterhof halten. Also beschränken wir uns beim Fotografieren auf die Außenseite und die schöne Lage am Hafen.

Die Schilder mit dem Sehenswürdigkeiten-Kringel kündigen jetzt das Medevi Brunn an. Als wir dorthin fahren wissen wir noch nicht einmal, dass es sich um ein Dorf handelt und erst recht nicht, dass es Skandinaviens ältestes Spa ist und von der Königsfamilie im 17. Jahrhundert als Badeort (daher: Brunn) genutzt wurde. Die Häuschen machen einen heimeligen Eindruck – manche sind bewohnt – die touristisch genutzten sind (noch) verschlossen und auch die uralte Apotheke kann ich nur das Fenster fotografieren.

Nach so viel Kultur muss jetzt wieder Natur kommen, weshalb wir den Vättern im Norden umrunden und zwischen die großen Seen zum deutlich kleineren Undensee im Nationalpark Tived steuern. Tived ist eines unserer Lieblingsziele in Schweden. Bislang gab es im Ort einen urigen kleinen Laden – aus dem Laden ist jetzt ein Feinschmeckerlokal geworden. Einkaufen kann man aber immer noch; doch ist aus einem Teil des ehemals einfachen Sortiments ein Feinschmeckersortiment geworden. Brot Käse, Bier, Milch und andere Produkte des täglichen Bedarfs kann man glücklicherweise noch immer kaufen. Alltag trifft Feinschmeckerei. Auf unserem Campingplatz fällt uns ein sogenannter Sambabus (VW Bus T1 mit vielen Fenstern) aus den 60er Jahren auf. Der Besitzer freut sich, uns zu erzählen, dass sein Bus aus dem Jahre 66 stammt und 21 Fenster hat. Ein weiteres dieser mittlerweile unbezahlbaren Schmuckstücke mit 23 Fenstern besitzt er auch noch. Als er ihn vor mehr als 30 Jahren – wie er sagt sehr günstig – gekauft hatte, war noch nicht absehbar, zu welchem Schatz sich das Fahrzeug entwickeln wird.

Die Wolfsklemme, eine Art Höhle, die wohl in der Eiszeit entstanden war, liegt mitten im Nationalpark, so dass wir sie bei strahlendem Sonnenschein mit unseren Rädern erkunden, um dann völlig aufgeweicht und fast erfroren wieder zu unserem Rudolph zurückzukehren. Innerhalb weniger Minuten war das Thermometer um satte 8° gefallen, der Himmel war plötzlich mit dunkelblauen Regenwolken zu aus denen der 7° Grad erfrischende Regen schauerartig herunterfiel. Der Rückweg war also keinesfalls eine Empfehlung für eine Radtour.

Nach der kalten Dusche sind wir perfekt auf die Reise weiter in den Norden eingestimmt. Der Skiort Branäs am Klarälven (letzter ungezähmter Wildwasserfluss in Schweden) ist im Sommer völlig verlassen. 3 hölzerne Sprungschanzen gibt es, die um die Wette verrotten. Auf eigene Gefahr könnte man über eine Treppe zur höchsten Schanze aufsteigen, steht auf einem Schild. Das ist doch eine echte Herausforderung für einen betagten Ruheständler denke ich und beginne, die Treppe soweit hochzuklettern bis ein auf die Treppe gestürzter Baum den Weiterweg versperrt. Gut die Hälfte habe ich ja geschafft und die Aussicht ist auch von hier aus schon beachtlich.

Direkt am Klarälven schlagen wir unser Nachtlager auf.

Nacht ist eigentlich das falsche Wort, denn richtig stockdunkel wird es hier oben überhaupt nicht mehr.

Irgendwas tut sich im Fluss – immer wieder kommen massenweise dunkle Schwanzflossen aus dem Wasser. Das sind die Lachse, die sich auf Ihrer Reise zu ihren Laichplätzen am Oberlauf des Flusses befinden. Sehr beeindruckend aber unmöglich zu fotografieren. Daher muss die Beschreibung genug sein. Vor dem Supermarkt im Ort stehen mehr norwegische Autos als schwedische – die Grenze ist nicht mehr weit und die Norweger kommen nach Schweden, um günstig einzukaufen. Wieviel günstiger Lebensmittel in Schweden sind, werden wir in Kürze in Norwegen selbst erfahren.

Elche haben wir bislang noch nicht entdecken können, aber immerhin ein Kranichehepaar mit Kind ist uns auf einer Wiese vor die Linse gelaufen.

Manche Urlauber lieben es, auf Wanderungen möglichst viele Kilometer in möglichst kurzer Zeit zurückzulegen, andere versuchen möglichst viele Kultursehenswürdigkeiten zu besichtigen – wir freuen uns gerne an der Natur und genießen die Stimmungen und unterschiedlichen Düfte der nach dem Winter wieder zum Leben erwachten Natur.

Bemerkenswert

In Richtung zweiter und dritter Frühling – Schweden (Skandinavien 2022 Teil 1)

Nun sind wir ja schon etwas älter aber genau genommen erwarten wir nicht einen zweiten oder dritten Frühling in unserem Leben. Zuhause war seit ungefähr zwei Wochen der Frühling mit angenehmen Temperaturen und buntesten Farben in der Natur eingekehrt.

Je weiter wir nach Norden fahren, umso vorfrühlingshafter wird die Natur. An der Südküste Schwedens ist schon alles grün und die Blätter an den Bäumen haben normale Größe, die Temperaturen in der Nacht liegen bei knapp 10°C.  Nur hundert Kilometer nördlich gibt es am 17.Mai noch Nachtfrost und die Blätter sind noch nicht an allen Bäumen herausgekrochen oder haben noch nicht ihre volle Größe erreicht, die Eisheiligen sind gerade seit 3 Tagen vorbei. Also erleben wir eine Art zweiten Frühling und wahrscheinlich werden wir im weiteren Verlauf unserer Reise in Norwegen noch einen dritten Frühling erleben. Aber eins nach dem anderen.

Ganz langsam haben wir uns über Thüringen und am Fleesensee vorbei dem Hafen von Sassnitz auf Rügen genähert. In Thüringen haben wir eine liebevoll gestaltete Quelle entdeckt, die mit ein paar Nachbarquellen zusammen bis in die 70ger Jahre ein ganzes Dorf mit Wasser versorgt hatte.

Sogar die Titanic hatten wir am Fleesensee gesehen (scheint also gar nicht untergegangen zu sein) bevor wir über die hohe Brücke auf die Insel Rügen gelangt sind. Noch ist auf der Touristeninsel nicht so viel los und wir finden leicht einen Stellplatz.

Wir hatten den Skane Jet Schnellkatamaran gebucht, der uns vom Hafen Neumukran mit 40.000 PS in 2Std.15Min. mit 65km/h in das schwedische Städtchen Ystad bringt.

Es ist übrigens nicht besonders gefährlich in Ystad – auch wenn Ystad wegen der vielen „Wallander-Krimis“ im Fernsehen ein eher krimineller Ruf vorauseilt.

Die steinzeitliche Steinsetzung Ales Stenar, nur knapp 20km von Ystad entfernt, ähnelt vom Aussehen und von der Bedeutung dem englischen Stonehenge. Dementsprechend viele Besucher treffen wir bei bestem Wetter auf dem Hügel an. Die meisten Besucher sind aber Schulkinder, die nach kurzer Zeit mit ihren Lehrkräften wieder verschwunden sind und Ales Stenar ist zu unserer Überraschung dann plötzlich fast menschenleer.

Wir decken uns in der Apfelgegend Kivik mit Cidre aus der alten Mosterei ein – und hier riecht es nicht nur nach Apfelblüten, sondern auch nach leuchtend gelb blühenden Raps und sehr intensiv nach Bärlauch

… und übernachten in Nogersund am Hafen bei – nennen wir es mal – „auffrischendem Wind“.

Das Naturreservat Järnvik bietet mit dem Hügel auf einer Halbinsel einen Super Panaromablick – und das Ganze auch noch mit blauem Himmel.

Bevor wir in das Glasreich nördlich von Emmaboda eintauchen, müssen wir zunächst alles, was wir für unseren in Schweden lebenden Sohn transportieren und mitgebracht haben, abgeben. Dieses Mal mussten wir auch unsere Duschkabine als Gewächshaus nutzen, denn wir haben auch Pflanzen im Gepäck, die zwar in Schweden gedeihen sollen aber ebenda nur schwer erhältlich sind.

Nach den „Lieferungen“ ist wieder etwas mehr Platz im Rudolph und so

steuern wir am nächsten Tag die Glasausstellung in Boda an. Wir kennen das Glasbläserhandwerk aus dem Bayerischen Wald aber auch hier in Schweden hat sich das Glaskunsthandwerk angesiedelt. Die Glaskunst zeigt Werke, die an türkischen Honig, oder geräucherte Würstchen erinnern und für die Heimwerker wurde sogar eine Akkuschrauber aus Glas nachempfunden.

Im Rahmen der Ausstellung haben wir die Möglichkeit zuzusehen, wie die Glaskunst direkt in der Werkstatt entsteht. (Die Öfen werden übrigens nicht mit Gas sondern mit Strom beheizt!!)

Bemerkenswert

Die letzte Woche der Nordlandreise (Schweden 2021_6)

An meinem Geburtstag fahren wir zu dem einsam gelegenen und liebevoll eingerichtete Ferienhaus unseres Sohnes, das gerade mal zwei Tage nicht von Gästen bewohnt ist.

Ganz in Familie gibt’s Kaffee und selbstgebackenen Zwetschgenkuchen bevor wir zu einer Bootstour auf den Läensee aufbrechen.

Leise säuselnd schiebt uns der Elektromotor über den stillen See zu einem abgelegenen Strand. Wir sind fast zwei Stunden auf dem See unterwegs und sind froh, dass wir am Ende etwas schneller als die dunklen Regenwolken wieder zurück sind. Das Wetter ist eben nicht mehr stabil – der Herbst wird hier in Schweden schon immer öfter sichtbar. Immer häufiger kommen auch die in Formation fliegenden Kraniche laut diskutierend hoch über uns auf ihrem Weg in den Süden vorbei.

Am nächsten Tag heißt es Abschied nehmen von der jungen Familie; wir machen uns weiter auf den Weg zur Fähre nach Trelleborg. Auch das letzte Stück Schweden bereisen wir nicht in einem Zug; denn ein paar Tage bleiben uns ja noch und wir wollen auch nicht viele Kilometer an einem Tag fahren. Also bleiben wir gleich an der Kirche des kleinen Dörfchens Vissefjärda hängen. Auch bei dieser Kirche steht der Kirchturm, wie ganz häufig bei alten Kirchen in Schweden  separat und ebenfalls, wie ganz oft, geht gerade jemand dem schwedischen Volkssport ‚Rasen Mähen‘ rund um die Kirche nach. Selbstverständlich ist es nicht mein Ziel, über jeden einzelnen Pilz zu berichten, den wir auf unserer Reise gesehen hatten (es waren unzählig viele Pilze) aber der gigantisch große Pilz, der sich an einem Baum angesiedelt hatte, erscheint mir doch erwähnenswert. Laut Internetrecherche handelt es sich um einen Schwefelporling, der, wenn er noch jung ist, mit einem Geschmack von Hähnchen essbar ist. Das Exemplar im Foto dürfte wahrscheinlich schon recht alt, weniger geschmackvoll und zäh sein.

Wieder über kleine Nebenstraßen steuern wir in Richtung Nogersund an der Südostküste. Der Sehenswürdigkeitenkringel weist dieses Mal auf das Göljahult Naturreservat hin. Gleich zu Beginn des Rundwegs steht ein sehr seltsamer Nadelbaum mit weich hängenden langen Zweigen. Soweit wir die schwedische Beschreibung verstehen, würde man in dem Naturreservat noch weitere seltene Pflanzen und Bäume finden. Na ja, soooo wichtig sind die Bäume auch wieder nicht. Außerdem lernen wir auf unserem  Weg, dass ‚Stockholm‘ angeblich die Hauptstadt Schwedens ist aber hier an unserer Straße aus gerade mal 3 Häusern besteht.

Auf der Halbinsel bei Nogersund haben sich schon einige Wohnmobile eingefunden und ihre Kühlerhauben in Richtung Meer gereckt. Die Sonne scheint, in der Ferne kann man die Insel Hanö sehen und es weht ein ordentlicher Wind. Ich sollte vielleicht sagen, dass wir meinten, dass der Wind schon recht kräftig sei, weil wir ja nicht wussten, dass es in der Nacht stürmisch würde.

Die ganze Nacht werden wir vom Sturm durchgeschaukelt, der Regen prasselt genau über unseren Köpfen an den Alkoven und die Befestigungslöcher der Dachreling wirken im Wind wie eine wenig musikalische Panflöte – erholsam schlafen geht anders. Morgens ist es windstill, Hanö ebenso wie  große Teile des Meeres sind im Nebel verschwunden; der Hafen wirkt in den Nebelschwaden mystisch.

Bei leichtem Nieselregen steigen wir für ein paar Fotos des Trolle Ljungby Schlosses aus. Besichtigung des Schlosses, zudem enorm große Ländereien gehören, ist ohnehin nicht möglich.

Also retten wir uns wieder ins trockene Führerhaus und biegen einige Kilometer später in den Ort Ahus ab. Entlang des fjordähnlichen, sehr lang gestreckten Bootshafens betrachten wir die luxurösen Villen am Ufer und die eleganten Yachten und kommen zu dem Eindruck, dass doch nicht alle Schweden ein ähnliches Einkommen beziehen – es gibt wohl doch den einen oder anderen Schweden, der etwas mehr ‚Glück im Leben‘ gehabt hat. Aber auch romantische alte Gassen finden sich in Ahus.

Der Größe der Parkplätze nach müsste der Strand von Friseboda im Sommer intensiv bevölkert sein. Jetzt steht außer uns niemand auf dem Parkplatz, auf dem Weg zum Strand wachsen ein paar Schopftintlinge und der Strand selbst ist menschenleer.

Würde die Luft nicht kühl sein, könnte man glatt in der Ostsee baden gehen – das Wasser wäre ausreichend warm. Je weiter man in Richtung Kivik (das wird ‚Schivik‘ ausgesprochen) kommt, umso mehr Apfelplantagen sind links und rechts der Straße zu sehen.

Kivk ist für alles, was mit Äpfeln zu tun hat, berühmt; im Sommer gibt es an einem Wochenende einen Apfelmarkt, der dann auch die Übernachtungspreise nach oben schnellen lässt. Jetzt, im Herbst hängen die Bäume zwar noch voller Äpfel, Touristen gibt es aber so gut wie keine mehr. Den Besuch der bekannten Mosterei hatten wir auf den nächsten Tag verschoben; für heute gibt’s nur noch einen kurzen Besuch bei einer steinzeitlichen Steinsetzung sowie einem Hügel aus aufeinander geschütteten Steinen, der sich als ‚Das Königsgrab‘ herausstellt. Scheinbar war der König ‚steinreich‘ gewesen.

Wir sammeln auf dem Campingplatz ein paar Pilze und genießen wieder einmal den Sonnenuntergang, bis es draußen zu kalt wird.

Am nächsten Morgen ist der Parkplatz an der Mosterei bereits gut gefüllt und der mit Trassierband gekennzeichnete Zugang zum Verkaufsraum lässt darauf schließen, dass es auch schon mal lange Schlangen vor dem Eingang geben kann. Heute ist der Ansturm dennoch erträglich und wir können in Ruhe zwischen Säften, Marmeladen und verschiedenen Cidres wählen. Die Mosterei hat keine Lizenz zum Verkauf von stärkeren alkoholischen Getränken, weshalb der maximale Alkoholgehalt bei 2,2% liegt.

Wir packen unsere ‚Beute’ in einen Karton und steuern auf der Küstenstraße die Felsritzungen hinter Simrishamn an. Wieder einmal freuen wir uns über die Wasserdichtigkeit unserer Kamera, denn das Wetter hat auf ‚Novemberregen‘ umgeschaltet, so dass die Kulturbegeisterung für die Steinritzungen (die dieses Mal nur 3000 Jahre alt sind) nach ein paar Minuten beendet wird.

In Skillinge werden die Yachten am Hafen auch schon eingewintert und wir hoffen, dass wir die berühmteste Steinsetzung Schwedens, Ales Stenar, ohne strömenden Regen besichtigen können. Leider wird unser Wunsch nicht erhört, so dass die Sehenswürdigkeit, die einen Fußmarsch von 2 Kilometern im Regen erfordern würde, noch ein paar Jahre ohne uns auskommen muss und sich ganz auf die jährlich 700.000 anderen Besucher konzentrieren kann.

Vorbei an Kürbisfeldern, auf einem Hügel wachenden oder in einer Hängematte schlafenden Kühen fahren wir nach Smygehuk, dem südlichsten Punkt Schwedens, der auch unser letzter Übernachtungsplatz werden soll.

Ausgeschlafen aber mit leerem Magen fahren wir die letzten 16 Kilometer zum Hafen von Trelleborg, in dem bereits unser Fährschiff Peter Pan mit einem leckeren Frühstücksbuffet auf uns wartet. Das Einchecken funktioniert schwedentypisch völlig problemlos ohne jegliches Personal. Das Buffet ist gut bestückt, das Restaurant jetzt um diese Jahreszeit ist fast leer, wir schlemmen am Fenster, bis wir pünktlichst um 10.00 Uhr in Richtung Travemünde ablegen.

Die Fähre Peter Pan weist eine Besonderheit auf: Sie ist im Jahre 2018 in der Mitte auseinandergesägt und um 30m verlängert worden. Jetzt ist sie fast 220 lang und bietet auf insgesamt 4 Decks und 3,67km Garagenplätze für den Transport von Autos an. Das mag sich im Sommer rentieren, jetzt sind nur ein paar späte Touristen wie wir und eine begrenzte Anzahl Trucks in den Garagen zu finden.

Nach den Kalkfelsen von Mön verfolgen wir in der Panoramabar, direkt unter der Brücke gegen 18.00 Uhr die Einfahrt nach Travemünde am leeren Strand vorbei.

Noch eine Übernachtung in Travemünde und dann geht’s mit einem kleinen Umweg über Osnabrück zum Besuch von Bekannten, vorbei an vielen alten Backsteinhäusern und später in Hessen an Fachwerkhäusern nach 55 Übernachtungen und 7200km Strecke wieder nach Hause, um möglichst bald die nächste Tour zu planen und wieder aufzubrechen.

Bemerkenswert

Vom Polarkreis wieder in den Süden (Schweden 2021_5)

Auf derselben Straße, auf der wir nach Jokkmokk gekommen waren, fahren wir die nächsten Kilometer wieder nach Süden und überqueren dabei noch einmal den Polarkreis.

Die Straße gabelt sich, wir folgen ihr in Richtung Südosten zum Storforsen. Das sind nicht irgendwelche Stromschnellen, sondern wie der Name sagt „die GROßEN Stromschnellen“. Die Dramatik der Natur steigert sich vom Parkplatz kommend ganz langsam; denn zunächst kommt man bei den Doda Falls vorbei. An den ‚toten Wasserfällen‘ fließt heute nur noch ein wenig Wasser, weil man den Fluss in der Vergangenheit etwas umgeleitet hatte, um die gefällten Baumstämme zielgerichteter flussabwärts schicken zu können.

Heute werden die Baumstämme natürlich mit gigantischen Holztransportern mit bis zu 9 Achsen vom Wald in die Sägewerke und Papierfabriken gebracht – die gewaltige Energie des Piteälven bleibt ungenutzt.

Und so überlegt man, ob man nicht wenigstens wieder Wasser durch die die toten Fälle leiten könnte. Dann wären allerdings die todesmutigen Sprünge einiger Jugendlicher in den stillen Armen des Flusses wohl nicht mehr möglich.

Wir entscheiden uns, in der Nähe von Pitea die Nacht bei einem Fischerbootshafen, dem Renöhamn zu verbringen. Zig Bootshäuser, in denen die Fischer (und wahrscheinlich auch etliche Freizeitkapitäne) ihre Utensilien unterbringen können, stehen am Ufer. Am Abend können wir noch beobachten, wie Männer zu einer Seenotrettungsübung ausrücken. Riesige Reusen deuten auf noch aktiven Fischerbetrieb hin und der Name eines Fischerbootes – „Polar AF“ – erinnert uns, dass wir uns noch sehr im Norden von Schweden befinden.

Wir unterhalten uns abends mit dem Hafenwart und – man glaubt es kaum – er kennt nicht nur das Minidorf, in dem unser Sohn seit ein paar Jahren im Süden von Schweden wohnt, die Schwester arbeitet sogar dort in dem mehr als 1300km entfernten  Altersheim. Die Welt scheint doch recht klein zu sein. In Pitea selbst findet man moderne Bürogebäude ebenso wie eine herausgeputzte Strandpromenade oder ein Bootsmuseum mit einem Glassboot.

Das ist kein Boot, das, wie man meinen könnte einen Glasboden besitzt, um die Unterwasserwelt beobachten zu können – nein es handelt sich um ein einige Jahrzehnte altes Schiff, auf dem ganz einfach Glass verkauft wird, was auf deutsch übersetzt „Eis“ heißt. Heute können wir natürlich kein Eis kaufen, denn auch in Pitea ist Saisonende und daher gibt es Eis erst wieder im Sommer kommenden Jahres.

Na dann fahren wir eben nach Jävre zu einem alten Leuchtturm, einer Fischräucherei und einer Raststätte, die ganz im Stil der 60er Jahre eingerichtet ist. Der Leuchtturm steht selbstverständlich noch, die Räucherei ist ebenso wie die Nostalgieraststätte wegen Saisonende geschlossen.

Leuchtturm von Jävre

Es ist im Moment nicht ganz einfach, Sehenswürdigkeiten zu genießen, die nicht rein natürlich sind. Ein natürlicher Ort könnte Byske Havsbad sein – also ein Badeplatz am Meer. Hinter dem menschenleeren Strand und dem  – wegen Saisonende geschlossenen Café Byscaya befindet sich ein Campingplatz mit großem Vergnügungsbereich mit Wasserrutsche etc. Es mag sein, dass der Campingplatz noch irgendwie geöffnet hat; die Rezeption und der Eingang zum Vergnügungsbereich mit Pool sind auf alle Fälle geschlossen, trotzdem heute ein  Supertag zum Baden wäre. Das Meerwasser ist zumindest ausreichend warm. Wir genießen den leeren Strand und malen uns aus, wie voll hier alles im Sommer sein könnte.

Letztendlich machen wir uns weiter in Richtung Süden zum Übernachtungsplatz Burea Bathamn auf, wo wieder einmal einen spektakulären Sonnenuntergang bewundern können, sogar eine Sauna am Stellplatz haben und letztendlich ruhig schlafen.

Der äußerste Zipfel einer Halbinsel – der Bjuröklubb – zieht uns magisch an. Auf den ersten Blick wenig spektakulär, wenn es da nicht die Landhebung gäbe. Seitdem am Ende der letzten Eiszeit die schweren Eismassen geschmolzen sind, steigt, das Land von der Eislast befreit kontinuierlich aus dem Meer auf. Der Wasserspiegel scheint also zu sinken; in Wirklichkeit steigt das Land pro Jahr ca. 9mm aus dem Meer auf. Wenn man etwas auf den Felsen herumkraxelt, findet man auch eine Markierung, die den Wasserstand vor mehr als hundert Jahren zeigt.

Einen Super-Ausblick hat man von dem in der Nähe liegenden Leuchtturm – auch hier gäbe es ein Cafe, das aber nur am Wochenende öffnet.

So lange wollen wir nicht warten und so ziehen wir weiter nach Ratan mit einem kleinen Hafen. Wir erfahren, dass dieser „kleine“ Hafen einst der bedeutendste Umschlaghafen in ganz Nordschweden war, weil es sich geschickterweise um einen natürlichen Hafen handelt. Von der großen Bedeutung spürt man heute nichts mehr, es finden sich nur noch ein paar private Boote und ein alter sowie ein neuer Mareograph. Der Mareograph misst exakt die Landhebung. Die Wissenschaftler Celsius und Linne waren die ersten, die Messungen machten und herausgefunden hatten, dass die Angst vor einem sinkenden Meeresspiegel unbegründet ist.

Der einst bedeutendste Hafen Nordschwedens

Über eine große Hängebrücke bei Umea geht es auf der E4 weiter in Richtung Süden.

Wir sind es gar nicht mehr gewöhnt, auf einer stärker befahrenen Straße wie der E4 zu fahren. Hier sind mehr Fahrzeuge, es wird schneller und hektischer gefahren und manchmal auch risikoreicher als auf den einsamen Straßen in der Wildnis. Die Folgen werden wir in Kürze noch spüren.

Wir biegen auf die Halbinsel nach Skeppsmalen ab und fahren bis ganz ans Ende. Dort gibt es nicht nur das in Schweden häufigere seltsame Lastenmotorrad und ein paar idyllische Fischerhäuschen zu sehen; es gibt auch einen Selbstbedienungsladen für gefrorenen und geräucherten Fisch. Das Wechselgeld liegt offen in einer Schachtel, für Scheine gibt es immerhin eine eiserne Box mit Schlitz. Ein paar Scheine wandern in die Box und eine paar Fische in unseren Kühlschrank.

Es gibt auch einen völlig menschenleeren Stellplatz. Zur Bezahlung soll man einen Mann anrufen, der auch nach wenigen Minuten auftaucht. Nein, die etwas schöner gelegenen, geräumigen Plätze auf dem großen Parkplatz dürfen wir solange nicht benutzen, solange wir nicht €10.— zusätzlich für Strom bezahlen; ansonsten können wir neben ein paar alten Containern in einer dunklen Ecke des Platzes übernachten. Für so viel Geschäftssinn bei einem völlig leeren, landschaftlich nicht reizvollen Parkplatz haben wir kein Verständnis und verabschieden uns von dem einzigen unfreundlichen Schweden in unserem Urlaub. Hier an der Höga Kusten sind Plätze zum freien Übernachten schwer zu finden, da am Ende eines jeden Miniweges letztendlich ein Wohn- oder Ferienhaus steht. Also steuern wir den Campingplatz Solbacken (Sonnenhügel) an. Der Übernachtunsgpreis ist genauso hoch wie auf dem überteuerten Parkplatz, die Aussicht ist überragend, die Ausstattung ist perfekt, sogar einen SwimmingPool gäbe es für die Nutzung bei etwas angenehmeren Temperaturen. Der Campingnachbar mit seiner Samifrau begrüßt uns freundlich und auch der Eigentümer sorgt mit seiner Höflichkeit und Freundlichkeit für angenehmen Aufenthalt. Aber nicht nur deswegen erwähne ich diesen Platz in Dekarnäs; nein auch weil wir hier auch den ersten alkohol- und rauchfreien Campingplatz in unserem Leben gestoßen sind. Warum eigentlich nicht!

Bei der Fahrt durch Örnsköldsvik fallen uns die 3 Sprungschanzen am Paradiskullen sowie ein buntes Haus mit besonders neckischer Architektur auf. Auf mehr ‚Stadt‘ steht uns der Sinn nicht.

Wieder auf der E4 meldet unser Navi einen mehrere Kilometer langen Stau voraus auf der E4, dem wir leider nicht mehr umgehen können. Ein Stau ist zwar auf den Straßen Schwedens eher etwas Besonderes aber bei einer knappen Stunde Stillstand fühlen wir uns dennoch nicht privilegiert. Es stellt sich heraus, dass an einer nur einspurigen Stelle ein Wohnwagenfahrer offenbar die Kontrolle über seinen Anhänger verloren hat und damit den Stau ausgelöst hatte. Zugfahrzeug und Wohnanhänger sehen nicht so aus als würde der Urlaub des Fahrers noch besonders entspannt werden.

Wir schauen, dass wir möglichst schnell wieder die E4 verlassen und auf kleineren Straßen die Natur und die Landschaft genießen können. Dazu ist der Höga Kusten Rundweg bestens geeignet. Auf einem Rastplatz lädt die nachgebaute Minisilhouette von Nordingra zu dieser wirklich interessanten und landschaftlich lieblichen Rundtour ein.

Ein paar Kilometer nach dem eigentlichen Ort Nordingra macht ein überdimensionaler Wasserkessel auf das Museum Mannminne aufmerksam.

Nach 16.00Uhr ist das Museum geschlossen aber wir können die im Freien stehenden Exponate in der Abendsonne und insbesondere vor dem Eintreffen der dunklen Regenwolke gerade noch fotografieren. Ein chinesischer Pavillon steht in Nachbarschaft einer Straßenbahn, eines Militärdüsenjets, eines Dampfschiffes, einer Tiefseetaucherglocke und noch einiger anderer Exponate, die man inmitten einer landwirtschaftlichen Gegend überhaupt nicht erwarten würde. Auch die Schriftzeichen des chinesischen Tierkalenders finden sich an einer Wand.

Interessant und irgendwie verrückt die Zusammenstellung. Nach einem ganz kurzen Schauer strahlt die Sonne wieder, so dass wir noch einmal abbiegen, um das Fischerdörfchen Bönhamn zu besuchen. Die Abendsonne taucht das Dörfchen in warmes Licht, die Häuschen mit dem Wasser im Hintergrund und den Trockengestellen für den Fisch erscheinen schon wieder wie die perfekte Postkartenidylle – es ist ganz still im Ort, nachdem der Betreiber der lokalen Fischräucherei auch noch nach Hause gefahren ist. Entspannung pur. Hier würde ich sofort meinen Wohnsitz aufschlagen wollen.

Ein paar Kilometer weiter genießen wir nochmals die letzte Abendsonne am Badeplatz Omnebadet bis es draußen richtig kalt wird und wir uns in unser rollendes Hotel zurückziehen.

Wieder für ein Stückchen auf der E4 fahren wir über Schwedens größte Hängebrücke, die Hogakustenbron. Die Pfeiler stehen fast so weit auseinander wie bei der Golden Gate Bridge – ein beeindruckendes Bauwerk; egal ob man drüber fährt oder es von unten betrachtet (das machen wir nämlich auch und fahren extra zu einer kleinen Nase, von der früher die Fähre über den Angermanälven gefahren ist).

Die Stadt Timrå erkennt schon weit vor der Stadtgrenze durch ein 30m hohes Kunstwerk, das in bunten Farben einem Ypsilon ähnelt. Um dieses Ypsilon herum findet heute eine Veranstaltung für Menschenrechte statt. Es gibt Informationsmaterial, Essen und Trinken und zur Beschäftigung der Kinder und Kind gebliebenen zeigen auch Seifenblasenartisten ihr Können. Das ist typisch Schweden und aus unserer Sicht auch sehr klug. Denn würde eine Familie zu einer Veranstaltung für die Menschenrechte kommen, wenn sie befürchten müssten, dass die Kinder gelangweilt den Informationswunsch der Eltern stören würden? Eher nicht.

Der Tag scheint sich zu einem ‚Brückentag‘ zu entwickeln, denn nur ein Stückchen weiter fahren wir über die geschwungene Sundsvallbrücke über den gleichnamigen Sund. Die Brücke ist noch sehr neu und wurde von der Firma Max Bögl aus Wien im Jahre 2014 fertig gestellt. Die Ästhetik der Brücke, sofern man bei massiven Betonbauwerken von Ästhetik sprechen kann, wird uns erst bewusst als wir die Pfeiler und den eleganten Bogen von unten ansehen. Und selbst für die Betrachtung dieser Brücke haben die Schweden in bester Aussichtsposition ein paar Ruhebänke und einen Grillplatz aufgestellt.

Wir folgen mal wieder dem Kringelzeichen, das auf Sehenswürdigkeiten hinweist.

In diesem Fall auf ‚Galtströms Bruk und Herrgård‘. Es stellt sich heraus, dass wir tatsächlich schon vor gut 10 Jahren diese Sehenswürdigkeit schon einmal besucht hatten. Eisenerz wurde hier verhüttet, die dafür notwendige Holzkohle selbst produziert und alles, was transportiert werden musste, von A nach B mit einer kleinen Schmalspurbahn gefahren. Oberhalb der ‚Industrieanlage‘ strahlt in einem parkartig angelegten Garten die weiß im Sonnenlicht leuchtende Unternehmervilla. Eisen scheint ein einträgliches Geschäft in Schweden gewesen zu sein.

Folgt der man der kleinen Straße am – wegen Saisonende geschlossenen Café – vorbei zum Meer, erreicht man einen Stellplatz für Wohnmobile und Anlegeplatz für Segelboote, der kostenlos sämtliche Serviceannehmlichkeiten bietet. Wie sich herausstellt, ist das nicht dem Erbe des ehemaligen Eisenproduzenten sondern dem Sponsoring von SCA, der bekannten Firma für Papierprodukte, zu verdanken.

Mit den endlosen Wäldern in Nordschweden haben sich natürlich auch einige namhafte Holzhandels- und Papierproduktfirmen hier angesiedelt.

Der nächste Tag soll im Zeichen lukullischer Genüsse stehen. Wir wollen in dem kleinen Fischerort Skärsa im  landesweit bekannten Feinschmeckerrestaurant ‚Albertina‘ zu Abend essen. Der Fischerort liegt totenstill und romantisch in der Sonne – das Albertina ist, trotzdem es der Ausgehtag Sonntag ist, genauso totenstill. Saisonende.

