In den Westen – Luxemburg – Belgien – Frühjahr 2023 (DLBF23_2)

Unsere Wanderung auf den Berg zur Burg macht Lust auf Mehr und da liegt es nahe, dass die nächste Wanderung im beeindruckenden Mullerthal stattfinden soll. Das Wetter passt auch aber unser Navi möchte uns partout nicht durch die Straße im Mullerthal zum Parkplatz fahren lassen. So etwas beeindruckt uns zunehmend weniger und kurz vor der Felsspalte Perekop stellt sich heraus, dass auf einen 3,30m hohen Felsvorsprung hingewiesen wird. Und weil Rudolph mit 3,35m Höhe im Navi gespeichert ist, hatte das Navi auch völlig korrekt uns vor Schaden bewahrt. Was das Navi nicht wusste, ist, dass der Felsvorsprung ganz leicht umfahren werden konnte, weil er nur einen halben Meter in die Fahrbahn ragte. Also Parken und danach Hochklettern in der schmalen Felsspalte Perekop.

Oben angekommen, können wir von einer Art Kanzel  ins Tal blicken (man fühlt sich irgendwie wie auf dem bekannten Bild am Bug Titanic).

Der Weg führt wieder zur Straße und weiter zum Amphitheater (Huelle). Die Sonne kommt heraus, der Bach plätschert leise vor sich hin, wir kommen an Moos bewachsenen Wänden und kleinen Felsnischen vorbei, in welchen die Wanderer Steinmännchen aufgebaut haben – es herrscht im wahrsten Sinne des Wortes Sonntagsstimmung in diesem superschönen Tal.

Das Amphitheater erreicht man direkt nach Durschreiten einer Höhle. Das Amphitheater ist ein Höhleneingang, der als Bühne für Theateraufführungen genutzt wird – gegenüber der Höhle sind die Sitzreihen für sie Zuschauer – eben wie in einem Amphitheater.

In Consdorf bleiben wir zur Übernachtung und stärken uns mit Kniddelen und Flammkuchen mit Ziegenkäse. Nahe Consdorf öffnet die Fromagerie am nächsten Morgen, so dass der regionale Käse zu uns in den Kühlschrank wandern kann. Auf der Weiterfahrt nach Luxemburg machen wir noch einen kurzen Stopp in La Rochette, um das gleichnamige Schloss zu fotografieren. Das Schloss ist genau genommen eine Ruine und daher bleibt es bei einem Foto von unten im Dorf.

Es gibt viele Portugiesen in Luxemburg; deshalb ist ein kleiner Laden mit portugiesischen Produkte nicht überraschend. Tatsächlich werden hier viele Produkte angeboten, die wir aus Portugal kennen und noch einige mehr, die wir wahrscheinlich in Portugal nicht ausreichend wahrgenommen hatten. In die Stadt Luxemburg fahren wir auf mehrspuriger Straße kilometerlang an sich ähnelnden modernen Bürogebäuden vorbei, die meist Banken und  Versicherungen beherbergen.

Für die Besichtigung der Stadt brauchen wir einen Platz, um Rudolph abzustellen. Dies stellt sich als besondere Herausforderung heraus. In vielen Straßen ist das Befahren mit Fahrzeugen mit mehr als 3,5t Gewicht nicht gestattet und selbst wenn man sich auf manchen Großparkplätzen großzügig über die 3,5t-Regel hinwegsetzen würde, bekäme man keinen Parkplatz. Nach fast zwei Stunden geben wir auf und fahren den etwas außerhalb der Stadt gelegenen Campingplatz an. Dort lernen wir, dass wir völlig umsonst in der Stadt auf Parkplatzsuche waren. Im Land Luxemburg sind nämlich alle öffentlichen Verkehrsmittel von jedermann kostenlos benutzbar. Nur wenn man im Zug in der 1. Klasse reisen möchte, muss man etwas bezahlen. Das Nahverkehrsnetz ist bestens ausgebaut, der Bus fährt im 10-Minutentakt 300m vom Campingplatz entfernt in die Innenstadt und bringt uns an der Haltestelle Fondation Pescatore zum Ascenseur Panoramique. Die Fondation Pescatore im gleichnamigen Park ist genau genommen ein Altersheim, dass von Herrn Pescator gestiftet worden war. Der Baustil erinnert eher an ein Schloss – über die Kosten, die beim Bewohnen des Altersheims anfallen würden, ist uns nichts bekannt.

