Schweden Herbst 2022 Teil 1

Es geht auf Ende August zu und uns zieht es wieder in den Norden.

Viele hatten uns erzählt, dass sie ihren Urlaub am Gardasee, in Kroatien, Spanien oder Griechenland verbringen. Wenn es bei uns schon sehr heiß und trocken ist, dann – so denken wir uns zumindest – müssen wir nicht in Richtung Süden fahren, um noch etwas mehr Hitze und Trockenheit zu genießen. Aber auch auf dem Weg nach Thüringen, wo wir ein paar Tage ausspannen und das unter Denkmalschutz stehende Schwimmbad in Rastenberg ausgiebig nutzen, Thüringer Bratwürste grillen und ganz viel quatschen, sehen die Maisfelder und Wiesen eher erbärmlich vertrocknet aus.

Im Rastenberger Schwimmbad ist das Kabinen-Guck-Museum eine echte Sehenswürdigkeit. In den ehemaligen Kabinen findet der Betrachter, der durch die kleinen Fenster schaut, Szenen aus der Geschichte des Bades.

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist das Zeltkino, das schon etliche Jahre auf dem Buckel hat aber immer noch von einer älteren Frau regelmäßig betrieben wird.

Der nächste Stopp soll Rheinsberg auf der Mecklenburgischen Seenplatte sein. Bei beginnendem Regen nisten wir uns auf dem Campingplatz in Warenthin ein. Der Platz versprüht etwas den Charme der ehemaligen DDR, liegt am See und ist eigentlich ganz gemütlich. Auch die Waschbärmama mit ihre 3 Kindern, die am Wasser entlang marschiert, fühlt sich hier wohl.

Der nächste Tag bleibt trocken, so dass wir mit dem Rad einmal um den See fahren und die Gegend erkunden können. Erster Stopp: der Rheinsberger Obelisk mit Blick auf das Schloss Rheinsberg, in dem Friedrich der Große seine Jugendjahre verbracht hatte.

Am Schloss gibt es auch einen (wahrscheinlich) schönen Schlosspark. Ich sage wahrscheinlich, weil Radfahren im Park verboten ist. Also schieben wir unsere Räder die ersten Meter durch den Schlosspark, solange bis eine aufmerksame Bürgerin uns ohne Gruß unfreundlich anschnautzt und uns darüber aufklärt, dass auch das Mitführen von Fahrrädern verboten wäre und wir unsere Räder am Parkeingang abstellen sollen, weil wir sonst Schwierigkeiten bekommen, wenn jemand von der Schlossverwaltung uns „erwischt“. Elektrofahrräder unbewacht am Eingang stehen zu lassen, ist uns zu heiß. Bevor wir noch mehr obrigkeitstreue deutsche Bürger, durch unser Verhalten dazu auffordern „ihrer Pflicht nachzugehen“ geben wir den Parkbesuch auf und versuchen, uns den schönen Seiten Rheinsbergs zu widmen.

Rheinsberg selbst ist ein nettes, kleines, etwas auf Tourismus ausgerichtete Städtchen. Ein wenig außerhalb hat man dem Tourismus das Hafendorf „Precise Resort“ gebaut. Viele kleine Ferienhäuschen reihen sich aneinander; alle am Wasser und somit mit Zugang zu den Booten der Ferienhausnutzer.

Gegenüber den Ferienhäusern hat der Tourist auch die Möglichkeit, in einem riesigen Hotel in einem vom Nutzen dominierten Baustil seine Ferien zu verbringen. Die Idee des Hafendorfs ist kommerziell geschickt geplant aber dann doch für uns nicht so ansprechend. Jedem das Seine. Während der Umrundung des Sees kommt die Sonne immer mehr heraus. Lufttemperatur ist 20°, Wassertemperatur des Sees ist 22°, da ist die Entscheidung einfach: wir gehen schwimmen.

Die Weiterfahrt führt uns am nächsten Tag nach Silz am Fleesensee, wo wir uns gleich wieder in die Fluten stürzen, bevor wir uns im Restaurant der Landpension mit Womostellplatz im Garten ein leckeres Abendessen schmecken lassen.

Auf der Fahrt hatten wir noch einmal bei einem Fischer an der Müritz für einen Snack Pause gemacht und gelernt, dass es auf den Seen  nicht nur komfortable Hausboote mit Motor gibt, sondern auch Minihausboote mit Pedalantrieb.