Wir radeln um die Bucht zur Fischräucherei. Die ist zwar auch geschlossen aber wir können immerhin noch ein paar letzte Stücke Räucherfisch aus einem Selbstbedienungskühlschrank kaufen.  Wir unterhalten uns ein wenig mit der Chefin der Räucherei und sie sagt uns „we have worked all summer and now we are tired“ – und daher hat die Räucherei geschlossen. Vielleicht wird sie am kommenden Donnerstag noch einmal geöffnet aber sicher ist das nicht. Die Häuschen in Skärsa machen auf uns den Eindruck von als würden sie hauptsächlich als Feriendomizil genutzt – somit wäre es klar, dass man bei nicht mehr anwesenden Bewohnern des Dörfchens auch keine geräucherten Fische mehr braucht. Also packen wir unsere Falträder wieder ein und machen uns auf den Weg. Ein Uraltoldtimer am Straßenrand bringt uns dazu nochmals umzudrehen, damit wir das Fahrzeug fotografieren können. Der Oldtimer steht vor einer Halle, unter den Bäumen stehen mehrere Tische wie in einem Biergarten. Schon kommt ein Mann auf uns zu und erklärt uns, dass wir eine halbe Stunde zu späte dran sind. „Für was zu spät?“ Es gab gestern und heute einen Bauernmarkt mit allerlei Gemüseverkauf, traditionelles Brot war gebacken worden aber der Markt ist zu Ende und die Veranstalter sitzen noch etwas in der Halle zusammen. Der Oldtimer stellt sich als Fischverkaufsfahrzeug aus dem Jahre 1936 heraus, ein weiterer zu einem  Verkaufswagen umgebauter Citroen Lieferwagen stammt aus dem Jahre 1961.

Beide Fahrzeuge sind Familienbesitz und voller stolz zeigt uns der Mann in der Halle, die für Veranstaltungen wie Geburtstagsfeiern oder Hochzeiten genutzt wird, einen alten VW Käfer, der ebenfalls Familienbesitz ist. Während wir noch plaudern, kommt seine Frau und lädt uns zu Kaffee und Kuchen ein. Es ist ein Rote Beete Kuchen – nach einem der Mohrrübentorte ähnlichen Rezept. Sehr lecker und die Einladung war völlig unerwartet.

Der nächste Anlaufpunkt ist Söderhamn, der südlich Hafen. Sofort fällt einem ein Turm mit Zinnen ins Auge. Der Turm gehört zur Oscarsborg, die im ausgehenden 19.Jahrhundert fertiggestellt wurde. Die Burg war auf Drängen einer Sängerinitiative gebaut worden und durch die Erlöse von Folkfestivals in den Jahren 1893 und 1894 finanziert worden. In der Innenstadt finden sich einige sehenswerte historische Gebäude sowie auch Kirchen. Auch ein Spaziergang entlang des Flusses Söderhamnsan ist zu empfehlen.

Wir verlassen Söderhamn, biegen zum Bergvikensee ab und finden wieder einmal einen Wegweiser mit dem typischen Kringel für Sehenswertes. Der Wegweiser weist zum „Knupbodarnas Fäbodvall“. Ohne irgendeine Idee, was uns erwarten könnte, biegen wir in die unbefestigte Straße in den Wald ein. Nach einigen Kilometern ist noch nichts passiert und wir wollen schon fast enttäuscht umdrehen, da sehen wir links ein Gatter und davor ein verwittertes Holzbrettchen mit der Aufschrift ‚Knupbodarna‘. Ein Stück hinter dem Gatter erkennen wir ein paar Holzhütten, das Gatter ist nicht versperrt, der Rasen hinter dem Gatter gemäht. Also gehen wir mal rein und finden uralte verwitterte Häuschen und eine Beschreibung, die besagt, dass es sich um ein sehr altes Almdorf handelt und man dort im Sommer – jetzt nach Saisonende nicht mehr – gerne zum Kaffee trinken und Kuchen essen kommen kann. Das hätten wir natürlich gerne in dieser Oase der Ruhe gemacht. Aber so müssen wir uns auf ein paar Fotos beschränken, die nur mäßig die besondere Stimmung dieses Platzes wiedergeben können. Diesen Ort sollte man also unbedingt vor dem 15.August besuchen!

Wieder zurück auf der Hauptstraße kommt uns eine ‚Gatukök‘ (wörtlich übersetzt: Straßenküche) gerade recht, der ein paar Sitzplätze vor dem Hözhäuschen sowie Hering mit Kartoffelbrei und Preißelbeermarmelade anbietet. Obwohl wir an einer Straße sitzen, zieht nur ab und zu mal ein Holzlaster, ein Traktor oder das Fahrzeug des Postboten an uns vorbei – ansonsten scheinen auch hier die Uhren langsamer zu gehen und wir werden wieder einmal nach dem Essen zum Kaffee eingeladen.

Der nächste Sehenswürdigkeitenkringel lockt uns zu dem alten Wij Eisenstangenwalzwerk im Ort Ockelbo. Zum Beispiel könnten hier die berühmten und sprichwörtlichen ‚Schwedischen Gardinen‘ (Stäbe für Gefängnistüren) hergestellt worden sein. Die Anlage ist nicht menschenleer aber die anwesenden Personen sind nicht etwa Touristguides, die eine Führung anbieten, sondern Maler, die das riesige Blechdach der Anlage neu streichen.

Also auch hier Besichtigung nur von außen. Die Maschinen wurden damals ohne Frage mit Wasserkraft angetrieben und am Zulauf zum Mühlantrieb findet sich ein offizieller Badeplatz mit abgegrenztem Kinderbereich – eine ideale Kombination von Kultur und Freizeit. Schon seit dem Morgen fahren wir auf einer Straße, die sehr wahrscheinlich mal ein alter Handelsweg war, denn es befinden sich immer wieder steinerne Meilensteine entlang der Straße. Eine genauere Bedeutung der Meilensteine konnten wir leider nicht ermitteln.

Mehrere App-Empfehlungen für Übernachtungsplätze können uns nicht überzeugen, so dass wir letztendlich auf dem Campingplatz in Arsunda landen. Hinter dem langen Sandstrand steht ein noch voll betriebsbereiter Buckelvolvo, der sicher deutlich älter als 50 Jahre ist.

Ebenfalls sehr alt ist Elsa Anderssons Konditori in Norberg. Norberg liegt zwar schon in der Provinz Västmanland aber um dorthin zu kommen, streifen wir noch die Provinz Dalarna, die durch ihre bunten holzgeschnitzten Pferdchen bekannt ist. Die Pferdchen werden in verschiedenen Größen angeboten – ein 6,18m hohes Exemplar begrüßt uns auf dem Parkplatz einiger Fastfoodrestaurants und Geschäfte. Rudolph sieht mit seiner Höhe von 3,35m geradezu lächerlich neben dem ‚Dalarna-Pferdchen‘ aus.

Die berühmte Elsa Anderssons Konditori war vor wenigen Jahren von irgendwelchen Verrückten abgebrannt worden, ist aber inzwischen mit viel Liebe wieder originalgetreu aufgebaut. In verschieden gestalteten Räumen sowie einem Wintergarten, kann man die leckeren Kuchenspezialitäten in altertümlicher Atmosphäre genießen – klar, dass auch wir dort eine gemütliche Pause machen.

An der Umgehungsstraße von Norberg hatten wir auf der Herfahrt schon den Hinweis auf die Mossgruve gesehen. Also kommt nach einem Stück Prinsesstorta (immer die mit dem grünen Überzug – und sehr süß) wieder etwas Kultur ins Programm. Die Sonne strahlt, das Museum hat geschlossen, ein paar rostige Loren sind von den Grubenarbeiten noch übrig geblieben und über den Zaun sieht man, wie ein Teil der Grube bereits mit Wasser vollgelaufen ist und die Felsen sich in der glatten Wasseroberfläche spiegeln. Hier wird schon seit gut hundert Jahren kein Eisenerz mehr abgebaut. Das erste Mal wird uns der beginnende Herbst bewusst, immer mehr Zweige der Bäume färben ihre Blätter schon gelb in der warmen Herbstsonne.

Da die Museen immer geschlossen sind, dauern Museumsbesuche auch nicht lange und wir sind gespannt, welche Sehenswürdigkeiten uns auf der Weiterfahrt in Richtung Süden noch angeboten werden. Da wäre zum Beispiel der Fagersta Västanfors Hembygdsgard. Mehrere Pkw auf dem Parkpülatz könnten ein Anzeichen dafür sein, dass wir hier völlig überraschend auf eine noch geöffnete Sehenswürdigkeit gestoßen sind. Das ist auch grundsätzlich richtig – aber eben nicht an Montagen oder Dienstagen; und heute ist Dienstag. Also freuen wir uns an dem Mini-Hembygdsgard mit Kiosk und Würstelbude für die Kleinen und schlendern zwischen den Häusern zur Anlegestelle und zur Prinsess Victoria Schleuse.

Wir lernen, dass die Schleusen, die die Seen auf dem Weg nach Stockholm verbinden, jeweils einem Mitglied des Königshauses gewidmet sind. Und hier war vor Kurzem Prinzessin Victoria zu Besuch gewesen.

Auf der Suche nach einem Stellplatz für die Nacht, bietet uns eine App einen Parkplatz an der ehemaligen Kalklinbana Forsby Köping an. Der Parkplatz ist am Ende einer Holperstrecke auf einem Hügel und um die Wendeschleife stehen die Loren der alten Bahn, mit denen der abgebaute Kalk in früheren Zeiten wegtransportiert wurde. Von hier oben hat man einen weiten Überblick auf den Teil der riesigen Kalkgrube, der noch bearbeitet wird. Es ist fast 19.00 Uhr und die Baumaschinen dröhnen aus der Grube herauf. Wenn die so spät am Abend arbeiten, steigt die Geräuschkulisse womöglich auch am nächsten Morgen besonders früh – also zum Übernachten ungeeignet.

Kalkgrube

Wir fahren an glücklichen Schweinen, die auf einem extrem weitläufigen Gelände frei herumlaufen dürfen und Traktoren, die deutlich mehr als Straßenbreite haben zur nächsten Stellplatzempfehlung ein paar Kilometer weg von der Hauptstraße.

Am Ende der Zufahrt wird gerade ein Skigebiet neu erschlossen; das Serviceangebot für Wohnmobilisten ist bereits fertig und in hervorragendem Zustand. Links und rechts des Platzes, der zum Ort Vingaker gehört tummeln sich in einiger Entfernung jede Menge Rehe – Natur pur – total ruhig ist es auch und auch die Sonne zeigt noch einmal, wie schon so oft auf dieser Reise, wie unterschiedlich und schön Sonnenuntergänge sein können.

Am nächsten Tag haben wir offenbar wieder eine alte Handelsstraße erwischt, denn wieder säumen den Weg uralte Meilensteine; diesmal jeweils total verwittert, nicht mehr lesbar und auf Steinhaufen gebaut. Die Meilensteine sind nicht das einzige Überraschende; ein paar Kamele, die offenbar als Haustiere gehalten werden, sind ebenfalls unerwartet.

Eigentlich steht uns der Sinn an diesem schönen Herbsttag noch einmal nach Baden und da taucht auch schon ein ‚Badplats‘ auf. Das Thermometer zeigt eine Wassertemperatur von 17°C an – das geht gerade noch – also rein ins definitiv kühle und erfrischende Nass. Wir scheinen aber nicht komplett exotisch zu sein, wenn wir bei derartigen Wassertemperaturen baden, denn noch ein paar weitere Badegäste gesellen sich zu uns und suchen Abkühlung.

Erfrischt fahren wir an diesem Nachmittag noch bis Berg, wo eine Schleusenanlage mit mehreren Schleusen direkt hintereinander den Seglern die Weiterfahrt über einen See und ein paar Kanäle bis zum Meer ermöglicht. Hier waren wir zwar schön ein paarmal gewesen aber aus unserer Sicht, ist diese Sehenswürdigkeit immer wieder einen Besuch wert.

Auch Gamla Linköping (das alte Linköping), das lebende Freilichtmuseum in der Innenstadt von Linköping können wir wärmstens für einen Besuch empfehlen. Gegen 11.00 Uhr erwacht die Gamla Stad zum Leben – die Krämer in alter Tracht bauen ihre Waren vor der Tür ihrer Läden in der Herbstsonne auf, Blumen werden verkauft (überraschenderweise in der ehemaligen Bank J), das Café – man kann es sich denken – hat schon geschlossen und wird gerade neu gestrichen. Auch die Dame vom ehemaligen Postamt ist schon im Winterschlaf und steht stocksteif vor ihrem Regal – wir wollen aber der Figur ihre Unbewegtheit nachsehen.

Wir erfreuen uns an dem Gefühl, wie dieser Stadtteil langsam erwacht und man sich automatisch 100 Jahre zurückversetzt fühlt.

Zwisch Kisa und Eksjö lassen wir uns noch einmal vom „Kringel“ leiten und erreichen das Smedstorps Dubbelgard. Es handelt sich hier um eine Ansammlung von hölzernen Lager- und Wohnhäusern aus gotischer Zeit, die aber nicht nur Museum sind, sondern von den Bauern, die ein paar Meter daneben eine neues Haus gebaut haben, auch weiterhin genutzt werden. Die Besonderheit ist nicht nur das Alter der Häuschen, sondern auch die Tatsache, dass zwei Höfe direkt nebeneinander gebaut worden waren, was zumindest damals völlig unüblich war.

Unaufhaltsam nähern wir uns dem Wohnort unseres Sohnes in Südschweden, den wir natürlich auf unserer Tour besuchen wollen. Er baut selbst Obst und Gemüse an und seine Partnerin produziert eigenen Honig. Die mechanische Schleuder zur Gewinnung des Honigs hatten sie von einem alten Mann geschenkt bekommen.

Die Nutzung gebrauchter Gegenstände ist übrigens in Schweden sehr weit verbreitet; man sieht daher öfter am Straßenrand Schilder mit der Aufschrift ‚Loppis‘ die auf den privaten Verkauf von gebrauchten Gegenständen hinweisen. Also eine Art Offline-ebay.

Noch ca. eine Woche werden wir unterwegs sein – aber das ist Stoff für den nächsten Beitrag.

Bemerkenswert

Weiter in den Norden (Schweden 2021_4)

Immer wieder bleiben wir an Stromschnellen stehen und fotografieren die wilde Natur mit dem glasklaren Wasser (Das Wasser sieht nicht nur sauber aus, sondern ist auch wesentlich reiner als unser Trinkwasser daheim).

Auf der Wildnisstraße nähern wir uns dem Scheitelpunkt. Wir haben die Baumgrenze bei etwas mehr als 700 Höhenmetern hinter uns gelassen – hier oben gibt’s nur noch Gras und Flechten. Der Scheitelpunkt liegt im Gebiet Stekenjokk, ist 876m hoch und wir haben die Grenze nach Lappland überschritten. Viele Wohnmobile tummeln sich auf dem an sich öden Parkplatz, ein paar Steinmännchen zur Besänftigung der Trolle sind aufgeschichtet worden und in sicherer Entfernung grasen ein paar Rentiere.

Nach einer Kaffeepause geht’s wieder runter; wir passieren einen See mit vielen grünen Inselchen und Halbinselchen und auch einen Felsen mit Namen Röberg am Klimpfjell. Die Nachmittagssonne strahlt den Felsen an, er leuchtet in einem warmen Rot und jetzt ahnen wir auch, dass Röberg einfacher ‚roter Berg‘ heißt.

Gegenüber dem größten Samidorf Fatmomakke genießen wir die Abendsonne auf einem Naturcampingplatz.

Und das ist gut so, denn am nächsten Morgen wachen wir bei bedecktem Himmel und immer wieder etwas Nieselregen auf. Das hält uns aber nicht davon ab, das Samidorf zu besichtigen. In einem Gebetshaus, das den Charakter einer Minikirche hat, gibt es in der Mitte eine offene Feuerstelle – das ist in einer ‚Kirche‘ wohl eher nicht alltäglich. Die eigentliche große Holzkirche wird mit schweren eisernen Öfen beheizt.

Wir lernen, dass man aus krummen Ästen Designstühle bauen kann, wie man Samihütten mit geschälter Baumrinde wasser- und winddicht bekommt und dass ein TaufSTEIN nicht immer aus Stein bestehen muss, sondern auch mal aus einem Baumstumpf. Und wir lernen auch, dass Birkenpilze eine enorme Größe erreichen können.

Gerade noch bevor es richtig anfängt zu regnen, erreichen wir wieder unseren Rudolph und fahren zurück auf die Wildnisstraße. Der nächste Stopp liegt am Trappstegforsen; das sind Schwedens breiteste Stromschnellen, bei welchen das Wasser über zig treppenartige Stufen(daher der Name) nach unten rauscht. Es dominieren die Grautöne auf unseren Fotos und wir sind froh, dass unsere Kamera auch bei Regen noch einwandfrei funktioniert.

Rasch zurück ins Auto und einem Abzweig gefolgt, der laut Aussage eines Mannes, den wir am Stekkenjok getroffen hatten, zu einem absolut idyllischen Rastplatz bei einer Wassermühle führt. Die Idylle wäre wirklich besonders erwähnenswert, wenn es nicht kontinuierlich regnen würde. Trotzdem finden wir es anerkennenswert, dass solche tollen Rastplätze für Jedermann kostenlos zur Verfügung stehen. Und man glaubt es kaum, es gibt sogar ein Gästebuch, in das wir uns natürlich gerne  eintragen.

Auf der unbefestigten Straße zur Mühle zeigte uns ein Schild, dass wir gerade den 65. Breitengrad überschritten hatten.

Bei 66° 33 Minuten wäre der Polarkreis – also nicht mehr weit. Auf dem Rückweg folgen wir dem Hinweis, dass es in Richtung Marsfjell ein Café gibt, das auch tatsächlich geöffnet hat. Rudolph besudelt sich auf der regennassen, unbefestigten Straße gehörig – aber das gehört einfach dazu, wenn man mit uns verreist. In einem Holzhaus gibt es einen Miniladen und im nächsten Raum laden ein paar Tische inmitten von alten Kameras, exotischen Bierflaschen und allerlei anderem Tand, der museumsartig ausgestellt wird, zu einem Kaffee ein. Wir sind die einzigen Gäste, der Eigentümer erzählt uns, dass er sich mit Laden und Café und allerlei anderen Jobs sein Einkommen sichert. Der Sommer sei etwas kurz aber er fühlt sich wohl und er weist auch noch einmal auf die vorzügliche Wasserqualität in dieser Gegend hin. Vor dem Haus fällt uns noch ein Kasten mit der Aufschrift ‚Boklada‘ auf, der mit einem einfachen Riegel verschlossen ist. Drinnen finden sich jede Menge gebrauchter Bücher; der Kasten ist also praktisch die örtliche Leihbücherei.

Wir lassen uns vom schlechten Wetter nicht aufhalten und fahren beim Kraftwerk von Stalon zu einem 2km entfernten Aussichtspunkt hoch. Wie nicht anders zu erwarten, haben wir oben beste Aussicht ins Innere von Wolken – außerdem pfeift der Wind.

Also fahren wir wieder runter und übernachten auf einer Halbinsel am Fluss. Am nächsten Morgen versuchen wir das Ganze noch einmal und siehe da, der Ausblick ist wirklich sehenswert. Über viele Kilometer reihen sich Seen und Wälder aneinander – dünn besiedeltes Gebiet eben.

Es hat auch aufgehört zu regnen, so dass wir die ersten Figuren des Sagenweges, der hier auf den letzten Kilometern vor Vilhelmina zusammen mit der Wildnisstraße verläuft ansehen können, ohne besonders nass zu werden. Zum Glück sind die Figuren aus Holz, denn sonst würde die Geige spielende Schönheit, die nackt auf einem Stein im Fluss sitzt, wohl erbärmlich frieren.

Apropos frieren; 15km vor Vilhelmina, in Malgovik, wurde 1941 der Kälterekord von -53°C gemessen. Heute ist die Lage weniger kritisch, wenn auch nicht besonders angenehm; das Thermometer zeigt +7°C und es weht ein kalter Wind.

Auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz stellen wir fest, dass ein Naturcamp nicht mehr existiert und landen letztendlich am Vojmsjödamm bei einer Funkstation.

Kein spektakulärer Platz aber sehr ruhig. Die Holzkirche in Stensele soll die größte Holzkirche Schwedens sein und daher planen wir statt Natur einmal eine Besichtigung. Das Kirchenschiff ist riesig – zumindest für eine Holzkirche. Mehrere gusseiserne Öfen können im Winter für angenehme Temperaturen sorgen; an sich ist das Interieur skandinavisch schlicht gehalten. Wegen Corona werden die Kirchenbesucher gebeten, nicht so nahe beieinander zu sitzen. In Deutschland wären die Plätze, die nicht benutzt werden sollen wahrscheinlich gesperrt oder mit einem Verbotsschild gekennzeichnet – in Schweden sind die Plätze, die benutzt werden dürfen mit einem Smiley gekennzeichnet. Gleiches Ziel unterschiedlich Ansätze – eine Managementregel besagt: „Make it Fun“, dann bekommst Du das gewünschte Ergebnis – genau das ist hier umgesetzt.

Stensele ist ein Vorort von Storuman. Unweit des Ortseingangs an der Auffahrt zum Stenseleberg steht eine 7m hohe hölzerne Wikingerfigur, die wohl so eine Art Türsteher  für den Ort darstellen soll.

Wir fahren zum zwei Kilometer entfernten Aussichtspunkt auf dem Stenseleberg und erklettern den dortigen Aussichtsturm. Eine Infotafel zeigt uns, dass man bis zum Marsfjell schauen kann und das ist nun wirklich sehr weit entfernt – und trotzdem kann man die Umrisse deutlich erkennen – sehe beeindruckend.

Ganz nah bei Storuman erkennen wir eine Halbinsel, die über eine Hängebrücke zu erreichen ist. Obwohl die Brücke für 25t zugelassen ist, knarzt sie sehr bedenklich als wir drüberfahren.

Der Platz für die Kaffeepause am Storumansee soll aber nicht auch Übernachtungsplatz sein. Wir wollen auf dem Stenseleberg mit Aussicht übernachten. Am nächsten Morgen ist die Aussicht fast noch besser – leider hat das Café wegen Saisonende nicht mehr geöffnet und so haken wir den Punkt „Essen und Trinken“ damit ab, dass wir eine Familie stattlicher Steinpilze für’s Abendessen ernten.

Wir wollen entlang des oberen Vindelälven in ein Seitental bis Ammarnäs fahren – weiter würde es ohnehin nicht gehen, denn in Ammarnäs endet die Straße. Mehrere Forsen (Stromschnellen) sind in unserer Karte als sehenswert eingezeichnet. Auf den ersten Forsen wird zwar an der Straße hingewiesen aber es gibt weder eine Parkmöglichkeit noch einen erkennbaren Pfad dorthin. Also knöpfen wir uns den Dunderforsen vor. Durch Matsch und über Felsbrocken kraxeln wir immer dem Geräusch des rauschenden Wassers nach und siehe da, wir erreichen die Stromschnellen.

Kurz vor Ammarnäs haben sich die Fliegenfischer in den Fluss gestellt und versuchen ihr Anglerglück.

In Ammarnäs gibt es eine Sehenswürdigkeit: Den Potatisbacken, was so viel wie ‚Kartoffelberg‘ heißt. Hier oben sind die Sommer kurz, Kartoffeln würden nicht reif werden. Also hat man sie wie Weinstöcke an den Hang eines Berges gepflanzt. Die Felsen unter der Erdschicht speichern die Sonnenwärme und lassen so die angepflanzten Kartoffeln gedeihen.

Ansonsten verlockt uns das Dorf nicht zum Bleiben und wir beschließen einige Kilometer zurück zu einem Fischercamp zu fahren. Dort strahlt die Sonne noch und es ist mehr als angenehm, draußen zu sitzen.

Als wir vor einiger Zeit am Flatruet waren, hatte mir ein Mann von einer App erzählt, die die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Polarlichtern am jeweiligen Aufenthaltsort anzeigt. Da der Himmel völlig wolkenlos ist, starte ich spaßeshalber die App und bin völlig aus dem Häuschen als sie mir für heute eine Wahrscheinlichkeit von 83% für die Beobachtung von Nordlichtern zeigt. Je später es wird umso größer werden die Wahrscheinlichkeitswerte. Banges Warten, bis es um 22.30Uhr einigermaßen dunkel ist und schon springt die App auf 100%. Raus aus dem Auto, Kamera mit Stativ aufgebaut und den Himmel abgesucht. Tatsächlich tauchen immer wieder grünliche Schlieren auf und verschwinden nach kurzer Zeit wieder um an anderer Stelle wieder aufzutauchen. Mit der Kamera muss man schnell sein aber es hat geklappt; wir haben das erste Mal in unserem Leben Nordlichter live gesehen und es sogar geschafft sie zu fotografieren. Dieses Highlight ist schwer zu toppen.

Selig vor Glück gehen wir wieder aus der Kälte der Nacht in die Wärme unseres fahrenden Wohnzimmers, schlafen gut und können am nächsten Morgen wieder bei strahlendem Sonnenschein auf der Wiese am Fluss frühstücken. Auf dem Weg im Tal zurück kreuzen wir wieder die typischen  Stromschnellen von kleineren Flüssen und Rentiere kreuzen unseren Weg.

Sorsele hat sich mit der Strandpromenade wie ein Kurort rausgeputzt und wir können auch unsere Vorräte in den Supermärkten ergänzen.

Im Systembolaget, der Verkaufsstelle für alkoholische Getränke, finden wir einen argentinischen Rotwein, den wir auch von zuhause kennen. Überraschend für uns ist nur, dass er im Land für teuren Alkohol weniger kostet als bei uns zuhause. Alle anderen Getränke, egal ob Schnaps oder Wein, sind allerdings richtig teuer. Das verstehe wer will.

Die nächste Station ist Arvidsjaur, was jeweils im Winter zu hektischem Leben erwacht, wenn internationale Autofirmen die Wintertauglichkeit ihrer Fahrzeuge auf den zugefrorenen Seen testen. Jetzt macht der Ort vom Aussichtsturm gesehen einen geruhsamen Eindruck.

Wir schlagen beim Aussichtsturm unser Lager auf und werden mitten in der Nacht von Jugendlichen aus dem Schlaf gerissen, die – scheinbar einfach um uns zu stören – zeigen wie laut man in den Autos Musik machen kann und wie sehr man die Motoren aufheulen lassen kann. Da wir in keiner Weise darauf reagieren, verlieren sie nach einer halben Stunde die Lust und ziehen wieder ab.

Zufällig wache ich noch einmal um 6.00Uhr früh auf. Es ist natürlich schon taghell und ich traue meinen Augen nicht; Arvidsjaur ist unter einer Nebelbank versteckt und nur ein paar Häuschen ragen aus dem sonnenbeschienenen Nebel auf. Natürlich muss ich das fotografisch festhalten. Zufrieden und mit schönen Bildern gehe ich nach ein paar Minuten zum Weiterschlafen ins Auto zurück.

Ausgeschlafen besuchen wir noch ein aus 80 Gebäuden bestehendes Samidorf mitten in Arvidsjaur. Heute, am Sonntag, findet dort am jährlichen Versammlungstag der Sami sogar ein Freiluftgottesdienst statt.

Wir machen uns auf den Weg und nehmen uns vor, 15km Schotterpiste bis zum Trollforsen nicht zu scheuen, denn was sind schon 15 weitere Kilometer bei so vielen Schotterstraßen, die wir bislang befahren hatten.  In der strahlenden Sonne ist auch der Trollforsen wieder ein echtes Naturhighlight, so dass unsere Fotos fast schon künstlich geschönt aussehen.

Nochmals 15km Schotterpiste zurück und dann biegen wir auf die gut ausgebaute E45 in Richtung Polarkreis auf. Wir kommen durch tundraähnliche Landschaft und stutzen als wir große weiße Flächen auf den Bergen neben der Straße sehen. Das müssen wir erkunden: Wir biegen in das im Sommer extrem öde wirkende Skidorf Kabdalis ab und stellen fest, dass irgendetwas mit riesigen weißen Planen abgedeckt ist. Trotzdem das Dorf ausgestorben ist, treffen wir einen Mann, der das Rätsel löst. Unter den Folien liegen Schneeberge, die wieder zum Einsatz kommen werden, wenn die Skisaison hier am 9.Oktober beginnt – einer der frühesten Termine in Europa. Sicher sieht das Dorf mit Schnee viel einladender aus….

Am Polarkreis gibt es einen Parkplatz und ein Café, in dem man sich ein Zertifikat ausstellen lassen kann, das attestiert, das man am Polarkreis gewesen ist… wenn das Café offen hätte und nicht am Zugang ein Schild die Besucher darauf hinweist, dass wegen Saisonende bereits geschlossen ist und man sich auf den Besuch im nächsten Sommer freuen würde. Also kein Zertifikat und nur Fotos machen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass nördlich des Polarkreises die Sonne im Sommer nicht mehr unter geht und im Winter nicht mehr aufgeht. Was ist nicht wusste, ist, dass die genaue Position des Polarkreises nicht fix ist, sondern wandert, um dann in ein paar Jahrtausenden wieder an der selben Stelle zu sein. Wir haben in Jokkmok, ein paar Kilometer weiter den nördlichsten Punkt unserer Reise erreicht und werden voraussichtlich an der Ostküste wieder in den Süden fahren.

Bemerkenswert

Wassertage (Schweden 2021_3)

Die Wassertage (Schweden 2021_3)

Das Technikmuseum in Arvesund hat ja wegen Ende der Saison schon geschlossen (siehe vorheriger Bericht) aber die draußen stehenden Exponate wollen wir vor der Abfahrt noch besichtigen. Neben einer Dampfmaschine, die während der Öffnungszeiten auch in Betrieb genommen wird, sticht uns ein wintertauglicher Traktor, dessen Vorderräder durch Skikufen ersetzt worden sind, ins Auge. Für kleine und große Jungs gibt es auch einen Wasserspielpark mit Wasserrädern.

Das Thema ‚Wasser‘ ist eine schöne Einleitung für die nächsten Tage. Erstens beginnt es in der nächsten Nacht andauernd zu regnen und zweitens sind unsere nächsten Ziele spektakuläre Wasserfälle. Am Ristafall gibt es auch einen Campingplatz, so dass man einerseits die herabstürzenden Wassermassen bewundern kann und andererseits das Tosen auch in der Nacht präsent ist.

Den regnerischen Tag nutze ich für die Fertigstellung des zweiten Rustaltravelberichts aus Schweden in diesem Jahr. Der nächste Tag begrüßt uns wieder regnerisch aber das kann ja echte Naturliebhaber nicht bremsen. Wir fahren in Richtung norwegische Grenze und biegen zunächst bei der Chokoladfabrik Are ab. Die Auswahl an handgefertigter Schokolade mit Geschmacksrichtungen von Salzmandel über Moltebeer, Whisky bis zu Chili ist sehr verlockend. Sowohl für uns selbst als auch für die Mitbringsel kaufen wir ein paar exotische Leckereien ein.

Zum Handölforsen, dessen Wasser auch ein Wasserkraftwerk speist, legen wir die nächsten gut 50km zurück. Auf einer schaukelnden Hängebrücke, auf der sich nicht mehr als 3 Personen gleichzeitig befinden dürfen, eiern wir über den Wasserfall zum gegenüberliegenden Ufer. Irgendwie ein komisches Gefühl. Nach uns rückt eine Gruppe von ca. 12 Personen an – da hatten wir bezüglich der Fotos von der Hängebrücke gerade nochmal Glück und Ruhe gehabt.

Unter uns Wasser und über uns Regenwasser beschließen wir die Weiterfahrt zu Schwedens höchsten/größten Wasserfall, dem Tännforsen. Der Tännforsen ist touristisch gut erschlossen – es gibt ein Cafe in einem urigen Holzhaus und man bezahlt stolze Parkgebühren. Dafür ist der Wasserfall, den man von einem Uferweg in mehreren Perspektiven bewundern kann, wirklich großartig.

Sowohl vom Nebel des Wasserfalls als auch vom Regen etwas aufgeweicht suchen wir am Ende des Wegs Zuflucht im Café. Draußen misst das Thermometer noch 9°C, drinnen prasselt in der Stube ein gemütliches Kaminfeuer, es gibt Kaffee, frisch gebackene Waffeln mit Sahne und Blaubeermarmelade – die Romantik ist schon fast kitschig, uns gefällt es richtig gut.