Wir sind noch in der Oberstadt, fahren aber gleich mit dem kostenlosen 70m hohen Panoramalift in die Unterstadt.

Ober-und Unterstadt kommen uns wie zwei Welten vor; Oberstadt quirlig – Unterstadt eher idyllisch und ruhig. Wir würden jedenfalls lieber in der Unterstadt wohnen. Durch schmale Gassen laufen wir in Richtung Kasematten und zum Tor unter der Schlossbrücke.

Folgt man dem Weg nach oben auf die Schlossbrücke, bittet sich der Ausblick auf das moderne Europaviertel mit dem europäischen Gerichtshof auf der gegenüberliegenden Flussseite.

Wieder so ein krasser Gegensatz zwischen den Stadtteilen. Wir stellen fest, dass die Luxemburger offenbar ‚bleiwe wolle wat se sin‘ und beenden unsere Tour durch die Innenstadt mit vielen exklusiven Geschäften in der Fußgängerzone am Standbild der goldenen Frau und der Cathédrale Notre-Dame.

Das Bergwerksmuseum in Esch hat grundsätzlich geöffnet – aber nicht zwischen 12.00 Uhr und 13.00Uhr; und es ist gerade 12.15Uhr. Also schlendern wir schon mal etwas über das frei zugängliche Außengelände und relaxen bis um 13.00 Uhr in der Sonne. Ein Mitarbeiter des Museums kommt vorbei und schließt die Gebäude auf. Und nicht nur das; er führt uns durch die Ausstellung und erklärt uns alles detailliert und sehr anschaulich. Eine Gruppe von Bergbauenthusiasten hegt und pflegt das Museum und möchte es auch noch erweitern – z.B. den Zugang zu einem Stollen ermöglichen. Bei unserer kostenlosen Privatführung erfahren wir alles über Geschichte und Schicksale des Eisenerzbergbaus in Esch.

Natürlich  füttern wir nach dieser engagierten Führung die Spendenkasse des Museums. Bei strahlendem Sonnenschein besteigen wir wieder unseren Rudolph und lassen uns zum Städtchen Bouillon bringen. Mit Aussicht auf die Festung hat die die Stadt Bouillon einen kostenlosen Übernachtungsplatz für Wohnmobile angelegt, der zwar etwas schwer zu erreichen ist aber landschaftlich schön und ruhig liegt. Wir lernen, dass es auch überdimensionale Rasenroboter gibt, die ganze Fußballplätze bearbeiten können.

Für den kommenden Tag ist eine Wanderung auf die Festung und in die Stadt selbst vorgesehen.

Wir schleppen uns zur Zugbrücke der Festung und lernen, dass eine weitere Besichtigung mit einem Obulus von €15.— pro Person verbunden ist. Schwupps reduziert sich das übergroße Interesse am Mittelalter und weicht einem Spaziergang durch das liebliche südländisch anmutende Städtchen. Die Menschen sitzen in der Sonne und genießen Bier oder Kaffee; da machen wir mit – allerdings mit leckerem Eis. Bouillon liegt in der Semoisschleife und wird offenbar gerne von Kanuten befahren, was mehrere Kanuverleihpunkte vermuten lassen.

Oberhalb der Stadt auf dem Berg befindet sich der Aussichtsturm mit Namen Belvedere. Wir scheuchen Rudolph in die Nähe und 112 Stufen später haben wir besten Blick auf die Semoisschleife und auf Bouillon. Wirklich toll.

Uns fällt übrigens schon seit einiger Zeit auf, dass wir in den Ortschaften von Passanten immer gegrüßt werden – unabhängig davon, ob es sich um Einheimische oder ebenfalls Urlauber handelt. Da fühlt man sich willkommen und wohl. Wir verlassen Bouillon und folgen der Semois. Die alte Steinbrücke über die Semois ist unter Anderem gebaut worden, um die weiter hinten im Tal liegende Abtei Notre-Dame de Clairefontaine besser erreichen zu können. Und warum muss eine einsam gelegene Abtei mit einer guten Straße erschlossen werden. Klar, weil die Abtei Käse produziert, Bier braut und noch einige weitere Dinge im Hofladen verkauft. Einziges Problem; der Hofladen hat geschlossen und macht erst in ein paar Stunden wieder auf.