Die sehen irgendwie exotisch aus, bieten aber trotzdem Schlafplätze für zwei Personen. Völlig ohne Störungen können wir am kommenden Vormittag die letzten 90 Kilometer bis Rostock  zum Hafen zurücklegen. Kurz vorm Hafen tanken wir noch einmal zu deutschen Preisen; in Schweden ist Diesel 30 bis 40 Cent pro Liter teurer. Der CheckIn zur Fähre „Peter Pan“ erfolgt komplett elektronisch ohne Personal.

Wir verlassen Rostock pünktlich um 12.00 Uhr und verfolgen die erste Seemeile am Strand von Warnemünde vorbei vom Sonnendeck der Peter Pan aus.

Sechseinhalb Stunden später trudeln wir ebenfalls fast pünktlich im Hafen von Trelleborg ein.

Da der Eigentümer der Wiese am südlichsten Punkt Schwedens sich mit der Gemeinde noch nicht einigen konnte, ob einer der beliebtesten Übernachtungsplätze für Wohnmobile in der Nähe des Fährhafens  auch weiterhin genutzt werden kann, fahren wir ein Stück landeinwärts und übernachten mit schönem Sonnenuntergang bei einem Bauernhof auf einer Wiese, die in den nächsten Tagen zum Spargelfeld umgeackert werden soll.

Vom zukünftigen Spargelfeld machen wir uns auf zu einer Schlössertour. Doch zunächst finden wir eine ehemalige Tankstelle, die als eine Art Freilandmuseum erhalten worden ist.

In Schweden – so haben wir die Erfahrung gemacht – findet man nicht selten Privatleute, die irgendwelche Kuriositäten sammeln und der Allgemeinheit zur Anschauung zur Verfügung stellen.

Das erste Schloss heißt Jordberga und ist eigentlich ein stattlicher Herrensitz, der in einem Nebengebäude eine Biermanufaktur beherbergt. Auch um verträumte Hochzeitsbilder in einem Schlosspark zu bekommen, empfiehlt sich das Schloss Jordberga; ebenso wie für Konferenzen in einem anderen Nebengebäude (nicht in der Brauerei!). Besichtigung des eigentlichen Schlosses ist nicht möglich, da es sich in Privatbesitz befindet.

Schloss Svaneholm ist das nächste Schloss, das gar nicht weit von Jordberga entfernt zu finden ist. Svaneholm beherbergt ein Restaurant, das jeweils sonntags ein Brunchbuffet anbietet. Bei schönem Wetter ist das Buffet im Schlosshof sicher ein Genuss. Da wir nach Beendigung der Brunchzeit ankamen, begnügten wir uns im Schlosshof mit einem Kaffee bei zur Umgebung passender Musik.

Nach unserer Übernachtung kurz vor Ystad, der Stadt der Wallanderkrimis, setzen wir die Schlössertour fort.

Der Baustil von Schloss Marvinsholm ist eines Schlosses würdig; leider kann nur der Park aber nicht das Schloss besichtigt werden.

Auch Schloss Snogeholm ist wegen der derzeitigen Renovierungsarbeiten nur von außen zu besichtigen. Grundsätzlich könnte man in einem der 46 Hotelzimmer übernachten.

Schloss Snogeholm

Nicht weit vom Schloss entfernt haben wir die Möglichkeit neben einem mit einem verdörrten Baumstamm gekennzeichneten Parkplatz ein Landschaftslaboratorium zu besichtigen. In der Snogeholms Strövomrade wird die Tauglichkeit verschiedener Landschaftsgestaltungen untersucht – ein schöner Platz für eine Kaffeepause.

Nach so viel Kultur wenden wir uns wieder der Natur zu und machen uns in die Apfelregion Kivik auf. In Kivik findet immer im Sommer zu Ehren des Apfels ein riesiger Markt statt. Jetzt um diese Jahreszeit ist das Markttreiben schon lange vorbei und nur noch die vielen Stromanschlüsse auf dem weitläufigen Gelände lassen die Größe des Marktes erahnen.

Vom Campingplatz zum Meer sind es nur ein paar hundert Meter. Am Sandstrand schlendern wir entlang bis zu einem Bunker und nehmen ein ausgiebiges Sonnen- und Windbad.

Der Wind ist dabei einigermaßen tückisch, denn man merkt nicht, wie man eigentlich durch die Sonne verbrannt wird. Abends wollen wir die Gegend etwas genauer erkunden und schwingen und auf unsere Räder. Am Strand entlang durch den Altort von Kivik, vorbei am Badehotel im alten Stil erreichenn wir in der warmen Abendsonne den kleinen Hafen. Um 18.00Uhr macht die Fischräucherei zu aber es ist ja erst 17,58Uhr. Der Besuch der Räucherei garantiert ein hervorragendes Abendessen mit Makrele und Lachs.