Am nächsten Morgen hat der Regen aufgehört und so brechen wir um die Mittagszeit zum Kretsloppshuset nach Mörsil auf. Das Kretsloppshuset heißt übersetzt ‚Kreislaufhaus‘, was eigentlich die Kombination von Hühnerhof und Treibhaus in einem Haus bedeutet. Tatsächlich gibt es einen supergepflegten Blumen- und Kräutergarten, einen Laden, in dem ökologisch hergestellte Lebensmittel und kleine Haushaltsgegenstände wie z.B. hölzerne Kleiderhaken, Bürsten und Gegenstände aus Filz angeboten werden. Daneben befindet sich das ebenfalls naturbetonte Restaurant/Café, das bis auf wenige, bereits vorreservierte Tische schon gut besetzt ist – es strömen noch viele weitere Gäste nach und stehen vor der Türe schon in einer langen Schlange.

Unser Frühstück ist für uns als Langschläfer noch nicht lange her, wir begnügen wir uns damit, das wirklich sehenswerte Kretsloppshuset gesehen zu haben und machen uns auf den Weg zu den steinzeitlichen Felsritzungen bei Glösa. Vom Parkplatz läuft man ein paar hundert Meter durch eine Landschaft, die auch aus dem Allgäu importiert sein könnte zu einem Bach, an dem die ca. 6000 Jahre alten Felsritzungen zu sehen sind.

Ohne die rote Farbe, mit der die Ritzen ausgemalt sind, würde man sich wahrscheinlich recht schwer tun, die eingeritzten Elchbilder zu erkennen. Die Infotafel sagt, dass die Wissenschaftler auch nicht wissen, zu welchem Zweck die Bilder entstanden sind aber man herausgefunden hat, dass die Bilder schon immer mit Farbe hervorgehoben worden waren. Damals mit einer Farbe aus Eisenoxid und Fett, die, wenn sie richtig gemischt und zubereitet worden war, wohl sogar mehrere tausend Jahre überstehen würde. Ich bin mir gerade nicht sicher, ob unsere moderne Chemie auch imstande ist, derartig widerstandfähige Farben zu produzieren.

Als kleine Orientierungshilfe ist an dieser Stelle der Hinweis gedacht, dass wir uns mittlerweile nördlich des 63.Breitengrads befinden – bis zum Polarkreis sind es noch knapp 3 weitere Breitengrade oder gute 600 Straßenkilometer.

Mal wieder folgen wir dem Wegweiser für eine Sehenswürdigkeit ohne genau zu wissen, was uns erwartet. Es ist das ‚Mus Olle Museum‘ in der Nähe von Ytteran mitten im Wald. Mus Olle war offenbar ein sammelwütiger Einsiedler. In mehreren Häusern des Museums wird gezeigt, was und wieviel der gute Mann gesammelt hatte, der hier mehr oder weniger alleine mit seinen Tieren lebte. Von Haushaltswaren über Bilder und Geweihe bis zu Angel- und Skiausrüstungsgegenständen ist alles vertreten – und die Häuser sind randvoll.

Mus selbst konnte offenbar schreinern, denn eine Schreinerwerkstadt gehört auch zu dem Museumsensemble. Von der Menge und Vielfalt der gesammelten Gegenstände waren wir beeindruckt aber gleichzeitig waren wir auch etwas unsicher, ob die Sammlung tatsächlich den Eintrittspreis von €12.—wert ist – aber das sollen die nächsten Besucher selbst entscheiden.

Ein Badeplatz ist bei diesen Temperaturen der ideal Ort für eine ruhige Übernachtung, weil niemand auf die verrückte Idee kommen würde, bei einer Wassertemperatur von nur noch 14°C baden zu gehen. 

Von der Einsamkeit des Badeplatzes geht’s nach Strömsund, dem Beginn der Wildnisstraße, die sich 370km bis nahe an die norwegische Grenze und dann nach Vilhelmina erstreckt. Nach der großen Brücke haben wir noch einmal die Möglichkeit, ein weiteres Freilandmuseum zu besuchen; das von der Stadt Strömsund betrieben wird und außerordentlich weitläufig und parkähnlich angelegt ist. Das Gelände wird auch für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Den Eingang zum Gelände bewacht eine überdimensionale, plumpe Figur mit einer langen Nase auf der nicht eine Warze – so wie bei Hexen – sondern eine Holzhütte zu finden ist. Es ist der Dunderklumpen, eine Gestalt, die man in Märchen wiederfinden kann.

Es gibt eine ehemalige Holzarbeiterhütte, eine Almhütte, eine Samihütte und ein richtiges Museum, welches das Leben mit Gegenständen zu Beginn des letzten Jahrhunderts illustriert, zu besichtigen. Wir werden von einem Trupp Arbeiter angesprochen, die die Gebäude in Schuss halten. Wir sollten uns gerne an sie wenden, wenn wir irgendwelche Fragen zu den Gebäuden hätten. Sowohl dieses Informationsangebot wie auch der Eintritt zum kompletten Gelände sind kostenlos – in Deutschland wäre so etwas wohl eher unüblich.

Wir verlassen Strömsund, bevor die Brücke wegen Bauarbeiten für mehrere Tage gesperrt wird und suchen uns wenige Kilometer weiter einen superidyllischen Rastplatz an einem See für die Nacht.

Am nächsten Morgen beobachten wir ein paar Enten und irgendetwas, das in der Entfernung über den See schwimmt aber deutlich größer als eine Ente ist. Durch das Zoomobjektiv erkennen wir die Geweihe zweier Rentiere, die gerade über den See schwimmen und um die Wildnis komplett zu machen, beobachtet uns auch noch ein Seeadler aus der Luft. Wir sind eben wirklich am Anfang der WILDNISstraße.

Parallel zur eigentlichen Wildnisstraße verläuft auf der anderen Flussseite der Björnvägen (Bärenweg), den man über einen Staudamm an einer Fischtreppe vorbei erreicht.

Die Landschaft strahlt Ruhe aus, die holprige Straße eher nicht. Nach fast 30km Holperpiste biegen wir zum Hällingsafallet ab, den wir vor ein paar Jahren schon einmal besucht hatten und der uns in guter Erinnerung geblieben war. Die Sonne strahlt und wir scheinen exakt zum richtigen Zeitpunkt angekommen zu sein. Denn die Sonne strahlt genau auf den Nebel des Wasserfalls und lässt einen wunderschönen Regenbogen entstehen. Ca. 20 Minuten fotografieren und filmen wir dieses Naturspektakel bis sich eine Wolke vor die Sonne schiebt und den Wasserfall sowie den Canyon, in dem der Fluss weiterfließt geradezu grau und langweilig erscheinen lässt.

Wir freuen uns riesig, dass wir ganz offensichtlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen waren. Auch Richtung Gäddede, das an der norwegischen Grenze liegt, kommt man nur auf einer unbefestigten Straße, die an manchen Stellen eine Vielzahl kleiner Schlaglöcher aufweist, die unseren Rudolph kräftig rumpeln lassen und die Straße eher wie eine Scheibe überdimensionales Knäckebrot als wie eine echte Fahrstraße aussehen lassen. An einer Engstelle gibt’s Gegenverkehr, ich stoße zurück, der Entgegenkommende bleibt neben mir stehen lässt die Seitenscheibe herunter, lacht und deutet auf die Aufschrift auf seiner Brust. Dort steht ‚IVECO‘ und er meint, dass wir mit einem Iveco ein sehr gutes Fahrzeug hätten, denn er ist als Ivecohändler natürlich von der Marke überzeugt. Dann wünscht er uns weiterhin eine schöne Reise. Wieder mal – wie schon oft vorher – waren wir wegen Rudolph (unser Fahrzeug mit der roten ‚Nase‘), angesprochen worden. Nicht nur eine Wolke hatte sich mittlerweile vor die Sonne geschoben, es ist mit nur noch 9°C auch richtig kalt geworden. Nach einem nett angerichteten aber mäßig schmackhaften Fastfood-Abendessen im Campingplatzrestaurant von Gäddede suchen wir vor der Weiterfahrt auf der Wildnisstraße noch den Flugplatz von Gäddede auf. Dieser besteht aus einer Schotterpiste, die teilweise mit Gras bewachsen ist und einer Minihütte, die maximal 2 oder 3 Fluggästen einen Warteraum bietet. Der Flugplatz ist dann scheinbar doch eher eine Landepiste für Notfälle.

Wir befinden uns übrigens jetzt im der Region der Sami, weshalb auch die Orte zwei Ortsschilder haben; eines in Schwedisch und eines in Samisprache.

Aber jetzt geht’s weiter auf dem Wildmarksvägen – zunächst am Hühnersee (Kycklingvattnet)

vorbei zum nächsten, deutlich kleineren aber idyllisch gelegenen Wasserfall, dem Brakkawasserfall. Der Boden ist etwas schmierig als wir auf einem Pfad in Richtung Schluchtende zum Wasserfall laufen. Zurück und kurz vor dem Parkplatz kann man noch einmal zu einem Wasserlauf herunterkraxeln. Das Wasser hat sich hier in vielen Jahren durch den bröseligen Tuffstein gefressen und eine pitoreske Kulisse geschaffen.

Die langen Sandstrände eines Stausees, an dem wir entlang fahren, lassen fast Südseeatmosphäre aufkommen, solange man nicht auf das Thermometer schaut – aber mittlerweile habe zumindest ich mich an die frischeren Temperaturen gewöhnt. Hatte ich noch zu Beginn der Reise bei 20°C eine Jacke angezogen, gehe ich jetzt bei 15°C kurzärmelig.

Ein 7km Abzweig von der Wildnisstraße führt uns zum Sami-Kirchendorf Ankarede. Eine Kirche, sowie eine Vielzahl von Samihütten stehen auf dem Gelände. Da die Sami (Ureinwohner Lapplands) bei kirchlichen Festen teilweise von weit her kommen, können sie im Dorf nicht nur in die Kirche gehen, sondern auch in den Hütten übernachten. Die Hütten sind versperrt sind, daher vermuten wir, dass das Dorf auch heute noch wie in alten Zeiten genutzt wird.

Ganz modern ist die Kirche bezüglich der Kollekte. Selbstverständlich kann man mit dem schwedischen Online-Bezahlsystem ‚Swish‘ bequem bargeldlos spenden.

Bemerkenswert

Einsamkeit versus Skitrubel (Schweden 2021_2)

Der Hinweis auf ein ‚Hembygdsgard‘ kann bedeuten, dass am Ziel eine mehr oder weniger verfallene Holzhütte, die vielleicht früher mal eine Getreidespeicher war, vorzufinden ist aber es kann auch sein, dass man einen kompletten Gutshof aus alter Zeit vorfindet (ähnlich einem Freilandmuseum). Wir finden ein Ensemble von Gebäuden vor, das irgendwie zwischen den beiden Extremen liegt. Eine Scheune ein Wohnhaus, eine Art Säge, ein Saunahäuschen im Hintergrund und – versteckt hinter einem Haus – ein Gerät, das so aussieht als hätte hier jemand irgendwann mal Schnaps destilliert. Das zur Kaffestuga (=Kaffeehütte) umfunktionierte Gebäude ist an einem Montag natürlich geschlossen. Die lieblichen roten Häuschen findet man ein paar Kilometer südlich von Grythyttan an der B205.

Dass die Schweden das Alte lieben, etwas verspielt sind und selbst bei etwas so Profanem wie einem Briefkasten oftmals Phantasie walten lassen, kann man entlang der Straße bewundern, denn auch die unterschiedlich designten Briefkästen der weiter entfernt liegenden Häuser sind im Allgemeinen alle an der Hauptstraße versammelt und erleichtern so dem Postboten die Arbeit.

Der Hinweis auf eine Silbergruvan, also einem Silberbergwerk, lockt uns von der B63 in den Wald. Ein paar höhlenähnliche Eingänge zum Bergwerk sind noch vorhanden, einige Teile der Grube haben sich mit Wasser gefüllt und ein verwitterter Anschlag erklärt, dass hier über lange Jahre gebuddelt wurde und nicht nur Silber, sondern insbesondere auch Eisen und Blei abgebaut wurde. Das Ganze hatte sich schon vor mehreren hundert Jahren abgespielt (genau Zeit habe ich leider vergessen).

Ein ‚Herrgard‘ weist auf einen Herrensitz hin. Damit wiederum kann ein etwas größeres Haus oder ein richtiges Schlösschen mit Park gemeint sein. Als wir dem Hinweis folgen, finden wir eine Art Unternehmervilla und eines der letzten Gebäude einer Eisenverhüttungsstätte mit Fabrikationsgebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert. Der Unternehmer Myhrman  hatte die Eisenerzhütte Rämens Bruk aus dem Jahr 1649 übernommen und hier eine Produktion von eisernen Kochtöpfen begonnen. Alles, was mechanisch war, wurde mit Wasserkraft angetrieben. Das hölzerne Mühlhäuschen ist schon reichlich windschief, die Reste des aus massiven Felssteinen zusammengebauten Ofens stehen noch. 

Nach so viel Industriekultur genehmigen wir uns wieder eine Kaffee- und Badepause und treffen eine Familie, die aus der Nähe unseres Wohnortes stammt, mit Kanus unterwegs ist und – man glaubt es kaum – auch noch Bekannte von uns gut kennt. Die Welt ist groß und doch so klein.

Wir passieren später auf unserem Weg einen Friedhof und stellen erneut fest, dass selbst schwedische Friedhöfe eine gewisse Gelassenheit ausstrahlen.

Am Holmsjö suchen wir uns in einer kleinen Bucht ein Plätzchen zum Übernachten und genießen den Sonnenuntergang, denn der Wetterbericht rät, noch jeden Sonnenstrahl zu genießen – am nächsten Morgen können wir sogar noch einmal schwimmen gehen.

Danach zieht der Himmel zu und es beginnt zu nieseln. Das passt auch irgendwie zu den im Sommer verlassenen Skisportstätten. Auf einem aufgeblasenen Kissen unterhalb einer Sprungschanze kommt ab und zu mal ein Sommerskisprungsportler angeflogen und purzelt dann die letzten Meter Hals über Kopf weiter. Ganz ohne Schnee und Zuschauer sieht das irgendwie seltsam aus.

Beim Ort Sälen beginnt im Winter das Langlaufspektakel mit mehreren tausend Teilnehmern – der Wasalauf. Heute im Nieselregen ist außer uns gerade noch ein zweites Wohnmobil vor Ort. Die Beifahrerin fotografiert wie auch wir das Schild am Startpunkt des Wasalaufs.

Und dann wieder ab ins warme und trockene  Wohnmobil und auf nach Sälen, dem Zentrum des Wintersports in dieser Gegend. Verlassen warten die Schneekanonen auf einem öden Lagerplatz auf ihren nächsten Einsatz,  die Hotelpaläste warten ebenso verlassen und trist wie das Förderband, das die Skifahrer in einem Glastunnel zum nächsten Lift bringen soll, auf die Wintersportgäste der nächsten Saison.

Wir möchten uns gar nicht vorstellen, welcher Trubel dann hier herrscht. Aber die fast menschenleere, wenig romantisch wirkende Stadt lädt uns nicht gerade zum Verweilen ein, obwohl das Schild mit Schneefrau und Kind uns schmunzeln lassen.

Also düsen – nein tuckern wir weiter – auf der Suche nach einem schönen Platz für die Nacht. Ein super Grillplatz am Fuluälf könnte ideal sein. Mehrere Bunker aus dem zweiten Weltkrieg sind nur wenige hundert Meter am Fluss entlang unter Gestrüpp zu finden. Die Bunker sind zugemauert. Ein Angler erzählt uns, dass hier zwar nicht die Grenze nach Norwegen ist aber der Fluss eine natürliche Grenze bildete und insbesondere die erste Möglichkeit war, den Feind ungetarnt zu entdecken.

Trotz der interessanten Infos fällt uns auf, dass die nahe Straße doch recht befahren ist. Also ist der Platz kurz vor Fulunäs nichts für gute Nachtruhe; knapp zwei Kilometer weiter, ebenfalls am Fluss, ist es mindestens ebenso schön und nahezu völlig ruhig.

Es bleibt zwar trocken aber von richtig schönem Wetter kann auch am nächsten Morgen nicht die Rede sein. Die kleinen Waldstraßen sind zum Glück in den Navikarten enthalten, denn bei den teilweise abenteuerlich verrosteten Wegweisern wären wir uns über den richtigen Weg nicht sicher.

Rechts und links der Straße wächst immer wieder das weißlich grüne Moss, das aus Skandinavien auch nach Deutschland exportiert wird, um dort als Schmuck auf Grabgestecken zu dienen.

Positiver Aspekt des feuchteren Wetters ist, dass sich jetzt auch die Pilze herauswagen und somit auf unsere Speisekarte gesetzt werden.

Unser Nachmittagspäuschen am Fluss wird unerwartet zur Sensation des Tages. Eine Elchmama kommt mit zwei Jungen am gegenüberliegenden Flussufer zum Trinken. Jetzt gibt’s für Almut kein Zurückhalten mehr: Raus trotz Nieselregen und fotografieren so gut es geht. Ich kann Almut zwar nicht mehr sehen aber durch die Elchmama orten; denn die Elchohren sind immer in Richtung der Fotografin ausgerichtet.

Nach diesem sensationellen Ereignis bleibt für mich an diesem Tag nur noch die Zubereitung unserer Pilzbeute an einem Picknikplatz am Fluss Storan übrig.

Immer wieder fallen uns Bäume mit Flechten auf – ein Zeichen für besonders saubere Luft. Eigentlich kein Wunder bei wenig Industrie, wenig Verkehr und unendlich vielen Bäumen.

Durch den geringen Verkehr fühlen sich auch die Rentiere auf den Straßen relativ sicher.

Der nächste Tag wird der Tag der Höhensuperlative. Zunächst fahren wir zu Schwedens höchstgelegenem Dorf ‚Högvalen‘. Es liegt auf 830m Höhe. Das mag zunächst wenig erscheinen aber in Schweden sind die Berge nun mal nicht wesentlich höher und auf 800m Höhe herrscht hier bereits eine Vegetation und ein Klima wie in den Alpen auf ca. 1700m; die Baumgrenze liegt hier bei 900m.

Wir steuern in Richtung Funäsdalen, passieren dabei ein mit Gras und Rinde gedecktes Samihaus und biegen nach Funäsdalen auf die Hochfjällstraße zum Flatruet ab.

Flatruet wiederum ist der höchste Straßenpunkt Schwedens mit 975m, wie uns die Aufschrift auf einer grabsteinähnlichen Felsplatte wissen lässt. Um die Steinplatte herum haben Besucher Steinbrocken mit ihren Namen beschriftet; eine Art steinernes Gipfelbuch.

Hier oben wachsen noch ein paar Moltebeeren, die berauschende schwarze Krähenbeere, Wollgras und ein paar andere Pflanzen und Flechten, die für harte Winter gut gerüstet sind. Moltebeeren sollen bei bis zu -38°C überleben können.

Auf der Hochebene wollen wir eine Nacht bleiben und die Sternenpracht erleben. Sterne gibt’s genug aber leider haben sich Wolken zwischen uns und die Sterne geschoben. Am nächsten Morgen steigen die Nebel an den Bergrücken auf – hier ist es auf alle Fälle schon richtig herbstlich; die Temperaturen sinken in der Nacht auf 9°C; wir freuen uns über die Dieselheizung in unserem Rudolph.

Das Wetter hat sich beruhigt und so genießen wir die Tundra ähnliche Landschaft in 700m bis 800m Höhe. Wir kommen zu einem Museumsdorf mit historischen Almhütten. Genau genommen fahren wir schon eine Zeitlang auf dem Almenweg und halten immer wieder für Photostopps an  verwitterten Hütten – na und dabei finden wir natürlich meistens auch Preiselbeeren und Heidelbeeren und immer wieder Pilze – eigentlich wie im Schlaraffenland.Nahe des Almhüttendorfes übernachten wir – die in der Abendsonne aufziehenden dunklen Wolken sind zwar sehr fotogen, verheißen aber nichts Gutes.

In der Nacht prasselt es reichlich auf unser Dach und auch am nächsten Tag will der Regen nicht wirklich aufhören. Wir können natürlich nicht erwarten, dass ständig schönes Wetter herrscht und die Flora trotzdem frisch und grün ist nur weil wir auf Reisen sind. Also folgen wir auf dem weiteren Weg nur dem Hinweis auf eine Fisktrappa. Das ist eine treppenähnliche Aufstiegshilfe für Fische, die das Wehr an einer kleinen Kraftwerksstation sonst nicht überwinden könnten. Auf einer Tafel sind Jahr für Jahr sowohl die Anzahl der Treppenbenutzer als auch deren durchschnittliche Gewichte vermerkt. 2021 waren es bislang 1390 Fische, die schwerste Forelle wog immerhin überraschende 7kg.

Am Storsjön trudeln wir bei einem Technikmuseum am Nachmittag auf einem Stellplatz ein. Ein Mann spricht uns in gutem Deutsch an und erklärt uns, dass es auch ein Hafencafe gibt, das allerdings in einer Stunde schließen wird und zwar nicht nur für den heutigen Tag, sondern für das Jahr 2021. Die Schulferien in Schweden haben am 16.08. geendet – die Saison ist beendet. Als letzte Gäste der Saison leisten wir uns noch einen Kaffee im vollständig verglasten Hafencafe mit Blick auf das Dampfschiff Östersund, das im Jahr 1874 gebaut wurde, mit Holz befeuert wird und im Sommer zu Ausflugsfahrten einlädt. Auf dem Schiff gibt es Speisen und Getränke – und auch Alkohol, wie uns der ältere Mann voller Stolz berichtet.

Mittlerweile regnet es nicht mehr und drei Stunden später verabschiedet sich der Tag mit einem herrlichen Sonnenuntergang. Bei jedem Foto denken wir, dass die Beleuchtung jetzt nicht mehr besser werden kann aber die Natur legt immer wieder an Schönheit zu und so steigt die Anzahl an Schnappschüssen kontinuierlich an.

Bemerkenswert

Etwas Vorlauf und dann die große Reise nach Schweden (Schweden 2021 1)

Natürlich ist es in Deutschland schön – aber auch wenn etwas gut schmeckt, muss man es ja nicht ununterbrochen essen. Und so haben wir beschlossen, mal wieder in Richung Norden – Schweden -aufzubrechen.

Genau genommen waren wir ja schon zweimal unterwegs in 2021. Einmal für gerade 3 Tage am Main und im Rhön-Grabfeld. Ursache war hierfür unsere zu Ende gehenden Weinvorräte. Wir haben uns erinnert, dass man in Sulzfeld am Main bei einem Winzer übernachten kann. Eigentlich wollte ich nur nachsehen, wie weit es von zuhause bis Sulzfeld ist. Dabei bin ich in der Auswahl bei Google Maps wohl in eine falsche Zeile gerutscht und habe so gelernt, dass es noch ein zweites Sulzfeld gibt, das eben im Rhön-Grabfeld liegt. Also erst Wein kaufen und dann zu zwei Burgen, einem Aussichtsturm, einem Bahnmuseum und einem Badesee rund um das zweite Sulzfeld. Für eine Kurztour sind die zwei Sulzfelder und ein Stellplatz in Hofheim durchaus zu empfehlen.

Wenige Wochen später – im Juni – sind wir noch einmal aufgebrochen – diesmal für eine 7-Tage Tour. Etwas Radfahren, ein Spiegelkabinett besichtigen, das unter der Schirmherrschaft der Urenkelin von Carl Zeiss steht (oder war es schon die Ur-UrEnkelin?) und einen chinesischen Garten sowie die Runeburg in Weißensee in Thüringen besuchen waren neben langen Gesprächen mit anderen Reisenden die Highlights dieser Tour nach Thüringen.

Na und jetzt sind wir schon wieder in Thüringen – allerdings nur auf der Durchreise auf dem Weg nach Schweden. Normalerweise nehmen wir die Fähre von Rostock nach Trelleborg. Reizvoll wäre auch der Katamaran gewesen, der neuerdings von Sassnitz in 2,5 Stunden nach Ystad brettert. Aber neben der Tatsache, dass diese Verbindung natürlich etwas teurer ist (Geschwindigkeit kostet Geld!) war der Katamaran an unseren Wunschtagen schon ausgebucht. Also doch Rostock? Ups, da gibt’s ein RückfahrKNALLERangebot aber nur von Travemünde. Also Rückfahrknaller buchen und die Apps nach Übernachtungsmöglichkeiten rund im Travemünde durchsuchen, denn die Fähre legt morgens um 9.30 Uhr ab. Es gibt zwar ein paar Stellplätze, die aber am Wochenende sicher so überfüllt sind, wie wir es schon vor drei Jahren in Travemünde erlebt hatten – und Oh Je; es findet parallel zu unseren Reiseplänen auch noch die Travemünder Woche statt, die nochmals ein paar mehr Mitwettbewerber um freie Stellplätze anziehen dürfte.  Also entscheiden wir uns für einen neuen Stellplatz ca. 50km von Travemünde entfernt. Wir übernachten in Gadebusch und werden von Jörg, der den Stellplatz erst seit Kurzem eröffnet hat, sowie von Bruno, einem Hovawart begrüßt, wie wenn wir uns von Jugend an kennen würden. Grundsätzlich hätten wir hier die Möglichkeit, auch mal einen richtig großen Schlepper zu fahren oder auch ein paar Ersatzpflugscharen zu kaufen. Damit handelt Jörg ebenso wie mit Wein und hochwertigem Hundefutter. Wir kaufen weder Wein noch Pflugscharen und beschränken uns darauf bald schlafen zu gehen, damit wir am nächsten Morgen rechtzeitig in Travemünde am Hafen sein können. An einem Sonntag ist auch rund um Lübeck niemand unterwegs, der Kassier am Herrentunnel, der unter der Trave durchführt freut sich, dass überhaupt jemand kommt und schon stehen wir in der Warteschlange für die Nils Holgersson, unsere Fähre nach Trelleborg.

Wie üblich bei skandinavischen Fähren ist das Einfahren koordiniert und problemlos, so dass wir um 9.00 Uhr schon im Schiff am reichhaltigen Frühstücksbuffet stehen. Von unserem Fensterplatz können wir mit vollem Mund prima die Ausfahrt aus dem Hafen verfolgen. Die See ist ruhig, an Deck scheint die Sonne und so vergehen die knapp 8 Stunden Fahrt angenehm schnell, so dass wir bereits um 17.30Uhr von der Fähre rollen. Bei Höör, etwas nördlich von Trelleborg verbringen wir auf einem Stellplatz die Nacht nach dem wir solange mit anderen Reisenden gequatscht haben, bis es einfach zu kalt wurde. Auf der Fahrt nach Höör hatte es immer wieder genieselt aber die Sonne hatte für uns noch einen schönen Sonnenuntergang bereit gehalten.

Nach der Mittagspause am nächsten Tag – um 15.00Uhr – an einem kleinen See passieren wir ein Anwesen, in dem offenbar jemand wohnt, der Mühlräder und Schaufelräder aus Turbinen sammelt – na wenn’s ihm Spaß macht.

Ein Schild weist uns auf ein Trollträd in 3km Entfernung hin. Mal sehen, was das ist. Nach 3km kommt ein Schild, das auf den Trollträd in weiteren 2km hinweist und dann noch eines, das in einen befahrbaren Waldweg zeigt. Da muss Rudolph durch auch wenn’s eng ist. Am Ende sind es noch 200m Fußweg durch Gestrüpp und Sumpf und dann steht er vor uns – der Rest des Troll-Zauberbaumes, der gegen Zahnschmerzen helfen soll. Das funktioniert so: Der Patient muss sich beim schmerzenden Zahn einen Nagel ins Zahnfleisch drücken und dann den blutigen Nagel in den Baum bohren. Danach sind die Zahnschmerzen weg und der Zauber bewirkt, dass derjenige, der den Baum fällen sollte die Zahnschmerzen von all denen bekommt, die den Baum zur Heilung benutzt hatten. Genau genommen sind dann Zahnärzte vielleicht doch die bessere Wahl.

Nächster Halt ist der Alpakagarten mit Übernachtungsmöglichkeit. Robert, ein Deutscher war irgendwann mal aus gewandert und hatte allen Unkenrufen der schwedischen Nachbarn zum Trotz angefangen Alpakas zu züchten. Bislang sehr erfolgreich. Es gibt auch einen Laden, in dem allerlei Alpakasouvenirs, sowie Felle, Wolle und auch Elchfleisch angeboten werden. Wir treffen einen Zimmermann auf der Walz und ein Mädchen, das gerade die Welt erkundet – und wieder wird es kalt noch bevor wir alle Themen diskutiert haben.

Wir bleiben in der Welt der Vergangenheit und finden auf dem Weg zwei Runensteine. Auf den Steinen – so die Beschreibung – ist eingeritzt, mit welcher Familie man es auf dem Grundstück hinter dem Stein zu tun hat. Also eine Art 1000-jähriges Klingelschild mit Reklametafel auf einem Grenzstein.

Da der Elinge Elchpark nur gute 30km entfernt ist, sind nach den Alpakas die Elche an der Reihe. Wir hatten den Park vor ein Paar Jahren schon einmal besucht und festgestellt, dass die Betreiber des zum Park gehörigen Cafes aus einem Dorf stammen, das nur 6 km von unserem Zuhause entfernt liegt. Die Welt ist halt doch klein. Der Elchpark ist ebenso wie das Cafe gut besucht und deshalb sind die Elche offenbar pappsatt und interessieren sich überhaupt nicht für die frischen Birkenzweige, die man am Eingang zum Füttern mitbekommt.

Die Sonne strahlt schon die ganze Zeit, so dass uns ein ausgewiesener Badeplatz auf unserem weiteren Weg gerade recht kommt. Der Platz liegt traumhaft, die Luft hat 20° und das Wasser 21°. Endlich wieder in einem See schwimmen – das hat uns lange gefehlt. Es ist so schön, dass wir auch gleich am See übernachten.

Die nächste Idee ist der Taberg mit guter Aussicht, den wir ansteuern. Unterwegs gibt’s einen Wegweiser zum Ort Eskilstorpkvarn. Also wieder ab auf die unbefestigte Straße und erkunden, ob Kvarn tatsächlich eine Mühle ist. Die Vermutung stimmt; Eskilstorpkvarn ist eine etwas verfallene Wassermühle, die wohl früher mal eine Säge angetrieben hat. Wie im Freilandmuseum.

Auf dem Weg nach Taberg kommen wir am Freizeit- und Skizentrum Isaberg vorbei. Hunderte von Autos parken hier, so dass wir sowohl auf einen Besuch wie auch auf Fotos dieses oktoberfestähnlichen Platzes verzichten. Nebenbei sollte vielleicht bemerkt werden, dass die vielen Besucher natürlich keine Maske tragen – seit unserer Ankunft in Schweden ist uns niemand mit Maske begegnet – Corona scheint hier ausgestorben zu sein.

Auch im Cafe auf dem Taberg wird zwar auf das Einhalten von Abständen hingewiesen aber Maske Trage ist auch hier nicht in Mode.

Zur Übernachtung steht ein überfüllter kostenloser Platz an einer Bahnlinie oder ein völlig leerer aber kostenpflichtiger Platz am Sagenhaus zur Wahl. Nach Trollen und Runensteinen wählen wir natürlich den Platz am Sagenhaus.

Der erste Badetag hatte uns so viel Spaß gemacht, dass wir auf den ganz kleinen Furusjö zusteuern und gleich noch einmal das einladende Wetter zu einem Badeabstecher nutzen bevor wir einem Tipp von Bekannten folgen und zu einer Bisonfarm fahren.

Für 100 Kronen wird man wie auf einer Safari durch das Bisongelände gefahren und kann die Fellriesen sogar füttern. Bevor wir die Gebühr für die Safari entrichten, müssen wir mit €1,72 für einen Liter Diesel an der Tankstelle tief im Geldbeutel graben.

Auch Übernachtung mit überragender Aussicht über den Vätternsee ist auf der Bisonfarm bei Gate möglich.

Der Tived Nationalpark soll unser nächster Stopp in den Norden werden. Mal sehen, was wir auf dem Weg dorthin entdecken können. Auf der Landkarte sind mehrere Aussichtspunkte verzeichnet, wobei es bei einigen höchstens die Aussicht auf Aussicht gibt, weil die Bäume seit Drucklegung unserer Landkarte schon etwas größer geworden sind. Wir fahren natürlich wieder Abkürzungen und seitdem ich auch unbefestigte Wege in meinem Navi freigegeben habe, fühlt sich das Navi regelrecht verpflichtet, uns auf Waldpfaden den Weg zu weisen. Mit extrem grobem Schotter ist der Weg plötzlich übersät – mir tun meine Reifen leid aber umdrehen geht auch nicht auf dem schmalen Weg. Nach einem Kilometer ist der Spuk vorbei, der Weg ist wieder etwas breiter und einigermaßen gut zu befahren. Knapp 1km vor der Hauptstraße noch eine kleine Überraschung – uns kommen zwei Wohnmobile entgegen. Das ist nun auch für diesen Weg zu viel, so dass ich erstmal 150 m rückwärts rangiere. Wir biegen doch auf einen anderen Weg ab und – man glaubt es kaum – immer mehr Wohnmobile und PKW tauchen auf. Auf einer Wiese stehen schon mindestens 200 Fahrzeuge, Einweiser versuchen den Verkehr hier mitten im Wald zu regeln – was ist hier los? Ein paar Jugendliche erklären uns lachend, dass es sich um ein Orientierungsevent handelt, bei dem man nach Karte irgendwelche Orte finden muss. Früher nannte man das Schnitzeljagd aber von Schnitzeljagden mit hunderten von Teilnehmern ist mir nichts bekannt. Wir sind doch irgendwie froh, wieder auf einer normalen Straße zu fahren und nehmen uns vor, zukünftig weniger Waldabkürzungen zu nehmen. Der Verkehr ist an diesem Samstag im August erstaunlich stark; die Schweden scheinen ihre letzten Sommerurlaubstage noch einmal intensiv nutzen zu wollen. Und so ist an der Schleuse und Klappbrücke des Götakanals in Forsvik einiges los. Cafegarten, Eisverkäufer, Schaulustige beim Schleusungsvorgang – einfach Trubel.