Ein paar hundert Meter später probieren wir noch eine neue, von der EU finanzierte Hängebrücke über die Semois aus. Leider hat sich Nieselregen eingestellt und so beschränken wir unsere Wanderung auf „einmal über die Brücke gehen und wieder zurück“.

Heute ist Brückentag, denn es soll bei Vresse eine historische Steinbrücke und eine aus Weiden geflochtene Brücke geben. Das ist etwas Besonderes, was wir uns anschauen wollen. Vresse ist ein Künstlerdorf, was man gleich am Ortseingang an den vielen Skulpturen sehen kann, die dort ausgestellt sind.

Zum Glück sieht man die Regentropfen auf den Fotos nicht, die wir von den unterschiedlichen Kunstwerken schießen. Doch nach ein paar Minuten hört der Regen auf und die Sonne kommt sogar etwas hervor. Wir wandern über die historische Brücke und dann am Fluss entlang, in der Hoffnung, die geflochtene Weidenbrücke zu finden. Mehrere Apps zeigen uns nach ein paar Kilometern, dass wir eigentlich davor stehen müssten. Aber da ist nichts. Der Reiseführer sagt, dass die Brücke jedes Jahr neu aufgebaut wird; daher vermuten wir, dass wir einfach zu früh dran sind und die Flechter noch nicht aktiv waren.

Wieder zurück im Ort finden wir in einem gläsernen Lokschuppen den Nachbau einer  Lokomotive von 1835, die hier gefahren sein muss.

Nach der erfolglosen Wanderung wollen wir uns stärken und lassen uns auf ein Bier in der Dorfbrasserie nieder. Auf der Karte stehen auch die Trapistenbiere aus dem Kloster. Zwei verschiedene gibt es. Wir ordern von jeder Sorte eines und stellen fest, dass die Bierpause auf nüchternen Magen wohl nicht so sehr schlau war. Eins der Bier hat 9,2% Alkohol, das zweite gar 11,3%. Die Trapisten wissen, wie man „nahrhaftes Bier“ braut.

  Etwas besäuselt machen wir uns auf in das nächste malerische Ardennendorf Laforet. Hier gibt nicht nur die Nachbildung einer zeltähnlichen Behausung, die offenbar von mobilen Metzgern genutzt wurde, sondern auch den Legendenweg.

Am Legendenweg entlang sollen mehrere Märchenfiguren als Skulpturen dargestellt sein. Die erste, die wir antreffen, ist die „Weiße Frau“, die zwischen zwei Bäumen hängt – ein paar weitere folgen noch.

Für die Übernachtung haben wir uns einen Campingplatz in Bohan ausgesucht. Der Platz liegt wieder am Fluss nach mehreren anderen, wenig einladend wirkenden Campingplätzen und einer abgebrochenen Brücke. Die Brücke hatte einst mit einer Art Straßenbahnstrecke Bohan mit dem Nachbardorf verbunden und war im zweiten Weltkrieg einmal von den Franzosen und nach dem Wiederaufbau aus Holz von den Deutschen zerstört worden. Danach hatten die Einwohner die Lust am Wiederaufbau verloren und seitdem ist die Brücke als Ruine zu bestaunen.

Als ebenfalls malerisches Ardennendorf wird Redu beschrieben und soll noch eine Besonderheit aufweisen: in mehreren Häusern Redus (und auch davor) soll es Regale mit antiquarischen Büchern geben. Klingt idyllisch, einen Stellplatz soll es auch geben; also auf nach Redu. Tatsächlich findet man an jeder Ecke ein Antiquariat und da an unserem Besuchstag sogar der Tag der offenen Tür für Handwerksbetriebe stattfindet, kann man beim Papiermacher zuschauen und in seiner Ausstellung sehen, was man alles aus Papier machen kann. Nicht nur Schreibpapier, auch Lampenschirme oder sogar Marionetten. Und auch der Minisupermarkt von Georgette hat geöffnet.

Es ist Wochenende und die Besucher des kleinen Dorfes wollen es sich gut gehen lassen und kehren bei den verschiedenen Brasserien jeweils auf der Terrasse ein und lassen sich Kaffee oder Bier schmecken. Wir erwarten bei einer Außentemperatur von 8°, dass nicht nur unser Bier kühl bleiben wird und statten einer Brasserie einen Innenbesuch ab, bevor wir den Tag langsam beenden.