In den Westen – Normandie – Frühjahr 2023(DLBF 23_5)

Bevor wir abreisen machen wir noch eine kurze Wanderung von unserem Stellplatz zum Panoramarestaurant, das oberhalb des Strandes liegt, sowie durch den Ort Saint Jouin Bruneval. Am Panoramarestaurant treffen wir einen Globetrotter, der auch mit einer Art Wohnwagen unterwegs ist. Allerdings wird der Wohnwagen mit einem elektrisch angetriebenen Liegefahrrad gezogen. Das Liegefahrrad hat ein Dach, auf welchem ebenso wie auf dem Dach des Wohnwagens Solarpanel angebracht sind, die den Strom für die zwei Elektromotoren  des Fahrrads liefern. Das Ganze ist „Marke Eigenbau“ aber aus unserer Sicht echt nachhaltig. Der Fahrer war schon in ganz Europa mit dem Vehikel unterwegs gewesen, erzählt er uns. Eine interessante Begegnung.

Der Blick vom gut besuchten Panoramarestaurant ist natürlich auch nicht zu verachten.

Auf den Klippen entlang und dann zum Dorf laufen wir. Das Dorf ist nicht überragend fotogen aber ein ehemaliges Chateau, vielleicht war es auch mal ein Hotel oder eine Kirche gewesen ist dem Verfall und dem Bewuchs von Pflanzen und sogar Bäumen freigegeben. Es würde sich sicherlich gut für die Produktion eines einen Mystery-Thrillers eignen.

Aber jetzt steuern wir wirklich die große Hängebrücke über die Seine, die Pont de Normandie an.

Die Pont de Normandie ist tatsächlich der absolute Kracher in Sachen Hängebrücke. Unbeschreiblich wie die Fahrbahn an den über 250m hohen Pfeilern hängt. Trotz der stattlichen Größe von Rudolph kommen wir uns auf der Brücke eher klein vor, obwohl wir nach der zweitgrößten Fahrzeugklasse für die Brückenmaut abgerechnet werden. 

Mehrfach sind wir schon von Freunden, die uns mit ihren Normandiekenntnissen auf den richtigen Pfad lenken wollen, darauf hingewiesen worden, dass wir unbedingt zu dem bildschönen Ort Honfleur fahren müssen. Also müssen wir das wahrscheinlich auch tun. In Honfleur, das sich wirklich als schönes Städtchen herausstellt, gibt es einen Wohnmobilstellplatz etwas außerhalb des Stadtzentrums, auf dem sich sage und schreibe 200 Fahrzeuge tummeln dürfen. In diesem Falle suchen wir keinen idyllischen Platz, sondern eine Möglichkeit, Rudolph zu parken – mit Blick auf die Pont de Normandie – und uns einen Stadtrundgang zu ermöglichen. Um den kleinen Hafen herum scharen sich viele pittoreske Häuschen, unendlich viele Brasserien, Restaurants Bars und natürlich Geschäfte, in welchen man Calvados kaufen kann. Einige dieser Touristeneinrichtungen nutzen auch wir.

Auf dem Rundgang genehmigen wir uns ein Eis, kaufen einen Calvados und nehmen am Abend in einem Restaurant am Hafenbecken Platz, um uns Muscheln und ein Stück Fleisch, das als Steak beschrieben ist, schmecken zu lassen. Tatsächlich stellt sich das Steak als waschechter und gut zubereiteter Zwiebelrostbraten heraus. Die Muscheln in Camembertsoße sind ebenfalls vorzüglich. Ein besonderes Kleinod in Honfleur ist der Jardin du Tripot, ein zwischen alten Häusern versteckt gelegener kleiner Park, in dem die Zeit neben blühenden Pflanzen einfach still steht.

Auf dem Riesenparkplatz verbringen wir eine überraschend sehr ruhige Nacht. Am nächsten Morgen kommt das Bäckerauto hupend vorbei und bietet frisches Baguette, Croissants etc. an.

Frisch gestärkt wollen wir Trouville besuchen. Trouville soll ein eher mondänes Seebad sein. Na mal sehen. Zumindest gibt es an der Promenade schon mal eine Poissonerie, die gar nicht so viele unterschiedliche Fische anbietet, dafür aber umso mehr Muscheln, Austern und Krustentiere. Ein Stückchen weiter finden wir nach ein paar schicken Hotels im alten Stil das Spielcasino. Scheint zu stimmen, dass Trouville nicht auf den Urlauber ausgerichtet ist, der ein preiswertes Pauschalurlaubsschnäppchen gemacht hat. Irgendwie wirken die Fischstände doch magnetisch auf uns.

Auf dem Rückweg schlagen wir zu. Wir kaufen uns Jakobsmuscheln und Wellhornschnecken (Bulots). Irgendwelche Schnecken hatte ich bislang einmal in meinem Leben gegessen – Bulots noch nie. Die Bulots werden verkauft, nachdem sie schon in einer würzigen Soße gekocht worden sind. Ja und was soll ich sagen; ich würde nicht jeden Tag Bulots essen wollen aber ab und zu wäre eine echte Option. Erst drei Wochen später erfahren wir, dass wir mit dem Kauf der Jakobsmuscheln Glück gehabt haben; denn ab 15. Mai sollen sie nicht mehr geerntet werden, damit sich der Bestand regenerieren kann.