Wenige hundert Meter weiter wäre die Möglichkeit, das Museum einer der ersten ehemals mit Wasserkraft Industrieanlagen zu besichtigen. Hier wurde mit Wasserkraft Mehl gemahlen, Eisen verarbeitet und Holz gesägt. Im Kleinen sind die Möglichkeiten des Wasserantriebs nachgestellt worden, in dem der Schub mit mehrfach umgelenkten Stangen dazu genutzt wird, eine Schaukel für Kinder anzutreiben – nette und sehr anschauliche Idee.

Nicht nur auf den Straßen ist viel Verkehr – es gibt offenbar auch genügend Ausflügler, die mindestens das Wochenende auf Campingplätzen verbringen wollen. Einige Plätze weisen weitere Besucher mit dem Hinweis ‚Full belaget‘ ab aber bei einem uns bekannten Platz bei Tived versuchen wir es dennoch und siehe da – die Betreiberin erinnert sich an meine Beifahrerin und schwupps ist doch noch ein Platz verfügbar. Glück gehabt – und das nicht nur bei der Platzsuche, sondern auch mit dem Wetter, das uns wieder einen Super – Sonnenuntergang fotografieren lässt.

Bemerkenswert

Fast in Polen

Am 2.September starten wir zu einer weiteren Runde mit dem Thema: „Lerne Deutschland kennen“. Wir haben zunächst eine Besuchstour mit Stopps in Leipzig und zweimal in Dresden geplant.

Bis nach Neustadt an der Orla zum Stellplatz Heinrichsruhe wollen wir am ersten Abend kommen. Die angegebene Adresse bringt unser Navi zur Verzweiflung – es möchte uns über gesperrte Forststraßen und Privatstraßen zum ersehnten Ziel führen. Rudolph ist zwar etwas geländegängig, muss sich aber dennoch an die gültigen Verkehrsregeln und Straßensperren halten. Wir scheinen dem Ziel schon recht nahe zu sein, drehen aber noch einmal um, weil ein Wanderpfad die einzige Alternative wäre  und nähern uns über weitere 8 km erneut von einer anderen Himmelsrichtung dem Ziel. Hurra, diesmal hat es geklappt und die Aussicht ist wirklich – wie beschrieben – überdurchschnittlich schön. Die angrenzende Gaststätte hat auch geöffnet und so steht einem thüringischen Abendessen nichts mehr im Weg – oder doch? Die Gaststätte hat erst seit einem Tag wieder offen und daher gibt es manche Speisen, die auf der Speisekarte locken, leider noch nicht. Trotzdem finden wir ein zum Schwarzbier passendes Essen. Es ist kühl draußen geworden, so dass wir nach dem Essen nur noch kurz die Aussicht in der Dämmerung genießen und uns dann in die Wärme von Rudolph zurückziehen.

Nach unserem Kaffeebesuch in Leipzig fahren wir zur Übernachtung zu einem Campingplatz bei Grimma, der sich „Naturbad“ nennt. Das ist grundsätzlich auch richtig, denn der Platz liegt idyllisch an einem kleinen See. Das Naturbad existiert allerdings nur noch in Form von einem verfallenen Gebäude, in dem früher wohl man eine Gaststätte gewesen war. Der über 70-jährige Platzwart befürchtet, dass der Platz wohl geschlossen wird, wenn er sich nicht mehr darum kümmern kann. Eigentlich Schade!

Über Meißen geht’s nach Dresden. Auf dem Weg lockt mehrfach ein Hinweis auf den Elbepark. Nein das ist nicht das bekannte Einkaufszentrum. Wir folgen den Hinweisen und landen in einem Minidorf. Die Abbruchkante an der Elbe ist sehenswert, der Elbepark entpuppt sich als ein kleiner Tierpark, den wir nicht unbedingt besuchen müssen. In einem kleinen Häuschen werden Zucchini und Tomaten für wenige Cent angeboten – gerade recht, um unsere Vorräte aufzufüllen. Das Dorf liegt am Elberadweg und daher kommen während wir auf einer Bank eine Pause machen und etwas essen jede Menge Radfahrer vorbei. Ausnahmslos jeder grüßt uns und wünscht uns guten Appetit. So etwas ist selten.

In Dresden angekommen, ist auf dem ersten Stellplatz in der Dresdener Innenstadt nicht einmal mehr Platz für ein Fahrrad, auf dem zweiten Stellplatz findet ein Wochenmarkt statt. Also weichen wir zu einem Busparkplatz aus, der von der Stadt Dresden vorübergehend zum Wohnmobilstellplatz erklärt worden ist. Über dem Platz schweben gerade ein paar Heißluftballone, deren Mitfahrende Dresden aus der Vogelperspektive in der Abendsonne genießen wollen. Der Platz  liegt nahe dem Zentrum, so dass wir in ein paar Minuten mit den Fahrrädern zu unserer Verabredung am Kulturpalast fahren können. Die Schiffsanlegestelle und die historischen Gebäude außen herum werden in goldenes Sonnenuntergangslicht getaucht – einfach grandios. So kühl der Abend an den Tagen zuvor gewesen ist, so angenehm ist der laue Spätsommerabend in Dresden.

Verwandtschaftsbesuch in einem Vorort von Dresden ist die dritte Station bevor wir in die Lausitz zum Olbasee aufbrechen. Der Olbasee ist auch ein ehemaliges Braunkohleabbaugelände aber er ist etwas unfreiwillig zum See geworden. Um Braunkohle abzubauen, muss das Gelände trocken gelegt werden. Nach einer Zeit des Abbaus hat dieses trocken gelegte Gelände angefangen zu brennen und konnte nur noch gelöscht werden in dem man einfach die Pumpen abschaltete und das Gelände voll Wasser laufen ließ. Das Ganze muss schon eine Weile her sein, denn die Landschaft um den See herum macht den Eindruck als hätte es hier schon immer so ausgesehen. Der See direkt am Campingplatz hat noch fast 22° und so ist baden gehen vorprogrammiert.

In Laufnähe zum Campingplatz wäre eine Gaststätte, die man aber besser meiden sollte. Wir hatten es nämlich am Ruhetag während eines Radelausflugs um den See „gewagt“, mit unseren Rädern bis vor das Haus zu fahren um die Speisekarte zu studieren. Da kommt der Wirt wutschnaubend aus dem Haus und verbietet uns unfreundlichst und ohne Gruß, mit den Fährrädern vor dem Haus zu stehen. Damit ist natürlich der Plan, dort essen zu gehen storniert, was ich auch dem Wirt sage – der meint nur, dass er uns zum Kotzen findet und zieht ab. Wir meinen, dass er vielleicht zu DDR-Zeiten die Aufgabe hatte, Mitmenschen zu bespitzeln, zu unterdrücken und zu drangsalieren, was ja jetzt nicht mehr geht. Das fehlt ihm offenbar und so müssen halt seine (potentiellen) Gäste seine Launen ertragen. Laut anderen Campinggästen ist der Wirt schon seit längerem für seine Gefühlsausbrüche bekannt. Nur eineinhalb Kilometer weiter im nächsten kleinen Dorf kann man exakt das Gegenteil erleben. Im Gasthaus „Zur Guten Laune“ in der gleichnamigen Straße ist man gerne gesehen und wird freundlich mit gutem Essen zu fairen Preisen verwöhnt. Übrigens befinden wir uns im Gebiet der Sorben, einem kleinen ca. 60.000 Einwohner umfassenden Volksstamm, dem nach wie vor besondere Rechte innerhalb Deutschlands eingeräumt werden. So werden Ortsschilder und teilweise auch Straßennamen sowohl in deutsch als auch in sorbisch angegeben.

Nach so viel Natur um den See brechen wir in Richtung Kultur nach Bad Muskau auf. Wir kommen am Bärwalder See vorbei, der ebenfalls eine ehemalige und jetzt geflutete Kohlegrube ist. Für unseren Geschmack ist es noch etwas kahl um den mit mehreren Parkplätzen erschlossenen See. An der Marina kann man in Hausbooten übernachten (wenn der Geldbeutel ausreichend gefüllt ist) und den Blick auf die Segelboote sowie die am gegenüberliegenden Ufer befindlichen Kühltürme eines riesigen Braunkohlekraftwerks genießen.

Trotz dieser Attraktionen beschließen wir nach kurzer Zeit mit einem Abstecher zum Tagebau Nochten weiter nach Bad Muskau zu fahren. In der Nähe von Weißwasser hat die Betreibergesellschaft des Braunkohletagebaus, LEAG, den Aussichtsturm „Am schweren Berg“ errichtet, der einen weiten Ausblick auf die gigantische Landschaftsvernichtung durch den Kohleabbau ermöglicht, weshalb wir nach ein paar Fotos gleich weiterfahren.

Auf dem Stellplatz der Stadt Bad Muskau ist für uns gerade noch ein Platz frei aber das ist ja genug. (genau genommen wären noch mehrere Plätze frei aber ein paar Wohnmobilisten stehen sehr „bequem“ auf ihrem Platz). Als der Platzwart bittet, doch weniger großzügig zu parken, bricht ein erboster Gast seinen Aufenthalt mit den Worten „ich parke seit 28 Jahren so und werde das auch nicht ändern“ ab. Jetzt wäre dann wieder ein weiterer Platz frei…  Bevor die Sonne untergeht, wollen wir den berühmten Fürst Pückler Park in Bad Muskau noch sehen. Der Park ist riesengroß, ein Teil liegt in Polen und da man Stunden brauchen würde, um den Park auch nur annähernd zu besichtigen, darf man freundlicherweise auch mit dem Rad durch den Park fahren. Die letzten Sonnenstrahlen tauchen Schloss und Park in goldene Farbtöne, die schon sehr auf den beginnenden Herbst hinweisen. Offenbar kann man den Park auch mit der Waldeisenbahn besichtigen, von der aber bis auf die Schienen nichts zu sehen ist. Wahrscheinlich ist der Betrieb vorübergehend wegen Corona eingestellt.

Trotzdem Tagebaugelände einen wenig idyllischen Anblick bieten, biegen wir zum Aussichtspunkt Tagebau Jänschwalde ab. Ich möchte einen der Monsterbagger einmal etwas näher sehen, denn in Nochten war der Bagger nur in sehr weiter Ferne zu erkennen. In Jänschwalde gibt es einen kleineren, reichlich verrosteten Bagger zu sehen, der offenbar gerade von mehreren Technikern beklettert wird, um ihn noch einmal zum Leben zu erwecken. Auch eine sogenannte Abbaubrücke, die aus Förderbändern und 3 Baggeranlagen besteht ist in der Nähe. Die Beschreibung am Aussichtspunkt erklärt, dass das vollständige Monster ganze 650m breit ist – dagegen sehen riesige Baustellenfahrzeuge und auch der Zug, der die Arbeiter zu der Anlage bringt wie Minispielzeug aus.

Im Küstriner Vorland kommen wir in Ratzdorf zur Mündung der Neisse in die Oder. Wir beziehen einen Standplatz direkt hinter dem Oderdamm beim Oderfischer, der täglich Fische frisch räuchert. Die nähere Umgebung mit großen Gutshöfen und Obstbaumalleen erkunden wir wieder mit dem Rad. Die „Kajüte“ in Ratzdorf nennt sich wie schon seit Jahrzehnten ‚Gast- und Tanzwirtschaft‘ – und so ist nicht nur die Aufschrift am Haus, der Betrieb ist noch aktiv und Poster laden zu Konzerten ein.

Der Verein der Traktorfreunde trifft sich am nächsten Tag am Stellplatz. Es ist faszinierend, wie die Traktoroldtimer restauriert sind und sich aus eigener Kraft  – meist lautstark und mit deutlichen Rauchwölkchen – in Bewegung setzen.

Wie schon an mehreren Abenden vorher wiederholt sich auch hier das Schauspiel der Formationsflüge der Kraniche, die bereits von Norddeutschland oder Schweden auf dem Weg in den Süden sind. Zuerst hört man das Geschrei – noch lange bevor die Vögel sichtbar sind – und dann ziehen sie zu Hunderten über uns hinweg, um sich dann in den Oderauen oder auf abgeernteten Maisfeldern zur Nachtruhe niederzulassen.

Der weitere Weg führt uns Richtung Norden und Nordwesten und so werden wir auf ein Hinweisschild zum Schloss Gusow aufmerksam. Das Schloss ist in Privatbesitz und macht den Eindruck als ob die Renovierung nicht nur mit ein paar Eimern Farbe erledigt werden könnte. Ein Anwohner erklärt uns, dass offenbar Asiaten das Schloss gekauft haben und es vielleicht renovieren wollen, um es dann z.B. als Tagungsstätte zu nutzen. Im Moment könnte es höchstens für ein Dornröschenschauspiel herhalten.

Dann wollen wir doch einmal sehen, ob das nächste Schloss – Neuhardenberg – in anderem Zustand ist. Der Unterschied ist gigantisch; das Schloss liegt in einem großen Park und mit dem notwendigen Sicherheitsabstand zwischen den Sitzplätzen wurde hinter dem Schloss eine große Bühne für ein OpenAir Klassik Konzert aufgebaut. In einem der zum Schloss gehörenden Gebäude ist ein Cafe, in einem anderen ein Hotel. Hier ist in das alte Schloss bereits wieder gesellschaftliches Leben eingezogen. Wir schlendern durch den Park und besteigen dann wieder unseren Rudolph, um zur Marina nach Finowfurt zu fahren.

Die Marina, die nicht nur Hausbooten, sondern auch Wohnmobilen eine Übernachtung ermöglicht, liegt am Finowkanal unweit des berühmten Schiffshebewerks (welches wir aber nicht besuchen, weil wir es schon kennen).Bis auf einen schönen Sonnenuntergang und einen Riesenbovist (den man aufgeschnitten wie Schnitzel panieren und braten kann) gibt es von hier nichts weiter Spektakuläres zu berichten.

Von früheren Reisen kennen wir den Campingplatz am Kluger See. Das Gelände liegt landschaftlich schön, ist riesig groß und die Gäste verteilen sich großzügig über den Platz – das und die Möglichkeit im See zu schwimmen sind die Gründe, warum wir hier gerne Rast machen, denn Campingplätze mit eng aneinander stehenden Caravans oder Wohnmobilen meiden wir so gut es geht.

Wir wissen, dass es im nahen Ahrensberg einen Fischer gibt, der täglich räuchert und bei dem man sich direkt an der Havel  niederlassen kann, um sich die Leckereien schmecken zu lassen. Vom Kluger See aus bietet Google zwei für Fahrräder geeignete Strecken zum Fischer an. Eine ist knapp 14 km und führt an den Hauptstraßen entlang, die andere geht durch den Wald und ist nur 9,1 km lang. Keine Frage; wir wählen die kurze Strecke. Häufig wird der von uns favorisierte Weg offenbar nicht genutzt, denn quer über den mit Autos befahrbaren Weg spannt sich ein völlig unversehrtes Spinnennetz. An den Stellen, wo man laut Google abbiegen soll, würde man nach Übersteigen eines gespannten Stacheldrahtes auf einer Weide landen. Also probieren wir unser Glück ein paar hundert Meter weiter; die Gegend ist verlassen und wir fühlen uns ebenso bis wir am Beginn des nächsten Waldstücks ein Haus sehen, vor welchem sogar ein Auto steht. Gerettet – bewohntes Gebiet. Die freundliche Bewohnerin erklärt uns, dass wir wieder weit zurückfahren müssen und dann irgendwo abbiegen müssen. Wir biegen ab und landen auf einem Fahrweg mit gut 10cm hohem weichen Sand – für Autos mit breiten Reifen und Traktoren befahrbar; für Fahrräder eher nicht. So wird aus der ‚kurzen‘ Fahrradtour zum  Fischer vorübergehend eine Wanderung mit geschobenem Fahrrad. Das geht ungefähr einen Kilometer so weiter. Irgendwann – nach insgesamt 18 km erreichen wir tatsächlich doch noch den Fischer; in der Zwischenzeit sind auch Wolken aufgezogen und die Temperatur ist schon mal ein paar Grad zurückgegangen. Aber wir haben das Gefühl, dass wir uns nach der Plackerei und den Irrfahrten doch wirklich etwas aus der Fischtheke verdient haben.

Für den Rückweg nehmen wir natürlich die andere Route, die sich dann als etwas länger als 14 km herausstellt, weil der Campingplatz auf der Googlekarte an der falschen Seite vom Kluger See eingetragen ist…

Der nächste Morgen zeigt, dass der Herbst tatsächlich näher rückt – vom Campingplatz ist außer Nebel nicht mehr viel zu sehen. Aber der Nebel verzieht sich schnell und macht der Sonne wieder Platz. Nach Dobbertin zum Campingplatz am Dobbertiner See wollen wir. Denkste! „Haben Sie reserviert?“ fragt die freundliche Dame an der Rezeption; „denn wir sind komplett ausgebucht!“. Na ja, dann eben nicht direkt am See und vielleicht ein anderes Mal. In Goldberg versuchen wir wieder unser Glück – zunächst telefonisch. „Klar können Sie kommen“ Und das tun wir auch, um auf einem naturbelassenem Platz mit freundlichem Service unser Quartier aufzuschlagen.

Der alte Teil des Ortes ist regelrecht idyllisch, es gibt ein kleines Museum, sogar Aldi hat den Ort schon erschlossen und dann ist da noch die Gaststätte ‚Fischerklause‘. An einem wenig ansehnlichen, grauen Gebäude steht ein Hinweis, dass man durch das Tor und den Garten zur Gaststätte kommt. Und tatsächlich finden wir dort eine einladende Terrasse und einen Gastraum, der wahrscheinlich 1970 entworfen worden war aber trotzdem irgendwie viel Charme versprüht. Die Bedienung ist freundlich und die Fischgerichte sind lecker. Also bitte nicht durch das alte Gebäude an der Straße täuschen lassen. Wenn man den Weg zwischen den Feldern nimmt, kann man von einem Aussichtsturm weit über die Landschaft blicken.

Ach ja; eine Feriensiedlung gibt es neben dem Campingplatz auch – mit Zugang zum See. Die Feriensiedlung hat geschlossen und wie wir erfahren, liegt das nicht an Corona, sondern an Geldmangel und irgendwelchen Pachtstreitigkeiten. Die Lage wäre eigentlich einen Besuch wert. Bei der Anreise hatte wir ein Cafe mit ansprechender Terrasse in Dobbertin entdeckt; also mit dem Rad auf nach Dobbertin. Auf dieselbe Idee sind an diesem Sonntag offenbar außer uns auch noch der eine oder andere gekommen. Jedenfalls hat sich vor dem Cafe schon eine Schlange maskierter Bewerber um einen Platz auf der Terrasse gebildet – eigentlich wie damals in der DDR. Möchte man allerdings nur ein Eis zum Mitnehmen, darf man die Schlange ganz elegant ignorieren und zur Eistheke vordringen. Nach diesem grandiosen Erfolg, beschließen wir, neben den alten Backsteinhäusern noch das Kloster Dobbertin, das auf einer Halbinsel liegt, zu besichtigen. Das Kloster ist die Heimat für Menschen mit jeglicher Art von Behinderung und daher wegen Corona Ansteckungsgefahr nicht zugänglich – also bleibt’s bei ein paar Fotos mit dem Zoom aus der Ferne.

Den Pfarrer von Goldberg treffen wir in der einer romantischen Gasse vor seinem Pfarrhaus und der Kirche. Der junge Mann erklärt uns, dass er auch für Dobbertin und somit für das Kloster zuständig ist, und dass es durchaus Bewohner gibt, die in Goldberg aus Geldmangel so primitiv wohnen müssen, dass sie schon fast neidisch auf die Behinderten, die im renovierten Kloster wohnen dürfen, blicken.

Wir ahnen noch nicht, dass wir auf der Weiterfahrt durch das spärlich besiedelte Mecklenburg-Vorpommern auch zum Dorf Platschow kommen werden, das sich selbstbewusst ‚Elefantendorf‘ nennt. Elefanten in Meckpomm? Tatsächlich wohnen mehrere Elefanten – neben ein paar Zebras – auf einem Freigelände in Platschow. Hunderte von Menschen warten brav in einer Schlange auf Einlass, um die Dickhäuter mit wenig Auslauf zu besichtigen. Wir möchten uns weder in die lange Schlange einreihen, noch möchten wir uns am Anblick der Elefanten erfreuen, die sicher an ihrer ursprünglichen Heimat mehr Spaß hätten – einen Parkplatz für Rudolph hätte es wegen Überfüllung sowieso nicht mehr gegeben.

Gerade mal 30km weiter kommen wir aus der Elefantenwüste ins weltbekannte ‚Rom‘. Der Ort hat nichts mit den Römern zu tun und ist auch nicht als als Opposition zum Nachbarort ‚Lutheran‘ zu sehen. Irgendwie sind die Ortsnamen in den östlichen Bundesländern wesentlich interessanter. Natürlich hat auch Lutheran nichts mit Luther zu tun…

Der Blick in die Stellplatz App zeigt eine günstige Übernachtungsmöglichkeit in der ‚Dorfrepublik Rüterberg‘. Das macht uns neugierig, da müssen wir hin. Über eine extrem holperige Kopfsteinpflasterstraße erreichen wir den Stellplatz. Am 8.November 1989 hatte dieses Dorf eine eigene Republik gegründet. Warum? Das Dorf ist an drei Seiten von der Elbe umgeben, weshalb man in der DDR-Zeit nur mit extremen Einschränkungen das Dorf betreten und dort wohnen durfte. Zugang nur mit Passierschein, kein Ausgang von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr früh usw. Daher hatten die Bewohner irgendwann von der die Gängelei die Nase voll und wollten sich durch die Gründung der Dorfrepublik befreien. Der Zeitpunkt war unbewusst gut gewählt, denn am 9.November, also einen Tag nach Gründung der Dorfrepublik, war ja die Grenze zur DDR gefallen. Das Dorf durfte bis 2006 aber trotzdem offiziell die Bezeichnung ‚Dorfrepublik‘ führen. Heute ist das Dorf sehr beschaulich mit vielen liebevoll renovierten Häusern, einem ehemaligen Wachturm, den man als Ferienwohnung mieten kann, einer Gaststätte, die zur Hauptsaison 2020 wohl für immer geschlossen hatte und schönen Radwegen in der Umgebung insbesondere an der Elbe.

Von Rüterberg erkunden wir mit dem Rad den Nachbarort ‚‘Dömitz‘. Wir sehen die viel befahrene neue Brücke über die Elbe ebenso wie die Reste der alten Brücke, die wohl im Rahmen der Grenzziehung zerstört worden war und erreichen die Festungsanlage Dömitz, die auch die Gedenkhalle des Schriftstellers Fritz Reuter beherbergt.

Eigentlich nicht notwendig zu erwähnen, dass das Wetter – wie oft auf unseren Reisen – sich auch an diesem Tag von seiner besten Seite zeigt. Der Ort Dömitz selbst, ist etwas verschlafen, hier und dort wird renoviert – oder auch nicht – aber es gibt ein Geschäft mit ‚Softeis nach Original DDR-Rezept‘. Scheint wohl etwas Besonderes zu sein, denken wir und kaufen uns zwei Becher mit der cremigen Masse, die eigentlich so schmeckt wie jedes andere Softeis auch. Vielleicht ist es ja der Mythos, den man mit verkauft bekommt und eine pfiffige Idee ist es sowieso.

Auf dem alten Kontrollweg entlang der Elbe holpern wir auf den unebenen Betonplatten mit unseren Fahrrädern wieder zurück nach Rüterberg.

Nach dem kulinarischen Ausflug zum DDR-Softeis wollen wir unsere Reise am nächsten Tag mit der Brauerei in Vielank noch toppen. Die Brauerei hat offen, der angeschlossene, komplett leere Stellplatz wartet nur auf uns aber Abendessen ist nur mit Reservierung ab 20.00Uhr und dann auch nur IM Restaurant und nicht auf der Terrasse möglich. Das ist schade, denn die Speisekarte klang recht ansprechend und die Temperaturen hätten noch einmal einen lauen Abend im Freien versprochen. Also bleibt’s beim Kauf von zwei Tragerl mit Bierspezialitäten und wir machen uns wieder auf den Weg. Die Kraniche neben der Straße haben messerscharf erkannt, dass bei der Ernte eines Maisfeldes genügend Nahrung für ihre Reise in den Süden übrig bleibt und so haben die Kraniche im Gegensatz zu uns auch ohne Reservierung einen Platz zum Essen im Freien bekommen.

Etwas elbeaufwärts gibt es laut Atlas die nächste Möglichkeit, die Elbe zu überqueren. Die ‚Brücke‘ bei Löcknitz stellt sich allerdings als Elbfähre heraus, die glücklicherweise auch LKW – und somit auch uns befördert.

Kaffeegarten Schwedenschanze klingt vielversprechend und Aussichtsturm Höhbeck erst recht. Der Kaffeegarten liegt mitten im Wald, es sind keine Gäste da aber die Tür zum Haus steht offen. Also lassen wir uns nieder und warten auf die Eigentümerin, die mit einem Charme, der darauf schließen lässt, dass ihr heute schon eine ganze Horde Läuse über die Leber gelaufen ist, den frischen verführerisch duftenden Apfelkuchen und das im Garten obligatorische Kännchen Kaffee anbietet – Cappucchino gibt’s nicht, raunt sie uns zu. Das Innere des Cafes ist liebevoll dekoriert, sieht fast aus wie in Schweden und beim Bezahlen lobe ich sehr ihren Dekorationsgeschmack. Nicht möglich, die Frau kann nicht nur leckeren Apfelkuchen backen, sondern auch tatsächlich Lächeln – ist doch gar nicht so schwer!Wir kraxeln auf den ebenfalls völlig verlassenen Aussichtsturm und machen ins Flachland der Elbe ein paar Fotos.

Auf Empfehlung eines weiteren Gastes im Kaffeegarten wollen wir uns noch  eines der im Wendland typischen Rundlingsdörfer ansehen. Das besondere an diesen Dörfern ist es, dass alle Häuser in einem Kreis um einen Dorfplatz angeordnet sind. Über sehr schmale Straßen erreichen wir das ruhig gelegene Dorf Prezier. Ein paar große Bauernhöfe sind tatsächlich rund um einen Dorfplatz angeordnet – eigentlich eine sehr kommunikationsfördernde Bauweise.

Die Sonne strahlt, wir wollen nochmal schwimmen gehen und daher geht’s in Richtung Arendsee. Der kleine, sonnige, uns bekannte Campingplatz hat geschlossen; also fahren wir an das andere Ende vom Ort Arendsee und checken auf dem großen Platz im Wald ein. Das Strandbad hat saisonbedingt schon zu aber man würde ganz leicht eine Bucht zum Baden finden, wenn man am See entlang fährt. Also klappen wir die Räder auf und los geht’s am See entlang und natürlich erstmal zum Fischer Kagel. Der räuchert nämlich auch jeden Tag frisch und das seit vielen Jahren – der Mann ist hier überall bekannt und ist auch schon in einer Fernsehreportage aufgetreten. Der angeschlossene Biergarten ist zwar wegen Corona geschlossen aber man kann sich ja ein schmackhaftes Fischbrötchen mitnehmen und dann an der nächsten Badebucht essen – und das machen wir auch. Ohne es zu wissen landen wir am Hundestrand und sind froh, dass wir Ende September noch schwimmen gehen können.

Bei Magdeburg wartet noch einmal eine technische Sehenswürdigkeit auf uns. Das Schiffshebewerk Rothensee.  Das alte Hebewerk wird nur noch selten benutzt. Wenn Schiffe von der Elbe in den Mittellandkanal wollen, waren sie in einem Trog nach oben gezogen worden. Seit 2001 existiert eine neue Sparschleuse, die auch für wesentlich größere Schiffe befahrbar ist. Und daher haben wir auch vom Aussichtsturm kein Schiff im Hebewerk aber dafür eines in der neuen Sparschleuse gesehen.

Leider ist die Zeit gekommen, um wieder nach Hause zu fahren und so passieren wir nach einer Übernachtung auf dem wenig besuchten Campingpark in Plötzky noch die Rudelsburg und die Burg Saaleck an der Saale.

Noch einmal legen wir – so wie bei der Hinfahrt – am Stellplatz Heinrichsruhe , der jetzt bis zum letzten Eckchen belegt ist, einen Stopp ein und sind am nächsten Tag wieder zuhause – zu einem sehr geschickten Zeitpunkt wie wir meinen, denn es fängt nach der langen Schönwetterphase zu regnen an.

Bemerkenswert

Wir folgen dem Ministerpräsidenten

Die Campingplätze in Bayern hatten ab 30. Mai 2020 nach dem Corona Lockdown wieder geöffnet und der bayerische Ministerpräsident hatte auch keine Gelegenheit ausgelassen in Interviews oder Ansprachen darauf hinzuweisen, dass man in 2020 den Sommerurlaub möglichst nicht im Ausland verbringen sollte, sondern idealerweise in Deutschland. Natürlich würde sich hierbei Bayern ganz besonders als Urlaubsregion eignen….

Wenn allerdings jetzt alle zu einer Völkerwanderung in die bayerischen Alpen aufbrechen, dann sind dort wohl eher überfüllte Parkplätze und Gedränge jeglicher Art vorzufinden – und so berichteten es auch die Medien. Zugeparkte Dörfer und Wiesen, Abstand eher Fehlanzeige, lange Warteschlangen usw.

Ein Anruf bei einem Campingplatz im Altmühltal bringt für uns Gewissheit: „Nein wir sind noch nicht von einer Urlauberwelle überrannt, Sie können gerne kommen.“ lädt uns der Chef vom ‚Sieben Täler Camping‘ ein. Wir waren schon einmal vor ein paar Jahren dort gewesen und haben den Platz in guter Erinnerung. Er liegt nahe Dietfurt direkt am Main-Donau-Kanal, so dass man immer mal wieder die Frachtkähne hören kann, wenn sie vorbeituckern.

Normalerweise kommen hier auch Hotelschiffe vorbei; aber die lagen am 25.Juni noch irgendwo fest vertäut und warteten auf weitere Lockerungen in der Corona Pandemie. Strahlender Sonnenschein lädt uns mehrfach zu Fahrradtouren in die Umgebung ein. Auf dem Weg nach Dietfurt passieren wir zunächst die Schleuse Dietfurt und sehen interessiert zu, wie sich das eiserne Riesentor öffnet und einen schwer beladenen Frachtkahn zur Weiterfahrt nach Dietfurt ausspuckt.

Das einfache Leben kann man theoretisch ein Stückchen weiter im Mittelalterdorf Alcmona in Seminaren und Kursen kosten – im Moment allerdings wegen Corona geschlossen. Daher beschränken wir uns auf ein paar Fotos vom Gelände, was nicht so schlimm ist, denn ein Seminar hätten wir wahrscheinlich sowieso nicht besucht.

Ein besonders schönes und einsames Stück Weg finden wir an der Altmühl entlang und dann interessieren wir uns für einen Biergarten mit dem Namen ‚Zu den drei Heiligen‘. Dass Mönche oftmals auch Bier brauen, ist uns bekannt aber bei einem Biergarten mit diesem Namen müssen wir doch einmal nachfragen. Es gab vor langer Zeit wohl hier in der Nähe drei Einsiedlermönche im Wald, die sehr viel Gutes getan hatten, so dass man sie zukünftig als Heilige verehren wollte. Das Dorf konnte aber den geforderten Preis für die Heiligsprechung – wir wussten bis dato nicht, dass es sich bei Heiligsprechungen um ein Business handelte – nicht aufbringen, so dass NUR Selige aus den drei Gutmenschen geworden sind. Da sie aber ganz nahe an der Heiligsprechung vorbeigeschrammt waren, wurde der Ort ihres Wirkens dennoch ‚Zu den Drei Heiligen‘ genannt.

Beim nächsten Ausflug am Kanal entlang nach Beilngries kehren wir weniger sakral im Garten des Fuchsbräu ein. Es ist superheiß an diesem Tag aber wir fahren dennoch ein wenig schneller zum Campingplatz zurück, denn die uns verfolgenden dunkelblauen Wolken kündigen eine Dusche an, die wir aber nicht während der Radeltour nehmen wollen. Wir haben es noch rechtzeitig ins Trockene geschafft und können nach dem Donnergrollen wieder mal einen Regenbogen bestaunen.