Als wir den Laden verlassen, scheint die Abendsonne zwar immer noch aber es haben sich extrem dunkelblaue Wolken dazu gesellt. Das geht nicht mehr lange gut denken wir uns, fangen die pittoreske Stimmung mit der Kamera ein und wollen unsere Runde beende, bevor es zu regnen anfängt. Aber so schnell wie die dunklen Wolken aufgezogen sind, so schnell verziehen sie sich auch wieder. Trocken kehren wir auf den Campingplatz zurück, der von lautem Vogelgeschrei erfüllt wird. Wirklich mehrere hundert Krähen sind auf der Suche nach dem besten Schlafplatz in den hohen Bäumen. Hin und her und wieder zurück fliegen die riesigen Vogelschwärme mindestens 45 Minuten lang bis es immer dunkler wird und die Vögel bis auf wenige, die immer noch nach dem idealen Schlafplatz suchen, sich zur Ruhe begeben haben.

Es wird richtig kalt draußen, so dass auch wir uns im warmen Rudolph zur Ruhe begeben, um am nächsten Tag weiter die Küste entlang in Richtung Norden zu fahren. Doch bevor es losgeht tuckert ein blitzblank herausgeputzter Volvo – aus dem Baujahr 1958 sagt uns der Eigentümer – an uns vorbei, die Dinger scheinen unverwüstlich zu sein.

Ohne Besuch in der alten Mosterei von Kivik können wir Kivik auf gar keinen Fall verlassen. Die historische Mosterei bietet alle Arten von Getränken, Marmeladen und Chutneys an, die man aus Äpfeln und Birnen machen kann. Die Vielfalt geht über einfachen Apfelsaft bis zu unterschiedlichsten Qualitäten von Cidre. Ein bisschen Platz ist ja noch im Womo – und der wird für die Flaschen und Gläser aus der Mosterei genutzt.

Weiter Kilometerlange Sandstrände säumen den Teil der Ostküste, an dem wir entlangfahren. Also biegen wir zunächst mal zum Strand von Rigeleije ab und finden neben einem Restaurant, das natürlich geschlossen hat ein altes Fischerhäuschen. Trotzdem das Restaurant geschlossen hat, sitzen im Gastgarten ein paar Leute – es duftet nach leckerem Essen. Die Schweden gehen gerade wieder mal ihrer Lieblingsbeschäftigung nach und machen Picknick.

Weiter geht’s nach Norden. In Ahus waren wir im vergangenen Jahr schon gewesen und fahren daher dieses Mal auf der Umgehungsstraße daran vorbei und nach weiteren ca. 20 Kilometern landen wir in Tosteberga Hamn und beziehen einen idyllischen Wiesenplatz in der warmen Nachmittagssonne. Eigentlich wollen wir am nächsten Tag schon weiterfahren aber es kommt anders und wir quatschen den ganzen Tag mit unserem Nachbarn über tausend Themen – und das braucht viiiiiel Zeit.

Trotz eindringlicher Warnungen vor Igeln und Biergenuss und einer Weisheit für über uns fliegende Vögel erreichen wir Sölvesborg, das mit zwei Sehenswürdigkeiten aufwartet.

Ein Wahrzeichen ist die 760m lange Fußgänger- und Fahrradbrücke, die zweite Sehenswürdigkeit ist das Schloss mit angrenzendem Schlosspark. Wieder einmal gibt es keinerlei Probleme, ein Fahrzeug von der Größe Rudolphs in der Nähe einer Sehenswürdigkeit – in diesem Fall am Schloss- zu parken. Irgendwie ist hier in Schweden alles ein wenig einfacher und gelassener – oder liegt es daran, dass wir in der Nachsaison reisen? Nicht weit entfernt vom Schlosspark mit den Resten der alten Solvesburg schwingt sich die längste Fußgänger- und Fahrradbrücke Europas mit ihren 3 Bögen elegant von Ufer zu Ufer – perfekt.


Nicht nur zum Übernachten, sondern auch um noch einmal in der Ostsee schwimmen zu gehen haben wir uns den kleinen Hafen von Torsö ausgesucht. Außer uns möchte niemand mehr übernachten; schwimmen gehen die Bewohner allen Alters aus dem Ort allerdings mit Begeisterung. Überhaupt macht der Ort einen sehr friedlichen und gemütlichen Eindruck – hier würde man gerne leben. Das Wasser hat am Nachmittag noch gut 20°C und am nächsten Morgen Dank veränderter Strömung nur noch 18°C. Von beiden Temperaturen lassen wir uns nicht davon abhalten, zum Sandstrand zu marschieren und uns in der Ostsee zu erfrischen. Mit dieser Erfrischung beenden wir den ersten Teil unserer Reise.