Irrfahrten im Frühjahr (Deutschland 01)

Im Oktober des vergangenen Jahres waren wir aus Schweden nach Hause gekommen. Dann stand unser Rudolph bis kurz nach Weihnachten still vor unserem Haus. Nur kurz über den Jahreswechsel hatten wir eine kleine Tour unternommen. Am Main bei einem Winzer hatten wir auf einem Stellplatz übernachtet und unsere Weinvorräte aufgestockt. Auf dem erhöht gelegenen Campingplatz in Großbüchlberg in der tiefsten Oberpfalz hatten wir dann sowohl einen Maler kennen gelernt, der 20 Jahre lang Hochspannungsmasten gestrichen hatte als auch einen tollen Ausblick auf das Silvesterfeuerwerk von Mitterteich genossen.

Leider war für Anfang Januar ein Krankenhausaufenthalt geplant, so dass wir Rudolph wieder abstellen mussten. Ganz frei können wir halt doch nicht unser Leben bestimmen. Ende April war wieder alles klar zum Start. Trotz Erderwärmung und ein paar heißen Tagen im April, kam irgendwie die kalte Jahreszeit zurück und wir fragten uns, ob wir in Holland beginnend eine Küstentour bis hoch nach Dänemark machen oder doch lieber die warmen Thermen in Ungarn ansteuern sollten. Keines von beiden ist eingetreten; wir haben die Normandie angesteuert. Auf dem Weg erholten wir uns vom Entscheidungsstress erstmal im warmen Wasser von Bad Saulgau uns steuerten dann den Rhein an. Wir durchfuhren Orte mit den ungewöhnlichen Namen ICHenheim, Dudenheim und landeten schlussendlich in ALTENheim und Meißenheim. Meißenheim ist ein altes Städtchen an den Altgewässern des Rheins, aus dem einst ungewöhnlich viele Einwohner nach Amerika ausgewandert waren. Lässt man den Altrhein hinter sich, kann man die vorbeiziehenden Frachtkähne und Hotelschiffe beobachten.

Wir winken den Passagieren auf den Hotelschiffen zu aber leider winkt niemand zurück – offenbar werden Flusskreuzfahrten bevorzugt von weniger kommunikativen oder vielleicht sogar traurigen Menschen gebucht, die hauptsächlich die reichhaltigen Mahlzeiten auf dem Schiff schätzen.

Am Stockweiher im Elsass hatten wir das nächste Quartier bezogen und uns gerade mit leckerstem französischen Käse von einem Händler, der mit seinem Verkaufswagen zum Campingplatz gekommen war, eingedeckt als wir erfuhren, dass wir wegen eines Krankheitsfalles in der Familie wieder nach Hause fahren müssen.

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Soweit unser Plan, die Normandie zu bereisen.

Eine Woche später sind wir wieder aufgebrochen – dieses Mal in Richtung Thüringen, Uckermark, Ostseeküste und vielleicht nach Dänemark.

Als wir die seltsamen Ortsnamen bei der Fahrt in Richtung Rhein gelesen hatten, wussten wir noch nicht, dass wir jetzt durch „Gottes Gabe“, „Kalte Schenke“ und „Hundeluft“ fahren sollten. Ich frage mich, ob ich nicht doch mal eine Sammlung ungewöhnlicher Ortsnamen anlegen sollte…..

Nach Übernachtungen in Rothenkirchen, Rastenberg und Coswig (auf einer Fähre, die nur durch die Strömung der Elbe angetrieben wird, hatten wir die Elbe bei Coswig überquert)

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hatten wir uns am Sonntagnachmittag durch Berlin durchgeschlagen

und waren in eine kleine Marina bei Finowfurt eingelaufen. Mein Navi hatte für mich einen zunächst nicht nachvollziehbaren Zickzackkurs durch Berlin angeboten. Irgendwann fiel mir dann ein, dass ich als Präferenz „kürzeste Route“ gewählt hatte; na und wenn die Route durch eine Nebenstraße 15m kürzer ist als auf der Hauptstraße, wird man dementsprechend durch die Nebenstraßen geschleust. Zum Glück war an diesem sonnigen Sonntagnachmittag nicht so viel los in Berlin, so dass wir dennoch einigermaßen zügig alle kleinen Straßen besichtigen konnten, bevor ich kurz vor Verlassen von Berlin wieder auf die Präferenz „schnellste Route“ umgestellt hatte. Die Marina Eisvogel liegt am Finowkanal, auf dem auch Floßfahrten mit Verpflegung mit einem etwas eigentümlich anmutenden Gefährt angeboten werden.

Über kleine Straßen, die uns sehr an die Straßenqualität in Ungarn und Rumänien erinnert haben, versuchen wir den Oberucker See in der Uckermark zu erreichen und werden wegen Bauarbeiten von einer zur nächsten Umleitung geführt. In den gemütlich anmutenden Dörfern, durch die wir fahren, gibt es weder Geschäfte noch Bushaltestellen und der Internetempfang ist ebenfalls so gut wie nicht vorhanden. Wie soll dort Aufschwung stattfinden, wird sich mancher Bewohner fragen und sich vielleicht sogar bei den gerade anstehenden Kommunalwahlen aus Verzweiflung irgendwelchen Randgruppierungen zuwenden, weil er sich von den großen Parteien irgendwie vergessen fühlt – aber das ist nur meine Vermutung, weil eben diese Randparteien mit sehr vielen Wahlplakaten besonders intensiv um die Wählergunst werben. Ist mal eine Straße nicht wegen Bauarbeiten gesperrt, ist sie zumindest für Fahrzeuge über 3,5t gesperrt. Somit gestaltet es sich gar nicht so einfach, die Naturschönheiten der Uckermark zu ergründen. Neben Natur gibt es natürlich auch Kultur wie z.B. das renovierte Kloster Chorin zu sehen. Das Kloster (eigentlich eine restaurierte Klosterruine) ist riesig und war im vorletzten Jahrhundert ziemlich heruntergekommen, so dass selbst die Kapelle als Kuhstall genutzt wurde. Der Maler und Architekt Friedrich Schinkel hatte das Kloster wiederentdeckt und es sich zur Aufgabe gemacht, es wieder zu neuem Leben zu erwecken. Da man auch vor 10 Jahren, als wir das Kloster schon einmal besucht hatten, noch intensiv an der Renovierung arbeitete, scheint das Projekt sich wohl über viele Jahrzehnte erstreckt oder zwischenzeitlich geruht zu haben.

Obwohl wir fast Mitte Mai haben, wird es tagsüber niemals wärmer als 12°C und wir sehnen uns nach den lauen Maitagen und – nächten. Die wenigen Sonnenstunden am Parsteiner See

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sind eine wahre Wohltat aber wir erleiden einen schweren klimatischen Rückschlag als es am Oberucker See während der ganzen Nacht und am darauf folgenden Tag auf unser Womodach prasselt. Einziger Trost: Die Natur, die im vergangenen Jahr sehr unter der Trockenheit gelitten hatte, freut sich über Landregen, der auch mal etwas tiefer in den Boden eindringt. Aber der Wetterbericht lockt mit besseren Aussichten für die nächsten Tage…..