Nächste Station ist Drachselsried im bayerischen Wald, das wir für zwei Übernachtungen anfahren. Hauptgrund für dieses Ziel ist der Erwin, der gut zwei Kilometer entfernt aber oben auf dem Berg auf sehr natürliche Weise Wurst und Schinken in seinem Bauernhof herstellt. Ein echter Geheimtipp sind die Hirschsalami und der rote Pressack. Also keuchen wir mit dem Rad zum Erwin, der unglücklicherweise gerade seinen Mittagsschlaf halten wollte aber uns doch gewohnt freundlich bedient und uns mit einigen Leckereien aus seinem Kühlraum zu sehr fairen Preisen für die nächsten Tage versorgt.

Der nächste Ortswechsel führt uns nach Bad Kötzting, wo man ruhig auf dem Parkplatz an der Bäderwelt übernachten kann. In Bad Kötzting besuchen wir Freunde, die wir auf unserer Portugaltour kennen gelernt hatten und die noch nicht auf Tour waren, weil das bestellte Wohnmobil aus Italien wegen Lockdown erhebliche Verspätung hat. Daher können wir zusammen zur Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt im oberhalb von Bad Kötzting gelegenen Ort Weißenregen radeln. Die Kirche ist mindestens so interessant wie der nebendran gelegene Biergarten mit schöner Aussicht.

Auch am Höllensteinsee scheint die Sonnen nur noch ab und zu. Vom Weißen Regen kommend fahren wir am Schwarzen Regen wieder zurück nach Bad Kötzting. Die Wetterlage sieht zwar bedrohlich aus aber die Schwüle hält bis spät in die Nacht ohne einen einzigen Regentropfen aus.

Die nächsten Freunde warten in Cham auf uns. Seit wir sie vor drei Jahren in Frankreich kennen gelernt hatten, sind sie auf der Suche nach ihrem Traumkatamaran, um nach vielen Reisen überall auf der Welt jetzt endlich in See zu stechen. Auch hier erkunden wir die Umgebung von Cham mit den Freunden und unseren Rädern. Übernachten kann man auf einem sehr schönen WoMo-Stellplatz direkt am Fluss Regen, wo man auch gleich in den Fluss schwimmen gehen kann.

Weiter geht’s nach Gütenland oberhalb des Eixendorfer Stausees. Ein sehr ruhiger Campingplatz mit einer enorm fleißigen Chefin, die alle Gäste mit ihrem Namen anspricht ist unser Quartier für die nächsten Tage. Eine größere Tour wollten wir auf dem teilweise steil auf und ab gehenden Weg um den See machen und ich wollte bei einem Stopp einfach mal kurz auf der Karte nachsehen, wo wir eigentlich gerade sind, da lässt mein Fahrradreifen die Luft raus und wir haben erstmal einen Boxenstopp zum Austausch des Fahrradschlauchs – nicht ahnend, dass dasselbe Malheur uns zwei Tage später auf einer Tour mit unseren Freunden, die extra aus Nürnberg angereist waren, um mit uns einen Tag zu verbringen, noch einmal passieren würde.

Jetzt gehe ich doch einmal in eine Fahrradwerkstatt beschloss ich. Der Chef der Werkstatt untersucht Rad und Reifen ganz genau auf irgendwelche Splitter, die die platten Reifen verursacht haben könnten aber findet nichts. Mit wieder einem neuen Schlauch und richtig deftigem Luftdruck, geht’s die 10 km zurück zum Campingplatz.

Zusammen mit den Freunden genießen wir den Abend mit wunderschöner Aussicht beim Grillabend auf der Terrasse des Panoramahotels oberhalb des Campingplatzes.

Irgendwie traue ich nach den letzten Pannen meinem Reifen nicht mehr und überprüfe am nächsten Morgen den Reifendruck – Mist, der Druck ist auf die Hälfte vom Vortag abgesunken – sehr mysteriös. Irgendwie enttäuscht pumpe ich mit meiner Miniluftpumpe den Reifen wieder voll auf und – wie oh Wunder – ab diesem Moment hält der Druck jetzt schon mehrere Wochen. Ich verstehe es immer noch nicht aber freue mich, dass ich – hoffentlich nicht nur vorübergehend – Ruhe habe. Neunburg wollen wir auch kennen lernen und so testen wir gleich noch einmal die „Dichtheit des Reifens“ während einer Erkundungsfahrt im Ort.

Die letzte Station vor der Heimreise ist Weißenstadt im Fichtelgebirge.

Den Campingplatz kennen wir schon von ein paar Kurzaufenthalten. Aber einiges ist jetzt anders: es gibt eine große Baustelle zur Renovierung des Restaurants – Der ‚Biergarten‘ liegt vorübergehend lauschig neben der Baustelle auf einer der Zufahrtstraßen zu den Stellplätzen – die Übernachtungspreise sind nach einigen Renovierungen gestiegen, die Anmeldung erfolgt über ein Onlinesystem, das noch nicht richtig funktioniert; die Lage der Campingwiese nahe am See hat sich zum Glück nicht verändert.

Die Veränderungen sind die Folge eines Pächterwechsels, weil der ehemalige Pächter in den Ruhestand gegangen ist und jetzt in einem benachbarten idyllischen Dorf mit 51 Einwohnern eine Brotzeitstube mit Garten eröffnet hat, die man nur empfehlen kann. Irgendwie scheint er alle seine Gäste persönlich zu kennen, obwohl zumindest wir in den letzten Jahren nur wenige Tage auf seinem Campingplatz zugebracht hatten – ganz erstaunlich.

Die Stadt Weißenstadt warnt zwar davor, dass es Blaualgen im See geben könnte; wir können nichts entdecken und genießen ein Bad im See, bevor wir uns wieder auf die Heimreise machen. Summa summarum können wir sagen, dass die fast dreiwöchige Reise natürlich nicht ganz so abenteuerlich oder abwechslungsreich wie die vergangenen Reisen in andere Länder war aber Recht hat er, der bayerische Ministerpräsident: Bayern ist schön und das nicht nur im Voralpenland, sondern auch im nördlichen und östlichen Teil.

Bemerkenswert

Expedition Thüringen

Der Campingplatz an der Lütschetalsperre im Mai 2020 ist gut besucht und alle Gäste halten sich an die vorgeschriebenen Abstandsregeln und tragen im Sanitärgebäude Mundschutz. Leider ist das Restaurant noch nicht geöffnet aber dennoch kann man Essen to Go bestellen. Wer auf die Idee kommt, den Stausee mit dem Fahrrad zu umrunden, muss sich spätestens (bei langsamer Fahrt) nach einer halben Stunde eine neue Idee einfallen lassen, denn der See ist wirklich nicht groß aber schön gelegen. Während der Umrundung könnte man natürlich eine Rast machen (wenn das auch zur Erholung nicht notwendig ist) und sich an die schier endlose Schlange aus Eishungrigen anstellen. In Wirklichkeit ist die Schlange gar nicht so lang aber durch den einzuhaltenden Mindestabstand (den einige Schlangesteher für sich sehr frei interpretieren) fühlt man sich mit der langen Reihe an geduldig Wartenden irgendwie in die Zeit kurz nach dem Krieg versetzt. Aber was soll ich sagen; letztendlich hat es sich gelohnt – das Eis war vorzüglich.

Wir planen für den nächsten Tag eine etwas größere „Reise“  – es soll nach Oberhof gehen, das durch den Wintersport schon vor vielen Jahren einen Namen erlangt hatte. Google erklärt uns, dass es mit dem Fahrrad gerade mal 6 km bis Oberhof sind, weist aber nicht darauf hin, dass der Höhenunterschied auf einem Waldweg mit lockerem Schotter bewältigt werden muss. Selbstverständlich gibt es auch einen leichter befahrbaren Weg, den wir aber erst auf der Rückfahrt kennen lernen. In Oberhof sind ein paar wenige der schmucken Thüringerwald-Häuser übrig geblieben. Ansonsten hat sich das Dorf für wenig romantische Betonzweckbauten entschieden – die Krönung ist der etwas klobig geratene Busbahnhof, der so gar nicht ins Bild passt. Das mag im Winter mit viel Schnee außenherum vielleicht deutlich schöner aussehen aber im Mai liegt eben kein Schnee mehr. Zum Glück finden wir trotzdem ein Cafe mit kleinem Garten, in dem wir uns vom vermumten Kellner die klassische Suppe aus den östlichen Bundesländern – Soljanka zum typischen Wintersportortpreis bringen lassen. Die Sportanlagen, die etwas außerhalb liegen, werden gerade renoviert. Eine Abfahrt wird planiert, die Bobbahn wird ausgebessert, in der Eishalle, in der man laut Internet in Nicht-Corona-Zeiten berühmten Sportlern beim Training zusehen kann, ist natürlich geschlossen. Noch ein paar Kilometer weiter kann man die Sprungschanzen, die wegen eines Belags, der einem Grasteppich ähnelt, zur Nutzung nicht unbedingt Schnee und Kälte brauchen, von einer rostigen Zugangstreppe aus bewundern. Die Schanzen machen ohne eine Menschenseele einen etwas traurig melancholischen Eindruck. 

Als wir zur Lütschetalsperre angereist waren, hatten wir eine Quelle entdeckt, an der Einheimische mit Kanistern das offensichtlich wohlschmeckende Wasser holten. Also machen wir uns einen Tag vor  Himmelfahrt/Vatertag, das hier Männertag heißt (was eigentlich ehrlicher ist, da es an diesem Tag nicht um väterliche Pflichten, sondern eher um Trinkfestigkeit geht) bewaffnet mit leeren Flaschen auf zur Quelle. Ein Urthüringer, dessen Kofferraum voll mit Kanistern ist, klärt uns über die Welt, in der wir hier zu Gast sind, auf. Die Politiker sind alles Verbrecher sagt er und auch in der Bevölkerung gibt es noch viele aus der ehemaligen „Horch und Guck Organisation“ (Stasi), denn wie könnte man sich sonst erklären, dass ein Campinggast bereits mehrere Wochen vor der offiziellen Öffnung  permanent auf dem Platz wohnt – sicher als geheimer Beobachter. Wir können seine Aussage nicht überprüfen – und ehrlich gesagt wollen wir das auch nicht – und daher freuen wir uns einfach über den Kontakt mit dem Urthüringer und seine Anekdoten und natürlich über das frische Quellwasser.

Der Stellplatz an der Lothramühle, die wiederum am Hohewartestausee liegt, öffnet an Himmelfahrt – also machen wir uns auf zur Lothramühle. Auch eine an diesem Tag gut besuchte Gaststätte (nur der Biergarten hat geöffnet) gibt es hier und das angebotene leckere Essen lassen wir uns im Biergarten schmecken.  

Beim Radelausflug nach Kaulsdorf dürfen wir wieder die Erfahrung machen, dass Straßen und Wege in dieser Gegend niemals eben verlaufen, sondern eher „Mittelgebirgscharakter“ haben. Umso mehr freuen wir uns am Rückweg, dass der Kiosk an der Schiffsanlegestelle kühle Getränke verkauft. Weniger erfreut sind wir über die Preise der Getränke, die trotz Selbstbedienung auch aus der Speisekarte eines 5-Sterne Hotels stammen könnten. Wahrscheinlich soll der fehlende Umsatz während der Corona-Ausfallzeit kompensiert werden und wahrscheinlich bleiben so die erhöhten Preise in der Zukunft der Einfachheit halber bestehen. Eine 1,5-stündige Rundfahrt auf dem Stausee für € 20.pro Person hatte schon vor einer halben Stunde abgelegt und heute wird auch keine weitere Luxuskreuzfahrt mehr angeboten.

Nur wenige Kilometer von der Lothramühle entfernt und an einem Panorama-rastplatz vorbei machen wir für ein paar Tage einen weiteren Zwischenstopp auf dem Campingplatz Thüringer Wald, der von ausgesprochen freundlichen Niederländern geleitet wird. Von hier aus kann man steil bergab zum Ufer der Talsperre radeln und auf der anderen Uferseite auf einem eher Wanderweg wieder nach oben zum Aussichtpunkt Herrmannsfelsen keuchen. Die Aussicht von hier oben ist aber dafür besonders schön und es duftet nach allen möglichen Wiesenkräutern.

Auf der Weiterfahrt ins nördliche Thüringen wollen wir noch „schnell“ bei einem uns bekannten Ziegenhof in Gössitz an der Talsperre Ziegenkäse kaufen. Leider ist ein Teil der von uns geplanten Route für Fahrzeuge über 3,5t gesperrt und so dürfen wir auf einem ca. 30km langen Umweg weitere interessante Regionen von Thüringen kennen lernen. Wir erreichen den Hofladen genau 3 Minuten vor der Mittagspause – das ist Timing. Mit frischem Käsevorrat und selbstgemachtem Eis geht es oberhalb der Burg Ranis in Richtung Rastenberg.

In Rastenberg, einem Kurort seit dem 17.Jahrhundert,

hat es sich ein Mann aus Baden Württemberg  zur Aufgabe gemacht, einen heruntergekommenen Zeltplatz zu einem ansprechenden Wohnmobilstellplatz zu verwandeln. Der Mann ist bereits im Ruhestand und sieht mit seiner Aufgabe die Möglichkeit, mit vielen anderen Menschen in Kontakt zu treten und so ein abwechslungsreiches Leben zu führen. Der Platz ist schön hergerichtet, die Lage ruhig und der Platzwart eine Seele von Mensch. Wir kennen den Platz schon vom Vorjahr und verbringen daher gerne die Pfingstfeiertage hier. Wiederum wollen wir mit unseren Rädern die Umgegend erkunden. Wir lernen, dass Google und die Gemeindeverwaltung von Rastenberg wohl bislang noch keinen intensiven Kontakt gehabt hatten, denn die Wege, die Google für einen Radausflug empfiehlt enthalten Treppen und die vorbildlich von der Gemeinde Rastenberg für die Touristen ausgebauten Radwege, kennt Google nicht. Aber durch diese Kontaktsperre der beiden Hüter von Wegeinformationen lernen wir idyllische Wege durch einen verführerisch duftenden Mischwald kennen. Vielleicht ist es ja auch gar nicht gut, wenn man im Vorhinein schon alles weiß denken wir uns und kommen gerade an einer aus Baumstämmen in den Berghang hineingezimmerten Terrasse vorbei. Während wir noch die Terrasse bewundern, kommt der Eigentümer und lädt uns zu einer Besichtigungstour durch seinen Garten, vorbei am ausgebauten Bauwagen und natürlich hoch auf seine Terrasse ein. Wir genießen die Freundlichkeit und Offenheit und hören gerne der Geschichte über die Renovierung des Hauses und den Bau der extravaganten Terrasse zu. Besonders beeindruckt sind wir darüber, dass der stolze Eigentümer die Terrasse ohne schweres Gerät alleine in die Waldidylle gebaut hat.

Die Offenheit der Einheimischen erleben wir auf dem nächsten Radausflug schon wieder. Der Ausflug führt uns durch den Wald ins benachbarte Bundesland Sachsen-Anhalt. Die Straße, auf der wir fahren heißt Schacht und in einem Vorgarten steht eine Bergwerkslore – beides deutet verdächtig auf Bergbau hin. Vom Bewohner eines Hauses mit parkartig angelegtem Garten erfahren wir, dass hier bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts Kali abgebaut wurde und man sogar erwägt, den Bergbau wiederzubeleben. Da der Gesprächspartner von Almut viel Lob für seinen tollen Garten bekommt, lädt er sie kurzerhand zu einem Rundgang durch den Parkgarten mit detaillierten Informationen ein.

Das nächste Gespräch wartet auf uns bei ein paar Fischteichen, wo der Wanderer laut Beschilderung „nicht erwünscht“ ist, da es sich eigentlich um Privatgrund handelt. Gerade als ich die einzige schon aufgegangene Seerose fotografieren wollte, kommt auch schon der Eigentümer und sein Enkel in einem Pickup angefahren. Unsere Erfahrung sagt uns, dass das sicher Ärger gibt … Hier ist aber alles anders – erst nach einer guten Stunden intensivem Schwatzens über alle möglichen Themen von Wanderern über geräucherte Forellen, die auch hier herrschende Wasserknappheit  bis zu Frau Merkel verabschieden wir uns von Beiden an diesem schönen Sonntag.

„Sind die Thüringer wirklich so viel kontaktfreudiger?“ fragen wir uns; denn ansonsten treffen wir schon eher häufig auf verschlossene und weniger kontaktfreudige Mitbürger. Vielleicht liegt es ja auch an der durch Corona verordneten Kontaktbremse der letzten Wochen, dass jetzt ein gesteigertes Bedürfnis besteht, nicht nur diversen Nachrichtensprechern zuzuhören, sondern sich auch mal wieder ganz echt mit Menschen zu unterhalten.

Für die letzten Tage unserer Reise haben wir Rudolstadt an der Saale ausgesucht. Auf dem Weg dorthin folgen wir einem Wegweiser zur Gedenkstätte Buchenwald. Kilometerlang umrundet die Straße das Areal, um letztendlich am Museum in einem rieseigen Parkplatz zu enden. Irgendwie ist uns dann doch nicht nach Museum; und schon gar nicht nach einem Museum, in dem die dunkelste Epoche der deutschen Geschichte dargestellt wird zu Mute. Nur im Vorüberfahren fotografieren wir wenigstens den Turm, der die Gedenkstätte markiert und den Obelisken an der Zufahrtstraße.

Ein ehemaliger Bauernhof ist in Rudolstadt zu einem Stellplatz umfunktioniert worden. Knapp 10 Fahrzeuge finden hier Platz. Neben der ruhigen Lage, nur 50m von der Saale entfernt, findet sich hier die für einen Stellplatz überraschende Besonderheit, dass man Kaffee und selbstgebackenen Kuchen ebenso wie Cocktails bekommen kann. Die Betreiber sind wirklich sehr um die Gäste bemüht. Es ist wieder recht heiß geworden und so beschließen wir erst am übernächsten Tag, zur Heidecksburg zu fahren – natürlich per Fahrrad. Es brauen sich zwar schon ein paar dunkle Wolken zusammen aber noch ist es warm und trocken. Vorbei an einem Bauernhausmuseum im Park

und verzierten alten Villen auf der Straße zur Burg erreichen wir die Heidecksburg und schon kommen ein paar Tropfen herunter.

Den Burghof besichtigen wir noch fast trocken aber dann ist es doch besser, sich in einem Durchgang unterzustellen; denn zu den paar Tropfen gesellen sich ausgesprochen viele Kollegen – es beginnt zu schütten. In digitalen Zeiten kann man ja Ausmaß und Dauer des Unglücks mit Hilfe des Regenradars abschätzen. Das Regenradar zeigt uns erfreulicherweise, dass in Kürze die aus dem Westen kommenden Regenwolken vorbeigezogen sein werden und die nächsten Wolken voraussichtlich etwas südlich von uns vorbeiziehen werden. Also starten wir zur Rückfahrt in dem Moment, in dem es aufhört zu regnen. Leider haben wir die Rechnung mit exaktem Westwind gemacht, es herrscht aber leider ganz leicht nordöstlich blasender Wind und das bedeutet, dass alle heranziehenden Regenwolken speziell uns auf unserem Radlausflug besuchen. Nach wenigen Minuten sind wir durch und durch nass, die Temperatur fällt in kurzer Zeit um 10 Grad, weshalb wir in diesem Regenschauer bestimmt nicht als „Warm“-duscher bezeichnet werden können.

Selbstverständlich hört es in dem Moment zu regnen auf, in dem wir wieder bei Rudolph ankommen und  nur eine heiße Soljanka kann jetzt unsere Lebensgeister wieder mobilisieren. Da sich das Wetter aber doch nicht wieder richtig beruhigt, fällt es uns nicht ganz so schwer, am nächsten Tag, wieder die Heimreise anzutreten.

Bemerkenswert

Statt Fähre ab Ancona zuhause wegen Corona

Mitte September 2019 mussten wir unseren Urlaub in Schweden abbrechen, Anfang Oktober hatten wir dann noch ein paar Tage Main und Rhön nachgelegt. Danach gab es noch einen „Ausflug“ in die Werkstatt zum Kundendienst und dann war Warten auf die Frühjahrstour 2020 angesagt. Ein paar Monate graues Wetter lässt die Sehnsucht nach Wärme, in unserem Fall nach Griechenland, aufkommen. Vielleicht mit der Fähre nach Igoumenitsa, dann über Albanien und Nordmazedonien nach Griechenland Richtung türkische Grenze. Scheint ein guter Plan zu sein. Also PC anwerfen und nach Fährverbindungen mit Camping an Bord Ende März suchen. „Camping an Bord gibt es erst ab 1. April“ – o.k. dann fahren wir halt am 1. oder 2. April“. „An diesem Tag gibt es keine Abfahrt von Venedig“, „Auf der gewählten Verbindung gibt es nicht genügend Platz für Ihr Fahrzeug“, „Camping an Bord nicht möglich“, „Ihre Gesamtkosten belaufen sich auf 988 Euro“ (ich wollte ja das Schiff nicht kaufen) antwortet das Internet auf meine Anfragen. Also anderer Tag, anderer Hafen versucht – mit gleichem Misserfolg – sehr motivierend. Da gab es doch ein von freundlichen Griechen geführtes Reisebüro in Stuttgart erinnere ich mich. Und tatsächlich, kaum habe ich zwei Tage probiert, das Reisebüro telefonisch zu erreichen, schon meldet sich Angelos und wir sprechen erstmal eine ganze Zeitlang über die Schönheit  Griechenlands und über wichtige Namenstage. Dann erkläre ich mein Anliegen und Angelos bietet nach knapp 2 Minuten meine Wunschverbindung zum konkurrenzlos günstigen Preis an. Hochstimmung macht sich in mir breit – wir haben schon eine Fährverbindung. Dann können wir ja die Besonderheiten für die Einreise nach Nordmazedonien erkunden. Eigentlich nichts Besonderes bis auf die Verpflichtung, die grüne Versicherungskarte mitzuführen, die unbedingt in der Länderliste auf der Rückseite MK mit „Nordmazedonien“ beschreiben muss und nicht wie früher mit einer 5- oder 6-stelligen Buchstabenkombination. Wir haben natürlich noch die Buchstabenkombination auf unserer Karte, die so nur noch bis März akzeptiert wird. Also Versicherung angerufen und Anliegen erklärt. „Da gab’s noch nie Probleme, da gibt’s auch gar keine anderen Karten.“ Nach langen Erklärungen meint die Dame, dass sie mal schauen würde, was die machen kann und tatsächlich finde ich die richtige Karte nach ein paar Tagen im Briefkasten. Mittlerweile ist es Mitte Februar und der Nachrichtensprecher erklärt, dass an der türkisch-griechischen Grenze gerade Grenzer und Flüchtlinge heftig aneinander geraten. Warum eigentlich gerade dort, wo wir hin wollen???

Ebenso stimmungsfördernd ist die Meldung, dass das Coronavirus mittlerweile gut in Europa angekommen ist und insbesondere in Norditalien sein Unwesen treibt. Bis Ende Februar warten wir noch bis wir entscheiden, die Fähre wieder zu stornieren, weil wir nicht glauben, dass wir problemlos durch Norditalien zum Hafen nach Ancona und insbesondere mehrere Wochen später überhaupt wieder zurück nach Deutschland kommen können. Also bestellen wir uns Reiseführer von Tschechien, Slowakei und Ungarn, „weil man ja von dort schnell wieder nach hause kommt“ —- so denken wir. Und während wir noch mit dem Denken beschäftigt sind, schließt ein Land nach dem anderen die Grenzen und wir freuen uns jetzt über eine überdurchschnittlich gute Ausstattung mit unbenutzten Reiseführern in unserem Bücherregal.

Mitte März war dann der Anblick des ungenutzten Wohnmobils vor unserer Tür so unerträglich geworden, dass wir uns kurzerhand für wenigstens eine Übernachtung am Main in Albertshofen auf den Weg gemacht hatten. Der Main hat Hochwasser und ab und zu kommen Hotelschiffe im Rohbau vorbei, die irgendwo im Osten erstellt worden sind, um dann an anderem Ort komplett fertiggestellt zu werden.

Die nahe am Stellplatz gelegene Gaststätte hatte informiert, dass sie wegen Renovierung noch geschlossen hat „aber ab 16.3. sind wir für Euch, liebe Gäste, wieder da“. Das war nur wenige Tage vor Beginn der bayerischen Ausgangsbeschränkung……

Auf dem Weg zum Main hatten wir in einem kleinen Dörfchen namens Rüdisbronn tatsächlich das Unesco Weltkulturerbe „Osing“ (eine seit hunderten von Jahren im 10 jährigen Turnus stattfindende Verlosung von Ackerflächen) entdeckt – natürlich nicht ganz so interessant wie Schlammvulkane oder steile Klippen aber für eine Reise von rund 100km dennoch ein bemerkenswerter Fund. Das Wasser im Tank müssen wir ja nicht unbedingt sofort nach Rückkehr ablassen, denn wir haben Frühling mit Erderwärmung und somit kann nichts mehr einfrieren – denken wir zumindest. Wenige Tage später meldet der Wetterbericht Nachtfrost bis -5°C – soweit zum Thema Frühling…..

Da ich nicht mehr ins Office gehen muss, brauche ich auch nicht ins Homeoffice wie ganz viele Menschen jeden Alters.

Kita geschlossen, also Malen im Homeoffice

Wir beschäftigen uns in den folgenden Wochen mit Gartenarbeit und kleinen Reparaturen am Haus  (ohne Zugang zu Baumärkten zu haben!!!! – einem Freund konnte ich sogar mit einer Packung Dübel aushelfen, indem ich ihm die fehlenden Dübel per Post schickte). Ach ja, fast hätte ich’s vergessen; wir haben natürlich auch Mundmasken genäht — bis uns das Gummiband ausgegangen ist.

                                  Unser Sortiment

Und jetzt sitzen wir in Thüringen an der Lütschetalsperre auf dem Campingplatz in der Sonne.

Völlig entgegen unseren Gewohnheiten hatten wir einige Anlaufpunkte in Thüringen vorgebucht, weil dort die Campingplätze zwei Wochen früher geöffnet hatten als in Bayern. Auf dem Weg dorthin begegnen uns nur wenige Wohnmobile aber dennoch ist der Campingplatz gut besucht. Die Gäste halten Abstand und müssen halt ihre Stimmbänder etwas mehr anstrengen, um sich zu unterhalten.

Bemerkenswert

Bitte Abkühlung in Schweden

Seit Anfang Juli 2019 sind wir zuhause und versuchen, mit der Hitze von gut über 30° fertig zu werden. Natürlich freuen wir uns über einen richtigen Sommer aber na ja irgendetwas muss man ja am Wetter auszusetzen haben. Ende August ist es endlich wieder soweit. Ganz bestimmt haben wir wieder viel zu viel in die geräumigen Staufächer von Rudolph reingepackt, der Wassertank ist gefüllt, Gas und Diesel sind aufgetankt – also los geht’s. Auf der A9 ist an diesem Dienstag überraschenderweise nichts los, so dass wir nach einem Zwischenstopp bei Bekannten in Leipzig bei immerhin 35°C gegen Abend in der Marina von Coswig zum Übernachten einlaufen. Die Marina liegt nicht nur auf der halben Strecke nach Rostock, sondern auch direkt an der Elbe, die im Moment nur 65cm Wasserstand hat. Auch am nächsten Tag ist die Autobahn frei und wir kommen nach einem kurzen Stopp am Fleesensee (dort waren vor ein paar Wochen zwei Eurofighter zusammen gestoßen). Das Fischrestaurant am Fleesensee war der eigentliche Grund für den Stopp – aber „Mittwoch Ruhetag“. Unsere Fähre verlässt am nächsten Tag um 9.00 Rostock also suchen wir uns einen Übernachtungsplatz nahe am Hafen.

Es ist unerträglich schwül und ein paar Stunden später ziehen schwere Gewitter einen Kilometer südlich an uns vorbei – es blitzt ununterbrochen; wiederum etwas später ziehen die Gewitter laut Regenradar einen Kilometer nördlich von uns vorbei – für uns bedeutet das, dass wir diesmal in der anderen Richtung ununterbrochen Blitze sehen und etwas grummeln hören aber der Regen ist nur kurz. In Rostock sind angeblich die Keller vollgelaufen und die Feuerwehr musste über 100 Mal ausrücken. Pünktlichst um 9.00 Uhr legt die Fähre „Robin Hood“ von der tt-line in Rostock ab und fünfeinhalb Stunden später in Trelleborg wieder an.

Ein- und Ausschiffen ist auf Skandinavienfähren jeweils ein schneller und gut organisierter Vorgang – in südlichen Ländern kann es manchmal etwas „interessanter“ sein. An der Südküste entlang fahren wir zu einer Räucherei – „Stängt pa säsongen“ (wegen Saisonende geschlossen) steht an der Tür. Richtig, die Saison endet ja in Schweden spätestens Mitte August – hatten wir schon fast vergessen. Wie immer auf kleineren Landstraßen, passieren wir zwei stattliche Schlösser, deren Besitzer aber nicht von Touristen gestört werden wollen.

Eine ehemalige Tankstelle ist zu einem kleinen Fahrzeugmuseum geworden – zum Glück stehen die Exponate gleich an der Straße bzw. sind im halbierten Zustand in die Hecke gequetscht worden.

In der Nähe des Bosjöklosters machen wir auf einem Hügel mit fantastischer Weitsicht Rast.

Nach einem ausgiebigen Bad im noch warmen See in der Nähe von Hacksvik erleben wir eine Nacht, in der es über mehrere Stunden hinweg permanent gewittert und ohne Unterbrechung regnet. So ähnlich muss es in den ersten paar Millionen Jahren gewesen sein, nachdem sich die Erde gebildet hatte. Wer jemals bei Regen im Rudolph übernachtet hat, weiß wie laut Regentropen auf das Dach prasseln können.

Ohne spektakuläre oder jugendgefährdende Szenen zu erleben, passieren wir den Ort Sexdrega.

Dass Golfspieler sich von Regen überhaupt nicht abhalten lassen, ihren Sport auszuüben, können wir am Stellplatz „Golfklub Koberg“ belustigt beobachten.

Der Aussichtspunkt ‚Kopparklinten‘ der Saabstadt Trollhättan hat bei leichtem Nieselregen eigentlich kein besonders herausragendes Panorama zu bieten. Viel besser gefällt uns die idyllisch – mittlerweile wieder in der Sonne gelegene alte Schleusenanlage aus dem beginnenden 19.Jahrhundert. Das ganze Areal ist wie ein Park angelegt und das Wasser plätschert langsam in die Schleusenbecken, die mehrfach übereinander angelegt sind und teilweise auch bereits von Pflanzen bewachsen werden.

Bei der Weiterfahrt sehen wir noch in der Ferne die 4 Säulen des Schiffshebewerks in Trollhättan – einen Besuch heben wir uns heute für die nächste Tour auf.

Westlich des Vänernsees ist ein Zwischenstopp am Aquädukt von Haverud ein unbedingtes Muss. Hier überquert der Dalsland Kanal in einer schmalen Trogbrücke eine Schlucht und senkt dann die Kanalschiffer in zwei (wenn ich mich recht erinnere) Schleusen auf das Niveau des nächsten Sees ab. Das Wetter hatte kurzfristig wieder auf ‚Nieselregen‘ umgestellt aber ein lautes Tuten kündigte ein Schiff an, das über die Trogbrücke und die Schleusen fahren wollte und so harren wir im kühlen Regen aus und bestaunen die Durchfahrt des Schiffes, das gerade noch in die Schleusen passt. Die Trogbrücke ist mit 33.000 Nieten 1868 erbaut worden und angeblich ist noch keine einzige ersetzt worden. Das ist echter Schwedenstahl.

Wieder mal in einem Schönwetterfenster folgen wir einem Wegweiser, der auf steinzeitliche Felsritzungen bei Högbyn am Ravarpsee hinweist. Wenn man genau hinschaut, so die Beschreibung vor Ort, soll man sogar einen Artisten erkennen, der auf dem Schiff einen Salto macht – kann sein, ist wahrscheinlich auch etwas von der Phantasie des Betrachters abhängig.

Kurz vor Bengtsfors finden wir nochmals eine alte Schleuse und eine Hebebrücke, die wir mitsamt den schönen Blumenkübeln unbedingt in unserer Kamera mit nach Hause nehmen müssen. Ob der Blumenschmuck durch die nahen Bewohner oder die Gemeinde organisiert ist, wissen wir nicht aber lieblich schaut es auf alle Fälle aus.

15% Steigung keucht Rudolph zu einem Freilandmuseum und einem Cafe mit Panoramaterrasse hinauf aber wie nicht anders zu erwarten hat das Cafe schon ab 1. September Saisonende, was uns nicht abhält die Aussicht von der Panoramaterrasse zu genießen. Durch das Freilandmuseum kann man auch schlendern ohne dass das Museum geöffnet hat, die 17 Holzhäuser sind aber verschlossen und von außen sehen sich alle Häuser sehr ähnlich. Mit Superaussicht übernachten wir auf dem Parkplatz des Museums.