Der Besuch von Trouville dauert nicht lange und schon für die 14.00 Uhr Führung stehen wir bei der Calvadosbrennerei Chateau de Breul vor der Tür.  Auf einer gut einstündigen Führung in englischer Sprache erfahren wir detailliert wie die einzelnen Arbeitsschritte bei der Herstellung des Apfelschnapses sind und lernen die verschiedenen in einem Park liegenden Gebäude des Chateaus kennen. Die Herstellung des Calvados passt perfekt in das Ambiente des Geländes. Natürlich können wir nicht einfach weiterfahren ohne im eleganten Shop ein wenig eingekauft zu haben.

Noch immer säumen die typischen reetgedeckten Häuschen unseren weiteren Weg und noch immer staunen wir über die oftmals riesigen Kirchen in sehr kleinen Dörfern.

Zumindest denken wir, dass die Kirchen groß geraten sind, bis wir in Lisieux vor der Kathedrale der Heiligen Therese stehen. Diese Kathedrale ist ausgesprochen gewaltig und im Gegensatz zu vielen anderen Kirchen, die wir gesehen hatten, ist sie noch nicht einmal 100 Jahre alt. So weit wir die Geschichte verstanden haben, hatte der damalige Papst bei der Finanzierung etwas mitgeholfen. Genauso gewaltig, wie die Kathedrale von außen wirkt, geht es auch innen weiter. Wir bewundern immer wieder die besondere Fähigkeit der Kirche, sich allmächtig in Szene zu setzen.

Ganz anders tritt da das Wasserschloss Chateau Saint Germain de Livet auf. Wir genießen die Sonne und die Ruhe in dem in vielen Farben leuchtenden Garten. Auch ein schneeweißer und ein blauer Pfau leuchten hier um die Wette. Die Idylle des Parks zeigt noch einmal die Lebensart der Franzosen.

Und dazu gehören auch Käse und Wein. Wein ist noch im Kofferraum aber Käse könnten wir uns eigentlich in Livarot oder Camembert besorgen. Die Käserei in Livarot kann man besichtigen und den dort hergestellten Livarotkäse natürlich auch kosten – und kaufen. Auf dem Rundgang durch die Käserei sehen wir die Mitarbeiter von Graindorge die riesigen Behälter mit der Käsegrundmasse befüllen und an anderer Stelle wieder entleeren. Und wir sehen wie tausende von Käselaiben auf Verpackung und Verkauf oder Versand warten.

Im angeschlossenen Käseladen probieren wir nicht nur den typischen Livarot, sondern auch einige andere Arten wie z.B. den Neufchatel oder auch einen Camembert. Ein paar Käseschachteln wandern in unsere Einkaufstasche und danach in den Kühlschrank, der von da an deutlich mit intensivem Geruch auf seinen Käseinhalt hinweist. In dem ein paar Kilometer weiter liegenden Käsedorf Camembert gibt es auch einen Käseladen, der neben ein paar anderen Produkten aus der Region wie Salami, Cidre auch den Käse aus Livarot verkauft und das Sortiment um einige Camemberts bereichert. Also bereichern wir unseren Kühlschrank noch um ein paar weitere Gerüche aus Camembert. Wieder zurück am Meer lassen wir uns für zwei Tage am kilometerlangen Omaha Beach auf dem am langen Wochenende fast ausgebuchten Campingplatz nieder.

 In der ganzen Region erinnern nicht nur Plakate mit den Helden der Invasion in die Normandie, sondern auch Bunker, Militärmuseen und Relikte von künstlichen Hafenanlagen vor Arromanches an den 6.Juni 1944 und die Erfolge der Alliierten.

Wir beschäftigen uns mit der Planung der Weiterreise und stoßen auf das Chateau de Chanteloup ohne zu wissen, was uns dort erwartet. Wir rechnen mit einem Chateau, das man vielleicht nur von außen fotografieren kann aber kurz vor der Ankunft wundern wir uns über die gute Ausschilderung und einen auf einer Wiese angelegten riesigen Parkplatz. Hier muss irgendetwas los sein. Und tatsächlich; an diesem Wochenende findet das Frühlingsfest auf dem Gelände des Chateaus statt. Allerlei zu essen und trinken, Kunstgewerbe, Schmuck Blumen und selbst lebende Hühner werden rund um das Chateau angeboten. Ich entscheide mich heute für Andouilette vom Grill und lerne, dass es sich um eine etwas unförmige Wurst handelt, die mit den Innereien des Schweins gefüllt ist. Die Wurst wird nicht übermäßig gewürzt, so dass der Geschmack und Geruch der Innereien besser herauskommt. Für mich schmeckt die Wurst nicht ganz so gut wie unsere heimischen Bratwürste – in etwa so wie es auf dem Bauernhof riecht.

Nach der Andouilette ist unser nächstes Highlight der Mont St. Michel – aber dieses Highlight werde ich erst im nächsten Bericht beschreiben.