Nächstes Ziel ist eine alte Eisenhütte bei Borgvik, die jetzt wo alles zugewachsen ist, recht malerisch in einem Park liegt und gar nicht mehr nach Fabrik aussieht. Auch ein Restaurant und ein Konferenzzentrum gibt es. Durch das nasse Gras, es regnet mal wieder, stapfen wir durch das Gelände bis unsere Schuhe den Feuchtigkeitsgrad der Wiese angenommen hat.

Grums Fishn Camp kennen wir schon und steuern den bis auf einen einzigen Camper verlassenen Campingplatz an. „Wir sind gerade nicht da, checken Sie später ein“ steht auf einem Zettel an der Rezeption – bis auf einen Schlüsselbund, der an einer Tür mit der Aufschrift „Staff only“ hängt, weist bis zum nächsten Tag mittags nichts auf die Anwesenheit von Personal hin. Die Schweden sind eben in jeder Hinsicht relaxed.

Wo immer wir das Zeichen für besondere Aussicht auf der Landkarte längs unseres Weges finden, versuchen wir diesen Aussichtspunkt zu finden. Nicht immer gelingt uns das aber heute sind wir recht erfolgreich – wir sind zwar nicht sicher, ob wir die Stelle gefunden haben, die ganz klein auf der Landkarte eingezeichnet war, aber den schönen Blick können wir ja auch unabhängig von einem beglaubigten Sucherfolg genießen.

Am Straßenrand fällt uns nicht nur einer der unzähligen Golfplätze, sondern auch ein steinernes Monument, auf dem ein Adler sitzt auf. Es ist das Stamfrändemonument, das die Form der Region Värmland hat und der Adler soll symbolisieren, dass hierher Menschen aus Finnland eingewandert sind und von hier Menschen aus Värmland in die USA ausgewandert sind.

Noch ein kurzer Blick auf den idyllischen Wohnmobilstellplatz am Golfplatz – oh je, ein Wohnmobil mit geringem Abstand neben dem anderen – auf diese Art von schwedischer Wildnis verzichten wir gerne und überlassen das Feld den Golfspielern.

Heute ist der Tag der Aussichtspunktsammlung. Der nächste liegt an einem Rastplatz an der E45 und heißt Tossebergsklättan – ein Beispiel dafür wie schön Rastplätze an Fernstraßen sein können.

Das Hovfjället, das mit seinen Skiliften im Winter sicher sehr gut bevölkert ist, ist zu dieser Jahreszeit eine Geisterstadt aus urigen Holzferienhäusern und geschlossenen Imbissstationen.

Nach einer Übernachtung in Sysslebäck und einer Morgentemperatur von nur noch 5°C (während das Wasser des vorbeifließenden Klarälven noch 14°C warm war!)

lassen wir uns wieder verleiten, einem Hinweis zu einem Aussichtspunkt zu folgen. Wenn es sogar an der Straße einen Wegweiser gibt, so denken wir, rentiert sich der kleine Abstecher sicher. Der ‚kleine‘ Abstecher führt uns kurz nach dem Abbiegen auf eine Schotterstraße, der wir stoisch fast 20km folgen. Endlich taucht eine Hinweistafel auf, die den Fußweg zum Aussichtspunkt zeigt. Ein deutscher Forstwirtschaftstudent, der zufällig auch dieselbe Idee wie wir hatte, beschreibt uns den sumpfigen, gut eine Stunde langen Weg zur Aussicht so ansprechend, dass wir uns darauf beschränken einen gigantisch großen uralten Steinpilz und dekorative Fliegenpilze neben unserem Auto zu fotografieren und uns wieder auf den Weg zurück zur Hauptstraße machen.

Diesmal sind es nur knapp 15km, dafür ist die Schotterstraße wohl eher selten befahren. Zumindest treffen wir nach einer Wegbiegung eine Gruppe Sami an, die es sich auf dem Sträßchen mit einem Lagerfeuer gemütlich gemacht haben und gerade für das Mittagessen kochen. Zum Glück passen wir zwischen Straßenrand und Lagerfeuer noch durch – die Sami freuen sich über die willkommene Abwechslung und winken uns freundlich nach – – obwohl wir sie gestört hatten.

In Richtung Aspberg und damit zur norwegischen Grenze fahren wir weiter durch wenig besiedeltes Gebiet. Vor den meisten Ferienhäusern stehen Autos mit norwegischen Kennzeichen – wahrscheinlich sind die Häuser hier in Schweden billiger; denn Natur gibt’s ja auch in Norwegen mehr als genug. Wir finden zwar einen sehr schön – wahrscheinlich privat – angelegten Rastplatz am Höljes Stausee aber so richtig will keine Stimmung aufkommen, denn es nieselig und eigentlich auch recht kalt.

Echte Skandinavier kennen offenbar keine Kälte, denn ein munteres Grüppchen sitzt am Womostellplatz nahe des Njupskärwasserfalls an einem Holztisch und hat beste Stimmung. Almut geht zu den Leuten und versucht, mit Händen du Füßen zu erfragen, welche der von uns gefundenen Pilze denn nun essbar seien. Das Ausharren in der Kälte und die gute Laune, so lernt Almut, wird durch die innere Erwärmung mit Alkohol effizient begünstigt. Schnell werden die weniger genießbaren Pilze aussortiert und irgendwie schaffen die Leutchen es, Almut mit „viel Glück und hoffentlich ein Wiedersehen morgen früh“ auf deutsch zu verabschieden. Das Glück sollte sich wohl auf die Pilze beziehen… Um die Pointe vorweg zu nehmen, wir haben das Pilzgericht mit bester Gesundheit überstanden und wandern am nächsten Morgen zum Wasserfall.

Auf dem Weg findet sich ein offener, neu gebauter Unterstand mit Grillstelle und eine urige Hütte, in der ein Offen mit einem Holzfeuer prasselt – beides saugemütlich. Der Wasserfall hat nach dem häufigen Regen keine Wasserprobleme und das Wasser kracht von beachtlicher Höhe nach unten.

Auf der Höhe von Nusnäs lockt uns ein Wegweiser von der Hauptstraße zu zwei Werkstätten. In einer werden die berühmten roten Dalarna-Pferde produziert/geschnitzt und in der anderen Werkstatt, direkt daneben, produziert man die passenden Messer dazu. Es gibt sogar einen großen Parkplatz für Busse – also scheinen die Touristen hier regelmäßig zum Einkauf abgeladen zu werden. Aber eben nicht heute, denn heute ist Sonntag und das auch noch in der Nachsaison – d.h. wir finden wir das berühmte Wörtchen ‚stängt‘ an den Eingangstüren und können uns nur bei einem Blick durch die Fenster in Laden und Werkstatt die Nasen plattdrücken.

Nicht vom Wochentag oder irgendwelchen Saisonzeiten abhängig sind die unterschiedlich stark angerosteten Oldtimer, die in jedem zweiten Vorgarten von Nusnäs stehen. Scheint hier Mode zu sein. Laut Reiseführer ist auch eine ganze Batterie Bootshäuschen in Nusnäs sehenswert. Und tatsächlich, wenn man am richtigen Standort steht, kann man die vielen Bootshäuser in Reih und Glied stehen sehen und natürlich auch fotografieren.

Die Bootshäuser sind, wie fast alle anderen Holzhäuser in Schweden, rot gestrichen. Das ist nicht irgendein ‚Rot‘, die Farbe heißt ‚Falunrot‘ und fällt beim Kupferabbau in der Stadt Falun an. Heute wird kein Kupfer mehr abgebaut, die Grube und Bergwerksgebäude existieren noch und die rote Farbe wird noch produziert.

Vom rauen Bergbau planen wir jetzt ein Alternativprogramm in ‚Elsa Andersons Konditori‘ in Norberg. Das lieblich eingerichtete Cafe gibt es seit 1916 – nur haben ein paar Zerstörungswütige das Cafe im August 2015 angezündet. Heute ist vom Brandanschlag nichts mehr zu sehen – das Cafe ist wieder originalgetreu aufgebaut worden und es werden wie eh und je leckerste Kuchen angeboten.

Ebenfalls ein typischer Zufallsfund ist das Schloss Stora Sundby, auf welches auf der Straße 56 hingewiesen wird. Die Ehefrau eines sehr reichen Mannes hatte den Roman ‚Ivanhoe‘ von Walter Scott gelesen und war vom Schloss des edlen Ritters so begeistert, dass sie ihren Mann aufforderte, ihr doch bitte auch so ein Schloss zu bauen. Dieser lies das alte Schloss so umbauen, dass es danach nicht wieder zu erkennen aber dem Schloss von Ivanhoe deutlich ähnlicher geworden war. Für die vier Jahreszeiten hatte es jetzt 4 Türme, für die 12 Monate 12 kleinere Türmchen und dann noch 365 Fenster für die Tage im Jahr. Wohl dem, der so ein Schloss mit 16-jähriger Bauzeit einfach beim Ehemann in Auftrag geben kann.

Am Aspensee finden wir nicht nur einen ruhigen Platz zum Übernachten, sondern auch noch die Möglichkeit – wahrscheinlich zum letzten Mal in diesem Jahr – schwimmen zu gehen. Da die Nächte teilweise schon recht kalt waren, war die Wassertemperatur auch schon auf knapp 18°C gesunken. Das ging gerade noch!

Die Söderköping Schleuse begrüßt uns mit einem seltsamen Schild, das vor kreuzenden Kaninchen warnt. Das Schild gehört zu einem Kunstwerk; rechts und links des Kanals warten metallenen Kaninchenskulpturen darauf, den Kanal zu überqueren.

Ein paar Meter weiter kommt man zum im Jahre 1915 gebauten Dampfschiff Lindön, das auch heute noch Rundfahrten auf dem Kanal anbietet.

In Söderköping war das Wetter noch schön aber nicht heiß. Valdemarsvik hingegen wird von kurzen aber heftigen Regenschauern heimgesucht; wir haben aber das Glück ein trockenes Zeitfenster zu finden, das uns den Panoramablick auf das Städtchen ermöglicht – erwähnenswert ist auch, dass es in Valdemarsvik eine echte Bäckerei (Bäckereien sind sehr selten in Schweden) gibt, die sogar mit biologisch produzierten Zutaten bäckt.

Mit einem Abstecher zum Yachthafen nach Loftahammar

erreichen wir den Elchpark in Malilla.

Leider müssen wir unsere Reise hier ungeplant abbrechen und wieder nach Hause fahren – aber wir kommen sicher wieder nach Schweden.

An dieser Stelle bleibt mir nur noch zu erwähnen, dass wir die zu Beginn der Reise ersehnte Abkühlung reichlich gefunden haben und uns immer wieder am schwedische Einfallsreichtum für originelle und nicht alltägliche Hinweisschilder aller Art erfreuen konnten. Man kann auch den Alltag unterhaltsam gestalten – wenn man das möchte und wenn man die passenden Gene dazu hat.

Bemerkenswert

Viel Sand und dann die heiße Zone (Deutschland/Dänemark_05_2019)

Die Beschreibung des Bunkermuseums in Hanstholm hatte ich ja bislang noch ausgespart – also dann marschieren wir mal los. Bereits vor dem offiziellen Eingang auf dem Freigelände richtet sich eine riesige Kanone auf uns.

  Im Inneren des Museums wird der Besucher an unterschiedlichsten Waffen aller Größenklassen entlanggeführt. In einem Minikino kann man den Ablauf des letzten Weltkrieges noch einmal nachverfolgen und wir sind mehr als froh, dass wir in dieser Zeit nicht leben mussten. Auf einer langen Rampe, über die früher eine kleine Bahn gefahren ist, die schwere Munition transportierte, gelangt man in den Untergrund, in dem sich das Leben der Soldaten abspielte und der auch Zugang zu der gigantischen Kanone ist, die so weit schießen konnte, dass man das Ziel wegen der Erdkrümmung gar nicht mehr sah. Genau genommen ist die Kanone nicht mehr da aber der Sockel, auf dem sie montiert war, lässt zusammen mit einem Modell erahnen, welche Ausmaße das Kriegsgerät hatte.

Immer wieder zeigt sich, dass der Erfindungsreichtum der Menschen besonders groß ist, wenn es um Macht und Vernichtung geht…. Viel Technik gibt’s im Untergrund zu sehen, um Strom für die Bunkeranlage zu produzieren oder die Luft im Bunker sauber zu halten. Auf dem Freigelände besteht die Möglichkeit aus den käfigähnlichen Wagen der kleinen Schmalspurbahn heraus, das weitläufige Gelände zu erkunden.

Genug Krieg – wir verlassen Hanstholm wieder durch den Hafen in Richtung Klitmöller, wo wir ja schon kurz vorher waren.

Bei Agger, etwas weiter im Süden, besteht erneut die Möglichkeit um eine lange Bucht herum herumzufahren, um noch weiter in den Süden zu kommen oder eine 15-Minuten Fähre zu nehmen. Obwohl die Fahrpreise laut Internet für ein Fahrzeug mit einer Länge ab 6m ganz schön happig sind – rund 30 Euro – fahren wir auf die Fähre. „how long?“ fragt mich der Ticketverkäufer. „six fifty“ antworte ich, wohlwissend, dass die letzten 50cm preisbestimmend sind. „really?“ fragt der Ticketverkäufer noch einmal nach und beginnt mit großen Schritten, an Rudolph entlang zu laufen. „maximum 6 meters“ findet er durch seine Aktion heraus und ich muss nur noch weniger als die  Hälfte des befürchteten Fahrpreises zahlen. Glück gehabt! Neben uns auf der Fähre hat ein altes Pärchen einen gut erhaltenen aber wahrscheinlich recht alten PKW geparkt. Almut hatte schon beim Warten auf die Fähre gefragt , ob sie das Vehikel – einen Skoda – fotografieren darf, was der Eigentümer voller Stolz erlaubte. Jetzt frage ich ihn auch noch wie alt das Auto sei und strahlend antwortet er, dass das Fahrzeug vor 51 Jahren gebaut worden war.

Nach Verlassen der Fähre fahren wir kilometerweit an einer Sanddüne vorbei, die an manchen Stellen den Versuch macht, die Straße unauffällig unter Sand zu begraben. Immer wieder gibt es Zugänge über die Düne zum Strand. Auch wir wollen sehen, wie es auf der anderen Seite der Düne aussieht und kraxeln durch den tiefen Sand über die Düne. Kein Mensch ist auf dem kilometerlangen Strand zu sehen. Aber was noch viel interessanter ist, ist die Tatsache, dass die sich überschlagenden Wellen keinen weißen Schaum zeigen, sondern rot gefärbt sind. Wir lernen aus dem Internet, dass es sich sehr wahrscheinlich um Rotalgenkolonien handelt, die den Strandbesuchern abraten, ein Bad zu nehmen.

Sobald nicht nur Strandhafer entlang der Küste wächst, kann man an den Bäumen sehr gut erkennen, aus welcher Richtung im Allgemeinen der Wind weht, denn die Bäume sind nicht wie bei uns zuhause nach oben gewachsen, sondern in Windrichtung und dementsprechend fast waagrecht. Das ist halt Natur.

Natur sind auch die vielen bunten Steine im Sand und eine bläulich schimmernde Qualle, die offenbar im wahrsten Sinne des Wortes gestrandet ist. Das ist wieder mal so eine Kleinigkeit, die wir sehen, die uns gefällt und an der wahrscheinlich ganz viele Menschen vorbeigehen, ohne sie wahrzunehmen.

Sondervig, ein Ort der den Eindruck erweckt, als sei er in den 70er Jahren lieblos aus dem Boden gestampft worden, um möglichst vielen Strandsüchtigen Asyl zu gewähren, versucht durch das alljährliche Sandskulpturenfestival die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Riesige Skulpturen werden von den Künstlern ausschließlich aus Sand geformt – beeindruckend und gerade richtig von der Abendsonne bestrahlt, nehmen wir die Bilder des diesjährigen Mottos – „Roboter“ – in unserer Kamera mit nach Hause.

Ebenso wie an dem Ort Sondervig können wir auch an Hvide Sande nichts finden, was uns veranlassen würde, länger zu bleiben. Lediglich ein seltsam auf verstellbaren Stelzen stehendes Schiff lässt uns grübeln, wie diese Art von Schiff wohl zum Einsatz kommt.

Mehr oder weniger nah am Fuß eines Leuchtturms übernachten wir und machen uns dann auf den Weg  nach Bork Havn, um mal wieder Fisch einzukaufen. Den Verkaufsraum des Hafenfischers kann man mieten – Fisch wird hier nicht mehr verkauft.

Aber das Winkingerdorf etwa 1 km außerhalb der Ortschaft darf auf gar keinen Fall unerwähnt bleiben. Man fühlt sich wirklich in die Zeit der Winkinger versetzt, wenn man vom kleinen Hafen durch die Holzhäuser zum Opferplatz schlendert. Die Sonne scheint und wir genießen den Ausflug in die Zeit um 700 n. Chr.

Und wenn wir schon in der guten alten Zeit angekommen sind, dann darf ein Ausflug nach Ribe, in die angeblich schönste Stadt Dänemarks, nicht fehlen. Und wirklich, Ribe erfüllt, was die Reiseführer versprechen. Zahlreiche heimelige Fachwerkhäuser werden von der Abendsonne angestrahlt und fordern auf, völlig relaxed durch die Gassen zu trödeln.

Urlauber, die wir getroffen hatten, hatten von der Insel Römö geschwärmt aber etwas nördlich davon findet sich auf der Landkarte noch die winzige Insel Mandö. Wenn man genau hinsieht und die Landkarte im Internet herauszoomt, sieht es so aus, als gäbe es eine Straße zur Insel. Die Straße gibt es, so finden wir heraus bei Ebbe und sie ist ein Damm, den man problemlos befahren kann, wenn Niedrigwasser herrscht. Um die Mittagszeit am nächsten Tag soll der niedrigste Wasserstand sein und so steuern wir Mandö an. Der Damm ist geschottert und gut befahrbar, rechts und links vom Damm ist das Watt. Auf der Insel werden wir von einer Windmühle begrüßt und eine kleine Campingwiese gibt es auch auf der wir übernachten können. Wir radeln einmal um die Insel und beschließen kurzerhand, dass wir in dieser Idylle noch etwas bleiben möchten. Nicht zuletzt deshalb weil wir uns am nächsten Tag im Garten eines einladend aussehenden Cafes niederlassen wollen und selbst auch etwas ins Watt wandern möchten. Wenn man nicht laufen möchte, kann man sich auch auf hochbeinigen Wägen, die von Traktoren gezogen werden (Traktorbusse), bei Niedrigwasser ins Watt und zu den Seehundbänken fahren lassen.

Niedrigwasser ist für 12.45Uhr angekündigt. Bereits um 10.00 Uhr fragen wir im kleinen Supermarkt nach, ab wann man über den Damm fahren kann. „Das geht jetzt auch, denn wir haben Ostwind und der bläst die Flut so stark zurück, dass der Damm nicht überschwemmt wird.“ Und so war es auch. Mit der gewonnenen Zeit wollen wir doch noch einen Abstecher nach Römö machen, was sich im Nachhinein als nicht besonders klug herausgestellt hat. Wie viele andere fahren wir auf den riesigen Strand, dessen Sand so fest ist, dass man wie auf einer asphaltierten Fläche fährt – zumindest dort, wo der Sand noch feucht und fest ist. Ohne Probleme fahren wir in Richtung Wasser, parken und machen einen Spaziergang zum und ins Wasser. Auf dem Weg zurück, versuche ich, mehr oder weniger dieselbe Strecke zu fahren, muss aber feststellen, dass große Teile der Strecke durch den Wind schon mit Sand zugeweht sind…. und dieser Sand ist trocken und schon stecken wir fest. Die Antriebsräder bekommen keinen Grip mehr und auch die Differentialsperre hilft nichts mehr. Also fangen wir an, die Räder frei zu schaufeln. Das ist für 50cm ganz erfolgreich und dann stecken wir wieder fest. So funktioniert‘s also nicht. Ich überlege mir gerade, wie ich jetzt einen Traktor herbeordern kann, der mich rauszieht, als zwei Quadfahrer vorbeikommen, stehen bleiben und mich fragen, ob sie mich für 10 Euro rausziehen sollen. Mit zwei Quads??? Beide haben eine Seilwinde mit einem erschreckend dünnen Seil. Quad 1 besfestigt das Seil am Rudolph und Quad 2 befestigt das Seil an Quad 1. Mit Hilfe von Rudolphs Motorkraft, dem groben Reifenprofil der Quads und viel Gefühl kommt Rudolph überraschenderweise wieder frei. Das Schleppseil wird wieder entfernt, die beiden Quadfahrer – offenbar Vater und Sohn, die als Freizeitbeschäftigung am Strand patroulieren, um festgefahrenen Autos zu helfen – bekommen etwas mehr als den geforderten Lohn und verziehen sich wieder. Wir wollten ja nur mal kurz auf die Insel Römö fahren……

Eine Nebenbaustelle ist, dass jede Menge ganz feiner Sand, während wir gebuddelt haben und die Türen offenstanden, durch den permanenten Wind ins Auto geweht worden ist und jetzt in jeder Ritze steckt – und nicht nur im Fahrerhaus ist der Sand zu finden; das Türscharnier der Kabinentür ebenso wie die Gelenke der Fenster und sogar die gläserne Abdeckplatte des Herdes knirschen, wenn sie bewegt werden. Keine Ahnung wie der Sand dort hingekommen ist.

Heilfroh, dass alles so glimpflich abgelaufen ist, fahren wir wieder aufs Festland in Richtung Süden. Unser Ziel ist die Seehundstation in Friedrichskoog – rund 180km südlicher. Hatten wir bislang zwar sonniges aber nicht übermäßig warmes Wetter bis zu 22°C, so wird es mit jedem Kilometer in Richtung Süden jetzt heißer und in Friedrichskoog sind wir dann bei knapp 30°C angekommen. In der Seehundstation werden verlassene Jungtiere aufgenommen, aufgepäppelt und dann wieder in die Freiheit entlassen. Über hundert Tiere tummeln sich in vielen Gehegen und freuen sich über die Fütterung, die gerade stattfindet. Der Besucher kann das Treiben von einem erhöht liegenden Aussichtsraum ohne Störung für die Tiere betrachten. Neben den Jungtieren wohnen hier auch ein paar wenige ausgewachsene Robben, die sich in der Sonne räkeln und sich bei der Hitze immer mal wieder im kühlen Wasser erfrischen. Die Schwimmkünste der Robben, die wie Pfeile durchs Wasser gleiten, können wir auch durch große Glasfenster aus der Unterwasserperspektive beobachten.

Auf dem weiteren Weg nach Hause müssen wir irgendwie an Hamburg vorbei – hoffentlich gibt’s keinen Stau. Vor dem Elbtunnel dürfen wir natürlich am beliebten ‚Stop and Go Spiel‘ teilnehmen aber dann fließt der Verkehr zum Glück wieder.

Wolfenbüttel mit seinen über 300 Fachwerkhäusern soll das nächste Ziel sein. Die Stadt bietet einen ausgesprochen schönen Stellplatz in den sogenannten Okerauen an – es gibt sogar Schatten unter großen Bäumen. Mit unseren Rädern erkunden wir die wirklich sehenswerte Innenstadt am nächsten Morgen, als die Hitze noch nicht so groß ist.

Mit jedem Kilometer, den wir weiter in Richtung Süden fahren, steigt das Thermometer – nur auf den Bergstraßen durch den Harz bleiben wir unter 30°C. Trotzdem fühlen wir so etwas wie bedrohliche Endzeit als wir kilometerlang durch einen Wald mit toten Bäumen fahren. Stürme, die Hitzewelle des vergangenen Jahres und die Gefräßigkeit des sich massiv ausbreitenden Borkenkäfers haben hier eine Landschaft entstehen lassen, von der sich wohl kaum noch Touristen zum Wandern eingeladen fühlen.

Das Thermometer steigt bis auf 37°C und als ich am Abend auf unserem Übernachtungsplatz in Thüringen einmal nachrechne, wieviel ich an diesem Tag schon getrunken habe, komme ich auf über 4 Liter. Wahrscheinlich müssen wir uns in Zukunft immer mehr an solche Extrem-Temperaturen gewöhnen – und damit werden skandinavische Länder zumindest für uns noch attraktiver als sie es ohnehin schon waren.

Bemerkenswert

Schiffe, Dünen, Bunker (Deutschland/Dänemark_04)

In Ebetoft erwartet uns ein Schifffahrtsmuseum. Mehrere alte Segler können besichtigt werden, man darf die Schiffe von innen und außen inspizieren. In einem der Segler kocht ein Smutje (er ist sicher schon 50 Jahre Smutje); es gibt Kartoffeln und Hähnchen.

Der ganz große Dreimaster ist nur durch das Museumsgebäude gegen ansehnliches Eintrittsgeld zu erreichen – wir fragen uns, ob wir für den Außenbereich eigentlich auch Eintritt bezahlen müssten aber niemand hat uns nach Tickets gefragt als wir auf die Schiffe gegangen waren. Ebetoft hat aber nicht nur ehrwürdige Schiffe im Angebot, sondern auch einen ganz lieblichen Ortskern zu bieten, in dem unter anderen ein ganz schiefes Haus mit einer Bar steht. Es wäre interessant, ob angetrunkene Barbesucher, das schiefe Haus mit ein paar Promille im Blut gerade sehen…

Wieder auf Nebenstraßen an der Ostküste in Richtung Norddänemark unterwegs kommen wir durch das stattliche und idyllisch an einem Teich gelegene Gut Rugard.

Über das Hafenstädtchen Grenaa, von dem man mit einer Fähre nach Varberg in Schweden übersetzen kann und den kleinen Ort Asaa, der seinen Hafen mit der Meerjungfrau aus Kopenhagen – hier allerdings in Stein gemeißelt – schmückt, kommen wir schon sehr weit in den Norden, nach Fredrikshavn.

Das Wetter ist nicht nur trüb, sondern der Himmel sorgt auch für eine vorzügliche Bewässerung der Pflanzen, so dass wir es sehr schätzen, dass zum Campingplatz ein gut beheiztes Hallenbad gehört, in dem wir völlig relaxed und insbesondere auch völlig alleine den Nachmittag verbringen können. Am nächsten Tag hat das Wetter wieder in Richtung „Schön“ gewechselt und wir wollen den für Fredrikshavn bekannten Palmenstrand auf unseren Urlaubsfotos festhalten. Gut hundert Palmen säumen den Strand – „hier im Norden?“ fragen wir uns und erfahren, dass die Palmen jeweils im Mai am Strand eingebuddelt werden und Ende September wieder zurück in die Gewächshäuser wandern. So kann es funktionieren.

Das nördliche Ende von Dänemark ist erreicht, wir sind in Skagen, das von Dünen, langen Stränden und einem Leuchtturm an der Spitze geprägt ist. Der Leuchtturm ist bislang vom Sand verschont geblieben, eine Kirche, von der nur noch der Turm existiert hat dem Sand einer Wanderdüne nicht Stand gehalten und ist schon zum Teil „eingesandet“. Am Strand finden sich immer wieder Bunker aus dem zweiten Weltkrieg – das Weltkriegserbe zieht sich an der kompletten Nordküste entlang bis zur großen Bunkeranlage in Hanstholm und setzt sich dann an der Westküste weiter fort.

Manche der Bunker sind schon etwas in Schieflage geraten, der Beton macht aber einen unkaputtbaren Eindruck und der Reiseführer schreibt auch, dass Versuche der Dänen, einzelne Bunker zu sprengen bislang nicht zum Erfolg geführt haben. In Grenen, am äußersten Ende des Landes, staunen wir über 25 riesige Frachtschiffe, die dort vor Anker liegen und auf Beladung warten, um dann über die Nordsee ihre Ladung in alle Welt zu liefern.

Ach ja, hatte ich schon erwähnt, dass bei Skagen Nord- und Ostsee zusammenkommen? Darum ändert sich die Uferlinie ab jetzt – eigentlich schon seit Fredrikshavn – mit den Gezeiten Ebbe und Flut; in diesem Punkt ist die Ostsee ja eher langweilig. Auf unserer Tour bleiben wir in Dänemark, daher müssten wir eigentlich gar nicht in den Hafen von Hirtshals, der der Ausgangspunkt für die Überfahrt nach Norwegen ist. Häfen üben aber auf mich eine gewisse Faszination aus, denn Häfen sind der Ausgangspunkt zu richtig weit entfernten Zielen. Von Hirtshals kommt man nicht nur nach Norwegen, sondern auch nach Island. Island ist bislang für uns noch ein Reisetraum geblieben aber vielleicht können wir ihn ja einmal wahr werden lassen und daher habe ich als ersten Schritt wenigstens schon einmal das Smyril Line Gebäude – die Reederei, die als Einzige die Islandroute bedient – in Hirtshals auf einem Bild eingefangen.

Auf den ausgedehnten Strand von Tornby darf man sogar ganz offiziell mit dem Auto fahren; der Sand ist total fest und einige Touristen tummeln sich auf dem kilometerlangen Strand bis die Sonne sich wieder einmal hinter Wolken verzieht.

Freunde von uns machen zu selben Zeit Urlaub in Dänemark und hatten Ihre Rundtour aber mit der Westküste begonnen. Also haben wir kurzerhand beschlossen, uns am Leuchtturm von Rubjerg zu treffen. Bereits einige Kilometer vor dem Leuchtturm treffen wir auf das Auto unserer Freunde bei einer Mühle und ziehen jetzt zusammen in Richtung Leuchtturm. Dieser Leuchtturm hatte in der Vergangenheit auch vergeblich versucht, dem Sand einer wandernden Düne zu trotzen aber seit Kurzem wird von der Meerseite so wenig Sand in Richtung Leuchtturm geblasen, dass der Wind angefangen hat, den Turm langsam wieder frei zu blasen und Nebengebäude wieder zum Vorschein kommen. Ein Phänomen.

In Lönstrup genießen wir wieder einmal einen tollen Sonnenuntergang (nach einem heftigen Regenschauer !!!).

Auf dem Weg nach Slettestrand kommen uns die Teilnehmer einer Oldtimer Rallye entgegen – der eine oder andere Oldtimer ist aber auch liegen geblieben und die Fahrer versuchen, den Veteranen am Straßenrand doch wieder flott zu bekommen.

Wie aus einem Fantasyfilm begrüßt uns bei leichtem Regen (trotzdem wandern einige hartgesottene Badegäste mit Handtüchern bewaffnet in Richtung Meer) eine eiserne Krabbe. Glaubt man der Info, so hat der Künstler eigentlich nur ein neues Schweißgerät ausprobieren wollen und dabei ist dann die Krabbe entstanden, die schon seit Jahren eines der Wahrzeichen von Slettestrand ist. Die zweite Besonderheit von Slettestrand sind die Fischerboote, die hier nicht in einem Hafen liegen, sondern nach dem Fischfang mit Winden auf den Sandstrand gezogen werden, um dann für die nächste Ausfahrt wieder ins Wasser geschoben zu werden.

In Bulbjerg am Strand gibt es einen hohen Felsen – das ist hier eine Besonderheit. Natürlich war diese exponierte Lage mehr als geeignet, im letzten Krieg einen Beobachtungsbunker darauf zu setzen, der besichtigt werden kann und der im Inneren neben mehreren brütenden Schwalbenfamilien auch einige Infomationstafeln über die Nutzung des Bunkers bereit hält.

Wir bleiben beim Thema Bunker und fahren nach Hanstholm zur großen Bunkeranlage, die als Museum besichtigt werden kann. Den Museumsbesuch hebe ich Euch für den nächsten Blogbeitrag auf, den Hinweis auf die Fischräucherei im Hafen von Hanstholm gibt’s jetzt schon.

… und auch die Bilder von einem Auslflug zum Klitmöller kann ich Euch nicht vorenthalten. Der Klitmöller ist ein Strand für die Kiter und Surfer – es gibt immer Wind. Und so finden sich jeden Tag viele Wasserportler zwischen den Bunkern am Strand ein und packen ihre Ausrüstung aus, um beeindruckend geschickt durchs Wasser zu schießen.

Bemerkenswert

Auf nach Dänemark (Deutschland/Dänemark_03)

Entlang der Küste vorbei an Schafweiden radeln wir bei strahlendem Sonnenschein in den Ort Dahme. Die Strandpromenade dürfen wir erst betreten, als wir uns an einem Automaten eine Tageskurkarte gekauft haben. Sowohl die Seebrücke als auch die Strandpromenade erfüllen nahezu hundertprozentig die Vorstellung eines Ostseebadeortes. Auch jetzt in der Vorsaison schlendern bereits relativ viele Gäste an den Restaurants, Andenkenläden und Imbissständen mit unterschiedlichsten Leckereien entlang. Allerdings sind die Strandkörbe noch relativ spärlich besetzt.

Nur Sonnenschein aber Temperatur bei knapp 20°C sind eben doch noch nicht typisches Badewetter – apropos Badewetter; in das Wasser der Ostsee hat sich tatsächlich noch niemand getraut – man erzählt sich von einer Wasssertemperatur um die 15°C. Sehr erfrischend um es einmal höflich auszudrücken. Wir fahren nicht weiter auf die Insel Fehmarn, sondern steuern auf Kiel zu, um in Laboe am Marinedenkmal hängen zu bleiben.

Zum Glück besteigen wir das Denkmal (ehrlich gesagt nutzen wir nicht die 347 Stufen, sondern den Fahrstuhl) noch am selben Nachmittag; denn am darauf folgenden Tag ist das Wetter bereits wieder eingetrübt – und die Aussicht der Bucht von Laboe und die vorbeiziehenden Fähren nach Norwegen und Litauen und die Frachtschiffe bei zugezogenem Himmel oder gar Nieselregen würde nun überhaupt keinen Spaß machen. Sowohl der Besuch des Inneren eines vor dem Denkmal geparkten U-Bootes aus dem zweiten Weltkrieg als auch der Blick von der oberen Plattform des Marinedenkmals sind auf alle Fälle sehr zu empfehlen.

Mit Hilfe der Marine-Radar App finden wir heraus, wohin die vorbeifahrenden Schiffe fahren und ich als begeisterter Fährenfahrer stelle fest, dass bei einer Reise ohne Fährüberfahrt irgendetwas fehlt. Mit der Fähre nach Klaipeda waren vor wenigen Wochen Freunde gefahren, die wir im Donaudelta kennen gelernt hatten und mit dem anderen 200m langen Schiff waren wir schon selbst vor ein paar Jahren nach Oslo gefahren. Schöne Erinnerungen. Irgendwie passt es zu diesem Tag, dass wir uns am Abend die DVD „Das Boot“ auf dem bordeigenen Fernseher anschauen. Vorher, in der Abendsonne kommen uns sowohl ein AIDA-Schiff als auch ein Wasservorhang vor die Linse, den die örtliche Feuerwehr bei einer Übung den Nachwuchsfeuerwehrleuten vorführt. Mehreren Spaziergängern, die kurz danach dort entlang laufen, wo vor Kurzem noch der Wasservorhang war, sieht man deutlich an, das sie sich das Phänomen „patschnasse Straße“ bei strahlendem Sonnenschein nicht erklären können und wahrscheinlich insgeheim hoffen, dass das Ganze nichts mit irgendwelchen angriffslustigen Außerirdischen zu tun hat.

Nach Schleswig müsst Ihr unbedingt fahren, raten uns mehrere Reisende, die wir treffen – die Stadt ist so schön. Also auf nach Schleswig. Es regnet als wir dort ankommen und nach einem Parkplatz suchen. Wir kreisen mehrere Male durch unterschiedliche Straßen – Ergebnis: kein Platz. Vielleicht auf dem Wohnmobilstellplatz, den mir meine App anbietet. Von wegen – alles überfüllt und da das Wetter sich auch nicht zu bessern scheint, studieren wir die Landkarte und versuchen herauszufinden, was ein lohnenswertes nächstes Ziel sein könnte. Süderbrarup hatte ich schon irgendwann einmal gehört. Richtig, das war doch der Austragungsort des legendären Fußballspiels zwischen dem 1.FC Süderbrarup und Holzbein Kiel in dem Werner Comicfilm. Heute scheint kein Spiel stattzufinden und weder Werner noch Herr Rörig oder Frau Hansen sind zu sehen – wahrscheinlich wollen sie einfach nicht aus dem Haus bei diesem wenig einladenden Wetter.

Aber auf den Straßen, die nach Kappeln führen, laufen hunderte junge Leute, bewaffnet mit Bierdosen oder –flaschen oder Fässern auf Leiterwagen im strömenden Regen in Richtung Kappeln, wo auch die Heringstage stattfinden; ach ja, heute ist ja Christi Himmelfahrtstag, der auch als Vatertag mit ausreichend Alkohol zelebriert wird. Väter waren bei den  Prozession sicher nicht dabei und auch die vielen, bereits deutlich angetrunkenen Mädchen können eigentlich keine Väter sein – aber offenbar haben alle Spaß an dieser im wahrsten Sinne des Wortes feuchtfröhlichen Wanderung und hinterlassen als Beweis der Veranstaltung hinter sich eine Spur aus Dosen, Flaschen und Plastikbechern am Straßenrand – ob die Vermüllung unbedingt zum Feiern gehört, bezweifeln wir. Aber auch wir besorgen uns am nächsten Übernachtungsplatz die zum Wernerfilm passenden Biere und laufen später zum Abendessen ins nächste Fischhaus nach Westerholz.

Frischester Fisch wird hier in allen Zubereitungsvarianten angeboten – das passt natürlich hervorragend zu unserer Küsten- oder Fischtour. Am nächsten Morgen scheinen wir etwas mehr GLÜCK mit dem Wetter zu haben, was wir zum Anlass nehmen, zum Wasserschloss GLÜCKSburg zu fahren. Durch den Innenhof nähern wir uns dem weißen Schloss, das ab und zu auch kurz von der Sonne bestrahlt wird.

Für die Besichtigung der Kunstsammlung des dänischen Königshauses können wir uns nicht begeistern und beschließen nach diesem ersten dänischen Kontakt, jetzt wirklich auch nach Dänemark einzureisen – auf der Landstraße natürlich – wie immer. Es ist eine vierspurig ausgebaute Bundesstraße mit langem Stau, denn die Dänen kommen hier nach Deutschland, packen ihren Kofferraum voll Bier und freuen sich dann, ihre Beute zuhause in Dänemark zu konsumieren. Vielleicht möchte man aber auch verhindern, dass illegale Flüchtlinge nach Dänemark einreisen – wer weiß? Jedenfalls schieben wir uns fast eine halbe Stunde auf dieser Straße der Grenze näher als wir durch ein Verkehrszeichen erfahren, dass Fahrzeuge über 3,5t umkehren müssen. Prima, vielleicht hätte man diese Einschränkung auch schon etwas früher bekannt geben können, denn so eine Einschränkung erwartet man vielleicht auf einer Ministraße aber nicht auf einer autobahnähnlich ausgebauten Straße. Also nehmen wir eben doch die Autobahn – auf der die beiden Fahrspuren wegen Grenzkontrollen kurz vor der Grenze auf eine Spur verengt werden. Neben der Straße auf einer Zufahrt zu einem Parkplatz steht ein riesiges Zelt, in das immer wieder einzelne Fahrzeuge zur Kontrolle herausgeleitet werden – wir dürfen ohne Kontrolle weiterfahren. Da wir ja schon mit Schloss Glücksburg auf dem Kulturtrip sind, soll Augustenborg das nächste Ziel sein. Der Ort ist klein und verschlafen und das Schloss liegt in einem schönen Park mit vielen Rhododendronstauden.

Große Parkplätze lassen erahnen, dass in der Hochsaison hier einiges los sein wird.

10km hinter Augustenborg kann man doch tatsächlich schon wieder Fähre fahren – und sogar 50Min lang und nicht nur 5Min. Mit der Fähre erreicht man die Insel Fünen – so wird’s morgen weitergehen, beschließen wir.

Also genießen wir die Überfahrt auf dem Sonnendeck und steuern danach in einen vom Namen her griechisch anmutenden Ort „Korinth“. Dort soll es hinter dem Schloss Brahetrolleborg, das nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist, einen Rhododendronpark geben, den man besichtigen kann. Der Park ist leider nicht ausgeschildert aber nach mehrmaligem Nachfragen finden wir den kleinen Hohlweg als Zugang zu den üppigst blühenden Rhododenronstauden, die man eigentlich fast Bäume nennen muss.

Die Egeskovmühle weist auf einen Tag der offenen 100 Mühlen im Juni hin. Die Mühlen sind tatsächlich noch betriebsfähig und mahlen auch manchmal.

Von unserem Panoramastellplatz haben wir Blick auf die Brücke über den großen Belt und sehen wieder einige der Fähren, die wir schon aus Laboe kennen.

Schlösser findet man an jeder Ecke in Dänemark. Daher kommen wir kurze Zeit später am Schloss Broholm vorbei und machen einen Fotostopp für das Schloss, das mittlerweile ein Hotel ist.

Der eine oder andere Leser wird sich vielleicht wundern, warum ich immer wieder irgendwelche Nebensächlichkeiten erwähne. Aber es ist nicht mein Ziel ist, einen Reiseführer zu schreiben und schon erst nicht einen, der nur die namhaften Sehenswürdigkeiten beschreibt. Ich möchte vielmehr darauf hinweisen, dass man viele Dinge erLEBEN kann, wenn man SELBST mit offenen Augen und Ohren durchs Leben geht und nicht nur darauf wartet, dass irgendwelche Vorturner oder Organisationen uns steuern – denn dann würden wir ja nicht leben, sondern gelebt werden. In diesem Sinne viel Spaß am Leben bis zum nächsten Mal.

Bemerkenswert

Frühjahrstour 2019 (Deutschland 02)

Auf ein DDR-Fahrzeugmuseum wird am Straßenrand hingewiesen und wir beschließen kurzerhand, dass wir darauf zusteuern wollen. Für € 5.- kommt man in den Genuss, teilweise eigentümlich anmutende Fahrzeuge aus der DDR-Zeit, sowie technische Gegenstände aus den 50ern und 60ern, die heute keiner mehr kennt in drei Hallen und einem Stück Freigelände zu besichtigen.

Das Museum liegt in einem winzigen Dorf mit Namen Fürstenau in der Nachbarschaft von ein paar wenigen Häusern, Enten und Gänsen – Landidylle pur an diesem sonnigen Tag – natürlich sind wir die einzigen Gäste im Museum. Fürstenau gehört zum Ort Boitzenburger Land – das Schloss wird im Internet als besonders sehenswert gelobt. Als wir nach kurzer Fahrt beim Schloss ankommen, erinnern wir uns: da waren wir doch schon einmal vor ein paar Jahren. Im Marstall war damals eine Art Markt, bei dem allerlei Tand und Kleidung verkauft wurde. Eine Bluse, die wir damals gekauft hatten, haben wir sogar dabei. Trotzdem wir das Schloss schon kennen, ist es wert, das Schloss zu fotografieren, denn damals waren gerade Bauarbeiten am Schloss gewesen und heute erstrahlt es frisch renoviert in der Sonne.

Am Kluger See verbringen wir ein angenehmes Wochenende auf einem nahezu unbekannten aber sehr schön gelegenen Campingplatz und in der Nacht können wir mit den Erklärungen eines Hobbyastronomen vortrefflich den leuchtenden Vollmond betrachten.

Wirmachen einen Ausflug zu einer nahe bei Ahrensberg gelegenen Fischräucherei und lassen uns auf einer Wiese direkt am See frischesten Fisch schmecken.

Ein Ziel unserer Frühjahrsreise war es ja, an unterschiedlichen Orten unterschiedliche Fischspezialitäten zu kosten. Der Fischräucherei statten wir am nächsten Tag sogar nochmals einen Besuch ab. Diesmal kommen wir von der Marina in Wesenberg geradelt. An der Marina gluckern unterschiedlichste Boote und auch bewohnbare Flösse gemütlich an uns vorbei und wir machen Bekanntschaft mit einem Produzenten von Weihnachtsbäumen. Wer glaubt, dass diese Leute nichts zu tun haben bis die Bäume letztendlich geschlagen und verkauft werden, täuscht sich erheblich. Die Bäume müssen – damit sie an Weihnachten auch ins Wohnzimmer passen – in Form geschnitten und die jungen Triebe vor größeren Vögeln geschützt werden. Die würden nämlich versuchen, sich mit ihrem erheblichen Gewicht auf den frischen Trieben niederzulassen und sie dabei abbrechen.

Auf der Weiterfahrt in Richtung Fleesensee nehme ich im Augenwinkel weit hinten, offensichtlich  auf einer Wiese, ein relativ großes Flugzeug war und sofort beschließe ich dieses Phänomen näher zu erkunden. Ein Wegweiser zum Luftfahrtmuseum Rechlin zeigt genau in die entgegengesetzte Richtung – das kann es also nicht sein. Dann gibt es noch den Müritz Airpark. Auf einer Betonplatttenpiste holpern wir durch ein verrostetes Eingangstor  und vorbei an einem ebenso verrosteten Hinweisschild auf ein Museum in das Gelände des Müritz Airparks. Der Airpark ist ein ehemaliger Militärflughafen, der wohl nur noch für Sportfliegerei genutzt wird. Daneben das heruntergekommene Gebäude, das augenscheinlich das ausgewiesene Museum beherbergt. Davor steht das Flugzeug, das ich gesehen hatte und noch ein paar weitere gammelige Luftfahrzeuge.

Ein Schild weist darauf hin, dass man das Freigelände nur in Zusammenhang mit einem Museumsbesuch betreten darf. Wenn man lange genug im Internet sucht, findet man den Hinweis eines Besuchers, der berichtet, dass das „Museum“ in privater Hand ist und es sogar eine Führung gäbe, wenn der Eigentümer da ist. Da das ganze Gelände ja einen wenig ansprechenden Eindruck macht, schieße ich ein paar Fotos und wir holpern wieder zurück über die Betonplatten auf die Landstraße  zu unserer nächsten Fischrast, dem Fleesensee.

Damit die Kultur nicht zu kurz kommt, wollen wir das Schloss in Schwerin besuchen. Es ist trüb und richtig kalt als wir auf die Einfahrt des Schlosses zu steuern, in der ein paar schwarze Limousinen stehen, die offenbar Politiker zum Schloss gebracht hatten, denn das Schloss beherbergt die Mecklenburg-Vorpommersche Landesregierung. Ein großer Teil der Schlossfront ist wegen Baumaßnahmen mit großen Planen abgehängt, auf welchen die Schlossfassade aber aufgemalt ist, so dass der Besucher sich trotz der Baumaßnahmen ein Bild von der Schlossfront machen kann. Das Schloss steht auf einer Insel in einem eindrucksvoll angelegten und top gepflegten Park. Die Gärtner sind teilweise noch mit der Frühjahrbepflanzung beschäftigt, weil sie dem kalten Wetter wahrscheinlich ebenso wenig trauen wie der Kranich, der sicherheitshalber auch wegen der Kälte seinen Kopf ab und zu ins wärmende Gefieder steckt.

Wir freuen uns nach knapp zwei Stunden, wieder im warmen Rudolph zu sein und brechen auf zu einem Stellplatz an der Bahnstation „Steilküste“ kurz vor Kühlungsborn. Hier kommt tagsüber stündlich die dampfbetriebene Bäderbahn Molli vorbei, mit der man entweder Richtung Kühlungsborn oder Heiligendamm und Bad Doberan fahren kann.

Der Himmel zieht immer mehr auf und auch die Temperaturen steigen wieder, so dass wir am kommenden Tag unter Dampf nach Kühlungsborn schnaufen. Das Ostseebad Kühlungsborn entpuppt sich als typischer Kurort mit kleinen Geschäften unendlich vielen Fisch- und anderen Restaurants, Cafes, Kurkliniken und einem geschätzten Durchschnittsalter der spazieren gehenden Touristen von 65 bis 70 Jahren. Na ja – so weit sind wir ja davon auch nicht mehr entfernt. Nach der Kälte der Vortage genießen wir heute mit Blick auf die Strandkörbe und das Meer einen richtig warmen Frühsommertag.

Der Radausflug in das durch den G8 Gipfel berühmte Heiligendamm führt uns in eine Welt, in der wir uns auf Dauer nicht besonders wohl fühlen würden. Zu groß sind die Limousinen, zu sehr herausgeputzt die edlen Hotels und zu viele Verbotsschilder gibt es. Mit dem Fahrrad darf man nicht auf die Promenade – noch nicht einmal wenn man es schiebt – weshalb wir umkehren und auf dem außerhalb des Ortes beginnenden Uferweg wieder zurück zu unserem Auto fahren. Am Uferweg gibt es mehrere Stellen, die abgesichert wurden, nachdem vor ein paar Monaten Stürme Teile der Steilküste weggefressen hatten.

Als wir in und um Rerik herumradeln, finden wir einen alten Leuchtturm, der natürlich nicht mehr in Betrieb ist – wie werden die Schiffe eigentlich ohne Leuchttürme navigieren, wenn Meteoriten oder Weltraumschrott irgendwann einmal ein paar der GPS Satelliten zerstört haben, was ja nicht so ganz unwahrscheinlich ist?

Mit der weit zurück liegenden Vergangenheit bekommen wir an einem der vielen Großsteingräber in dieser Gegend Kontakt und fragen uns, ob irgendwelche von unseren Gräbern ebenfalls noch in 5000 Jahren besichtigt werden können und gegebenenfalls von welchen Lebewesen….

Nur gerade mal 1000 Jahre alt ist die Hansestadt Wismar mit den sehr empfehlenswerten und gemütlichen alten Gässchen und Kanälen und den verschiedenen Häfen.

Der Wohnmobilstellplatz am Hafen ist bereits nachmittags um 15.00 Uhr knallvoll und „lauschiges Wohnmobilkuscheln“ ist mit den doch relativ eng stehenden Fahrzeugen angesagt. Das Schloss Bothmer bei Klütz, das von einem nach England ausgewanderten niedersächsischen Grafen namens Bothmar am Anfang des 18. Jahrhunderts mit großem Landschaftspark erbaut wurde und vielfach mit Hinweisschildern auf sich aufmerksam macht, sollte man vielleicht besucht haben. Bothmar war übrigens der erste Premierminister, der in der Downing Street Nr. 10 wohnte. Eigentlich dürfen wir den für Schlossbesucher vorgesehenen Parkplatz mit Fahrzeugen über 3,5t gar nicht anfahren aber heute fühlen wir uns so leicht, dass wir trotzdem parken und ein paar hundert Meter zu dem Schloss durch eine alte Lindenallee laufen. Nun, unter einem Schloss stellen wir uns irgendetwas verspielt Verschnörkeltes vor – Schloss Bothmer könnte vom Baustil auch ein Krankenhaus sein, was vielleicht auch der Grund ist, dass es bis 2015 als Altersheim genutzt wurde. Eine weitere Allee mit stark gestutzten Bäumen hebt sich hinter den Feldern sehr dekorativ vom Himmel ab – der Landschaftspark ist aus unserer Sicht wesentlich gelungener als das Schloss selbst.

In Richtung Travemünde kann man entweder mit einer kleinen Fähre die Trave überqueren oder in großem Bogen etwas südlicher über eine Brücke fahren. Trotzdem die Fähre für 10 Euro nur knapp 5 Minuten fährt, entscheiden wir uns für das „Erlebnis Fähre“

und lenken unseren Rudolph nach der Überfahrt über endlose Strandpromenaden durch die bekannten Ostseebäder Timmendorfer Strand oder Grömitz

in Richtung Fehmarn und landen bei Dahme auf einem Tip Top hergerichteten und extrem großzügig angelegten Campingplatz direkt an der Ostsee. Es gibt WLAN und daher kann dieser Blogabschnitt jetzt veröffentlicht werden.

Bemerkenswert

Irrfahrten im Frühjahr (Deutschland 01)

Im Oktober des vergangenen Jahres waren wir aus Schweden nach Hause gekommen. Dann stand unser Rudolph bis kurz nach Weihnachten still vor unserem Haus. Nur kurz über den Jahreswechsel hatten wir eine kleine Tour unternommen. Am Main bei einem Winzer hatten wir auf einem Stellplatz übernachtet und unsere Weinvorräte aufgestockt. Auf dem erhöht gelegenen Campingplatz in Großbüchlberg in der tiefsten Oberpfalz hatten wir dann sowohl einen Maler kennen gelernt, der 20 Jahre lang Hochspannungsmasten gestrichen hatte als auch einen tollen Ausblick auf das Silvesterfeuerwerk von Mitterteich genossen.

Leider war für Anfang Januar ein Krankenhausaufenthalt geplant, so dass wir Rudolph wieder abstellen mussten. Ganz frei können wir halt doch nicht unser Leben bestimmen. Ende April war wieder alles klar zum Start. Trotz Erderwärmung und ein paar heißen Tagen im April, kam irgendwie die kalte Jahreszeit zurück und wir fragten uns, ob wir in Holland beginnend eine Küstentour bis hoch nach Dänemark machen oder doch lieber die warmen Thermen in Ungarn ansteuern sollten. Keines von beiden ist eingetreten; wir haben die Normandie angesteuert. Auf dem Weg erholten wir uns vom Entscheidungsstress erstmal im warmen Wasser von Bad Saulgau uns steuerten dann den Rhein an. Wir durchfuhren Orte mit den ungewöhnlichen Namen ICHenheim, Dudenheim und landeten schlussendlich in ALTENheim und Meißenheim. Meißenheim ist ein altes Städtchen an den Altgewässern des Rheins, aus dem einst ungewöhnlich viele Einwohner nach Amerika ausgewandert waren. Lässt man den Altrhein hinter sich, kann man die vorbeiziehenden Frachtkähne und Hotelschiffe beobachten.

Wir winken den Passagieren auf den Hotelschiffen zu aber leider winkt niemand zurück – offenbar werden Flusskreuzfahrten bevorzugt von weniger kommunikativen oder vielleicht sogar traurigen Menschen gebucht, die hauptsächlich die reichhaltigen Mahlzeiten auf dem Schiff schätzen.

Am Stockweiher im Elsass hatten wir das nächste Quartier bezogen und uns gerade mit leckerstem französischen Käse von einem Händler, der mit seinem Verkaufswagen zum Campingplatz gekommen war, eingedeckt als wir erfuhren, dass wir wegen eines Krankheitsfalles in der Familie wieder nach Hause fahren müssen.

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Soweit unser Plan, die Normandie zu bereisen.

Eine Woche später sind wir wieder aufgebrochen – dieses Mal in Richtung Thüringen, Uckermark, Ostseeküste und vielleicht nach Dänemark.

Als wir die seltsamen Ortsnamen bei der Fahrt in Richtung Rhein gelesen hatten, wussten wir noch nicht, dass wir jetzt durch „Gottes Gabe“, „Kalte Schenke“ und „Hundeluft“ fahren sollten. Ich frage mich, ob ich nicht doch mal eine Sammlung ungewöhnlicher Ortsnamen anlegen sollte…..

Nach Übernachtungen in Rothenkirchen, Rastenberg und Coswig (auf einer Fähre, die nur durch die Strömung der Elbe angetrieben wird, hatten wir die Elbe bei Coswig überquert)

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hatten wir uns am Sonntagnachmittag durch Berlin durchgeschlagen

und waren in eine kleine Marina bei Finowfurt eingelaufen. Mein Navi hatte für mich einen zunächst nicht nachvollziehbaren Zickzackkurs durch Berlin angeboten. Irgendwann fiel mir dann ein, dass ich als Präferenz „kürzeste Route“ gewählt hatte; na und wenn die Route durch eine Nebenstraße 15m kürzer ist als auf der Hauptstraße, wird man dementsprechend durch die Nebenstraßen geschleust. Zum Glück war an diesem sonnigen Sonntagnachmittag nicht so viel los in Berlin, so dass wir dennoch einigermaßen zügig alle kleinen Straßen besichtigen konnten, bevor ich kurz vor Verlassen von Berlin wieder auf die Präferenz „schnellste Route“ umgestellt hatte. Die Marina Eisvogel liegt am Finowkanal, auf dem auch Floßfahrten mit Verpflegung mit einem etwas eigentümlich anmutenden Gefährt angeboten werden.

Über kleine Straßen, die uns sehr an die Straßenqualität in Ungarn und Rumänien erinnert haben, versuchen wir den Oberucker See in der Uckermark zu erreichen und werden wegen Bauarbeiten von einer zur nächsten Umleitung geführt. In den gemütlich anmutenden Dörfern, durch die wir fahren, gibt es weder Geschäfte noch Bushaltestellen und der Internetempfang ist ebenfalls so gut wie nicht vorhanden. Wie soll dort Aufschwung stattfinden, wird sich mancher Bewohner fragen und sich vielleicht sogar bei den gerade anstehenden Kommunalwahlen aus Verzweiflung irgendwelchen Randgruppierungen zuwenden, weil er sich von den großen Parteien irgendwie vergessen fühlt – aber das ist nur meine Vermutung, weil eben diese Randparteien mit sehr vielen Wahlplakaten besonders intensiv um die Wählergunst werben. Ist mal eine Straße nicht wegen Bauarbeiten gesperrt, ist sie zumindest für Fahrzeuge über 3,5t gesperrt. Somit gestaltet es sich gar nicht so einfach, die Naturschönheiten der Uckermark zu ergründen. Neben Natur gibt es natürlich auch Kultur wie z.B. das renovierte Kloster Chorin zu sehen. Das Kloster (eigentlich eine restaurierte Klosterruine) ist riesig und war im vorletzten Jahrhundert ziemlich heruntergekommen, so dass selbst die Kapelle als Kuhstall genutzt wurde. Der Maler und Architekt Friedrich Schinkel hatte das Kloster wiederentdeckt und es sich zur Aufgabe gemacht, es wieder zu neuem Leben zu erwecken. Da man auch vor 10 Jahren, als wir das Kloster schon einmal besucht hatten, noch intensiv an der Renovierung arbeitete, scheint das Projekt sich wohl über viele Jahrzehnte erstreckt oder zwischenzeitlich geruht zu haben.

Obwohl wir fast Mitte Mai haben, wird es tagsüber niemals wärmer als 12°C und wir sehnen uns nach den lauen Maitagen und – nächten. Die wenigen Sonnenstunden am Parsteiner See

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sind eine wahre Wohltat aber wir erleiden einen schweren klimatischen Rückschlag als es am Oberucker See während der ganzen Nacht und am darauf folgenden Tag auf unser Womodach prasselt. Einziger Trost: Die Natur, die im vergangenen Jahr sehr unter der Trockenheit gelitten hatte, freut sich über Landregen, der auch mal etwas tiefer in den Boden eindringt. Aber der Wetterbericht lockt mit besseren Aussichten für die nächsten Tage…..

Bemerkenswert

Herbststimmung und stürmische Fahrt über Alcatraz nach Süden(Schweden _2018_02)

Auf unserem Weg in einer leicht hügeligen Landschaft fällt uns plötzlich ein Wegweiser in ein Skigebiet auf – wir folgen – und landen tatsächlich auf einem Berg (besser: einer Erhöhung), der das Ziel von immerhin 3 Skiliften ist – ein vierter wird gerade gebaut. Die Sonne scheint und wir haben einen tollen Blick auf Virserum, was uns zu einer ausgiebigen Pause mit Espresso einlädt. Wir genießen es, die „Hotelbar“ oder das Café immer dabei zu haben.

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Der nächste Wegweiser, der uns verleitet, abzubiegen, weist auf eine Museumsbahn hin, die natürlich zu dieser Jahreszeit nicht mehr in Betrieb ist. Die musealen Triebwagen und einige Draisinen, die man sich in der Saison ausleihen kann, stehen verlassen auf dem Museumsbahnhof.

Die Saison endet hier meist schon Anfang, spätestens aber Mitte August. „Stängt“ (=geschlossen) findet man dann am Eingang zu vielen Sehenswürdigkeiten und Attraktionen. Auch Cafés und Restaurants haben sich dann schon in den langen Winterschlaf verabschiedet. Mitten im Wald an einem Strandbad übernachten wir und finden auf dem Weg nach Eksjö nur noch eine Besonderheit; eine der typischen schwedischen Kirchen, deren hölzerner Kirchturm separat in der Wiese steht.

Eksjö selbst ist wegen der Trästad (Holzstadt) sehr bekannt und so bummeln wir bei strahlendem Sonnenschein durch die Gassen mit den historischen, mehrere hundert Jahre alten Holzhäusern.

Wieder einmal geben die alten Häuser einem das Gefühl, dass die gute alte Zeit sehr ruhig und romantisch war, auch wenn der kalten Wind früher wahrscheinlich durch die undichten Fenster gepfiffen hatte und der skandinavische Wollpullover zur notwendigen Mode gehört hatte.

Die Bewohner von Motala sind auf zwei Bauwerke besonders stolz: Einmal die neue Brücke der Schnellstraße, die sich bei Sonnenuntergang sehr schön selbst in Szene setzt und bei Dunkelheit durch eine Lichterkette in Szene gesetzt wird.

Das zweite Bauwerk ist bei Weitem nicht „neu“ zu nennen, sondern stammt aus dem 19. Jahrhundert. Es ist eine 5-stufige Schleusentreppe, die zum Götakanal gehört, der es ermöglicht, dass man mit Kanus oder Segelbooten mehr oder weniger quer durch Schweden schippern kann.

Wenn es einigermaßen auf unserem Weg liegt, dann statten wir Tived im gleichnamigen Nationalpark einen Besuch ab. Tived liegt am Undensee, den wir noch nie mit so hohen Wellen gesehen hatten und in Tived/Sannerud gibt es einen ‚Lanthandel‘, den man unbedingt besucht haben sollte. Es handelt sich um einen Minisupermarkt, der aber von der Bevölkerung und den Touristen gut besucht ist, nicht zuletzt wegen der leckeren selbst geräucherten Fleischwaren.

Quer durch den Nationalpark an das Ufer des Vänern fahren wir und freuen uns an lustigen Steinskulpturen (die Schweden nehmen sich halt Zeit, auch etwas Schönes oder Lustiges zu basteln und nutzen die zur Verfügung stehende Zeit nicht ausschließlich für Nutzbringendes…) und den Herbststimmungen am See und an einer kleinen Holzkirche im Wald.

Selbst große Künstler wie Picasso haben sich offenbar für Schweden begeistert und in Kristinehamn sogar ein Kunstwerk aufgestellt oder besser gesagt aufstellen lassen, denn Picasso hat die Bauarbeiten an dem aus Beton gefertigten Monument nicht selbst durchgeführt aber den Bau geleitet. Jetzt steht das Kunstwerk auf einer Halbinsel und begrüßt jeden, der in den großen Segelhafen von Kristinehamn einfährt. Die Sonne strahlt an diesem Sonntag und viele Schweden begutachten das Kunstwerk und nutzen den schönen Tag für Spaziergänge auf der Halbinsel.

Überhaupt sollte man die schönen Tage nutzen, denn immer wieder sind Tage dabei, an welchen der Wind – „auffrischt“ – könnte man sagen und bliebe dem Wind gegenüber noch sehr höflich. Wir empfinden also die Brisen schon jetzt als „zu windig“, ohne zu wissen, was uns der Herbst auf den Inseln, die Göteborg vorgelagert sind, in ein paar Tagen bescheren wird. Aber der Wind hat selbstverständlich auch ernstzunehmend gute Seiten; insbesondere wenn er die Wolken wegweht und immer wieder für strahlend blauen Himmel sorgt.

Vorhandene Wolken versuchen ganz besonders zur Zeit des Sonnenuntergangs immer wieder für spektakuläre Stimmungen zu sorgen. Noch bei keinem Schwedenaufenthalt hatten wir so viele höchst beeindruckende Sonnenuntergänge zu bewundern.

 Aber auch auf andere Weise macht der nahende Herbst auf sich aufmerksam: Die Bauern holen ihre Tiere von den Weiden nachhause – liegen die Weiden auf einer Insel, dann werden die Rinder mit einer abenteuerlich Kombination aus einem Schubboot und einem mit starken Gurten verbundenen  Viehgatterponton abgeholt und letztendlich an Land  mit dem Lastwagen zum heimischen Stall gefahren.

Die nächste positive Seite des Wetters ist der Reichtum an essbaren Pilzen, die in den Wäldern aus dem Boden schießen – daher gehen wir über mehrere Tage gar nicht mehr einkaufen, sondern stoppen einfach in einem Waldstück, um Pilze fürs Abendessen zu sammeln, die wir dann mit Soße oder Ei zubereiten.K1600_DSC_1978 Wenn es darum geht, Seen zu überqueren oder zu kleinen Inseln zu kommen, dann bauen die Schweden nicht immer Brücken, sondern lassen die Reisenden mit gelben und damit kostenlosen Fähren übersetzen. Auf die Fähren passen nur ein paar Fahrzeuge und wenn einer der riesigen und langen Holzlaster einen großen Teil des auf der Fähre zur Verfügung stehenden Platzes einnimmt, kann es schon mal sein, dass unser Rudolph, von dem mancher behauptet, dass er groß sei, neben einem Holztransporter geradezu lächerlich aussieht.

Täglich aufs Neue stellt sich die Frage: „Wo wollen wir denn heute Abend übernachten?“ Also checken wir die diversen Apps, ob diese einen für uns attraktiven Platz anbieten können. Obwohl wir nicht unbedingt auf Campingplätzen stehen wollen und die meisten ohnehin schon geschlossen haben, finden wir Camping ALCATRAZ interessant. Ob man dort im Gefängnis übernachtet? Die Website ist lustig aufgemacht und verrät, dass sich der kleine Platz in Gustavsfors am Dalslandkanal befindet und eine beliebte Station für Kanufahrer auf dem Kanal ist. Die auf der Website zu findenden „Fluchtmöglichkeiten von Alcatraz“ beschreiben letztendlich die sehenswerten Plätze in der näheren Umgebung des Platzes auf lustige Art und Weise.

Eine weitere Besonderheit von Gustavsfors ist ein dort ansässiger deutscher Bäcker, der nach deutschem Rezept bäckt. Das wollen wir uns anschauen und scheuen nicht, uns in Alcatraz anzumelden. Wir sind natürlich die einzigen Gäste und auch beim Frühstück am nächsten Morgen beim Bäcker sind wir im Café mehr oder weniger alleine bis auf eine Frau, die einige Stücke der giftgrünen, in vielen Cafés erhältlichen Princesstorta kauft. Der Bäcker erzählt, dass er seit 13 Jahren in Schweden ist und mit seinem Business in der kurzen Saison gerade so über die Runden kommt. 3 Tage später wird er schließen und erst wieder im April 2019 aufsperren.  Trotz des überschaubaren Verdienstes sagt er, dass es ihm in Schweden sehr gefällt und er nicht wieder zurück ins hektische Deutschland möchte. Nach dem Frühstück machen auch wir uns auf den Weg und fahren zum westlichsten Punkt Schwedens, der sich als ein ganz normaler Wendeplatz mit Bootshaus herausstellt.

Mit gelben Fähren oder über hohe Brücken, vorbei an liebevoll geschmückten Eingängen zu den Gärten (und an einem nicht nur für Schweden besonders hässlichen Haus)

fahren wir über ein paar kleine Inseln,

landen dann aber bei den Felsritzungen in Listleby. Diese Ritzungen sind bis zu dreieinhalb Tausend Jahre alt und zeigen Jäger, Schiffe, Schlitten und verschiedene Tiere, über die die damaligen Menschen der Nachwelt berichten wollten.

Nach der Steinzeit kommt die Gegenwart wieder ins Spiel; wir wollen eine Stadtbesichtigung machen. „Stadt“, kommt mir gerade in den Sinn, ist vielleicht für Fjällbacka mit knapp 1000 Einwohnern etwas übertrieben. Der Ort liegt an Felsen gekuschelt 25km von der norwegischen Grenze entfernt in der wieder einmal äußerst schönen Herbstsonne – und die braucht man auch, denn im Schatten hat es nur 13 Grad.

Die Gegend um Fjällbacka war auch Kulisse für den Film Ronja die Räubertochter. Ein Hotelcafe mit recht deftigen Preisen und ein Fischladen haben noch geöffnet. Am Meer steht uns der Sinn sowieso nach Fisch und so wandern ein paar geräucherte Leckereien in unsere Einkaufstüte, um danach im „Restaurant Rudolph“ verspeist zu werden. Nachdem wir auf den Inseln Tjörn, Orust, Malö, Flatö festgestellt hatten, dass alle schon im Winterschlaf sind,

soll der der nächste Ruheplatz auf einer der kleinen Inseln Hanö, Hälsö oder Öckerö vor Göteborg liegen. Also schlängeln wir uns wieder durch die Großbaustelle Göteborg – das war im letzten Jahr nicht anders – bis zur gelben Fähre.K1600_DSC_2098 Da es Wochenende ist, wird für Göteborg die Citymaut nicht erhoben, denn sie soll ja nur den Verkehr zu den besonders beliebten Zeiten an Werktagen morgens und abends bremsen ….. oder alternativ das Stadtsäckel füllen. Auf den Inseln scheint es nur Segelboothäfen zu geben mit Hunderten von Booten. Manche der Häfen bieten Wohnmobilstellplätze mit der Idylle einer Schiffsschrotthandlung an, manche bieten natürlichen Ausblick auf die Schären und das Meer.

Dort lassen wir uns nieder und lernen, dass die Bezeichnung Ruheplatz, die ich gewählt hatte, denkbar ungeschickt war, denn Wind mit Windstärke 6 kämpft mit der Breitseite von Rudolph und wir fühlen uns etwas „verschaukelt“. Also nochmal umparken, um den Wind direkt von vorne abzubekommen, aber fast nicht mehr zu schaukeln – wären da nicht die großen Löcher in unserer Dachreling in welchen sich die Schrauben für die Befestigung der Reling befinden. Über diese knapp 2 Zentimeter großen Löcher pfeift der Wind und erzeugt so immer wieder neue, etwas disharmonische Melodien, wie wenn ein musikalisch unbegabter Mensch versuchen würde, mit einer Flasche Töne zu erzeugen. Wir genießen also eine stürmisch musikalische Nacht… Ein Musikabend ist dann auch genug und so treten wir am nächsten Tag die Rückreise aufs Festland an. Wir finden einen Hinweis auf eine Radio Station und wissen im ersten Moment nicht, wie wir diesen Hinweis interpretieren sollen, denn ein Gebäude, in dem ein Radiosender Musik und Nachrichten sendet, ist doch nicht so sehenswert. Also fahren wir zur Grimeton Radiostation und stehen vor einem Gebäude, hinter dem sich mehrere 127m hohe Masten (sehen  aus wie Masten für Überlandstromleitungen) in einer Reihe über eine Strecke von 2,2km finden.

Es handelt sich um einen Längstwellensender erfahren wir, dessen Antenne eben 2,2km lang ist – Wow, wir sind beeindruckt. Mit diesem Sender und 8 weiteren auf der Welt, hielt man seit 1935 mit Amerika Kontakt – also Nix Nachrichten-, Verkehrsmeldungs- und Musiksender. Nach dem zweiten Weltkrieg hatten die Schweden über diesen Sender noch Kontakt zu ihren U-Booten aufrechterhalten, weil diese extrem langen Wellen auch ein paar Meter unter die Wasseroberfläche dringen können. Heute ist Grimeton zwar der einzige noch voll funktionsfähige Sender dieser Art aber dennoch fast immer abgeschaltet. Nur zu besonderen Anlässen, wie der Neujahrsbotschaft des schwedischen Königshauses zum Jahrtausendwechsel wird er noch in Betrieb genommen und Funkbegeisterte in der ganzen Welt freuen sich, wenn sie die gesendeten Botschaften empfangen können. Nach so viel Technik muss wieder Natur kommen, weshalb wir die Küstenstraße zwischen Varberg und Falkenberg ins Visier nehmen. Nördlich von Varberg steht in Ringhals das größte Atomkraftwerk Schwedens, das 20% des schwedischen Stroms produziert. Wir fahren auf den am Wochenende menschenleeren Parkplatz vorbei am ‘Willkommen in Ringhals‘ Schild. Als Almut ein paar Fotos von der Anlage macht (nur die Gebäude vom öffentlichen Parkplatz aus…), taucht sofort der Werkschutz auf und mahnt uns freundlich an, die Bilder sofort wieder zu löschen. Um keinen Ärger zu verursachen, kommen wir der Aufforderung nach. Falls jemand jetzt sehen möchte, wie die Anlage aussieht, verweisen wir auf die vielen Bilder, die sogar teilweise vom Betreiber des Kraftwerks selbst ins Internet gestellt wurden, und verzichten darauf die Internetbilder hier einzufügen.

Nach der eigenwilligen Definition von ‚Willkommen‘ wollen wir jetzt aber wirklich zurück zur Natur, zurück zu den kilometerlangen feinsandigen Stränden, die ebenso menschenleer sind wie die dahinter liegenden Feriensiedlungen mit Hunderten von Ferienhäusern.

Wir drehen wieder nach Osten ins Landesinnere in das Gebiet um den Bolmensee. Eventuell ist ein Stellplatz in einem Fischercamp noch geöffnet und wenn dann das zugehörige Fischrestaurant auch noch geöffnet hätte, wäre das zwar überraschend aber angenehm. Aber soweit kommt es gar nicht, denn schon vorher finden wir den Campingplatz Valsnäs, der wirklich geöffnet hat und dessen Restaurant ebenfalls jeden Tag ein Mittagessen anbietet. Für Schweden völlig untypisch möchte der Betreiber, dass ich mit Bargeld bezahle – sein Kartenterminal hat den Geist aufgegeben und sein Wunsch ist ihm sichtlich peinlich. Zum Glück habe ich noch ein paar schwedische Kronen übrig. Der Sonnenuntergang taucht das Schilf am See in eine goldgelbe Farbe, nachdem bereits am Nachmittag sich wieder mal ein Regenbogen über die Straße gespannt hatte.

Ab und zu regnet es aus heiterem Himmel und daher sehen wir fast jeden Tag einen Regenbogen nach dem anderen. Die Reise nähert sich dem Ende, wir fahren in den Süden Schwedens, zunächst zum Schloss Torup mit einem riesigen Park. Auch eine Gruppe Kindergartenkinder soll frühzeitig daran gewöhnt werden, sich für schwedische Kultur (oder für den zum Schloss gehörigen Wildpark) zu interessieren und purzelt durch den Park.

In Börringekloster an der E65 gibt es ein paar Backsteingebäude, die sich Börringekloster nennen und wahrscheinlich mal ein Kloster waren, bevor in eines der Gebäude ein Café eingezogen ist, und es gibt ein großes gelbes Gebäude, das sich Schloss von Börringekloster nennt und laut Aussage einer Frau, die gerade ihren Hund ausführt, noch privat bewohnt ist. Von außen macht das Gebäude eher keinen bewohnten Eindruck.

Ein Stück weiter auf der E65 nach Osten weist uns eine Säule auf der eine Gans mit einem kleinen Jungen zu sehen ist darauf hin, dass wir uns jetzt in der Heimat von Nils Holgersson befinden, in der auch unser letzter Anlaufpunkt, das Schloss Svaneholm ist. Von einem Schild vor dem Schloss werden wir freundlich eingeladen, uns einen besonders schönen Garten anzusehen. Einige Pflanzen blühen noch und der Weg liegt voller Esskastanien, die wir natürlich nicht einfach liegen lassen können.

Als wir aus dem Garten wieder herauskommen und auf das eigentliche Schloss zulaufen, kommen wir gerade noch bis zu einem schmiedeeisernen Tor und der Info, dass der Schlosspark ab 16.00 Uhr geschlossen hat – Pech gehabt – aber die Pause in der warmen Sonne im Trädgard (Garten) war es wert, jetzt etwas zu spät gekommen zu sein. Der letzte beeindruckende Sonnenuntergang verabschiedet uns am südlichsten Punkt Schwedens, in Smygehuk, wo wir noch einmal übernachten, bis uns die Fähre am nächsten Tag von Trelleborg nach Rostock bringt.K1600_DSC_2221

Zusammenfassend kann ich sagen, dass Schweden auch im Herbst auf jeden Fall eine Reise wert ist. Anders als andere Urlauber können wir am Ende unserer Reise leider nicht mit beeindruckenden Tageswanderetappen oder Tagesfahrleistungen aufwarten (manch einer ist stolz, das Nordkap in 3 Tagen erreicht zu haben – wir lassen uns sogar 3 Tage Zeit, um von Rostock nach Nürnberg zu kommen). Auch Städte oder Sehenswürdigkeiten, die MAN unbedingt gesehen haben muss, können wir nicht vorweisen; die Orte, die wir besucht haben, haben keinen Weltruhm. Und doch haben wir eine sehr schöne und erholsame Zeit in Schweden verlebt und die vielfältigen Naturschauspiele genossen – die international bekannten Sehenswürdigkeiten fehlen uns daher nicht wirklich und wir freuen uns schon jetzt auf die nächste Reise – das Ziel kennen wir noch nicht.

Bemerkenswert

Nach der Hitze auf Umwegen in den Norden (Schweden _2018_01)

Der Sommer 2018 wird allgemein als Jahrhundertsommer bezeichnet, weil über viele Wochen ausnahmslos Trockenheit und hohe Temperaturen geherrscht hatten. Und damit sind wir in unserer Entscheidung, während des Hochsommers zuhause zu bleiben, weil dort auch schönes und warmes Wetter zu genießen ist und wir uns nicht unter die Millionen Urlauber mischen müssen, richtig gelegen. Ab dem 24.8.2018 erlöst das Wetter uns von der Hitze und wir können uns auf unsere Reise vorbereiten. Eigentlich wollen wir nach Schweden fahren, was bedeutet hätte, dass wir zur Fähre nach Rostock tuckern und dann in Trelleborg wieder aussteigen. 2018 ist alles anders; wir bekommen Transportaufträge von unserem Sohn, der in Schweden lebt, und wollen einige Termine „auf dem Weg“ wahrnehmen. Auf dem Weg heißt in diesem Fall, dass wir zunächst einen E-Bike-Händler in der Nähe von Straßburg besuchen, zu einem 60.Geburtstag in der Nähe von Pirmasens eingeladen sind, unseren Weinhändler am Nordende der Weinstraße besuchen und dem Pferdehof einer ehemaligen Nachbarin in der Nähe von Hamm einen Besuch abstatten. Somit werden aus den üblicherweise 650km nach Rostock rund 1300 km bis wir dieses Mal nach mindestens 25 Autobahnbaustellen in Travemünde auf die Fähre rollen.

Die “paar“ Sachen, die wir unserem Sohn nach Schweden mitbringen sollen, stellen den Stauraum von Rudolph auf eine harte Probe – wir sind randvoll bepackt, was schon etwas bedeutet, wenn man weiß, was Rudolph so verkraftet. Aber es hat alles reingepasst. Nur wenige Passagiere wollen in Travemünde mit der Finnlines-Fähre nach Malmö und so werden wir am Check-In bereits mit Namen begrüßt. (Man hat uns offensichtlich am Kennzeichen enttarnt). Da wir früh aufstehen mussten, gibt’s auf dem Schiff erstmal ein leckeres Frühstück und dann ruhen wir uns in der Kabine nochmals aus, bis wir bei strahlendem Sonnenschein auf dem Oberdeck die Überfahrt genießen. Insbesondere der Durchfahrt unter der Öresundbrücke fiebern wir entgegen. Es ist ein besonderes Erlebnis, zwischen den riesigen Pfeilern der knapp 8 km langen Brücke bzw. unter der kombinierten Auto-/Eisenbahnbrücke, die im Jahr 2000 nach der Investition von 1 Milliarde Euro dem Verkehr übergeben worden war, durchzufahren.

Die nächste Herausforderung ist, in Malmö einen Geldautomaten zu finden. In unserem Navi sind zwar Geldautomaten gespeichert, aber einige von ihnen gibt es nicht mehr, da die Schweden immer mehr auf bargeldlose Zahlung setzen. Irgendwann geben wir auf und übernachten im den Bootshafen Limhamn – natürlich mit Kreditkarte bezahlt.K1600_DSC_1448

Erste Anlaufstelle ist das Haus unseres Sohnes, um die „Fracht“ abzuladen und wieder etwas leichter an unsere Vorräte oder auch einen Stuhl zum draußen Sitzen zu kommen.K1600_DSC_1457 Dann soll es weiter auf die Insel Öland gehen, die wir zwar schon ein paar Mal in den Jahren zuvor besucht hatten, die aber noch einige interessante und unentdeckte Stellen für uns bereit hält. Der erste Zwischenstopp ist bei einer Steinofenbäckerei mit Cafe im Stora Rörs Hamn.

Im Hafen von Böda holen wir uns leckeren Räucherfisch und wollen am nächsten Tag den  Küstenweg an der Westküste entlangfahren. Im kleinen Hafengelände haben sich schon einige Wohnmobile eingefunden aber es ist noch reichlich Platz übrig, so dass man überhaupt nicht gedrängt stehen muss.  Die übrigen Wohnmobile haben alle schwedische Kennzeichen. Theoretisch könnten aber auch Touristen die Fahrzeuge geliehen haben – aber es handelt sich ganz bestimmt um echte Schweden, wenn der Fahrer mit Clogs aussteigt und gaaanz langsam einen kleinen Kanister mit Wasser füllt. Auch den Tank im Wohnmobil zu füllen, kann bei Schweden richtig lange dauern – aber das stört niemanden, jeder scheint genug Zeit zu haben und lächelt – das wäre im hektischen Deutschland wahrscheinlich etwas anders…

Der Küstenweg beginnt im Norden bei den Byrums Rauker. Rauker sind Gesteinsformationen, die durch Auswaschungen des Meeres verursacht sind  und turmähnliche Gebilde wie z.B. auch an der Algarve in Portugal entstehen lassen – also Algarve in Schweden auf der Insel Öland.

Der Küstenweg erstreckt sich einige Kilometer und wir parken in der Nähe einer Bucht, weil wir eine Frau im Meer schwimmen sahen und einmal ausprobieren wollen, ob wir verweichlichten Deutschen es auch schaffen, im Norden baden zu gehen. Temperatur ist o.k. aber die Wellen sind mittlerweile deutlich höher und so beschränken wir uns auf ein paar Schritte ins erfrischend kühle Wasser. Etwa 18 Grad hätte das Wasser, hatte uns die Badende am Parkplatz in einem freundlichen Plausch mitgeteilt.

Überhaut werden wir immer freundlich angesprochen und begrüßt – auch das ist daheim nicht selbstverständlich. Warum das so ist, verstehen wir eigentlich nicht, denn der Mensch hat ja die Gabe zu kommunizieren und ein kurzes „Hallo“ wenn man sich begegnet, kostet nun auch nicht so viel Zeit – Menschen sind halt unterschiedlich und jeder lebt in seinem kleinen Kosmos. Auf unserem Navi ist der weitere Weg an der Küste nur noch als Ministraße ausgewiesen, so dass wir besser wieder in Richtung Landesinnere abbiegen.K1600_DSC_1505 Der lange Erik, ein Leuchtturm an der nördlichsten Spitze von Öland soll unser nächstes Fotomotiv werden. Auf der Mole zum Leuchtturm haben sich einige Vogelbegeisterte mit Riesenfernrohren und gigantischen Teleobjektiven eingefunden. Auf den Felsen im Wasser in einiger Entfernung lagern auch jede Menge Wasservögel, die es zu beobachten gilt. Obwohl es Sonntag ist, ist die Besucherschar jetzt am Ende der Saison schon sehr überschaubar – Cafes und Kioske sind schon im Winterschlaf.

Das Fischrestaurant am Bödahamn ist zum Glück noch nicht im Winterschlaf, so dass wir nach unserem Besuch und leckerem Saibling und Zander eine klare Empfehlung für dieses Restaurant aussprechen können.

Wir erfahren, dass der Küstenweg sehr wohl auch noch weiter im Süden zu befahren ist; also machen wir uns noch einmal auf, um den Rest des Wegs auch noch zu befahren – es stellt sich heraus, dass der Rest eigentlich der größere Teil ist. Immer auf einer Art Klippe entlang zieht sich der Weg, die Vegetation ist karg, ab und zu gibt es eine Ansammlung von Wacholdersträuchern oder eine Windmühle

Nach einiger Zeit kommen wir zu einem Steinbruchgebiet, in dem große Steinplatten gebrochen und dann poliert werden. In den Steinplatten findet sich allerlei versteinertes Meeresgetier.

Eine besonders große Windmühle steht nur noch als Skelett da und wird gerade von ein paar Männern restauriert und soll wieder in Gang gesetzt werden. Zwei der Männer sind schon deutlich im Rentenalter und tragen Rauschebärte – da fällt mir ein, dass ich einmal eine Dokumentation über Öland gesehen hatte, die auch von einer Art Club von deutlich im Rentenalter befindlichen älteren Männern berichtet hatte, die es sich zur Aufgabe gestellt hatten, einige der vielen Windmühlen auf Öland zu restaurieren – wenn ich mich recht erinnere, war der älteste von ihnen schon über 80 Jahre alt – die Herren verdienen unsere Hochachtung.K1600_DSC_1586

Der Küstenweg endet in Sandvik, das an diesem Montag einen eher ausgestorbenen Eindruck macht. Nur die Tür von einem Haus am Hafen steht offen und als ich hereinspitze, sehe ich 5 oder 6 mechanische Webstühle und eine Frau, die mit diesen Webstühlen Stoffe produziert. Ob das ein Museum oder eine Stoffmanufaktur sei und die Stoffe verkauft werden sollen, frage ich; nein das ist ausschließlich mein Hobby antwortet die Frau und erlaubt mir, ein paar Fotos zu machen.

Am alten, mittlerweile still gelegten, Fähranleger bei Nabbelund verbringen wir die nächste Nacht am Wasser mit Blick auf den langen Erik, nachdem wir am kilometerlangen Sandstrand nördlich von Böda die Herbstsonne so lange ausgekostet hatten, bis eine dunkle Wolke uns unmissverständlich mitgeteilt hatte, das jetzt Schluss mit der Sonnenbaderei ist.

Die Menge an Sternen, die man bei Dunkelheit erkennen kann, ist mehr als überwältigend; so etwas kennen wir natürlich aus dem meist lichtverschmutzten Deutschland nicht. Wir wollen noch einmal die Steinofenbäckerei und Kaffeerösterei bei Kyrketorp besuchen – aber die hat leider nur Donnerstag bis Sonntag geöffnet. Die erhoffte Beute in der Bäckerei wäre eines der leckeren Sauerteigbrote, die man mittlerweile etwas häufiger in Schweden finden kann und die eine willkommene Abwechslung zum weichen und gesüßten Standardbrot sind.

In einem kleinen Fischerhafen übernachten wir das letzte Mal auf Öland und steuern dann über die Brücke zum Festland noch einmal das Dorf an, in dem unser Sohn wohnt.

Noch einmal nehmen wir seine Gastfreundschaft – jetzt für ein paar Tage – in Anspruch und natürlich wollen wir besichtigen, was sich mittlerweile am Haus und im Grundstück verändert hat. Neben der Permakultur für Kräuter und Gemüse sind 50 Bäume gepflanzt worden und am nächsten Tag bringt ein LKW noch einmal 80 Sträucher. Alle Bäume und Sträucher tragen essbare Früchte – so ist der Plan bei der Anlage des fruchtbaren aber wenig arbeitsintensiven Forest Gardens. In ein paar Jahren soll aus den Pflanzen ein der Natur nachempfundener Wald und Garten werden. Bevor wir uns weiter auf den Weg nach Norden machen, besichtigen wir noch ein Holzhaus mit separatem Saunahaus und Dieselgenerator für die Stromerzeugung.K1600_DSC_1662

Leider gelingt es uns nicht, den Generator wieder in Schwung zu bringen, darum nimmt ihn mein Sohn mit, um sich nach fachkundiger Hilfe umzusehen. In einem Naturcamping bei Rottne, bei dem die Parzellen so weit gestreut sind, dass kein Camper den jeweiligen Nachbarn sehen kann, nisten wir uns direkt am See ein und lassen mit dem Rauschen der Wellen den Abend in der Wildnis ausklingen.

In den Westen – Normandie – Bretagne – Frühjahr 2023 (DLBF 23_6)

Die Gemeinde von La Lucerene d’Outremeur stellt uns freundlicherweise einen kostenlosen Übernachtungsplatz in der Nähe des Chateaus Lucerne zur Verfügung. Das Chateau kann zwar nicht besichtigt werden, weil es nur für Veranstaltungen gemietet werden kann aber durch den schönen Park um das Chateau herum können wir spazieren. Ein Künstler hat sich unter anderem mit überdimensionalen Büchern im Garten verewigt.

Wir machen uns auf den Weg zum Mont St. Michel. Aber wie das bei uns eben immer so ist, werden wir wieder mal von einem Wegweiser abgelenkt. Dieses Mal wird auf die Abtei Lucerne ganz in der Nähe hingewiesen. In der alten Abteikirche findet noch ein Gottesdienst statt, daher betrachten wir die Abtei nur von außen.

Ein Blick in die Landkarte sagt uns, dass wir vom Aussichtspunkt Champeaux und dem dort befindlichen Cabane Vauban nicht weit entfernt sind. Vom Aussichtspunkt soll man sogar den Mont St. Michel in der Ferne sehen können. Die Bäume hängen auf der Zufahrtsstraße zwar etwas niedrig aber dafür ist der Parkplatz erfreulich leer an diesem sonnigen Tag. Und tatsächlich – der Mont St. Michel ist in der dunstigen Ferne zu sehen – das dazugehörige Foto ist allerdings doch sehr in unterschiedlichen Grautönen gehalten, so dass ich hier darauf verzichte.

Wir wollen uns auf dem Campingplatz nahe des Abteihügels einmieten. Dazu benötigen wir einen Code, der es uns ermöglicht, eine Schranke zu passieren. Den Code hatten wir bei der Reservierung des Campingplatzes erhalten. Ja, wir haben – völlig ungewöhnlich für uns – den Campingplatz reservieren lassen, weil wir durch mehrere Erzählungen über Touristenmassen verunsichert worden waren und daher befürchteten, womöglich keinen Platz mehr zu bekommen. (Wieder einmal hat der Marketingtrick „Sofort zugreifen – Nur noch wenige verfügbar…“ ganze Arbeit geleistet) Tatsächlich waren mit den kostenlosen Shuttlebussen viele Touristen zum Hügel oder vom Hügel zurück unterwegs aber der Campingplatz war eine Oase der Ruhe und Idylle im noch sehr erträglichen Trubel. Ebenfalls hatten Freunde versucht, im Vorfeld nahezulegen, dass wir ganz früh zum Hügel kommen sollen, weil wir sonst kaum eine Chance hätten, in die Abteikitrche zu kommen. „Ganz früh“ steht leider in krassem Gegensatz zu unserer Lebensweise und funktioniert bei uns grundsätzlich nicht und so „reisen“ wir mit einem mäßig gefüllten Shuttlebus am nächsten Vormittag kurz nach  11.00 Uhr in Richtung Mont St. Michel. Wir schlendern durch die Gässchen und finden auch immer wieder Momente, in welchen wir fotografieren können, ohne dass Menschen durch das Bild laufen. Also alles gar nicht so schlimm.

Vor der Ticketverkaufsstelle hat sich eine kleine Schlange gebildet, die aber durch die vielen geöffneten Ticketschalter schnell kleiner wird und verschwindet. In der Hochsaison oder am Wochenende ist das sicher anders und die Warnungen, die wir erhalten hatten, wären dann vielleicht auch berechtigt gewesen. Die Abtei und die dazugehörige Kirche sind tatsächlich sehr beeindruckend.

Eine Mechanik, mit der man Material auf einer Art Schlitten nach oben ziehen kann, zeigt, wie damals die Versorgung sichergestellt werden konnte, ohne dass sich allzu viele Menschen der Abtei nähern mussten. Natürlich gibt es auch eine typische Touristengasse mit Andenkenläden, Fastfood-Ständen, Restaurants. Hier ist es schon etwas schwieriger durchzukommen. Von ganz oben sehen wir eine Touristengruppe, die offenbar eine WATTwanderung geplant hatte und jetzte feststellen muss, dass die Aktion bei zurückkehrendem Wasser zu einer WATwanderung geworden ist.

Die Rückfahrt findet in einem recht vollen Shuttlebus statt, da am Nachmittag schon viele Touristen dem Berg wieder den Rücken kehren – so wie auch wir. Wer am Mont St. Michel war, sollte natürlich auch unser nächstes Ziel Saint Malo besuchen. Wir ahnen zwar schon, dass wir in der Nähe des Hafens keinen Parkplatz für Rudolph finden werden aber wir probieren es trotzdem – ohne Erfolg. Also fahren wir zu dem von Stadt bereit gestellten Wohnmobilstellplatz, auf dem man nicht nur parken, sondern auch übernachten kann und von dem man mit dem Parkticket auch kostenlos mit dem Bus zum Hafen fahren kann. Die Station heißt aber nicht ‚Hafen‘, sondern „Intra Mures“, weil man ja quasi schon fast innerhalb der Mauern der Festung ist. Auch Saint Malo ist ein Touristenmagnet und ähnlich bevölkert wie Mont St. Michel. Die Sonne scheint richtig sommerlich, da kommen die vielen Eisstände, die zig verschiedene Sorten zu touristischen Preisen anbieten, gerade recht, um uns den Spaziergang durch die Stadt und entlang und auf den Befestigungsmauern der Korsarenstadt zu versüßen.

Nach der Sightseeingtour rollen wir schon mal in Richtung Cap Frehel. Am Cap selbst kann und darf man nicht übernachten, so dass wir wieder zurück nach Plevenon fahren – aber halt; da gibt’s einen Wegweiser zum Fort la Latte, das man an einigen Stellen von der Straße aus sehen kann. Die Fahrt nach Plevenon wird unterbrochen, wir biegen zum Fort ab und erreichen es gerade als der Zugang schon geschlossen wird. Na dann wird’s eben wieder ein Foto von außen.

Auch auf dem Parkplatz, der zum Fort gehört, darf man nur tagsüber stehen aber nicht übernachten. Dann wird es eben doch der Stellplatz in Plevenon, der uns  für € 3,50 aufnimmt. Wir plaudern noch lange mit einem Pärchen, das mit einem Pickup mit Wohnkabine unterwegs ist und versorgen uns gegenseitig mit Tipps. Das Cap Frehel besuchen wir mit einem Radelausflug am nächsten Tag. Um den Leuchtturm herum ist die Aussicht aufs weite Meer und an der Küste entlang schon sehr beeindruckend.

Auf der Weiterfahrt in der Nähe von Morieux zweigt die Straße zum Viaduc de Ponts Neuf ab. Das Viadukt hatte ich schon mal auf einem Bild gesehen – jetzt wollen wir es im Original betrachten. Einst führte eine Eisenbahn über das Viadukt; heute können Fußgänger und Radfahrer den Weg über den Fluss nutzen.

Der Campingplatz ‚Bellevue‘ in Hillion macht seinem Namen alle Ehre. Wir nehmen einen Platz, der über eine eigene Terrasse mit Aussicht zum Meer verfügt. Selten hatten wir so eine tolle Aussicht – insbesondere auf den Sonnenuntergang, so dass wir gleich zwei Tage bleiben und am nächsten Tag eine Wanderung um die Halbinsel unternehmen.

Der Weg gehört zum Fernwanderweg 34, dem sogenannten Zöllnerpfad und bietet mal wieder ausgesprochen schöne Ausblicke aufs Meer hinunter.

Wir sind ja weiter in Richtung Westen unterwegs und kommen durch den Ort Treguier. Großer Parkplatz, der auch das Parken ermöglichen würde, malerische alte Häuschen und en Wegweiser zur historischen Altstadt – da müssen wir natürlich erstmal einen Stopp einschieben.

Durch ruhige Gässchen erreichen wir den Hauptplatz der Stadt und staunen mal wieder über eine Kirche, die für die Größe des Ortes eigentlich ein paar Nummern zu groß ist. Wir lernen, dass es sich um eine Wallfahrtskirche handelt – die Cathedrale Saint Tugdual. Die dazu gehörigen Kreuzgänge mit Kunstausstellung und steinernen Sarkophagen der für Treguier wichtigen Kirchen-Ordensträger kann man gegen geringe Gebühr besichtigen. Auch das Innere der der Cathedrale ist sehenswert – insbesondere die bunten Fenster.

Wir sind nicht 100%ig von der andauernden Trockenheit des Wetters überzeugt und beschließen daher die Kaffeepause nicht auf dem Stadtplatz, sondern heute im „Cafe Rudolph“ zu verbringen, bevor wir wieder in Richtung Küste fahren. Links und rechts der Strße finden sich jetzt immer wieder Artischockenfelder. Wenn man die geschmackvollsten Artischocken haben möchte, so sagt man, sollte man die aus der Bretagne nehmen. Die Artischocken hier auf den Feldern sind noch unreif; in den Geschäften gibt es aber schon große und reife Artischocken aus Frankreich.

Auf einer Halbinsel bei Plougrescant mitten zwischen den Booten der Austernfischer schlagen wir unser Nachtquartier auf einem Camping Municipal mit guter Ausstattung, freundlichen Personal und günstigen Preisen auf. Ach ja, hätte ich fast vergessen; wir stehen auf einer ruhigen Wiese nur durch eine Hecke vom Meer getrennt.

Der nächste Morgen begrüßt und sonnig und warm – unser Plan wäre es, die bekannten bizarren Felsformationen ganz in der Nähe anzuschauen. Als auf zum Parkplatz, der sogar einen für Wohnmobile ausgewiesenen Teil bereithält. Nur stehen auf diesem Teil schon so viele Fahrzeuge, dass für Rudolph kein Platz mehr ist. Im PKW-Teil sieht es nicht anders aus. Also drehen wir um und wollen die Felsen unbesucht lassen als mich die Ölkontrollleuchte in Rudolphs Armaturen anblinkt; das Ganze wird auch noch begleitet von einer Anzeige, die meint, dass ich jetzt „Motoröl wechseln lassen“ sollte. (Der nächste Ölwechsel ist in 25.000km vorgesehen!!) So etwas taucht natürlich immer am Wochenende auf und insbesondere vor dem langen Pfingstwochenende. Vor der Kirchde von Plougrescant (kann ja nicht schaden) halten wir telefonische Rücksprache mit einer Werkstatt in Deutschland, was aber nicht ist nicht wirklich hilfreich. Mit einem schlechten Gefühl starten wir ins ca. 60km entfernte Morlaix, weil es dort eine passende Werkstatt gibt – die aber erst wieder am Dienstag nach Pfingsten öffnet.

Die 60km überstehen wir unbeschadet – der Zustand der Kontrollanzeige ändert sich nicht. Highlight auf der Fahrt sind die Adler, die wir auf einem Rastplatz mit weit ausgefahrenem Zoomobjektive beobachten können. Das Wochenende in Morlaix wird dann im nächsten Bericht beschrieben. Also mieten wir uns auf einem idyllischen Campingplatz ein und beschließen, bis Dienstag die Stadt Morlaix näher zu erkunden.